Beiträge von WillG

    Wollsocken: Vor allem benutzt die Hälfte der Lehrerschaft eh keine Smartboards, auch wenn sie da sind, da sie nicht damit umgehen können oder sie für unnötig halten. Und dann sind sie eigentlich fast immer kaputt

    Deine Ausfühurngen glänzen mal wieder von gesundem Halbwissen:
    Es ist sicherlich richtig, dass sich Lehrer (pauschal gesagt) mit Neuerungen, v.a. technischen, eher schwer tun. Allerdings ist es durchaus so, dass sie sich mit der Zeit dran gewohnen. Wenn eine Schule erstmal mit mehreren Smartboards ausgestattet ist, werden diese vermutlich zunächst von vielen wie ein Computer+Beamer genutzt, also als reine Projektionsfläche. Dann wird es aber auch diejenigen geben, die sich völlig darauf einlassen bzw. die Refs, die damit schon effektiv umgehen können, weil es Teil ihrer Ausbildung war. Durch den Materialtausch und auch inhaltlichen Austausch innerhalb der Fachschaften werden dann auch viele andere Lehrer (außer die die "die-hards") nach und nach anfangen, die Möglichkeiten des Mediums auszuloten. Und nach und nach werden die Smartboards ein alltägliches Medium im Unterricht.
    Die Wartung ist eine andere Geschichte. Hier muss die Schule eben Deputats-/Anrechnungsstunden in eine gute IT-Betreuung investieren. Das ist z.T. (je nach Bundesland) auch Aufgabe der Gesamtkonferenz oder des PR, hier auf den SL einzuwirken. Dann kann das gut klappen. Die IT-Betreuung an meiner Schule bekommt vier Anrechnungsstunden + ein eigenes (kleines) Budget, um Leute kommen zu lassen, die sie unterstützen. Hier läuft der Laden ganz gut! Durch die guten Regelbeurteilungen (- hier werden alle LuL alle vier Jahre beurteilt) wird die Kollegin, die den Job macht, entsprechend früher auf A14 befördert (hier noch eine automatische Regelbeförderung; die Wartezeit hängt eben von den Beurteilungsnoten ab). Das motiviert schon auch. Ist eben eine Schwerpunktsetzung an unserer Schule.


    Tortzdem hast du nicht völlig unrecht:
    1.) Sollte man von Akademikern erwarten können, dass sie sich aktiv und interessiert mit solchen Medien beschäftigen, so dass sich der Einsatz eben nicht nur nach und nach durchsetzt.
    2.) Auch vier Anrechnungsstunden sind natürlich ein Witz für die Arbeit, die daran hängt; im Kontext der schulischen "Währung Anrechnungsstunden" ist das allerdings ein fürstliches Gehalt. Hier müsste tatsächlich die Personalversorgung besser laufen, um für alle (!) schulischen Extraaufgaben mehr Entlastungsmöglichkeiten zu schaffen. In der Hinsicht stimme ich Mikael durchaus zu. Das ist immer eine Gratwanderung zwischen "Ausnutzen lassen" und "Mängelverwaltung".
    3.) Wollsocken: Ich sehe es durchaus auch so, dass Smartboards den Unterricht automatisch besser machen. Aber sie können durchaus einen gewissen Mehrwert vorweisen. Wie halt bei allen Medien. Sie sind nicht das Allheilmittel für alles, was schlecht läuft, aber bei gezieltem Einsatz können sie durchaus einen positiven Effekt haben. Ich könnte andersherum auch Englischunterricht nur mit Tafel und Kassettenrekorder (oder Tonbandgerät) machen. Mit Computer/Beamer für schnellen, unkomplizierten Einsatz von A/V-Medien oder mit Dokumentenkamera, um mal Schülertexte mit der ganzen Klasse zu verbessern, geht es halt trotzdem besser. Muss ich ja nicht in jeder Stunde machen.


    Langer Rede kurzer Sinn: In meiner akutellen Schule haben wir nur ein Smartboard. Das bedeutet, dass ich den Raum buchen muss und die Klasse den Klassenraum wechseln muss - mit entsprechendem Zeitverlust. Dann muss der Rechner erst hochgefahren werden etc. Ich würde mich durchaus freuen, wenn wir in allen Klassenräumen Smartboards hätten - aber unbedingt zusätzlich zu den klassischen Tafeln - die ich schnell und unkompliziert einsetzen könnte, wenn ich für sinnvoll im Kontext meines Unterrichts halten würde.


    Wenn die Budgets so offen wären, dass man die Gelder problemlos hin un her schieben könnte, würde ich aber auch erstmal mehrere andere Baustellen beseitigen wollen, bevor ich in eine derartige Medienoffensive gehe... leider hat Mikael auch hier recht: Durch die doppelte Schulträgerschaft in den meisten Bundesländern ist das aber keine Option.
    So gesehen: Ja, Deutschland ist zu doof für ein gutes Schulsystem.

    Hm, ich dachte eigentlich, ich wäre im Schulrecht relativ sattelfest, scheitere aber doch immer wieder am juristischen Hintergrundswissen.
    Ich meine, immer mal wieder zu lesen, dass Gerichtsurteile auf Bundesebene zwar eigentlich für die Bundesländer gelten, von diesen aber nur sehr langsam (bzw. manchmal gar nicht) umgesetzt werden. Liege ich da jetzt völlig falsch?
    Und falls das doch zutrifft, kann man wahrscheinlich als betroffener Kollege nur remonstrieren, oder hat man dann andere Möglichkeiten?


