Konfessionsschulen und ein mögliches Antidiskriminierungsgesetz

  • Hallo,
    nachdem meine Tante mir kürzlich erzählte, dass eine Aushilfkraft an der örtlichen katholischen Grundschule nicht festeingestellt wurde, weil sie die falsche Konfession besitzt, und dann gehen musste, obwohl sie bei den Schülern extrem beliebt war und von der Schulleitung dringend benötigt wurde, kamen mir eigene Erinnerungen aus meiner Zeit verzweifelten Suchens:
    Die evangelische Kirche im Rheinland teilte mir telefonisch durch eine Referentin mit, dass nur Protestanten eingestellt würden (ich bin katholisch), es sei denn, ich wäre katholischer Religionslehrer. Da ich das für einen Scherz hielt und nachfragte, wurde mir gesagt, dass ja durchaus katholische Schüler auf den Schulen seien. Ein feiner Zug, aber ein wenig inkonsequent, wie ich finde.
    Ein katholisches Gymnasium hätte mich gerne genommen, der Vertrag war fast perfekt. Dann stellte sich heraus, dass ich zwei Empfehlungsschreiben bräuchte, davon eines von einem katholischen Priester, der mein kirchliches Engagement bezeugt. Begründung: wir erziehen unsere Schüler im christlichen Geist. Naja, der fehlte mir wohl, da mir das Schreiben fehlte. Und zu meinem Heimatpfarrer zu gehen, um mir mein 15 Jahre zurückliegendes Engagement im Jugendbistro bestätigen lassen, war mir zu blöd, da ich dann eine andere Stelle bekam. An der katholischen Schule hätte ich zudem zweimal Samstagsunterricht gehabt, an Schulgottesdiensten und Besinnungstagen teilnehmen müssen...
    An sich ist Glauben ja eine feine Sache, allerdings hatten wir in den späten Siebziger Jahren an einem staatlichen Gymnasium einen katholischen Priester als Religionslehrer, der ein Virtuose in psychischer und vereinzelt auch physischer Gewalt war. Aber Hauptsache, er verfügte über eine urkundlich verankerten christlichen Geist.


    Lange Rede, kurzer Sinn:
    Hat jemand ähnlich ärgerliche Erfahrungen gemacht?
    Hätte das vieldiskutierte Antidiskriminierungsgesetz auf derartige Strukturen Auswirkungen?


    mfg
    der unbekannte Lehrer

    "Get thee back into the tempest and the Night´s Plutonian shore!...
    Take thy beak from out my heart, and take thy form from off my door!"
    Quoth the raven: "Nevermore." (E.A.Poe,The Raven)

  • Hi,


    Zitat

    Hat jemand ähnlich ärgerliche Erfahrungen gemacht?


    ...zum Glück (noch) nicht.


    Zitat

    Hätte das vieldiskutierte Antidiskriminierungsgesetz auf derartige Strukturen Auswirkungen?


    Wohl kaum, denn


    Zitat

    Daneben lässt das Gesetz eine unterschiedliche Behandlung wegen Religion oder Weltanschauung bei einer Beschäftigung durch Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen [...] zu.


    Auch eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters oder Geschlechts ist bei entsprechend sachlicher Begründung möglich.


    Zitat und weiteres unter:
    http://www.law-blog.de/archives/000150.html


    Unter uns

  • Hallo "Unbekannter",


    meine Erfahrung war vor ein paar Jahren die, dass meine Bewerbung auf eine Konrektorenstelle nur auf Grund der "falschen" Konfession aus dem Verfahren genommen wurde. In manchen Gegenden kommt das schon einer Diskriminierung gleich, wenn die Auswahl an Arbeitsstellen auf diese Art massiv eingeschränkt wird. Über die Widersprüchlichkeit von staatlichen und zugleich konfessionsgebundenen Schulen wurde hier schon einmal diskutiert.
    Gruß,
    Peter

  • Zitat

    unter uns schrieb am 06.02.2005 12:05:

    ...hmmm, naja, bin ich denn beispielsweise an einer städtischen katholischen Grundschule durch eine Religionsgesellschaft oder Weltanschauungsvereinigung beschäftigt?


    Gruß,
    Peter

  • Zitat

    ...hmmm, naja, bin ich denn beispielsweise an einer städtischen katholischen Grundschule durch eine Religionsgesellschaft oder Weltanschauungsvereinigung beschäftigt?


