Wenn ich als einziger Kollege eine Sechs gebe,
Ich weiß nicht, ob das wirklich eine Rolle spielen sollte. Du möchtest doch die Leistungen eines Schülers in genau einem Fach beurteilen. Inwiefern sollten die Noten der anderen Kollegen dort Beachtung finden? Wenn übrigens alle auf die Noten der anderen Rücksicht nähmen, hätten wir einen Deadlock.
Der Extremfall ergibt sich bei Kollegen, die tagelang um die Notenlisten herumschleichen, und erst dann ihre Noten eintragen, wenn diese auch sicher nichts mehr an der Versetzungs- oder Zulassungsentscheidung ausmachen. Da kann man dann beobachten, wie zwei Spalten in der Liste bis kurz vor knapp leer sind, weil das zwei Kollegen Noten-Mikado spielen.
wo ich theoretisch auch einen Punkt hätte geben können
Was auch immer das bedeuten mag. Von welcher Theorie sprechen wir hier?
o mit meiner Note dafür sorge, dass der Schüler wiederholen muss
Die Note stellt doch die Leistungen nur fest. Erbracht (oder eben nicht erbracht) hat sie der Schüler. Ich möchte mir kein schlechtes Gewissen einreden lasse, weil ich etwas feststelle (z.B. ungenügende Leistungen).
Zumindest würde ich mich fragen, ob ich die Note aus sachlich vertretbaren Gründen erteile oder ob es nicht doch eher aus Genugtuung, Bestrafung oder sonstigen eines Pädagogen unwürdigen Gründen mache.
Das sollte man sich ruhig mal fragen. Und wenn die Antwort "Ja" lautet, sollte man die Notenfindung von vorne beginnen. Wenn die Antwort "nein" lautet, gibt man die bereits gefundene Note. Mich kann auch gerne eine Kollege fragen, ob ich mir mit dieser oder jener Note sicher bin, so lange das mit dem gebührenden Respekt erfolgt.
Mir hat mal ein Schüler vorgeworfen, dass ich "keine Ehre" habe, weil ich ihm eine Sechs gegeben habe. Er konnte mir aber nicht erklären, was er mit "Ehre" meinte. Das war nicht weiter schlimm, weil ich ihm nämlich erklärte, dass meine Ehre mit der Note nichts zu tun habe, sondern nur seine Leistung.