Beiträge von Antimon

    wo man das Gefühl hatte

    Nee, nee, neeeee .... Der letzte grössere Beitrag in dem Thread ist von mir und ich schrieb sinngemäss, dass man den Typen nicht so ernst nehmen müsste. Ich bekam sehr viele Likes dafür. Also kein Grund, sich schon wieder über den aufzuregen. Der kann einem höchstens leid tun mit seiner griessgrämigen Verbitterung. Das Video hat nicht mal 30000 Aufrufe, Herr Krötz hat 0 Reichweite und seine Meinung damit keinerlei Relevanz.

    Und auf den Fachfremd-Einwand habe ich lediglich erwähnt, dass EINES meiner Fächer (Germanistik) auch für die Grundschule relevant ist.

    Es ist irgendwie "relevant", ja, aber du bist nicht ausgebildet um kleinen Kindern das Lesen und Schreiben beizubringen. Lustigerweise sind sich diesbezüglich gerade Personen mit mir einig, die ansonsten mich ganz gerne mal angiften, wenn ich schreibe, eine vertiefte Fachausbildung sei für die Grundschule weniger wichtig als Fachdidaktik und Pädagogik. Dann heisst es immer, man müsse für die Grundschule das tollste Fachwissen überhaupt haben, was eben Quatsch ist.

    Du bist im Moment schlichtweg in der falschen Schulform unterwegs. Dass du aber selbst die Idee hattest, das könnte passen, sagt eben schon was über dich aus und genau diese schlechte Selbsteinschätzung bzw. Vorstellung davon, was man an der Schule dann wirklich zu tun hat, nervt mich an Leuten, die entweder aus der falschen Fachrichtung kommen oder tatsächlich Quereinsteiger aus der Industrie/Wirtschaft sind. Dass man auf der zwischenmenschlichen Ebene unfreundlich zu dir ist, ist nicht in Ordnung, da bin ich völlig bei dir. Du scheinst aber wirklich nicht zu verstehen, dass du für den Schulbetrieb nicht halb so "nützlich" bist wie die Politik, die dir diese Möglichkeit ja schlussendlich überhaupt erst bietet, es gerne hätte. Was dir gerade passiert ist symptomatisch für ein kaputtes System. Das ist nicht deine Schuld aber du wärst gut beraten auch wirklich mal die Perspektive zu wechseln um wenigstens versuchen zu verstehen, woher der Frust kommt. Du bist einfach nicht die "Heilsbringerin" auf die alle gewartet haben. Das System braucht keine kreativen Notlösungen, sondern stufengerecht qualifiziertes Fachpersonal.

    Ich arbeite selbst in der Sekundarstufe II und ich kenne es, seit ich in diesem Beruf arbeite, überhaupt nicht anders, als dass ich aus der Mittelstufe in meinen Fächern schlecht ausgebildete Jugendliche in den Unterricht bekomme. Das ist immer schon ein systemisches Problem. Chemie gibt es bei uns im Kanton in der Mittelstufe nicht als eigenständiges Fach, es heisst "Biologie mit Chemie". Im Idealfall unterrichtet eine Lehrperson, die für die Sek I ausgebildet ist und genau diesen Fachbereich im Studium auch vertieft hat. Häufig ist das aber nicht der Fall und es gibt auch immer schon gerade in diesem Fachbereich sehr häufig Lehrerwechsel und Stellvertretung, weil sich zu wenige Lehramtsstudierende dafür interessieren. Wenn es nicht ideal aber immer noch gut läuft, unterrichtet eine Lehrperson, der selbst bewusst ist, dass sie Chemie nicht so gut kann und dann eben nur phänomenologische Biologie macht. Das ist mir als Sek-II-Lehrperson, die übernimmt, tausend mal lieber als wenn sich da jemand abkrampft und irgendeinen Blödsinn erzählt. Dann lass es lieber bleiben, das macht wenigstens nichts kaputt. Die besten Erfahrungen mache ich eigentlich mit den Jugendlichen, die aus dem Leistungszug E übertreten, die hatten nämlich im NaWi-Bereich gar keinen Theorieunterricht sondern "nur" phänomenologische Laborarbeit. Die können immerhin alle einen Gasbrenner bedienen, Flüssigkeiten unfallfrei von A nach B umfüllen und einen Erlenmeyerkolben von einem Becherglas unterscheiden.

