Beiträge von Antimon

    Meine "skurrilen" Beispiele sind aus der Einführung in die Genderlinguistik, aber was wissen die schon ...

    Sind sie nicht, nein. Ich kommentiere ja nur das, was du schreibst:

    Neulich wurde ich bei einer Spielerunde wieder Zeuge davon. "Die Dorfbewohnenden" wechselte sich dann ab mit "die Dorfbewohner und Dorfbewohner:innen" (kein Witz!!!).

    Vielleicht waren bei deiner Spielerunde ja Genderlinguistikerinnen anwesend, man weiss es nicht.

    Du verwechselst ständig Ansprache und Referenz.

    Nein, sicher nicht. Ich reagiere nur auf das was du schreibst:

    1. "Ich bin froh, dass wir Sie dieses Jahr als Chemielehrer haben."

    2. "Bleibt Frau Antimon Chemielehrer bei uns?"

    3. "Sie sind der beste Chemielehrer an dieser Schule." (Hier wäre die movierte Form sogar abwertend.)

    Wenn *ich* da gemeint sein soll, empfinde ich das als falsch. Ich bin eine Frau, wirklich. Wenn *ich* damit gemeint sein soll, spielt es auch keine Rolle, was der Sprecher oder die Sprecherin damit meint, *ich* werde angesprochen und *ich* fühle mich mit "Lehrer" ganz klar *nicht* angesprochen. Weiterhin schrieb ich:

    Das ist *deine* Interpretation. Mich würde es stören, würde man über mich als "Lehrer" sprechen. Ich bin kein Mann, auch kein generischer.

    Falls ich direkt gemeint sein soll oder auch nur mitgemeint sein soll, empfinde ich das Wort "Lehrer" als falsch. Du kannst gerne was anderes meinen, aber dann meinst du eben nicht mich. Mir würden durchaus Beispiele einfallen, in denen ich den Gebrauch des generischen Maskulinums für angemessen hielt, um solche Situationen ging es hier in der Diskussion aber bislang gar nicht.

    Es ist interessant, was du in der Theorie so alles weisst. Nur geht's hier grad eher um den Alltagsgebrauch der Sprache. Das scheint mir ein bisschen dein Problem zu sein. Du beharrst auf irgendeine Art von "korrektem" Gebrauch der Grammatik und reagierst beleidigt, wenn ich dir antworte, nein, meine Schülerinnen und Schüler sprechen so nicht. Ich unterrichte zwei Naturwissenschaften, da bestehe ich absolut auf den korrekten Gebrauch der Fachsprache. Kraft und Energie ist nicht das gleiche, etc. Da geht's aber um Definitionen, auf die man sich unter Fachwissenschaftlern irgendwann mal geeinigt hat und die tatsächlich auf der ganzen Welt genau gleich verstanden werden. Ob Isländerinnen sich jetzt mit "Flugmann" angesprochen fühlen oder nicht, ist mir für meinen Alltag als nativ deutschsprechende Person indes grad ein bisschen egal.

    Dass es immer so extrem auffällt, bestreite ich

    Du hast auf *meine* Schülerschaft abgezielt. Da kannst du das nicht bestreiten, niemand spricht bei uns so. Mir kam das gerade nur schon beim Lesen extrem schräg vor. Ich bin mir fast sicher, ich wurde in der direkten Ansprache noch nie "Lehrer" genannt.


