Beiträge von Moebius

    Zitat

    +++ 15:58 Deutschland: 1100 Menschen derzeit an Beatmungsgeräten +++

    In den Krankenhäusern in Deutschland werden momentan rund 7000 Menschen mit Covid-19 behandelt. Davon befinden sich rund 1500 Patienten auf Intensivstationen, von denen etwa 1100 beatmet werden müssen. Wir haben es geschafft, die so wichtigen Beatmungsplätze im Bereich der Intensivmedizin von ehemals 20.000 Plätzen auf zwischenzeitlich 30.000 zu steigern", sagte der Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft Gerald Gaß. Die weitere Entwicklung hänge jetzt sehr stark von der Belieferung mit zusätzlichen Beatmungsgeräten durch die Industrie ab. Die Bundesregierung hatte zur Aufstockung der Kapazitäten in den Krankenhäusern 10.000 neue Beatmungsgeräte bestellt.

    Meine Heimatstadt gehört aktuell zu den deutschlandweit am stärksten betroffenen (Inzidenz 130 pro 100 000), warum auch immer. Trotzdem ist der Tenor der lokalen Medienberichterstattung hier "der Bedarf steigt, es sind aber noch deutlich Kapazitäten vorhanden und die könnten auch bei Bedarf noch erweitert werden.

    So etwa dürfte das unter Beibehaltung der o.a. Steigerungsraten aussehen.

    ... was natürlich offensichtlich unzutreffend ist, da sich die Steigerungsrate alleine in den letzten zwei Wochen erheblich verändert hat (erst ca. 20%, dann zwischenzeitig Anstieg auf ca. 30%, jetzt Rückgang auf ca. 10%).


    Du bist Informatiker, ich gehe mal davon aus, dass dir bewusst ist, dass es hochgradiger Unsinn ist ein exponentielles Wachstum unbegrenzt bis zum erreichen der Gesamtpopulation von 80 Millionen anzusetzen. Bereits bei 70% wäre ja eine Herdimmunität erreicht, selbst bei einem völlig ungebremsten Verlauf hätte sich das Wachstum bei 25 Mio. bereits halbiert. Was bezweckst du mit dem Verbreiten solcher Horrorszenarios?

    Noch etwas trauriges:

    Am Wochenende hat sich der Hessische Finanzminister, Thomas Schäffer, das Leben genommen. Nach Aussagen des Ministerpräsidenten besteht wohl ein Zusammenhang mit dem hohen Druck in Folge der Corona-Krise. (Er hat einen Abschiedsbrief hinterlassen, dessen Details aber nicht öffentlich sind.)


    Dies ist ein prominenter Fall, aber sicher nicht der einzige.

    Wir sollten uns nicht ausschließlich mit der Krankheit und ihrer Behandlung und Eindämmung als absolutem Primat beschäftigen, man darf nicht so tun, als wären Menschen nur Maschinen an deren Stellschrauben man beliebig drehen kann, ohne dass es Folgen hat. Auch wirtschaftliche Ängste und psychische Probleme durch die aktuellen Beschränkungen sind real und verständlich. Und wenn ich hier versuche eher optimistische Szenarien zu sehen und schreibe, dass ich möglichst nach Ostern wieder in die Schule möchte, habe ich eben auch die Schüler im Kopf, für die das dann vielleicht ein Segen ist aus ihrer Zweizimmerwohnung wieder raus zu kommen. Natürlich weiß ich auch, dass ich selber zuhause sicherer währe.

    Wann und woran kann man in nächster Zeit festmachen, dass wir mehr oder weniger (eher mehr als weniger) über den Berg sind?


    Ich weiß, dass Ostern (also die Zeit um 9. und 10. April) entscheidend ist. Und ich weiß es (theoretisch) geht um r kleiner 1. Aber könnte mir das jemand nochmal runterbrechen: Also bis 9./.10. müssen es x Neuinfizierte sein, dann sind wir über den Berg?