    Vielleicht sollte man diesen Teil der Diskussion in einen eigenen Thread auslagern - er ist ja doch recht OT.

    Zu den Abos:
    Ich habe hier die Erfahrung gemacht, dass man zum Teil tolle Reihen zugeschickt bekommt (- und manchmal auch Schrott), die man aber zu diesem Zeitpunkt gerade nicht brauchen kann. Wenn man dann später mal das entsprechende Thema unterrichtet, hat man (bzw. habe ich) bereits vergessen, dass man diese Reihe besitzt. Mir fällt das dann zuverlässig wieder ein, nachdem ich die Reihe gerade abgeschlossen habe.
    Das nur als Warnung aus der Praxis, bevor man für viel Geld so ein Abo abschließt, die sind nämlich echt nicht billig. Aber vielleicht sind andere ja organsierter als ich.

    Noch eine OT-Frage an die Hoegg-Fans:
    Ich wollte mir schon länger Bücher von ihm zulegen, scheitere aber daran, mich nicht recht entscheiden zu können.
    Die 55 Urteile, die Valerianus verlinkt hat erscheinen mir recht gut, da er hier auf konkrete Urteile Bezug nimmt, die man dann auch finden kann (obwohl die Blick-ins-Buch-Option bei Amazon vermuten lässt, dass die konreten Aktenzeichen leider nicht genannt werden, stimmt das?)


    Wie ist es denn mit "Aus der Praxis für die Praxis"? Gibt er hier Verweise auf konkrete Gesetzestexte und Urteile, die man dann entsprechend auch selbst finden kann? Oder ist es eher seine eigene Beschreibung der Rechtslage ohne Fundstellen?
    https://www.amazon.de/SchulRecht-Aus-Praxis-f%C3%BCr-Beltz/dp/3407630298/ref=pd_cp_14_1/260-6009195-7117140?_encoding=UTF8&psc=1&refRID=1Q86813ZBT81X68Z8MGK&tag=lf-21 [Anzeige]

    Ich stimme Chemikus und Valerianus unbedingt zu. In jedem Fall muss der Lehrerrat sich mal diese ominöse Verfügung zeigen lassen. Wenn es so eine Verfügung nämlich gibt, müsste - vor allem nach dem von Valerianus zitiertem BGH-Urteil - vor allem auch die Schulleiterin remonstrieren, dann nämlich an der Stelle, die dem Schulamt übergeordnet ist, also wohl dem HKM.


    EDIT: Hier der Link zum gesamten Urteil, das Valerianus zitiert hat:
    http://datenbank.flsp.de/flsp/…rame.htm&f=templates&2.0#

    Warum ich das Thema aufgeworfen habe? Das habe ich mehrfach gesagt.

    Leider gehst du aber nicht auf inhaltliche Argumente ein, die mehrfach genannt und durchaus auch von anderen Usern kontrovers diskutiert werden. Stattdessen wiederholst du nur immer wieder deine Ansicht, dass man den talentierten Realschülern den Weg nicht versperren sollte.
    Vielleicht bist du nicht wirklich ein Troll, aber die fehlende Argumentationskultur ist durchaus ein wenig troll-esk.



    WillG: Ja gut, die Schülerin mag in den Sprachen gut, vlt. sehr gut sein. Aber bei insgesamt 10 Fächern (Deutsch, 2 Fremdsprachen, ästhetisches Fach, Sport, Mathematik, eine Naturwissenschaft, Religion/Ethik, Geschichte, Politik und Wirtschaft) machen Sprachen gerade einmal 30% aus - wenn die Leistungen in den restlichen Fächern alle mangelhaft sind, dann bringt auch diese Inselbegabung wenig. Mangelhafte Mathematikfähigkeiten kann man entsprechend ausgleichen (siehe Rechnung oben), wenn es beim Rest ebenfalls Lücken gibt, dann soll es eben mit dem Abitur nicht sein.

    Naja, Studieren ohne Abi gibt es schon seit langer Zeit.
    Man konnte schon immer über eine Sonderbegabtenprüfung studieren. Seit einigen Jahren geht das auch über eine berufliche Qualifikation.
    Insofern ist für die "Sonderfälle" zum Glück schon gesorgt.

    Ich habe mich ja auch nirgendwo dafür ausgesprochen, das Niveau oder die Ansprüche zu senken. Im Gegenteil. Ich habe lediglich ein mögliches Problem bzw. den Hintergrund für Wollsockens und Sofawolfs Argumente benannt:



    Ich bin übrigens NICHT der Ansicht, dass das Abi deutlich vereinfacht werden sollte oder dass es nicht mehr die Zugangsberechtigung für die Uni sein sollte. Aber das Problem mit "ist halt so" einfach herunterzuspielen, halte ich auch für falsch.