    ?(


    Gute Frage, hängt wohl davon ab, was städtisch-katholisch heißt (wer der Träger ist). Ich bin kein Jurist, aber ich vermute, dass Anti-Diskriminierungsgesetz zieht im Falle von religiös getragenen Schulen nur dann, wenn klare Ungleichbehandlungen feststellbar sind, die nicht religiös gedeckt werden (Lehrer A wird als Protestant nicht eingestellt, Lehrer B aber schon, oder so.) Jedenfalls würde ich die Möglichkeiten des Gesetzes nicht überschätzen.


    Unter uns

  • Hallo,


    ein Lehrer aus meinem früheren Bekanntenkreis bekam an einem evangelischen Gymnasium die Stelle nicht, weil er katholisch ist.


    Das war vor ca. 15 Jahren.


    Mich hat das entsetzt.


    Doris

  • Hallo allerseits,


    so richtig wundern kann es mich eigentlich nicht, wenn eine klar konfessionell ausgerichtete Schule auch nur passende Lehrer einstellen will. Analog dazu wird man an Montessori-, Waldorf- oder Was-weiß-ich-was-für-Schulen ja auch nur eingestellt, wenn man sich ganz klar zu den Zielen bekennt und bereit ist in die gewünschte Richtung mitzuarbeiten.


    Ich möchte jetzt hier keine Lanze für die Kirche und den dazugehörigen Reli-Unterricht brechen (denn da finde ich wirklich einiges seltsam), aber dass eine Schule sich "passende" Lehrer aussuchen kann finde ich nicht verwerflich.


    Gruß,
    Holger

  • hallo,
    danke für eure Beiträge...
    naja, vielleicht überleg ich mir das mit meinem geplanten Kirchenaustritt nochmal...


    Zitat

    hodihu schrieb am 06.02.2005 18:19:
    aber dass eine Schule sich "passende" Lehrer aussuchen kann finde ich nicht verwerflich.


    an sich hast du natürlich recht, hodihu, aber die Konfession scheint dann doch kein soooo ausschließendes Kriterium zu sein, wenn man SchülerInnen und Religionslehrer mit der anderen Konfession zulässt, oder ?


    mfg
    der unbekannte Lehrer

    "Get thee back into the tempest and the Night´s Plutonian shore!...
    Take thy beak from out my heart, and take thy form from off my door!"
    Quoth the raven: "Nevermore." (E.A.Poe,The Raven)

  • Salut,


    tja, ich bin konfessionslos und habe so gar kein Anrecht auf Stellen an einer konfessionsgebundenen Schule. Ich kam über das nette Fräulein an der Telefonzentrale gar nicht hinaus. Auch mein Bekenntnis, dass ich mal 10 Jahre bei den ZJ war, hat mir leider nicht geholfen. Und nur wegen einer Stelle zu einem mir nicht passenden Glauben überzutreten, erschien mir nicht richtig.


    Wie auch immer, ich denke, dass ich nicht besser oder schlechter bin als Deutsch- und Geschi-Lehrer als ein katholischer-protestantischer Lehrer mit der gleichen Qualifikation. Denn ich vertrete schon die allgemeinen biblischen Grundsätze, wie sie in der Genesis zu finden sind (obwohl es ja im AT relativ brutal zu geht ;) ).


    Einen schönen Abend noch

    Ich denke schneller als ich schreibe...

  • ZJ - Zeugen Jehovas...?


    mit diesem "Bekenntnis" hast du dir wohl eher geschadet als genutzt, denn in den Amtskirchen besitzen derartige kleinere Glaubensgemeinschaften keinen besonders guten Ruf...


    mfg
    der unbekannte Lehrer

    "Get thee back into the tempest and the Night´s Plutonian shore!...
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    Quoth the raven: "Nevermore." (E.A.Poe,The Raven)

  • Ist doch klar, warum Schüler anderer Konfession aufgenommen werden: die sollen zum jeweils einzig richtigen Glauben missioniert werden - und bei Privatschulen das Geld für die noch freien Plätze einbringen.


    Ein Horror, was hier über die Handhabung von "Christen" zu lesen ist ! Hat das Jesus so ähnlich gemacht ?

    Glückliche Kinderaugen machen glücklich !
    "Lehren" = beim Lernen unterstützen + "Erziehen" ist noch wichtiger als "Stoff" vermitteln.

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