    Da gibt es keine einfache Antwort drauf. Bzw. gleich mehrere, je nach Standpunkt


    Ganz grob könnte sagen, dass wir über den Berg sind, wenn die Zahl der Neuerkrankungen im Mittel konstant bleibt. Das entspricht genau dem Fall r=1. (streng definitorisch gesehen ist das auch falsch, da r eine Konstante ist, die sich eigentlich auf die Krankheitsausbreitung ohne Dämpfung bezieht, eigentlich ist r=3 konstant, man bräuchte also einen Mitigationsfaktor von 1/3, so dass zwei von drei theoretischen Infektionen verhindert werden)


    Wenn die Zahl der Neuinfektionen konstant bleibt, heißt das, dass jeder Infizierte im Schnitt noch eine weitere Person infiziert.

    Es gab in den letzten zwei Wochen Phasen, in denen ich persönlich die Hoffnung hatte, dass wir langsam an diesem Punkt sind, zuletzt bei 4000. Frau Merkel hat gestern davon gesprochen, dass wir auf eine "Verdopplung, alle 12-14 Tage kommen müssten", das würde aktuell etwa 3000 Neuinfektionen pro Tag entsprechen. Die Formulierung von Frau Merkel finde ich aber nicht gut, weil sie nach wie vor ein exponentielles Wachstum impliziert, was wir dann nicht mehr hätten, sie gilt nur als Momentaufnahme.


    Dieser Zustand wäre ein Signal, dass die medizinische Katastrophe in Deutschland ausbleibt, weil der Zu- und Abgang von Intensivpatienten sich nach ein paar Tagen ausgleichen würde.


    Allerdings wären wir dann noch nicht über den Berg, was die weiter Entwicklung der Maßnahmen angeht. Wenn die Zahl der Neuinfektionen "nur" konstant bleibt, kommt eine Lockerung natürlich nicht in Frage, weil sie danach naturgemäß wieder ansteigen würde. Dafür bräuchte es einen nachhaltigen Rückgang. Meine subjektive Einschätzung: Über den Berg im Sinne von "man kann die Maßnahmen lockern" sind wir dann, wenn die Neuinfektionen Richtung 1000 pro Tag gehen. Eine Überlastung der Intensivbetten wäre da erst mal vom Tisch und es wäre eine Größenordnung, in der man mit Testung und begrenzten Maßnahmen für einzelne Regionen und Altersgruppen die Ausbreitung unter Kontrolle halten könnte und noch genug Zeit hätte zu reagieren, wenn man merkt, dass in bestimmten Regionen die Infektionen wieder ansteigen.


    Ich halte es nach wie vor für möglich, dass der letzte Anstieg auf um die 6000 nur ein Aufhellungseffekt ist, weil mehr getestet wird und wir den ersten beschrieben Fall mehr oder weniger bereits erreicht haben. Das kann man Montag/Dienstag vielleicht besser beurteilen, da gab es in der letzten Woche noch mal einen sprunghaften Anstieg. Hoffentlich fällt der diese Woche kleiner aus.

    Zwei Punkte dazu:



    Und außerdem, auch wenn Todesfälle <80 eher unwahrscheinlich sind, mein Stand ist, dass schwere Verläufe auch bei Jungen und Gesunden nicht unwahrscheinlich sind.


    Unwahrscheinlich schon, nur nicht unmöglich.

    Und unmöglich sind sie bei einer Grippe leider auch nicht. Auch tödliche Verläufe bei jungen Menschen treten da in Einzelfällen auf.


    Der wesentliche Unterschied zwischen Corona und einer normalen Grippe liegt nicht in den Nicht-Risikogruppen, dort können in beiden Fällen (selten) schwere Verläufe auftreten. Der wesentliche Unterschied ist, dass die Risikogruppen gegen Grippe in der Regel geimpft sind, während das bei Corona nicht möglich ist.

    Spanien hat z.B Hunderttausende (?) Schnelltests aus China gekauft, aber auch die sind zu fehlerhaft.

    Den Fall hab ich auch gelesen. Besonders erschreckend: die Tests hatten "nur eine Zuverlässigkeit von 30%, als akzeptabel würden 80% gelten".