    Ich unterhalte mich oft mit den Jugendlichen über diese Probleme, die merken in der 1. Klasse bei uns sehr schnell selbst, dass irgendwas vorher nicht ganz rund gelaufen ist. Dann erkläre ich ihnen genau das: Das ist nicht die Schuld der Kolleginnen und Kollegen, die an der Sek I arbeiten. Von denen wird häufig irgendwas verlangt, wofür sie gar nicht ausgebildet sind, sie unterrichten zu viele Wochenlektionen und plagen sich obendrein noch mit unqualifizierten Aushilfskräften rum. Und die Politik wundert sich, warum sich immer weniger Studierende für die Primar und Sek I an der PH einschreiben bzw. nach kürzester Zeit wieder hinschmeissen. Es läuft überhaupt nur noch in der Sek II einigermassen OK, das ist bei uns halt eine modulare Ausbildung bestehend aus Fachstudium an der Uni + Fachdidaktik/Erziehungswissenschaften an der PH.

    Wie ich aber bereits weiter oben schrieb, wird es auch für uns zunehmend schwieriger, noch ausreichend qualifizierte Leute zu finden. Ich erwähnte diesen merkwürdigen Trend mit den Sportlern, die meinen so beiläufig noch dies, das und jenes unterrichten zu können. Wenn in "dies, das und jenes" die Not nur gross genug ist, dann nimmt man die halt und hofft, dass in 1 oder 2 Jahren wieder bessere Bewerbungen im Körbchen landen. Lustig ist das aber für beide Seiten absolut nicht, da sind bei uns schon mehr als einmal Tränchen geflossen bei Leuten, die wieder gehen mussten. Weil man ihnen leider ganz direkt sagen musste, sorry, deine Fachkompetenz ist nicht ausreichend.

    Aber auch das wird hier im Forum gerne mal ein bisschen lächerlich abgetan, Gymnasium sei ja immer noch fachwissenschaftlicher Kindergarten. Ich hab's nur wirklich nun mehr als 1 x schon erlebt, dass Leute mit nem halben Fachbachelor genau daran letztlich scheitern und ich bin überzeugt davon, an der Sek I könnten die sehr wohl noch einen guten Job machen. Sei also insofern beruhigt, die Selbstwahrnehmung scheint mir auch bei berufserfahrenen und regulär ausgebildeten Lehrpersonen nicht immer die beste zu sein.

    Ja, das haben wir in der letzten Gewerkschaftssitzung auch diskutiert. Man möchte meinen, unsere Verantwortlichen lesen zu viel in den deutschen Medien. Irgendwo müssen die irrsinnigen Ideen ja herkommen.

    Ein Kollege, der an der Sek I Französisch unterrichtet, schlug vor, er könne 3 Wochen die eine Klasse, dann drei Wochen die andere Klasse unterrichten, im Wechsel eben. Effektiv bedeutet das Stundenausfall und effektiv halten die Kolleginnen und Kollegen das wirklich für effizienter als eine schlecht qualifizierte Stellvertretung einzusetzen. Auch bei uns garantiert nota bene die Verfassung das Recht auf Unterricht bis einschliesslich Klasse 9. Dass wir das nicht mehr gewährleisten können, ist in der Politik immer noch nicht angekommen.

