So, das nehme ich jetzt mal als Aufhänger (ist also in keiner Weise an oder gegen Dich gerichtet, liebe Wollsocken), um mal eine etwas ausführlichere Suada zum Thema "Mordor NaWis vs. Auenland GeWis" loszuwerden. Es kam ja in diesem Thread, der ja nicht zuletzt schon vom Ausgangsposting her darauf angelegt war, wieder mal zu der Frage, warum über diesen alten Käse immer wieder - und zwar nicht von Seiten der Geisteswissenschaften! - diskutiert werden muss.
Ich fand weder, dass das Ausgangsposting speziell darauf angelegt war, noch, dass sich dieser Thread in diese Richtung entwickelt hat … sehe ich das falsch?
Da wäre zunächst die Hybris der Genannten (wir reden immer noch von "manchen", gell!), ihre Fächer seien um ein Vielfaches „schwerer“ und von viel weniger Menschen intellektuell bewältigbar als andere.
Man hört immer davon, aber von den Naturwissenschaftlern, die ich persönlich kenne, behauptet das keiner (natürlich nicht repräsentativ). Ich auch nicht, wobei das vielleicht auch daran liegt, dass auch Geisteswissenschaften (ausser Mathe) auf meiner Liste der potenziellen Studienfächer standen … hm, vielleicht kommt das ja noch Aber was man persönlich als leicht oder schwer empfindet, hängt ja auch von den eigenen Voraussetzungen ab - es würde mir nie einfallen, daraus ein allgemeingültiges Ranking ableiten zu wollen. Ich fand Physik und Mathe im Studium anspruchsvoll, aber nicht in dem Sinn "schwer" - beides liegt mir eben gut. Anderen liegt es gar nicht. Andererseits hätte ich zum Beispiel niemals Sport studieren können - zu keinem Zeitpunkt meines Lebens hätte ich den Eingangstest bestanden, ganz abgesehen von meinem gänzlich fehlenden Talent für Sport. Für mich wäre Sport nicht nur "schwer" sondern "unmöglich" gewesen - bei anderen ist das natürlich ganz anders.
Vor allem Chemiker scheinen mir für den Glauben an "Gottbegnadung" (ja, ich weiß, was mit diesem Begriff konnotiert ist) anfällig, und in der Tat scheint für das Studium der Chemie eine Art Inselbegabung äußerst nützlich zu sein (siehe hierzu auch obiges Zitat).
Da ich in Chemie absolut talentfrei bin, kann ich dazu nichts sagen … vielleicht nur, dass Chemiker im Studium sehr viel Zeit in Laborpraktika verbringen müssen, weswegen man auf Studenpartys kaum Chemikerinnen/Chemiker kennenlernt - höchstens bei denen, die von der Chemiefachschaft organisiert werden
Nicht umsonst sind meist die Lehrer naturwissenschaftlicher Fächer dafür berüchtigt, für in ihrem Fach schwächere Schüler eher wenig übrig zu haben.
Auch davon hört man, kann ich aber aus eigener Erfahrung (wieder nicht repräsentativ) weder aus meiner Schulzeit noch jetzt als Lehrer bestätigen … ich glaube auch nicht, dass ich befangen bin, denn ich war bis zur 9ten in "meinen" Fächern richtig schlecht und fand meine Lehrer sehr verständnisvoll. Aber in jedem Fach wird es Fachidioten wie den von dir angeführten Chemielehrer geben - das liegt genauso in der Natur des Menschen wie das humanistisch gebildete Universalgenie.
Viele Chemielehrer (zumindest für SekII ausgebildete) sind offensichtlich ständig frustriert, weil sie sich immer wieder ausmalen müssen, was sie als Abteilungsleiter (oder höher) in der Wirtschaft verdienen bzw. bekommen würden.
Die Naturwissenschaftler an der Schule, die ich kenne, sind mehrheitlich froh, dass sie nicht (mehr) in der Industrie arbeiten müssen - ich auch
Von der Tatsache, dass Hölderlin wesentlich besser zum Bezirzen der Damen geeignet ist als Benzolringe, sei hier mal abgesehen.
Hey, ich habe noch einen Polynomring in einer Intervallschachtelung im Angebot … ja, ich weiss, der ist alt …
Und eben diese spezielle Art der Fähigkeit zum vernetzten Denken ist es wohl auch, die vielen Naturwissenschaftlern abgeht.
Hm mal sehen ... zumindest Englisch auf C-Niveau sollte man als Naturwissenschaftler schon können, sowohl schriftlich als auch mündlich, da Englisch die "lingua franca" in den Naturwissenschaften ist. Eine reflektierte Einordnung zumindest der eigenen Disziplin in die Historie sollte jeder, der sein Fach ernsthaft studiert hat, auch drauf haben - ganz besonders im Lehramt. Auch die philosophischen Grundlagen der Naturwissenschaften (Stichwort Wissenschaftstheorie) sollten einem Naturwissenschaftler nicht gänzlich unbekannt sein. Klar gibt's auch Fachidioten (siehe oben) - aber die können sich das Fachidiotentum immer weniger leisten und das ist auch gut so.