    @Landlehrer und Lehramtsstudent
    Ich weiß nicht, wie ihre Noten im Einzelnen aussehen; nachdem es bei uns in Oberstufe keine Klassleiter mehr gibt, hat da nur der Oberstufenbetreuer den Überblick. Ich bekomme nur mit, dass da Schüler durchs Abi fallen, die bei mir in den Sprachen Leistungen gezeigt haben, die sie für ein einschlägiges Studium empfehlen.
    Ich bin übrigens NICHT der Ansicht, dass das Abi deutlich vereinfacht werden sollte oder dass es nicht mehr die Zugangsberechtigung für die Uni sein sollte. Aber das Problem mit "ist halt so" einfach herunterzuspielen, halte ich auch für falsch.


    @Wollsocken
    Ich würde sogar noch weiter gehen und sagen, die könnten auch Lehramt für die Sekundarstufen studieren. Das heißt aber im Umkehrschluss ja nicht, dass das Studium für die Lehrämter (egal welches) einfach abgeschafft werden sollte, um diesen Kandidaten hier ein Sprungbrett zu bieten. Das muss anders gelöst werden.

    Ich hab jetzt keine Statistik bei der Hand. Das ist alles nur anekdotisch.
    Jedenfalls hatte ich in den Jahren, in denen ich im G9 das Abi abgenommen habe, keinen einzigen Schüler gehabt, der es nicht geschafft hat. Seit Einführung der G8-Oberstufe (mit 50/50 Gewichtung schrftl.-mdl und Pflichtfächer M/D/FS), sind die Notendurchschnitte deutlich besser geworden, gleichzeitig haben wir in jedem Jahrgang Schüler, die dann an Mathe oder Deutsch scheitern, sonst aber gute Noten bringen.
    Darunter sind immer wieder welche, denen ich sofort ein Germanistikstudium zutrauen würde.


    Das ist nicht die genaue Angabe, nach der du gefragt hast, aber mehr kann ich leider nicht bieten.

    Echt jetzt? Ich hätte die Antwort auch geben können - ohne Germanistik-Studium

    Mag sein, dass du das kannst. Ich behaupte aber, dass ein Großteil meiner NaWi-Kollegen das nicht könnten. Müssen sie ja auch nicht. Bei mir wird es dafür bei Redoxgleichungen schon schwierig...


    EDIT des EDIT, weil Quatsch/ungenau gelesen: Das mit dem Forschungsprojekt kann ich nicht beurteilen. Aber so wie ich dein Beispiel verstehe, geht es hier darum, wie viel Fachwissen (nach oben, sozusagen) man braucht. Ich würde es eher von der anderen Richtung sehen: Was ist das Minimum. Hier sehe ich das Fachstudium. Ein Forschungsprojekt (in MINT-Fächern), ein Auslandsaufenthalt (bei Sprachen) etc. bringen selbstverständlich nochmal deutlich mehr Mehrwert. Aber du kannst du nicht ersnthaft argumentieren, dass der Chemielehrer dann auch gleich aufs Fachstudium verzichten kann, wenn er nicht auch noch Erfahrungen aus der Forschung draufsetzt?
    (Ich weiß, das tust du nicht wirklich. Du schreibst ja, er kann es auch. Aber es bleibt bei der Aussage: Das Fachstudium ist die wesentliche Grundlage, auch für GS-Lehrer)

    Mal ehrlich: Wäre es jetzt schlimm gewesen, Du hättest dem Schüler einfach die Antwort gegeben, weil Du sie halt weisst? Ich behaupte nein, wäre nicht schlimm gewesen. Du schreibst ja selbst, dass die wirklich qualifizierte Antwort, die DU im Kopf hattest, am Ende für den Schüler irrelevant gewesen wäre. Mir geht das selber auch häufig so und immer dann stelle ich für mich selbst einfach fest, dass ich für meinen Beruf tatsächlich überqualifiziert bin und dass das mit ein legitimer Grund dafür ist, warum jemand mit meiner Ausbildung bei der Roche oder Novartis noch mal deutlich mehr verdient als ich.


    Aber schnell wieder weg vom Gehalt. Was ich damit eigentlich ausdrücken will ist, dass ich an dieser Stelle anerkennen muss, dass eine weniger qualifizierte Person als ich den gleichen Job genauso gut erledigen kann. Nein, man kann sicher nicht beliebig viel Fachausbildung wegnehmen, irgendwo ist einfach eine harte Grenze erreicht.

    Ich bin mir nicht sicher, ob du mich hier wieder falsch verstanden hast. Natürlich habe ich dem Schüler die Antwort sofort gegeben. Der Hinweis darauf, dass ich sie noch detaillierter nachschlagen hätte können, war für den hypothetischen Fall, dass er weiter nachgefragt und ein plötzliches Interesse an mittelhochdeutschen Ablautreihen entwickelt hätte. Hat er aber nicht...
    Der Punkt ist aber doch der, dass ich ihm die Antwort nur geben konnte, weil ich ein Fachstudium habe. Wenn ich nur eine Ausbildung hätte, die gerade mal ein wenig über die Lehrplaninhalte hinaus geht, wäre das nicht gegangen. Und ich halte eine ähnliche Frage auch an einer Grundschule nicht für ausgeschlossen.
    Das Argument mit den spontanten Schülerfragen ist aber von allen meinen Punkten am wenigsten wichtig. Das sind ja nun doch Ausnahmesituationen. Viel stärker wiegt das, was ich über Unterrichtsvorbereitung und normale Unterrichtsstunden etc. geschrieben habe. Darauf gehst du aber leider nicht ein. Das ist der eigentliche Knackpunkt!