    Wenn 80% wirklich eine akzeptable Genauigkeit sind (nicht angegeben war, ob es sich um die Sensitivität oder die Spezifität handelt), ist es natürlich kein Wunder, dass bei 500 000 Tests die positiven Befunde durch die Decke gehen, ich kann nur hoffen, dass die tatsächliche Sicherheit deutlich höher ist.

    Ich glaube nicht, dass es bei den Tests eine wirkliche einheitliche Linie gibt.

    Die hohen Schwankungen bei den angegebenen Zahlen der durchgeführten Tests ergeben sich wohl aus den verschiedenen Wegen. Die 160 000, die man bis vor ein paar Tagen immer gehört hat, beziehen sich wohl auf die Kliniken und deren offiziell durchgeführten Tests. Die "bis zu eine halbe Millionen" von Herrn Spahn gestern oder vorgestern beziehen sich auf alle möglichen Tests, schließen also insbesondere auch die von Hausärzten mit den kleineren Laboren vor Ort durchgeführten Tests ein. Da scheint es für negative Tests gar keine Meldepflicht zu geben.

    Und ob man bei seinem Hausarzt einen Test bekommt, hängt wohl von vielen Faktoren ab, und nicht zuletzt vom Zufall. Einige Hausärzte weigern sich komplett, Tests durchzuführen, insbesondere wenn es zentrale Testeinrichtungen vor Ort gibt, an die sie das abschieben können. Andere machen Tests, entscheiden dann aber selber, bei wem sie diese machen und wo nicht, bei den Empfehlungen wird es einen Auslegungsspielraum geben. Bei dem ein oder anderen Arzt kann ich mir auch vorstellen, dass das Kriterium "Privatpatient" da mit in die Entscheidung einfließt.

    Einen Rückgang im Wachstum haben wir ja auf jeden Fall schon gesehen, bereits die Absage von Großveranstaltungen und Eindämmungsmaßnahmen vor den Schulschließungen hatten eine gewisse Wirkung.

    Der Einfluss der Schulschließungen wird eher zweifelhaft sein, nach dem, was man inzwischen aus China und Italien weiß, tragen Kinder und Jugendliche nur wenig zum Infektionsgeschehen bei. Die Wirkungen der Einschränkungen im Wirtschaftsleben wird in der nächsten Woche sichtbar sein, der der Ausgangsbeschränkungen in der übernächsten. An den Zahlen wird sich jedoch kaum ermitteln lassen, welche Maßnahme genau welchen Effekt hatte, dafür waren es zu viele in zu kurzer Zeit. Was wird man auf anderen Wegen herausfinden müssen.

    Ich finde es im Augenblick auch sehr schwierig, mit den Zahlen etwas anzufangen. Ich hatte ja geschrieben, dass ich eher damit rechnen würde, dass wir ein paar Tage bei um die 4000 Neuinfektionen pro Tag bleiben und sie dann irgendwann langsam sinken. Da waren die 2x6000 in den letzten beiden Tagen natürlich nicht das, was ich gehofft hätte.

    Andererseits wurde gleichzeitig in den letzten Tagen viel darüber berichtet, dass die Anzahl der Tests inzwischen bei 300 000 - 500 000 die Woche liegen würde, je nach Quelle, das währe ein mehrfaches der Zahl von vor zwei Wochen. Dann wäre es natürlich auch kein Wunder, wenn die Zahl alleine durch die hohe Testzahl steigen würde. Wer viel sucht, findet auch mehr. Das wäre dann eigentlich eine gute Nachricht, weil das Dunkelfeld kleiner und die Zahl späterer Folgeinfektionen reduziert wird. Grundsätzlich finde ich die Strategie, auf massives Testen zu setzen, sinnvoll, vor allem wenn die Maßnahmen irgendwann langsam gelockert werden.


    Und man darf nicht vergessen: auch wenn die Zahlen jetzt sehr hoch aussehen, sind die Zunahmen relativ gesehen doch immer noch deutlich kleiner: Das Wachstum über die letzten 7 Tage liegt im Schnitt bei 14% pro Tag, das ist gerade mal etwas mehr als die Hälfte des Wertes der Vorwoche, also immer noch eine massive Verbesserung. (Dass das Wachstum nicht automatisch abflacht, sieht man gerade in den USA, das hat schon etwas mit den getroffenen Maßnahmen zu tun.)