    Die TE ist aber nicht fachfremd

    Germanistik, Journalistik und Politik klingt für mich nicht so, als könnte man das an der Grundschule besonders gut gebrauchen. Am Gymnasium wär's überhaupt kein Problem, im Gegenteil wäre das in unserem System gar kein Quereinstieg sondern eine regulär qualifizierende Ausbildung. Aber es geht ja um Grundschule.

    in vielen Anekdoten zu erzählen, wie intolerant Christen im eigenen Umfeld erscheinen … wohlgemerkt von vielen wissenschaftlich orientierten Naturwissenschaftler:innen

    Zitier doch mal bitte. Es wird schon daran scheitern, das gar nicht so "viele" Naturwissenschaftler*innen anwesend sind, dass man von "viele" schreiben könnte.

    Je weniger Mangel, desto mehr Ablehnung

    Das erlebe ich auch aus der gewerkschaftlichen Perspektive nicht so. Wir haben sehr viele schlecht qualifizierte Stellverttretungen an den Volksschulen und das geht den Kolleginnen und Kollegen unfassbar auf den Sack. Weil es eben noch mehr Aufwand verursacht als Stunden ausfallen zu lassen. Da ist man gar nicht mal unbedingt unfreundlich zu den Leuten, die die Stellverttretungen übernehmen sondern vor allem wütend auf ein kaputtes System.

    An der Sek II ärgere ich mich in der Tat über die in der Industrie gescheiterten Biologen die meinen in der Schulchemie rumstümpern zu müssen. Oder eben die Sportler, die im Beifach eine Naturwissenschaft belegen weil sie genau wissen, mit Sport will sie eh keiner haben. 90 ECTS ohne Synergien sind leider ein bisschen mau fürs Gymnasium, insbesondere wenn man auf das Beifach sehr offensichtlich keine Lust hat. Wie erwähnt, die PH sollte solche Spässe gar nicht zulassen. Tut sie aber.

    Ich nehme mal an, dass für diejenigen, die hier für "Werte und Normen" plädieren, "Trost finden im Glauben" ein nur schwer vorstellebares Konzept ist.

    Ne, damit habe ich absolut kein Problem. Es kann sich im Privaten jeder sehr gerne vorstellen, was immer er will. Im Privaten halt. Trost finden im Glauben hat nun wirklich gar nichts mehr mit Schulbildung zu tun. Ob einer die Glückseligkeit im Ultra Trail findet, interessiert im staatlichen Schulwesen auch niemand, das ist halt ein Hobby. Auf dem Niveau verorte ich den sonntäglichen Kirchgang. Mach das, wer will, wir leben in Mitteleuropa in einer diesbezüglich freien Gesellschaft.

    Bezüglich der Ewigkeit: Ich bin fast ein bisschen irrational froh darum, dass ich vor 2 Jahren mal ne OP mit Vollnarkose hatte. Es knipst einem wirklich komplett die Lichter aus. So stelle ich mir das vor, wenn ich nicht mehr da bin. Einfach weg und fertig. Was ein Glück. Die Vorstellung, Reinkarnieren zu müssen, finde ich ehrlich auch sehr gruselig.

    Doch, ehrlich gesagt kann ich das absolut nachvollziehen, dass Lehrpersonen sich über schlecht qualifizierte Stellverttretungen irgendwann mal nerven. Ich hatte selbst in der Chemie zwei schlecht qualifizierte Studis, hinter denen ich dann mühsam kehren musste, weil es ihnen an Fachkompetenz gefehlt hat. Wir hatten in der Biologie hintereinander mehrere schlecht qualifizierte Berufseinsteiger, die nach einem Jahr wieder weg waren und jemand anderes schlecht unterrichtete Klassen übernehmen musste. Wir hatten in der Physik über mehrere Monate eine Stellvertretung, die selber nicht verstanden hat, was im Buch drinstehst. Das wieder grade zu rücken kostet mehr Zeit als 3 Monate Unterrichtsausfall zu kompensieren. Das nervt unfassbar.