    Der Punkt, den du über PHs machst, geht eigentlich nochmal in eine andere Richtung. Erstens geht der Thread über die Frage, ob man ohne STUDIUM GS-Lehrer werden sollte. Ein Studium an einer PH ist immer noch ein Studium. Ich wehre mich vor allem gegen einen Ausbildungsberuf "Grundschullehrer". Wie es an einer PH abläuft, kann ich nicht beurteilen, denn damit hatte ich noch nie irgendwelche Berührungspunkte.
    Deshalb nochmal anders formuliert: Ich bin absolut dagegen, den fachwissenschaftlichen Anteil im Studium GS-Lehramt in irgendeiner Form zu beschneiden. Wo dann dieses Studium stattfindet, ist mir wiederum egal.


    Die Frage, ob es nicht Real- oder Hauptschüler gibt, die vielleicht gute Lehrer wären, geht ja noch viel weiter. Die Frage kann man zu beinahe allen Berufen stellen, fast schon unabhängig vom Studium. Ich möchte sie deshalb modifizieren:
    Ist es vorstellbar, dass es Real- oder Hauptschüler gibt, die über eine natürliche Begabung verfügen, die es ihnen auch ohne Abitur ermöglichen würde, ein Studium zu absolvieren?

    Meine Meinung: Ganz ohne Zweifel. Das liegt schon am Schulsystem und an den Anforderungen für das Abitur. Wir haben nicht wenige Schüler, die in den Geisteswissenschaften sehr fit sind, auch die richtigen Denkweisen und Fragestellungen zeigen etc., die dann aber am Pflichtfach Mathe im Abi scheitern. Die könnten jedes Sprachstudium bestehen, auf Magister/Master oder Lehramt, und hätten nicht das geringste Problem. Es gibt auch natürlich die Fälle, die in Naturwissenschaften brillieren und an den Pflichtfächern Deutsch und Fremdsprache scheitern.
    Die Frage sollte also lieber lauten, ob man die Bedingungen fürs Abitur ändert oder das Abitur prinzipiell als Zugangsvoraussetzung für die Uni abschafft. Aber das hat doch nichts mit Lehramt Grundschule per se zu tun?!?

    @WillG Ich lese Deine Beiträge sonst echt gerne und kann mich wahrscheinlich zu 90 % Deinen Meinungen anschliessen. Umso mehr irritiert es mich, dass Du an dieser Stelle auch auf den Zug der Polemik drauf hüpfst. Willst Du damit andeuten, dass eure Realschüler in Mathe nicht mehr können als bis 100 zählen? Das täte mir sehr leid für eure Realschüler. Mein Neffe hat in Bayern den qualifizierten Hauptschulabschluss gemacht, dem hat man zum Glück mehr als das beigebracht. Aber keine Sorge, der macht nur ne Berufslehre zum Chemikanten. Aber jetzt mal ohne Zynismus. Selbstverständlich beherrschen unsere Fachmaturanden in Mathe mehr als den Zahlenraum bis 100. Matritzenrechnung wäre jetzt ein Gebiet in der Mathe, das die im Gegensatz zu den Gymlern nicht mehr lernen. Ehrlich jetzt ... muss ein Grundschullehrer Matritzenrechnung können um einem Kind das Rechnen beizubringen? Ich habe Matritzenrechnung in der Schule gelernt (Mathe LK - juhuu!!) und habe während der Promotion erst begriffen, wozu man das gebrauchen kann. Weiss irgendeiner der hier anwesenden Chemielehrer was eine Fourier-Selbstentfaltung ist? Nein?? Du meine Güte ... wie könnt ihr überhaupt Chemie in der Oberstufe unterrichten. Das ist jetzt die gleiche Art von Argumentation wie "wer Lehramt Grundschule nicht an der Uni studiert hat, beherrscht nicht mehr als den Zahlenraum bis 100".

    Ich nehe mal an, dass du meinen Beitrag einfach missverstanden hast, sonst müsste ich dir vorwerfen, dass du mir die Worte im Mund umdrehst. Polemik war das jedenfalls nicht. Ersten spreche ich mit dem Beispiel des "Zahlenraum bis 100" explizit von der Grundschule, nicht von Realschule oder Abitur/Matura. Warum du das Beispiel jetzt auf die Sek I/II beziehst, verstehe ich deshalb nicht. Zweitens war das eben nur als Beispiel gedacht, als "pars pro toto". Klar machen Grundschullehrer mehr als nur den Zahlenraum bis 100, aber diese Erkenntnis unterstützt doch meine Argumentation nur noch. Also versuche ich nochmal, diesmal mit Beispielen aus der Sprache, damit sie eben differenzierter ausfallen. Was weiß ich schon von Mathematik:


    Mein Fachstudium ist für meine Arbeit in der Sek I/II meiner Meinung nach unabdingbar, gerade weil ich so viel mehr gelernt habe als der Lehrplan fürs Gymnasium und die Bildungsstandards für die gymnasiale Oberstufe einfordern. Das hat mehrere Gründe:


    1.) Es kommt immer mal wieder vor, dass Schüler Fragen stellen, die mehr oder weniger weit über den Lehrplan hinausgehen. Das müssen gar keine sehr abwegigen oder speziellen Fragen sein. Erst letzte Woche hat mich ein Schüler in der Unterstufe (!) gefragt, ob die Präteritumsform von "saugen" nun "saugte" oder "sog" heißt und warum es da zwei Formen gibt. Eine qualifzierte Antwort hat etwas mit Flexionsmorphologie zu tun, mit mittelhochdeutschen Ablautreihen, mit Sprachwandel und mit Sprachpragmatismus. Diese Antwort konnte ich ihm geben, natürlich deutlich heruntergebrochen und ohne eine Aneinanderreihung von Fachbegriffen, die er ohnehin nicht braucht. Aber in der Sache hat er eine korrekte, wenn auch vereinfachte Antwort erhalten. Wenn es ihn noch weiter interessiert hätte, hätte ich es ihm erklären können. Ab einem bestimmten Punkt hätte ich wohl selbst nochmal nachlesen müssen, aber ich hätt sofort gewusst wo, ich hätte das betreffende Fachbuch in meinem Bücherregal im Arbeitszimmer gehabt und es hätte mich nicht mehr als 20min gekostet, mich wieder in die Materie einzuarbeiten.


    2.) Für den Unterrichtsalltag, also auch wenn Schüler keine vertiefenden Fragen stellen, benutze ich jeden Tag, ohne Ausnahme, das vertiefte Verständnis für mein Fach bei der Unterrichtsplanung und bei der Unterrichtsgestaltung. Wenn ich eine neue Lektüre vorbereite, sehe ich beim ersten Lesen welche Motive besonders relevant, wie die Motive miteinander verknüpft sind und welche Bezüge zum Epochenhintergrund bestehen. Ich erkenne, allgemein formuliert, die narrative Struktur des Textes, denn die Auseinandersetzung mit literarischen Strukturen habe ich im Studium grundlegend und tiefgehend gelernt. Dieses Wissen brauche ich sowohl, wenn es um Texte von Shakespeare oder Goethe geht als auch - weniger abstrakt - wenn ich die "Vorstadtkrokodile" für die fünfte Klasse vorbereite. Ich nutze dieses Wissen, um die Schwerpunkte meiner Unterrichtsreihe festzulegen, die Progression zu planen und um eventuelle Schwierigkeiten zu antizipieren. Im Unterricht selbst hulft es mir, flexibel auf Interpretationsansätze und Thesen der Schüler zu reagieren, statt nur die gängige Interpretation in der Sekundärliteratur zu vermitteln. Das kann ich mit einem gewissen Selbstbewusstsein tun, da der Kollege, der die Lektürehilfe geschrieben habt, im Regelfall selbst nicht besser qualifiziert ist als ich. Selbst wenn ich literaturwissenschaftliche Fachartikel von promovierten oder habilitierten Autoren heranziehe, kann ich beurteilen, ob die Herangehensweise nachvollziehbar und die Argumentation schlüssig ist. Einen kritischen Umgang mit der Forschung habe ich nämlich ebenfalls im Studium gelernt und in Seminararbeiten, in Klausuren und in meiner Examensarbeit unter Beweis stellen müssen. Sicherlich nicht so tiefgehend wie in einer Dissertation oder Habilitation, aber das grundlegende Handwerkszeug habe ich gelernt. Und das brauche ich dann eben, um meinen Unterricht offen für andere Meinungen und Ansätze gestalten zu können.


    3.) Dieses Verständnis für die Grundlagen der Fachwissenschaft halte aus den genannten Gründen ich für unabdingbar, ganz egal wie abstrakt oder kompliziert die Lehrplaninhalte nun eigentlich sind. Ob ich jetzt Kommasetzung, Subjekt-Prädikat-Objekt oder Pragmatismus und Sprachphilosophie unterrichte, stellt dann nur noch unterschiedliche Anforderungen an die reinen Inhalte an. Diese Inhalte sind aber meist tatsächlich nicht das, was das Studium vermittelt. Wenn ich nun in der Oberstufe Kommunikationsmodelle unterrichten muss, dann kann ich nur sehr bedingt auf Inhalte aus Seminaren zurückgreifen, weil wir so etwas nur gestreift haben. Aber ich kann die Texte von Watzlawick, Grice, deSaussure etc. lesen und problemlos verstehen, weil ich grundlegend verstanden habe, wie Sprache funktioniert. Der Grundschullehrer, der Subjekt-Prädikat-Objekt unterrichtet, muss in der Lage zu sein, zumindest für sich den Unterschied zwischen einem Objekt, einem Adverb und einem Prädikativ zu erkennen, um dann entsprechend entscheiden zu können, ob er das Prädikativ überhaupt unterrichtet oder ob er hier differenziert. Er muss die Regeln zu Groß- und Kleinschreibung in den Kontext von Syntax und Lexik und Morphologie setzen können, um eine sinnvolle Entscheidung darüber zu treffen, welche Regeln er wie vermittelt. Sonst hast du jemanden, der nur einfache Regeln ohne Kontext vermitteln kann. Das kann meiner Meinung auch nicht Sinn der Arbeit in der Grundschule sein. Das meine ich mit Grundverständnis für das Fach und seine Strukturen.


