Sich aus den doch auch beengenden Abhängigkeiten der Eltern zu lösen wäre mir ohne die politische wie kulturelle Avantgarde der 60er und 70er Jahre nicht möglich gewesen.
Ich glaube, das ging uns allen so, die in der "weiteren" Nachkriegszeit geboren sind und deren Eltern von den Erlebnissen und Entbehrungen des Krieges geprägt waren.
Unsere Eltern wollten uns Sicherheit geben, weil sie keine erfahren hatten und sehr angstbesetzt aufgewachsen sind. Zuerst war es Hitlerdeutschland, dann der Krieg. Meine Großeltern beiderseits wollten mit Hitler, Nazi und Co nichts zu tun haben, zumal sie traditionell kirchlich engagiert waren und einige Einschränkungen hinnehmen mussten. Es wurde erzählt, dass man niemandem mehr trauen konnte und einige wie umgewandelt waren. Meine Eltern erzählten manchmal, immer mit dem leichten Unterton, dass man von der Verwandlung überrascht war: "Das war ein ganz Fanatischer." Einige Geschwister meiner Großeltern sind im Krieg "gefallen" oder "nicht mehr heimgekommen", wie man das umschrieb. Davon haben sie öfter geredet.
Im Sprachschatz meiner Eltern fand sich zu dem Begriff "in der schlechten Zeit" auch "nach dem Zusammenbruch". Ich glaube, es fiel ihnen schwer unsere von den 68igern geprägte Revolte zu verstehen, weil sie sich gegen das etablierte, unseren Eltern Sicherheit gebende Gefüge aus Moral, Sparsamkeit, Arbeitsfleiß und "Rechtschaffenheit" wandte. Wir nannten das "Spießbürgertum". Ich muss gestehen, dass ich erst sehr spät verstanden habe, warum meine Eltern auf diese Sicherheit für sich und am liebsten für ihre Kinder bestanden. Ich hatte nicht im Fokus, dass sie kriegsgeprägt waren.
P.S.: @ Gruenfink
Da hast du etwas angeleiert. Da kommen wieder ganz viele Erinnerungen hoch. ; - )