    Grundsätzlich ist das mal ein Fehler im System, das sollte gar nicht erst passieren. Aber mir gehen auch die Leute auf den Keks, die meinen mit nem Master in Sport könnten sie schon auch das bisschen Bio oder Physik an der Schule. Ne, da hab ich dann tatsächlich irgendwann keine Lust mehr, meine fertig ausgearbeiteten Unterlagen rauszudrücken nur um den Schaden durch Inkompetenz abzuwenden. Ich bin gegenüber Berufsanfängern mit entsprechender Fachausbildung immer freundlich und hilfsbereit. In machen Konstellationen ist es aber absolut vorhersehbar, dass man nur Ärger damit hat und nichts dabei rumkommt ausser Mehrarbeit, die man nicht gehabt hätte, hätte man selber gleich die Übetstunden übernommen.

    Eine Kollegin, die mit mir zusammen an meiner jetzigen Schule angefangen hat zu arbeiten, hat unmittelbar nach der Wahl zur Festanstellung erfahren, dass sie schwanger ist. Eine neue Kollegin, die eigentlich im August kommen sollte, hat den errechneten Geburtstermin gerade am 1. Schultag. So ist es halt. Je nachdem, um welche Fächer es geht, ist das für die Schulleitung schon mühsam mit der Stellverttretung. Ich hab's jetzt aber noch nicht erlebt, dass sich konkret wegen der Schwangerschaft jemand nervt, der Grund, warum jemand vertreten werden muss, ist da ziemlich egal. Physik ist halt schwieriger als Deutsch oder so. Meine Chefin ist nicht sehr gut darin, mit sowas professionell umzugehen. Im Kollegium sieht das anders aus, da freut man sich eigentlich immer, wenn es Babys gibt. Ich muss nächste Woche in Stellverttretung Abschlussprüfungen abnehmen, weil jemand mit Frischgeptresstem zu Hause ist. Die Kollegin hat 3 Monate für mich Stellverttretung gemacht als ich mir das Kreuz gebrochen hatte. So gleicht sich das aus.

    Zum Thema Kinder im Allgemeinen: Mir macht es nichts aus, wenn mich jemand fragt. Es fragen auch manchmal Jugendliche, ob ich Kinder hätte. Je nach Klasse reden wir dann kurz drüber. Ich habe nie welche gewollt und unterdessen ginge es eh nicht mehr. Das kann jeder wissen. In der Fachschaft sind wir zu viert gewollt kinderlos, das ist unter Lehrpersonen eher ungewöhnlich. Aber es macht keinem von uns was aus, darüber zu sprechen. Für jemanden, der gerne gewollt hätte, ist das ein schwieriges Thema. Dass sich andere Leute dafür interessieren, ob man Kinder hat, finde ich per se trotzdem erst mal OK. Ich glaube schon, die meisten Menschen merken an der Antwort, ob man dann besser die Klappe hält oder ob man sich weiter unterhalten kann.

    Mich nervt eigentlich nur die "du hast ja keine Kinder" Keule, wenn Leute mit Sachargumenten nicht weiterkommen.

    das hab ich jetzt nicht neutrales Bitten um Erläuterung im idealen Diskurs empfunden

    Nein, war's auch nicht, weil ich die Frage schon x Seiten zuvor gestellt hatte und dann deinerseits wieder nur ein länglicher Text über "die Wissenschaften im allgemeinen" kam. Wenn du mit *mir* diskutierst, dann greif doch bitte auch direkt meine Beiträge auf, am besten mit Zitat, so dass man weiss, um was es gerade genau geht. Wenn du mit der Person X diskutierst, deren Beiträge ich nicht lese, dann richte deine Ausführungen bitte direkt an diese anstatt dich in Allgemeinschauplätzen zu verlieren.


    weil Du anscheinend große Teile eines Freds nicht mitbekommst

    Die Person schreibt im Schnitt etwa 20 % der Beiträge pro Seite, wovon die Hälfte zitiert wird, was ich dann wiederum als Zitat lese, also bleiben 10 % pro Seite, die ich nicht lese. Deine Mengenvorstellung passt aber irgendwie ganz gut zu deinem vagen Diskussionsstil.