    4.) Bei den Grundschulkollegen kommt aufgrund der jüngeren Schülerschaft die Notwendigkeit hinzu, ein verlässliches Verständnis für Entwicklungspyschologie, Lern- und Begabungspsycholgie, Pädagogik, Didaktik und vermutlich noch anderen Bereichen zu haben, das weit über das hinausgeht, was ich gelernt habe. Das, was ich in diesen Bereichen gelernt habe, könnte man nämlich durchaus im Rahmen einer Ausbildung vermitteln - bei mir war es im Rahmen des Refs. Das merke ich an mir selbst aber auch. Ich kann bei der Beratung von Schülern mit LRS/Legasthenie ein paar allgemeine Hinweise geben und bei der "Diagnose" schematisch ein paar Grundsätze anwenden. Differenziert und verlässlich ist das nicht, denn mir fehlen die Hintergründe in der Gehirnforschung, in Fragen des Schriftspracherwerbs etc. Könnte ich mir das anlesen? Klar, wahrscheinlich wäre das gar nicht so schrecklich aufwendig, aber das liegt wiederum daran, dass ich im Rahmen meines Studiums gelernt habe, wie ich mich eigenständig in neue Fachgebiete einarbeite. Das ist bei Ausbildungsberufen verständlicherweise kein Schwerpunkt. Auch hier ist also die universitäre Ausbildung hilfreich, wenn nicht sogar notwendig.


    5.) Mein Argument ist explizit nicht, dass die Grundschulkollegen gefälligst studieren sollen, weil ich es auch getan habe (- ich Beziehe mich auf deine Analogie mit deiner Promotion), sonder dass ich verstanden habe, wo ich mein Fachstudium im Beruf für eine wichtige Grundlage halte. Das übertrage ich jetzt auf mein Verständnis / meine Vorstellung von der Arbeit der Grundschulkollegen. Wenn jemand tatsächlich der Meinung ist, ein Sek II-Lehrer müsste promoviert haben, um Wissenschatspropädeutik angemessen zu vermitteln, höre ich mir die Argumente gerne an. Aber ich nehme an, das war wiederum nur Polemik von deiner Seite.

    Versetzungen sind klar rechtlich geregelt - stimmt die Schulleitung nicht zu, passiert es eben nicht. Dabei muss man auch ganz klar sagen, dass die Unterrichtsversorgung für einen Schulleiter aus guten Gründen eine höhere Priorität hat als eine persönliche Lebensplanung.


    Nicht versetzt zu werden, ist nicht weiter ungewöhnlich. Dir wird nichts anderes übrig bleiben, als wieder und wieder Versetzungsanträge zu stellen, bis es eben klappt.

    Das ist die formal korrekte Seite.
    Ich würde aber Eliatha zustimmen. Ich hab im Schuldienst schon Pferde kotzen sehen. Wer sich bemüht, mit vielen Leuten redet, ihnen vielleicht auch auf die Nerven geht, kann oftmals das Unmögliche erreichen.



    Da diese Dinge mich aber eigentlich nichts angehen, [...]

    Da liegst du eben falsch. Wenn du nur brav deinen Antrag ausfüllst, wirst du nichts erreichen. Ich würde auch bei Dezernenten anrufen, den Personalrat immer und immer wieder in die Pflicht nehmen, den Lehrerrat der eigenen Schule auf den Schulleiter ansetzen, den Lehrerrat der anderen (beiden - die, an die du willst und die, von der der Kollege weg möchte) Schulen mobilisieren, auf den PR einzuwirken etc. Dann geht vielleicht was.
    Und je konkreter du den Entscheidungsträgern Lösungsvorschläge unterbreiten kannst (bspw. Ringtausch mit Kollege XY von der YZ-Schule), desto stärker steigen deine Möglichkeiten.


    Aber natürlich besteht immer die Gefahr, dass das alles nichts bringt. Denn da hat Nele schon recht: Wenn die Unterrichtsversorgung nicht an allen (!) beteiligten Schulen garantiert werden kann, wird gar nichts gehen.

    Ich bin kein Grundschullehrer. Aber mein Verständnis des Berufs ist schon so, dass eine enorme Tiefe des spezifischen Fachwissens benötigt wird, und zwar eben in den pädagogischen und psychologischen Themenfeldern; Stichwort Schriftspracherwerb etc.
    Was da in den Kinderköpfen vor sich geht und wie man diesen Prozessen sinnvoll begegnet erscheint mir ausreichend komplex, um ein Studium zu rechtfertigen. Dazu kommt, dass ich für meinen Unterricht (Sek1+2) deutlich von meinem vertieften Fachwissen und vor allem vom Fachverständnis profitiere, und zwar nicht nur bei speziellen Fragen der Schülerschaft. Ich benötige es bei der Unterrichtsplanung, wenn es um die Anordnung der Unterrichtsinhalte, die didaktische Reduktion und um die Setzung von fachlichen Schwerpunkten geht. Mir ist jeder Lehrer suspekt, der sagt, die Uni habe ihn nicht auf den Schuldienst vorbereitet, weil ich vermute, dass er nicht so richtig kapiert hat, worum es im Studium geht.
    Ich würde annehmen, dass eine sichere Beherrschung des Zahlenraums bis 100 nicht ausreicht, um angemessen Mathe in der Grundschule zu unterrichten, da man vermutlich ein Grundverständnis für mathematische Zusammenhänge und Prozesse haben muss, um in der Unterrichtsplanung die notwendigen Entscheidungen zu treffen und bei Problemen von Schülern richtige Diagnosen anstellen zu können.
    Deshalb halte ich den Vorschlag für haaresträubend.


