In der Arbeit mit Menschen, seien es Jugendliche, Kollegen oder Eltern, muss man sich immer bewusst sein, dass verschiedene Perspektiven aufeinandertreffen.
Im Idealfall reagiert der Gegenüber mit Verständnis, aber oft benötigt es mehrere Anläufe und Geduld. Wichtig dabei ist Transparenz.
Du erklärst immer und immer wieder deine Position - ruhig, sachlich aber selbstbewusst - und mit der Zeit wird deutlich, dass das einfach die allgemeinen Spielregeln sind, die für alle gleichermaßen gelten.
Deine Aufgabe ist nicht dafür zu sorgen, dass jeder Schüler (m/w/d) Note 1 oder 2 schreibt. Du machst Lernangebote nach staatlichen Vorgaben, die jedem Schüler die theoretische Möglichkeit geben, in einer Prüfungssitiation die volle Punktzahl erreichen zu können. Was die Schüler jedoch aus diesem Lernangebot machen, ob sie es nutzen oder nicht, liegt ganz alleine an den Schülern selbst. Du bewertest nicht Jonas oder Selma; du bewertest ihre erbrachten Leistungen in Prüfungssituationen, die sich an staatlichen Vorgaben orientieren.
Wenn Schüler erwarten, dass du bei jedem neuen Thema frühere Grundlagen wiederholst, machen sie das wahrscheinlich, weil sie das jahrelang von deinen Vorgängern kannten. Du hast zwei Möglichkeiten: Entweder sagst du "Mein Unterricht, meine Regeln. Was andere Kollegen in ihrem Unterricht machen, ist ihre Sache.". Das wäre zwar sehr pragmatisch, aber ehrlicherweise haben Schüler spätestens nach 6 Schuljahren die Erfahrung gemacht, dass unterschiedliche Lehrer auch unterschiedlich Unterricht halten und können auseinanderhalten, was bei dem einen Lehrer geht und bei dem anderen nicht. Damit können sie auch irgendwie umgehen.
Du könntest aber auch deine Position erklären, indem du z.B. ausführst, in welchem Rahmen eine Wiederholung im Unterricht möglich ist und ab welchem Punkt du bei vorhandenen Wissenslücken auf das Selbststudium verweisen musst.
Heutzutage geht es vielen Menschen um ein intuitives Gefühl von Ungerechtigkeit. "Der da mag mich nicht, also behandelt er mich ungerecht!". Das Gefühl brodelt in ganz vielen Menschen - nicht nur bei Jugendlichen, denen man noch eine gewusse Unreife verzeit, es betrifft sogar gestandene Persönlichkeiten mit genug Lebenserfahrung, um vermeintlich über solchen Situationen zu stehen. Ist heutzutage schwerer geworden, aber das beste Mittel ist eine Mischung aus Transparenz, Beharrlichkeit und Sachlichkeit.