    dass die etablierte Wissenschaftswelt nicht Religionen als Ganzes einfach so ablehnen sollte

    Tut sie das denn oder geht es eben um eigentlich nur exakt *eine* Person in diesem Thread mit der du das ausdiskutieren müsstest? Und was genau ist "die etablierte Wissenschaftswelt"? Gerade die Physik als grundlegendste der drei klassischen Naturwissenschaften ist in ihren Anfängen enorm am Disput mit der katholischen Kirche gewachsen. Dabei waren nicht wenige der frühen Astronomen (z. B. Johannes Keppler) tiefgläubige Menschen, denen gewiss nicht dran gelegen war, die Religionen "als Ganzes" (schon wieder eine von diesen nebulösen Verallgemeinerungen ...) abzuschaffen. Auch heute noch belegen Studierende der Physik im Nebenfach gerne Philosophie um sich mit der Wissenschaftstheorie vertiefter auseinanderzusetzen. Gerade die Molekularbiologie steht unter ständigem Beschuss in Bezug auf ethische Fragen, die natürlich auch von den Religionsgemeinschaften gestellt werden. Wenn du hier irgendeinem Fachbereich irgendwas unterstellen willst, dann sind wahrscheinlich wir Chemiker*innen diejenigen, die am wenigsten Berührungspunkte in die Richtung haben. Unsere grösste ethisch-moralische Baustelle ist sicher der Umgang mit unserer Umwelt und den verfügbaren Ressourcen. Ich möchte behaupten, "die etablierte Wissenschaftswelt" hat mit "den Religionen als Ganzes" weniger ein Problem als rumgedreht. Ich möchte behaupten, du findest auf Seite der Gläubigen erheblich extremere Positionen in erheblich grösser Anzahl, der Mehrheit der Naturwissenschaftlerinnen und Naturwissenschaftler ist es schlichtweg egal, wer was glaubt.

    Und zum Thema "Wissenschaftsgläubigkeit": Unter Naturwissenschaftler*innen ist es im Fachgespräch vollkommen normal einander zu sagen, man glaube, das Gegenüber schwätzt gerade kompletten Bullshit und man sehe das selbst alles ganz anders, weil ... Ich schrieb es schon mal, Popper hatte an der Stelle einfach recht, als er meinte, ohne die ständige Uneinigkeit können die Naturwissenschaften einpacken, dann haben wir nichts mehr zu tun. Einen forschenden Wissenschaftler treibt ja gerade die Unzufriedenheit über den aktuellen Kenntnisstand und das Bedürfnis etwas in die Welt zu setzen, was möglicherweise bleibt und in irgendeiner Weise nützlich ist.

    Ob die Deinen Kriterien für eine wissenschaftliche Erklärung entsprechen ist dabei vollkommen unerheblich

    Es sind nicht "meine" Kriterien. Unter "Erklärung" versteht man in den Naturwissenschaften eine Rückführung einer Fragestellung auf ein Axiom. Diesen Weg gibt es in der Religion nicht. "Erklärt" ist mit dem lieben Gott insofern gar nichts, man kann sich damit aber einfach zufrieden geben. Genau das bedeutet offensichtlich "Glauben".

    das ist ja genau das was ich meine, dass Wissenschaftlichkeit als Kriterium nicht gerade human ist.