    Man könnte dann nämlich auch gleich sagen, dass Englischlehrer der Sek 2 halt einfach einen vertieften Sprachkurst auf C2 Niveau belegen sollen und die fachlichen Inhalte in Form von Workshops bei einer nicht-akademischen Ausbildung vermittelt bekommen. Und das reicht dann... nicht. Weil eben dann das linguistische und generell philologische Hintergrundwissen fehlt, um wirklich zu wissen, was man tut.
    (In diesem Zusammenhang unterstütze ich übrigens auch den Vortstoß "A13 für alle" uneingeschränkt, weil jede Unterscheidung zwischen den Lehrämtlern auch fachlicher Ebene einfach schwachsinnig ist. Belastungen lassen sich ohnehin nicht vergleichen und die studiendauer mag zwar formal überzeugend sein, in der Praxis studiert aber doch sowieso jeder so lang oder kurz, wie er will.)

    Nochmal ganz deutlich, weil ich glaube, dass diese Frage bislang nur implizit beantwortet wurde:
    Stellen werden immer erstmal als Vollzeitstelle besetzt, mit der (manchmal beschränkten) Möglichkeit, dann Stunden zu reduzieren. Es gibt also keine Situation, in der dir eine 50%-Stelle angeboten wird.
    Zwei Einschränkungen:
    1.) Das gilt für unbefristete Stellen (Beamte sowie Angestellte). Befristete Vertretungsverträge gibt es auch nur mit ein paar Stunden.
    2.) Das gilt v.a. für mein Bundesland (Bayern). Ich will nicht ausschließen, dass andere Bundesländer vielleicht doch auch nur reduzierte Stellen ausschreiben.

    Es ist mein subjektiver und persönlicher Eindruck, dass vor allem in den Geisteswissenschaften der überwiegende Großteil der Studenten darüber nachdeknt zu promovieren. Auch noch eine gewisse Zeit nach Abschluss des Studiums. Dann legt sich das bei den meisten, manche gehen es dann doch noch an. Ich denke, pauschale Empfehlungen kann man da nicht aussprechen. Man kann nur so objektiv wie möglich den Nutzen eines solchen Titels für die angestrebte Laufbahn darstellen. Und hier bleibe ich bei meinem Eindruck, dass eine Promotion auch in einer schulischen Laufbahn für bestimmte Positionen durchaus einen Vorteil bei der Bewerbung darstellen kann. Ob dieser Vorteil die Mühen einer Promotion rechtfertigt, muss wohl jeder selbst wissen.
    Was man durchaus klar artikulieren sollte, ist die Belastungen, die so eine Promotion mit sich bringen können. Valerianus hatte sie schon angedeutet und vielleicht sollte man sie noch etwas näher ausführen. Ich glaube nämlich, dass viele Absolventen - genau so wie ich damals auch - so ein Projekt unterschätzen und eher denken, das sei "halt eine längere Seminararbeit" oder so.

    Studenten hingegen lieben das über alle Maßen

    Muss so eine Generationengeschichte sein. In meinem Umfeld vor +/- 20 Jahren wäre niemand auf die Idee gekommen, Mittelbaudozenten oder auf Professoren mit Titel anzusprechen. Da war es immer nur "Herr/Frau XY".
    Vielleicht gab es im ersten Semester noch ein paar Unsicherheiten, aber danach...
    Interessanterweise ertappe ich mich dabei, dass ich gerade bei Ärzten unbewusst dazu neige, den Doktor mitzusprechen, obwohl mir durchaus bewusst ist, dass der Dr.med im Regelfall von Aufwand und Leistung kaum mit anderen Promotionen zu vergleichen ist.


    Zum Thema:
    Es ist durchaus mein Eindruck, dass eine Promotion bei bestimmten Beförderungsstellen hilfreich ist. Zumindest findet man in den Organigrammen der MBs (das bayerische Gegenstück zu den Schulämtern) und vor allem im KM verstärkt promovierte Kollegen. Bei Abordnungen an die Unis sowieso - aber da macht es ja auch Sinn. D.h., wenn es aus der eigentlichen Schule raus geht, scheint es zu helfen.
    Wenn man Seminarlehrer werden will, schadet es sicher auch nicht.

    Ich bin ja prinzipiell immer zurückhaltend, wenn es darum geht, eigenes Geld für Arbeitsmaterial auszugeben. Aber hier scheint es, als sei es eine persönliche Vorliebe deinerseits, unbedingt Bögen haben zu wollen und keine Alternative zu akzeptieren.
    In diesem Fall, wenn es mir selbst also so wichtig wäre, würde ich mir tatsächlich billig bei Aldi oder Lidl einen Stapel Hefte kaufen, die Klammern rausnehmen und den Schülern die Bögen einfach austeilen.
    Wenn das mit dem Einsammeln des Materialgeldes klapp, umso besser. Wenn nicht, dann würde ich das aus eigener Tasche finanzieren.

