Der Anscheinsbeweis suggeriert nur den Kausalzwang einer normalen Beweisführung. Der "Anscheinsbeweis" oder besser die "tatsächliche Vermutung" führt auch keinesfalls zu einer Beweislastumkehr im Sinne einer normalen Beweisführung, er ist vielmehr auf genau der gleichen Basis zu widerlegen, auf der er geführt wurde: ohne notwendigen Gegenbeweis.
Oder in diesem Fall: zwei verschiedene Räume.
Das würde ich dann doch gerne differenzierter betrachten. Der Beweis des ersten Anscheins ist ein zulässiges Beweisverfahren, welcher sich darauf stützt, dass die nachzuweisende Tatsache in einem typischen Sachverhalt aufgrund allgemeinen Erfahrungswissens auch Tatsache ist. Desweiteren dürfen keine tatsächlichen Umstände gegeben sein, die ein atypisches Geschehen ernsthaft möglich scheinen lassen (vgl. u.a. BVerwG - 8 C 24.98 vom 24.08.1999).
Im Prüfungsrecht führt eine verblüffende Übereinstimmung einer Prüfungsleistung mit einer Musterlösung oder die verblüffende Übereinstimmung zweier Prüfungsleistungen miteinander i.d.R. zu der berechtigten Annahme einer Täuschung. Für die Aufklärung, ob eine andere Erklärung hierfür in Betracht kommt, ist eine plausible Erklärung des Prüflings nötig. Er ist dann durchaus beweis- bzw. zumindest darlegungspflichtig, wie genau diese Übereinstimmung entstanden sein kann. Ist die Erklärung nicht glaubhaft, wird der Beweis des ersten Anscheins nicht erschüttert.
Daher hatte ich weiter oben auch geschrieben, dass es hier stark davon abhängen dürfte, ob nur die Struktur der Lösungswege abweichend von den Unterricht geübten gleich wäre (hierfür ist die Erklärung gemeinsamen Lernens und gemeinsamer Nachhilfe sicher glaubwürdig) oder ob sogar gleiche "Mikrofehler" immer wieder auftauchen. Dann ließe sich m.E. mit obiger Erklärung der Anscheinsbeweis nicht so einfach erschüttern. Keinesfalls reicht es in Zeiten technischer Hilfsmittel aus, pauschal auf die getrennten Räume zu verweisen.