    Als Kriterium für was? Die Diskussion nahm ihren Anfang mit der Behauptung einer Person, deren Beiträge ich nota bene im Original gar nicht lese, die aber leider oft genug zitiert wird dass ich es eben doch lese, was die Person so schreibt ... in jeden Fall behauptete die Person, allein Religion als Unterrichtsfach würde nicht auf einer wissenschaftlichen Grundlage unterrichtet. Worauf mehrere andere Personen behaupteten, Religion sei eine Wissenschaft und sehr offensichtlich Religion mit Religionswissenschaften verwechselten. Darüber entstand die Debatte, was man denn nun unter Wissenschaftlichkeit eigentlich verstünde und dass die Sache mit der Falsifizierbarkeit ausserhalb der Naturwissenschaften nicht ganz so eindeutig als Kriterium zu gebrauchen ist, ja soweit waren wir schon. Abgesehen davon zielte mein erster Beitrag, in dem ich das Wort benutzte, darauf ab, dass die Inhalte einer Religion per se überhaupt nicht falsifizierbar sind, dieses Konzept sieht der Glaube an etwas ja gar nicht vor. Du reitest jetzt irgendwie darauf rum, dass der Begriff in seiner ursprünglichen Definition nach Popper aus der heutigen Sicht bzw. speziell in Bezug auf die Geisteswissenschaften zu eng gefasst ist. Das macht ihn als Kriterium für Wissenschaftlichkeit aber nicht obsolet und ich bezog mich auch gar nicht auf Popper.


    Religionen haben keine Relevanz

    Das hat mutmasslich eben genau nur diese eine Person behauptet, ich weiss es nicht so genau. Aber dann adressiere doch deine Ausführungen auch entsprechend. Phrasen wie diese hier ...


    aber die Hochnäsigkeit von NaturwissenschaftlerInnen, die sich quasi religiös an ihren Popper klammern

    ... sind dann halt schon ein wenig neben der Spur. Ich stellte dir daraufhin einfach nur die Frage, was du denn unter "Erklärung" verstündest, worauf die nächste patzige Antwort folgte:

    Kommste echt nicht selbst drauf?

    Ich merke aber an Deinen Ausführungen, dass - überkonfessionell oder nicht - wirklich mehr Wissenschaftstheorie an den Schulen unterrichtet werden sollte.

    Joa, du hast es eben drauf. :top: Und weiter geht es:


    Absolutiert wird hier nicht die Erkenntnis sondern die Geltung der Methode.

    Wo ist "hier", wer absolutiert was und was genau ist "die Methode"? Es gibt einfach per Definition überhaupt keine "Methode" um irgendwas in der Religion zu verifizieren oder zu falsifizieren. Man glaubt halt einfach so vor sich hin.

    Argumente gegen einen konfessionsgebundenen Religionsunterricht gab es in jedem Fall noch ganz andere, die fehelende wissenschaftliche Grundlage war nur eins davon. Es lässt sich wohl zusammenfassen, dass alle gesellschaftlich relevanten Beiträge, die der Religionsunterricht möglicherweise bieten kann, im Grunde gar nichts mit Religion zu tun haben und daher ebenso gut wenn nicht besser durch andere Unterrichtsfächer abgedeckt werden können, insbesondere durch den Ethikunterricht. Es bleibt dann einfach die Tatsache, dass eine - diplomatisch ausgedrückt - fragwürdige Institution wie die Kirche die Inhalte des staatlichen Schulunterrichts in einem Fach diktieren darf.

    Auch wenn Religion keine Wissenschaft ist, bedeutet sie vielen Menschen sehr viel.

    Das hat hier wohl niemand bestritten, im Gegenteil schrieb u. a. ich folgendes:


    Nochmal: Ich bestreite überhaupt nicht, dass ein gewisser Hokuspokus seinen Platz auf dieser Welt hat und immer schon hatte. Zweifellos waren die Religionen auch immer schon kulturell prägend für ganze Weltregionen. Davon werden sie aber immer noch keine Wissenschaften.