    Frau Merkel hat sinngemäß geäußert, dass man über Lockerungen nachdenken kann, wenn sich die Zahlen nur noch alle 12-14 Tage verdoppelt, nicht mehr alle 3. Das entspräche einer durchschnittlichen Zunahme von ca. 6% und wäre jetzt der Fall, wenn wir dauerhaft unter 3000 Neuinfektionen sinken. Das halte ich nach wie vor in der kommenden Woche für möglich.

    Die Diskussion um angestellt oder verbeamtet und städtisch oder Landesdienst ist akademisch, wird aber am Ende keine Rolle spielen.


    Wenn es nach Ostern wieder los geht - also ein Teil der Schüler kommt wieder zur Schule, die anderen werden ggf. zielgerichteter online beschult, als das jetzt der Fall ist - dann gibt es keinen Grund für Kurzarbeit und die Thematik ist eh irrelevant.

    Im anderen Extremfall - die Situation wird nicht besser, Anfang Mai stellt man fest, dass es keinen Sinn macht noch auf Zeit zu spielen und das Schuljahr wird beendet, ohne dass man noch 2 Monate Aufgaben per Emails verschickt - wird das bei allen Lehrern Konsequenzen haben. In dem Fall wird dann auch der gesamtgesellschaftliche Druck auf die Politik zu groß werden. Dass die Kurzarbeiter- und Arbeitslosenzahlen durch die Decke gehen während gleichzeitig die Lehrer 5 Monate bei vollen Bezügen faktisch Ferien haben, wird nicht passieren. In allen Beschäftigungsverhältnissen sind Kürzungen rechtlich machbar, auf unterschiedlichen Wegen.


    Hoffen wir einfach, dass die Realität näher am ersten als am zweiten Szenario liegt.

    Artikel mit der Überschrift "Patienten über 80 werden im Elsas nicht mehr beatmet!" habe ich heute mehrfach gelesen. Teilweise wurde dann aber irgendwo weiter unten im Text sinngemäß ergänzt "Dies entspricht der in Pflegeheimen allgemein gültigen Praxis". Mit möglichst reißerischen Überschriften die Aufmerksamkeit der Leser zu ködern ist ja nun nicht neu, im Augenblick fällt es aber in der Summe besonders negativ auf. Wer schon mal einen Angehörigen in der Situation erlebt hat, weiß, dass die Frage "Wie viel Intensivmedizin macht man nicht" im hohen Alter wirklich nicht leicht und allgemein zu beantworten ist.


    Und tatsächlich habe ich eine zweifelhafte inhaltliche Qualität auch besonders bei SPON in den letzten Tagen wahrgenommen.

    Liegt vielleicht auch daran, dass es im Augenblick einfach überhaupt kein anderes Thema als Corona gibt. Da müssen jetzt reihenweise Autoren aus den Ressorts Politik oder Feuilleton, die eher einen gesellschaftswissenschaftlichen Hintergrund haben, Artikel schreiben, deren Inhalt sich auf medizinische, naturwissenschaftliche oder mathematische Dinge bezieht, von denen sie schlicht wenig verstehen.

    Man sollte sich wahrscheinlich von der Erwartungshaltung verabschieden, dass der Autor eines Artikels zum Thema Corona derzeit automatisch auch Sachverstand auf diesem Gebiet hat.

    Und ist dann nicht auch problematisch, dass man den Effekt der Maßnhamen nicht mehr richtig einschätzen kann? Die Zahl der Infizierten wird weiter steigen, da mehr getestet wird?

    Das wäre dann so, in so fern wäre es gleichzeitig noch bemerkenswerter, dass die Zahlen in den letzten Tagen konstant geblieben sind. Man wird sowieso nicht genau entscheiden können, welche Maßnahme jetzt welchen Effekt gebracht hat, dazu sind zu viele verschiedene Maßnahmen in kurzer Zeit getroffen worden, deren Effekte alle mit einer gewissen Unschärfe von einigen Tagen eintreten und sich dann gegenseitig überdecken.

Werbung