    Zur "deutschen Kultur":
    Deutsche Kultur erlebe ich am ehesten als einen diffusen Gefühlszustand in Abgrenzung zu anderen Kulturen. Das ist häufig irgendwie undefiniert patriotisch und vielleicht nationalistisch - das ist dann die Pegidavariante. Es kann aber auch ganz harmlos sein, wenn man sich im Auslandsjahr nach einem Vierteljahr der aktiven Integration in der Zielkultur einfach mal gut dabei fühlt, sich ein Schnitzel in die Pfanne zu hauen oder sich tierisch darüber freut, dass der Besuch aus Deutschland "echtes" Brot oder deutsche Schoki mitbringt. Das ist alles irgendwie deutsche Kultur, aber zu einer echten Leitkultur taugt das auch nicht.
    Ich will damit sagen: Ich kenne schon vereinzelte Situationen, in denen ich mich auf diffuse Weise "deutsch" fühle, was dann auch durchaus positiv affektiv besetzt ist. Ich bin dann nicht "stolz" darauf, Deutscher zu sein, aber ich realisiere, dass ich mich in Deutschland und als Deutscher durchaus wohl fühle. Aber dennoch könnte ich jetzt Cem, Samira oder Tachina nicht sagen, sie sollen sich doch gefälligst mal an die deutsche Kultur anpassen, weil ich diese einfach nicht definieren könnte. Abgesehen davon würde ich nicht in einer Kultur leben wollen,
    die so einfach auf ein paar Elemente festzulegen ist und die sich nicht beständig durch äußere Einflüsse weiterentwickelt.

    Warum schaffen es manche Bürger auch nach mehr als einem Jahrzehnt Aufenthalt in Deutschland nicht, mehr als rudimentäres Deutsch zu sprechen? Und warum haben manche Migranten derart Berührungsängste mit Deutschen und verweilen nur in "ihren" Kreisen, wenn es für diesen Jungen das Selbstverständlichste der Welt war?

    Kinder haben weniger Hemmungen, Kontakte mit anderen zu knüpfen. Dein Schüler war sofort in einem sozialen Umfeld, mit dem es sprachlich interagieren musste. Bei Erwachsenen ist das schwieriger - das wirst du vor allem merken, wenn du mal aus der Uni raus bist. Dann lernt man nicht mehr so schnell und so einfach neue Leute kennen. Ein erwachsener Einwanderer hat also nicht so schnell das deutschsprachige Sozialleben wie ein Kind. Die ersten Leute, die er besser kennenlernt, sind Menschen in der gleichen Situation, also auch Einwanderer, die dann oft die gleiche Sprache sprechen oder zumindest kein gutes sprachliches Vorbild abgeben.
    Kinder haben auch weniger Hemmungen, Fehler zu machen. Sie plappern darauf los und üben dadurch die Fremdsprache, was zu schnellerem Lernerfolg führt. Erwachsene schämen sich eher, wenn sie sich nicht sicher sind, ob sie sich korrekt ausdrücken ("affective filter" nach Stephen Krashen) und vermeiden desahlb auch Kommunikationssituationen in der Fremdsprache. Das behindert natürlich den Lernerfolg.
    Deshalb ist es ja so wichtig, die Integration nicht nur von den Einwanderern einzufordern, sondern sie dabei auch aktiv zu unterstützen, eben um Gheottisierung zu vermeiden, die sonst eine ganz natürliche, menschliche Reaktion auf Überforderung ist und nichts mit mangelndem Willen oder Abgrenzungstendenzen der pösen, pösen Ausländer zu tun hat.

    Also, ich habe mein moralisches Gewissen nicht durch den Amtseid ersetzt. Der Begriff des "zivilen Ungehorsams" wurde ja schon genannt. Wenn ich der Meinung bin, dass hier Ungerechtigkeiten geschehen, dann kann ich auch dagegen vorgehen - und dann bin aber auch bereit, eventuelle disziplinarische Konsequenzen zu tragen. Jede andere Einstellung finde ich ehrlich gesagt beängstigend.


    Ob ich jetzt im konkreten Fall versuchen würde, eine Abschiebung zu verhindern, weiß ich nicht. In der Situation war ich noch nie. Ich würde mir aber wünschen, dass ich den Mut hätte, wenn mein Gewissen mich dazu auffordern würde, ganz abseits von Dienstpflichten etc.

    Ich muss mich wiederholen, weil ihr euch auch wiederholt: Ich bereite mich in den Sommerferien mittlerweile kaum mehr vor, weil ich alles schon mehrfach gemacht habe. Deshalb macht es mich persönlich auch nicht nervös, dass wir unsere UV noch nicht haben. Aber es gibt halt nicht nur Lehrer mit 10+ Jahren auf dem Buckel. Es gibt auch Berufsanfänger, die sich auch zum Teil (egal ob gerechtfertigt oder nicht) noch wegen ihrer Probezeit stressen. Das sollte man von seiner bequemen Position mit A13/14/15 und Materialsammlungen, die Bibliotheken füllen können, doch bitte nicht vergessen, bevor man solche gönnerhaften Kommentare loslässt.


    Außerdem ärgere ich mich nach wie vor darüber, dass die Verordnungen uns Vorgaben machen, die wir durch systembedingte Probleme nicht einhalten können. Das ärgert mich prinzipell, auch wenn es de facto für mich kein Problem darstellt. Und die genannten Unwägbarkeiten wären mit einer ordentlichen personellen Versorgung nun wirklich kein Problem.

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