    Die fehlende wissenschaftliche Grundlage für den Religionsunterricht ist auch nur *ein* Kritikpunkt. Die Hauptkritik ist die gefühlte Unantastbarkeit, die sich hier in der Diskussion doch auch so wunderschön offenbart. Mit Ausnahme von Plattenspieler reagieren eigentlich alle Befürworter*innen des Religionsunterrichts nur mit beleidigter Empörung, wenn man äussert, man hielte diesen für überflüssig weil man so einige Zweifel an dessen "gesellschaftserklärender Funktion" habe. Wir unterrichten an den staatlichen Schulen eben auch keine Anthroposophie als Alternative zu den evidenzbasierten Naturwissenschaften. Lustigerweise sind sich diesbezüglich alle hier immer recht einig, dass das auch ganz gut so ist, wenn es z. B. um Homöopathie & Co. geht. Das ist dann zweifellos Privatsache, ob man daran glauben möchte oder nicht. Ich sehe allerdings zwischen der nicht belegbaren Auferstehung eines Toten und der ebenso nicht belegbaren Wirksamkeit einer D12-Verdünnnung eines Pflanzenextrakts keinen grossen Unterschied.

    Zudem hast du selbst noch ein schönes Beispiel für die doch arg tendenziöse Sichtweise der pro-Reli-Fraktion geliefert:

    Wir leben alle in einer vom Christentum geprägten Welt und Werten.

    Das Christentum ist *eine* von 5 Weltreligionen. "Die Welt" ist definitiv nicht vom Christentum und ihren Werten geprägt und gerade wenn's um Werte geht, taugt Ethik als Unterrichtsfach halt schon erheblich mehr. Die christlichen Kirchen als institutionelle Vertretungen der christlichen Religionen sind auch im Jahre 2023 immer noch durchsetzt mit sexistisch-patriarchalischen und homophoben Strukturen - unter anderem. Das steht im diametralen Gegensatz zu den Werten, die wir als Lehrpersonen an einer staatlichen Schule unseren Schutzbefohlenen vermitteln sollen. Und es sind nun mal die Kirchen, die die Inhalte der Lehrpläne vorgeben und nicht der Staat, da kannst du als Einzelperson noch so sehr beteuern, dass du mit der schlechten Seite deiner Religion ja gar nichts am Hut hast.

    Macht das ausser mir niemand, dass er oder sie im Urlaub in jede offene Kirche oder manchmal eher Kirchlein schlappt, staunend stehen oder sitzen bleibt, sie entweder völlig überladen, genau richtig oder eher karg findet? Sich überlegt, wer da wohl gebaut hat?

    Doch, das mache ich eigentlich immer. Ich interessiere mich für Geschichte und deren Verlauf ist offensichtlich stark beeinflusst durch religiöse Weltanschauungen. Gegenfrage: Wie häufig hast du denn schon z. B. Stauanlagen oder (stillgelegte) Bergwerke besucht und dir überlegt wie sehr die Industrialisierung und Verfügbarkeit von Ressourcen die jeweilige Region geprägt haben?

    Zu meiner Unizeit waren an meiner Uni relativ gesehen, die meisten Christen bei den Mathematikern und Naturwissenschaftlern, die wenigsten bei den Juristen und VWLer.

    Woher weisst du das? Mit wenigen Ausnahmen habe ich keine Ahnung wer unter meinen Kolleginnen und Kollegen an Gott glaubt oder nicht. Das ist kein Thema im Lehrerzimmer. Die politische Einstellung kenne ich indes von einigen und kannte sie auch im Studium, darüber spricht man. Aber Glauben? Keine Ahnung, was sich da überhaupt für eine Diskussion ergeben sollte. Ist eins der Themen, die mir nur in diesem Forum hier unterkommen. Hin und wieder finde ich es dann interessant, ne Weile mitzudiskutieren aber so wirklich gewinnbringend ist das ja nie.

    Nochmal: Die Frage war nicht an dich gerichtet.

    Man hätte den Satz auch einfach unkommentiert so stehen lassen können.

    Das zeigt genau, worin das Problem mit der Religion liegt: Wenn man keine Fragen stellen darf und keine Kritik üben darf, weil sich sonst irgendjemand auf den Schlips getreten fühlen könnte, verlässt man halt die Welt des ergebnisoffenen und unvoreingenommenen Diskurses. Das Thema "Wissenschaftlichkeit" wäre damit endgültig abgehakt.

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