Abhängigkeitsstrukuren im Lehrerberuf (nach dem Ref)

  • Da muss ich doch noch meinen Senf dazugeben.


    Also, ganz ehrlich, ich finde es schon höchst befremdlich, wenn sich einer, der noch nicht mal im System selber drin ist, schon Gedanken dadrüber macht, wie er sich dagegen auflehnen kann!
    Silas, wenn du mit so einer vorgefertigten Meinung ins Referendariat gehst, legst du dir selber Steine in den Weg. Natürlich kann man hinter jeder Handlung eines anderen sinistre Motive vermuten, damit machst du dir aber das Leben gehörig schwer.
    Warte es doch erst mal ab!
    Meiner Erfahrung nach gibt es massenhaft nette und willige Leute, die wahrhaftig dran interessiert sind, dir was beizubringen. Wenn du aber hinter jeder wohlgemeinten, konstruktiven Kritik eine Machtdemonstration vermutest, kannst du dich nicht weiterentwickeln. Oder bist du schon der perfekte Lehrer????
    Über die positiven Beispiele im Referendariat wird halt nicht so viel geschrieben wie über die schlechten, ist doch klar.


    Nach dem Referendariat ist es wie in jeder Firma. Der Chef schafft an. Auf welche menschliche Weise er das tut, ist wie im "echten" Leben unterschiedlich von Chef zu Chef. Natürlich kann man seine Meinung sagen, aber eine schlichte Weigerung, etwas zu tun, kommt - wie überall - nicht gut an.


    Silas, was du so von dir gibst, lässt mich eher zu dem Schluss kommen, dass für dich ein Job in Selbständigkeit das beste wäre. Allerdings musst du dann den Kunden hinterherschleimen
    Schöne Grüße
    Gela

  • hallo silas,


    ich kann dir ein beispiel aus niedersachsen geben:
    hier läuft das "projekt" der eigenverantwortlichen schule 2008.
    ohne das konzept erörtern zu wollen, wird mit dieser schrittweisen einführung ein großer "macht"bereich an den schulleiter zurückgegeben. sozusagen von der formalen ebene, die vielen fertigen "lehrern" mehr gestaltungsspielräume ließ - hin zur personalen ebene.


    zudem wird der einfluss der einzelnen fachkonferenzen ausgeweitet. in den curricularen vorgaben werden bspw. diverse rahmenlehrpläne zugunsten der neuen kerncurricula ersetzt (in den hauptfächern sogar zum 01.08.2006). hier werden die erwarteten kompetenzen an den lehrerberuf meiner ansicht nach - und nicht wertend - den veränderungen der gesellschaft angepasst.
    daher ist das referendariat, so wie ich es erlebt habe, eine vorbereitung auf die anforderungen an den lehrerberuf - nämlich aus dem einzelkämpfertum heraus in die kooperation. du wirst zukünftig nicht mehr so leicht deine eigenen wege gehen können. wie gesagt, ohne über intentionale vorteile und die spätere umsetzung eingehen zu wollen. und ich bin absoluter gegner einer vereinheitlichung oder gleichschaltung, denn als lehrer musst du mensch sein dürfen - aber das ein fertiger lehrer einfach die klassenzimmertür schließt und in seinem eigenen reich bis zur pension regiert, kann auch nicht die lösung sein. an dieser stelle finde ich etwas mehr transparenz sehr angebracht.
    der nasenfaktor ist allerdings im lehrerberuf genauso groß/ oder klein wie in allen berufen...


    ich würde meine entscheidung einzig und allein von der frage abhängig machen, ob ich mit schülern arbeiten - ob ich unterrichten möchte.
    viel erfolg...