    Die Isländerin Jóhanna Sigurðardóttir

    ... der man am Nachnamen schon ansieht, dass sie eine Frau ist :rofl:

    Im Ernst: Kannst du Isländisch? Im Englischen existiert das "Problem" praktisch nicht, mei, dann diskutiert man auch nicht drüber. Wie der von dir genannte, direkt übersetzte "Flugmann" im Isländischen wahrgenommen wird, weiss ich doch gar nicht. Hier hat sich aber schon mal jemand dran gestört, dass ich meine Schülerinnen "Mädchen" nenne, auch wenn sie schon 18 sind. "Maitli" ist deren Eigenbezeichnung, auch noch in diesem Alter. Deutsch und Deutsch ist nicht das gleiche und "ihr da drüben" habt nicht per Definition recht, nur weil ihr mehr seid :P

    Du bist schon selber auch ziemlich verbissen in der Sache. Die skurrilen Extrembeispiele, die du nennst, kenne ich gar nicht. Vielleicht sind wir bei uns an der Schule besonders "woke", wer weiss. Es scheint aber ziemlich normal zu sein, dass man Frauen nicht mit dem generischen Maskulinum anspricht.


    Hier wäre die movierte Form sogar abwertend.

    Das ist *deine* Interpretation. Mich würde es stören, würde man über mich als "Lehrer" sprechen. Ich bin kein Mann, auch kein generischer.

    Bsp.:

    1. "Ich bin froh, dass wir Sie dieses Jahr als Chemielehrer haben."

    2. "Bleibt Frau Antimon Chemielehrer bei uns?"

    3. "Sie sind der beste Chemielehrer an dieser Schule." (Hier wäre die movierte Form sogar abwertend.)

    Oh, du irrst dich gewaltig. Keiner meiner Schüler und keine meine Schülerinnen spricht so. Das würde extrem auffallen.

    Edit: Ich erinnere mich gerade an ein eMail einer Schülerin an das überwiegend weibliche Klassenteam, das mit der Anrede "Liebe Lehrer" begann. Oh oh. Die hat einen ordentlichen Einlauf kassiert. Ist ein paar Jahre her, es fällt wirklich krass auf und wird ganz klar als Fauxpas gewertet.

    Da ist die Erwartung, dass man solche Sprachunfeinheiten wegen der Beziehungsebene nicht korrigiert, ziemlich hoch

    Nein, anders rum. Es würde für Irritationen sorgen, würde ich es nicht korrigieren.

    Bei uns an der Schule gab es unter den Jugendlichen kürzlich eine Umfrage zu dem Thema. Die Meinungen und Befindlichkeiten gehen genauso weit auseinander wie hier im Forum mit einer ebenso klaren Mehrheit, der das Thema wichtig und richtig erscheint. Danach gefragt, ob denn ausreichend respektvoll damit umgegangen werde, kommen lustigerweise wir Lehrpersonen klar besser weg als die Mitschüler*innen. Das Fazit ist aber insgesamt, dass es im Grunde keinen Handlungsbedarf gibt.

    Da wird nix von heute auf morgen beschlossen

    Das weiss ich auch, das war natürlich überspitzt.


    Der Plural ist im Deutschen genuslos

    Joa, in Bezug auf die Grammatik halt. Lehrerinnen sind auch im Plural immer noch eindeutig weiblich ;)


    Das eigentlich neutrale die Delegierten

    "Eigentlich". Wenn sich langfristig im Sprachgebrauch die Delegiertin durchsetzt, wird der Duden das Wort so aufnehmen.

    Wenn es schon als störend empfunden wird, dass der Lehrer/die Lehrer je nach Kontext allgemeingültig oder spezifisch männlich verstanden werden kann, sieht das ja beim Gegenpaar die Lehrerin/die Lehrerinnen genau so aus

    Das schrieb ich doch, ich glaube nicht, dass sich das generische Femininum durchsetzen wird. Wenn du aber *mich* ansprichst, bestehe ich darauf, dass ich Chemikerin und Lehrerin bin. Da interessieren mich deine zweifellos beeindruckenden Sachkenntnisse in Bezug auf die deutsche Sprache nicht, denn im Umgang miteinander geht es eben nicht um sprachtheoretische Überlegungen.

