1) Ziele unklar. Offiziell sollen die SuS innerhalb von 2 Jahren befähigt werden, an deutschen Regelklassen teilzunehmen. Dazu gibt es aber keine klar abgesteckten Lernziele, die sich z.B. mittels Klausuren verbindlich überprüfen ließen. Der Unterricht ist daher völlig beliebig und pendelt zwischen Mandalas, Hangman und Grammatikübungen.
Dann lass den Mist mit Hangman und Co. und mach anständigen Unterricht. Das Ziel hast du ja selbst benannt. Wenn dir der Weg dahin unklar ist, dann benutze ein entsprechendes Buch, z.B. das Logisch-Buch und guck dir den DAZ-Lehrplan aus Sachsen an. Der beschreibt sehr gut wie man eine Vorbereitungsklasse aufbaut. Von denen gibt es auch eine gute Beschreibung der Sprachniveaustufen.
2) Die Perspektive der SuS ist unklar... vermutlich glauben viele SuS auch, bald wieder heimkehren zu können. Bei den fahrenden Roma, die z.B. auch in den Klassen unterkommen, ist das genau so.
Sprich mit den Schülern. Sie können meiner Erfahrung nach sehr gut klar machen, welches Perspektive sie selbst sehen. Außer kurz nach Ukrainekriegsbeginn wollten übrigens fast alle meiner Schüler gerne hierbleiben.
3) Dadurch, dass keine weiteren Fähigkeiten entwickelt werden z.B. durch Sport-, Kunst- oder Musikunterricht können sich die SuS auch nur teilweise entwickeln. Nur immer Deutschunterricht ohne Tests ist für 12-Jährige bestimmt keine Motivation.
Schüler motiviert man nie mit Tests.
Wenn ihr ausschließlich Deutschunterricht für die Kinder anbietet, dann hat deine Schule tatsächlich ein strukturelles Problem. Da du aber im Sprachunterricht ziemlich frei bist in NRW kannst du andere Fächer über Projektphasen leicht integrieren. Natürlich sollte der Fokus immer auf dem Spracherwerb liegen.
4) Unausgebildetes Lehrpersonal und viele unterschiedliche Lehrer. Da die Klassen den Schulen einfach zugeteilt wurden und der Unterricht zusätzlich zum Regelunterricht vom vorhandenen Personal abgedeckt werden muss führt es dazu, dass auf einmal 3-4 verschiedene KuK Deutsch dort unterrichten, teils fachfremd. DaZ ist nur einer, Zufall. Zusätzlich kam nun ich (Englisch/(Geschichte) und ein Student Anfang 20, der sich etwas dazu verdienen will für einige Stunden.
Das ist Mist. Zusätzlich ist da allerdings nichts. Ihr bekommt für diese Klassen Stellenanteile zugewiesen. Wenn diese nicht adäquat genutzt werden, dann bist du an einer schlechten Schule mit mieser Schulleitung.
5) Die Räume sind die schlechtesten der ganzen Schule. Während andere Räume Projektionen/Beamter/Dokumentenkameras etc. haben sind die Räume für die IK-Klassen altertümliche Klassenräume mit Kreidetafel. Grade hier wäre es doch schön eine Projektion zu haben mit Dokumentenkamera, um Hörverstehen zu üben und Gegenstände und Lösungen zu zeigen.
Auch das ist Mist. Beantrage die fehlenden Lehrmittel und mach der Schulleitung und über diese dem Schulträger Druck. Da du an ein Gymnasium abgeordnet bist, sollte Geld ja eigentlich eher nicht das Problem sein.... zumindest, was eine Basisausstattung angeht.
6) Die Inkonsistent innerhalb der Klasse: im Gegensatz zu normalen Klassen werden hier immer wieder SuS nachgeschult. Im Grunde könnte man mit denen wieder von vorne anfangen bzw. müsste dann 3-4 Unterrichte parallel machen, was mit einem Lehrer in der Klasse nicht zu leisten ist. Folge: die SuS fühlen sich überfordert, es kommt zu Störungen (Toilette, Wasser zapfen am Hahn, mit der Mappe wird gespielt und fällt runter, mit dem Handy spielen etc.) und Frustration beim Lehrpersonal.
Ein Unterricht für alle geht nicht. Du musst da hoch differenzieren. Du kannst als Klammer gemeinsame inhaltliche Themen oder Projekte nehmen. Innerhalb dieser arbeitet dann jeder an seinen individuellen Lernbereichen.
Ich kann verstehen, dass das je nach eigenem Ausbildungsjahrgang und Herkunftsschulform schockierend neu/anders ist. Letztendlich wird das aber über kurz oder lang in abgemilderter Form auf alle Kollegen zukommen.
Ich finde es nicht erstrebenswert, in den Klassen zu arbeiten.
Nichts desto trotz ist das derzeit deine Aufgabe und die Schüler haben einen Anrecht auf einen hochwertigen Unterricht. Das heißt, du wirst dich dieser Aufgabe stellen müssen und dich entsprechend fachkundig machen bzw. fortbilden müssen. Dafür hast du im Gegenzug den großen Vorteil finanziell abgesichert zu sein und musst keine Kündigung wegen Lehrerüberfluss fürchten, wie das in den meisten anderen Staaten der Fall wäre.