  • Hi,
    ich fand ja schon, dass man sich im Ref ziemlich verbiegen musste. Jetzt ist es so, dass ich als Beamter (noch nicht Lebenszeit) nicht gerade das Gefühl habe, meinem Chef alles Recht machen zu müssen. Ich habe gewisse Vorschriften, dabei aber noch immer Freiräume, in denen ich mein eigenes "Ding" machen kann, egal, was der Schulleiter davon hält.
    Ausgeliefert fühle ich mich eher dem KM. Hier können mir durch Erlasse Zwänge auferlegt werden, die in anderen Berufen nicht unbedingt üblich sind. Meine Freunde in der freien Wirtschaft schütteln beispielsweise immer nur den Kopf, wenn es wieder eine Arbeitszeiterhöhung gibt. In der Wirtschaft, wo man einen richtigen Arbeitsvertrag hat und nicht nur eine Ernennungsurkunde, sieht das schon anders aus.
    Gruß,
    Eliah

  • Zitat

    Gela schrieb am 29.07.2006 11:53:
    Also, ganz ehrlich, ich finde es schon höchst befremdlich, wenn sich einer, der noch nicht mal im System selber drin ist, schon Gedanken dadrüber macht, wie er sich dagegen auflehnen kann!
    Silas, wenn du mit so einer vorgefertigten Meinung ins Referendariat gehst, legst du dir selber Steine in den Weg. Natürlich kann man hinter jeder Handlung eines anderen sinistre Motive vermuten, damit machst du dir aber das Leben gehörig schwer.


    Das stimmt doch nicht! Nur auf Grund meiner Postings kannst du so etwas nicht behaupten, ohne mich persönlich zu kennen.


    Ich bin recht umgänglich. Die Frage, inwiefern ich im späteren, langen Berufsleben von meinem Vorgesetzen abhängig sein werde, ist doch legitim. Das heißt überhaupt nicht, dass ich mich auflehnen will. Im Falle des Falles will ich aber schon wissen, wie gut oder schlecht meine Karten sind. Die meisten Leute fragen sich das erst, wenn es Probleme gibt.

  • Zitat

    Eliah schrieb am 29.07.2006 21:39:
    ich fand ja schon, dass man sich im Ref ziemlich verbiegen musste. Jetzt ist es so, dass ich als Beamter (noch nicht Lebenszeit) nicht gerade das Gefühl habe, meinem Chef alles Recht machen zu müssen. Ich habe gewisse Vorschriften, dabei aber noch immer Freiräume, in denen ich mein eigenes "Ding" machen kann, egal, was der Schulleiter davon hält.


    Danke dir! Dies ist eine Antwort einem Stil, der meine Frage direkt und genau beantwortet.


    Wenn andere noch Erfahrungswerte in diese Richtung- egal ob positiv oder negativ haben- bitte beitragen.

  • Ich bin schon ein paar Jährchen im "Gschäft". Mein (unmaßgeblicher) Senf zum Thread:


    Lehrer sind im Prinzip "scheinselbstständig".
    Ich gehe jeden Tag in die Schule, hab entschieden und vorbereitet, was an diesem Tag mit meinen Kids läuft und welche Themen ich behandeln werde.


    Solange ich mich an die Vorgaben des Lehrplanes halte und nicht plötzlich das Chinesische Reich statt dem Römischen Reich behandele, weil mich das mehr interessiert oder 5.-Klässlern statt der Flächenberechnung des Rechteckes unbedingt die Integralrechnung beibringen möchte, lässt mich mein Chef in Ruhe arbeiten.



    Ich unterliege vielen Abhängigkeiten:
    - die Kinder erwarten, dass ich gerecht und freundlich zu ihnen bin und Ihnen einen interessanten Vormittag biete
    - die Eltern erwarten, dass ich ihre Kinder auf die Anforderungen der Schule und die folgender Prüfungen vorbereite
    - die Kollegen erwarten, dass mein Unterricht so verläuft, dass ihrer nicht gestört wird
    - der Schulleiter erwartet, dass von keiner Seite Klagen über meine Arbeit geäußert werden
    - das Kumi erwartet, dass der Lehrplan erfüllt wird


    Die wichtigsten Abhängigkeiten ergeben sich jedoch aus den lernpsychologischen und kognitiven Voraussetzungen meiner Schüler, denen ich gerecht werden muss und deren Anspruch auf eine friedliche, freundliche und mit Lernzuwachs erfüllte Schulzeit - und dem sich daraus ergebenden Feedback, falls mir das gelingt.


    Davon bin ich so was von abhängig

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

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