    Ich kann verstehen, was einen am generischen Maskulinum stört, aber alle Alternativen sind deutlich unattraktiver

    Es stört mich nicht grundsätzlich. Ich schrieb doch im Grunde genau das, was du meinst: Gebraucht wird das, was "attraktiv" ist. Wenn sich morgen 80 Millionen Deutsche (generisches Maskulinum!) darauf einigen, ab sofort die femininen Formen generisch zu verwenden, dann wird sich das durchsetzen. Wir diskutieren hier nicht über wissenschaftliche Fachbegriffe, die einer exakten Definition unterliegen.

    Frauen sind dann irgendwann Menschinnen, eine völlig neue Spezies

    Jetzt driftest du halt auch ins latent beleidigt Lächerliche ab. Wenn sich alle einig sind, was eine Menschin sein soll, kann man das Wort problemlos benutzen. Wer weiss, wie wir in 30 Jahren sprechen.

    Entweder eine übergeordnete Stelle wie das Institut der deutschen Sprache

    Was ein Quatsch. Wir leben hier einfach damit, dass ein Schweizer mit einer "Pfanne" einen Topf meint und ein Deutscher eben eine Pfanne zum Braten. Wenn du gegenüber einem Schweizer von deinem "Freund" oder deiner "Freundin" sprichst, musst du davon ausgehen, dass der Schweizer denkt, es handelt sich um eine Liebesbeziehung. Die meisten Schweizer wissen aber, dass du als Deutscher das anders meinst, nämlich das, was der Schweizer als "Kollegen" oder "Kollegin" bezeichnen würde. Du hörst meinen Schülerinnen und Schüler sogar an, dass sie bei einer Deutschen Chemieunterricht haben.

    Dein Sprachverständnis ist echt völlig verquer. Du wirkst so, als würdest du dir mit irgendwelchen Pseudo-Gesetzen einfach dein eigenes Weltbild rechtfertigen wollen. Es gibt gute Gründe, warum man im geschriebenen Text z. B. eine generische Form verwendet, die haben mit der komplexen deutschen Grammatik zu tun. Wird im Video von Alicia Joe (habe ich verlinkt) sehr gut erklärt, finde ich. Ob das jetzt eine generisch männliche oder generisch weibliche Form ist, das ist am Ende des Tages mit Blick auf die Grammatik ziemlich egal. Wenn *dir* das nicht egal ist, dann liegt das an deiner Vorstellung davon, wen man mit einer generisch weiblichen Form wohl anspricht. Deine Vorstellung entspricht an der Stelle sicher der Vorstellung einer grossen Mehrheit, so ist es eben historisch gewachsen. Dass es sich dabei aber um eine "Vorschrift" handeln könnte, ist eine einigermassen bizarre Idee.

    Sprache unterliegt einem steten Wandel. 1996 gab es die letzte grosse Rechtschreibreform, da war ich gerade 16, ergo noch Schülerin und einigermassen froh, dass man eine Übergangslösung beschloss und wir bis zum Abitur wie gelernt schreiben durften. Das "scharfe s" habe ich mir erst in der Schweiz abgewöhnt, der Buchstabe existiert auf meiner Laptop-Tastatur gar nicht. Das Schweizer Schriftdeutsch hat die Rechtschreibreform aus dem 1996 auch gar nicht vollständig übernommen. So wie die Mehrheit der Foristinnen und Foristen hier schreibt, ist auch überhaupt nicht klar, was nun eigentlich offiziell "gilt" und was nicht. Mir ist das ziemlich egal, weil in der Schweiz sowieso das grosse Durcheinander herrscht. Dass man sich überhaupt an irgendwas hält, liegt ja nur daran, dass das Geschriebene für alle Leserinnen und Leser irgendwie verständlich sein soll. Ich schrieb schon mal, dass ich mir in geschriebenen Texten einiges an grammatischen Konstrukten abgewöhnt habe, seit ich hier lebe, weil es nicht verstanden wird. Das sorgte für grosse Empörung. Du bist also offensichtlich nicht der einzige hier, der da in seiner Sichtweise etwas wenig über den Tellerrand hinausblickt.

    Eben. Die Bedeutungen für die Begriffe "Kollege" und "Pfanne" sind im Schweizer Schriftdeutsch aber andere und das Wort "Maul" ist mitnichten negativ konnotiert. Ich kann dir natürlich noch x weitere Beispiele nennen. Wer hat jetzt Recht?

    Was denn für "Ausnahmen"? Es gibt kein Gesetz, das dir vorschreibt, was du unter "Studierende" zu verstehen hast. Es gibt einen Konsens, den die Sprecherinnen und Sprecher der jeweiligen Sprache treffen und der kann in 20 Jahren ganz anders aussehen. Sag mir doch mal z. B. was du unter einem "Kollegen" verstehst, was du dir unter einer "Pfanne" vorstellst oder wie das Wort "Maul" für dich konnotiert ist.

    Das glaube ich aber auch. Ist wahrscheinlich der Grund dafür, dass wir bei uns an der Schule so selten mit offiziellen Beschwerden zu tun haben. "Unsere" Eltern wüssten wohl gar nicht, wohin damit.

    dass er grammatikalisch häufig falsch verwendet wird

    Noch mal: Sprache ist das, was die Gesellschaft als ihre Sprecher draus macht. Dass z. B. der Genetiv aus der der gesprochenen Sprache zunehmend verschwindet ist einfach so, egal ob du das für "falsch" hältst. Deutsch wird von über 100 Millionen Menschen als Muttersprache gesprochen und es gibt mehr als das dir geläufige "Hochdeutsch". Das Schweizer Schriftdeutsch unterscheidet sich hiervon in einigen Merkmalen deutlich und gilt dennoch als ebenso "korrekt" - ob's dir passt oder nicht. Du kommst ein bisschen so arrogant daher wie die Pariser Franzosen, die den Schweizern und Belgiern immer erklären wollen, dass "septante" aber ganz arg falsch sei.

    "Studierende" ist noch recht neu

    Offensichtlich nicht, siehe Beitrag Nr. 237.

    Die "allgemeingültige Lösung" ist immer dann gefunden, wenn sich irgendein Konstrukt halt in der Gesellschaft durchgesetzt hat. Natürlich könnte das auch das generische Femininum sein, ich kann mir aber nicht vorstellen, dass es das wird. Geschlechtsneutrale Bezeichnungen finden eine breitere Akzeptanz obwohl sie in der Regel eher die Bezeichnung "Konstrukt" erfüllen als die ohnehin schon lange existierenden movierten Formen. Begriffe wie "Lehrperson" oder "Studierende" sind ganz klar Wortkreationen, die in den letzten ca. 10 Jahren erst entstanden sind.

    Die Frage habe ich ja weiter oben auch schon mal gestellt. Was Moebius aber beschreibt, scheint es in Deutschland tatsächlich schneller zu gehen, dass was Offizielles draus wird als das was ich darunter so verstehe.

    Das ist alles wilde Spekulation.

    Natürlich, soweit waren wir schon. Ich habe mich nur zur Behauptung geäussert, eine offizielle Beschwerde pro Schuljahr sei ja ganz normal und gar nicht so schlimm. Nö, finde ich überhaupt nicht.

    Aus welchem Grund reicht man denn eine offizielle Beschwerde bei einer Behörde ein? Wenn man mit irgendwas unzufrieden ist, ruft man doch erst mal bei der Schulleitung an oder bittet eine Fachlehrperson um einen Gesprächstermin. Wir haben dieses Jahr einen Schüler von den Abschlussprüfungen ausgeschlossen, der Fall liegt jetzt beim Kantonsgericht. Um "Gequengel" geht's da nicht.

    Eine offizielle Beschwerde an die übergeordnete Behörde pro Schuljahr finde ich verdammt viel. Wir erleben in den letzten 9 Jahren gerade den 2. Fall und haben 850 Jugendliche im Schulhaus.

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