Berufsschule oder Gymnasium? Wer hat in beiden Schulformen Erfahrungen?

  • Hallo,


    ich kann mich nach dem Ref. nicht entscheiden. Durch eine sehr gute Ordnungsgruppe (15) habe ich die Qual der Wahl und sehr viele Einladungen zu Bewerbungsgesprächen.


    Meine Fächer sind Kath. Rel. und Sport. Das Ref. habe ich in einem renommierten Gymnasium (NRW) gemacht. Ich finde die Berufsschule (Technik und Gestaltung) jedoch ebenfalls reizvoll.


    Wer hat Erfahrungen in beiden Schulformen gemacht und kann davon berichten? Wie sieht es mit Versetzungen aus, wenn man sich doch falsch entschieden hat? Sind die Aufstiegschancen in beiden Schulformen gleich?


    Tja, ich habe sehr viele Fragen und freue mich auf ein paar Antworten.

  • Es gibt nicht die Berufsschule als Arbeitsplatz / Dienstort. Du würdest an einer berufsbildenden Schule arbeiten innerhalb der die Berufsschule nur eine von vielen Schulformen ist. Es ist also möglich, dass du mit SuS arbeiten wirst, die nicht einmal einen Hauptschulabschluss (Berufsvorbereitungsjahr, Berufseinstiegsklasse) haben bis hin zu SuS, die am Fachgymnasium ihr Abitur machen. Das ist eine sehr große Spannweite an Fähigkeiten und sozialen Kompetenzen.


    Ebenso solltest du wissen, dass du mit Religion und Sport eher sehr viele Klassen haben wirst, diese dann aber nur mit sehr wenigen Stunden. Beides sind Fächer, mit denen du vielleicht nicht einmal drei Stunden die Woche in einer Klasse haben wirst. Meist 1 bis 2. Da dem so ist, würdest du mit Sicherheit auch nicht nur in einem Fachbereich (wie beispielsweise Technik und Gestaltung) eingesetzt werden, sondern in allen, die an der jeweiligen Schule angeboten werden.


    Mit der Arbeit an einem Gymnasium habe ich keine Erfahrung.


    Gruß

  • Schreib mal den User "Timm" an. Der war im Ref an einem Gymnasium und ist jetzt an einer Berufsschule tätig (wenn ich mich recht entsinne).


    LG, das_kaddl.

  • Hallo WELL,


    ich kann Dir nur von einer Berufsschule berichten. Bei den Schülern kommt immer die Frage: "Müssen wir in Religion?" Oder dieser Kommentar: "Aber im 2. Lehrjahr haben wir bitte kein Religion mehr."


    Mit Sport sieht es ähnlich aus. Dieser findet bei uns am Freitag nachmittag statt und ist allein schon deshalb nicht sonderlich beliebt. Meine Klasse ist geteilt und sie fragen, wenn z.B. einmal der Sportunterricht ausfiel, welche Gruppe denn nun dran sei. Die Frage zielt aber nur darauf, dass sie von mir hören, dass die andere Gruppe dran sei. Also auch nicht so das Lieblingsfach.


    Wie es am beruflichen Gymnasium aussieht, kann ich Dir nicht sagen. In der Meisterschule gibt es weder Religion noch Sport, ebenso wenig im Berufskolleg.


    Mit Sport und Religion würde ich Dir eher das "normale" Gymnasium empfehlen. In der Berufsschule werden diese Fächer meiner Meinung nach eher als Last bzw. unnötige Stunden gesehen.


    Viele Grüße
    Super-Lion

  • ganz ehrlich - mit Reli und Soprt würde ich dir ein Gymnasium empfehlen.
    An einem BK bekommst du alle Klassen, und da sind nicht immer angenehme dabei. Deine Fächer sind super, aber an einem BK hast du z.B. in Reli meist Pech - viele der Schüler in Ausbildung interessieren sich nur für die berufsspezifischen Fächer, es sei denn, du bist in Bildungsgängen eingesetzt, die zum Abi oder zum Fachabi führen. Aber die sind häufig schon "besetzt". ich würde ans Gymnasium gehen. Und ich bendeide dich um deine Fächer ... seufz ... ich war so ddof, zwei Hauptfächer zu studieren und nun sitz ich da mit den Klausuren....

  • Zitat

    Original von das_kaddl
    Schreib mal den User "Timm" an. Der war im Ref an einem Gymnasium und ist jetzt an einer Berufsschule tätig (wenn ich mich recht entsinne).


    LG, das_kaddl.


    Schon zu spät ;)


    Ja, ich gehöre zu denjenigen, die nach der Ausbildung vom Gymnasium an die Berufsschule gewechselt haben. Ich habe es nicht einen Tag bereut, weil


    - ich zwar die kleinen Unterstüfler wirklich knuffig fand, aber ich meine Energie trotzdem lieber in andere Sachen stecke, als mitzuteilen ob das Heft quer oder längs kommt, ob man statt grün auch blau nehmen kann usw.,
    - ich die pädagogische, didaktische und fachliche Breite als überaus positive Herausforderung empfinde (Unterricht vom HS- bis zum FHSR- Niveau an meiner Schule),
    - die Kollegen freundlich und unkompliziert sind ohne den Oberstudienratsdünkel, der mir zu oft an Gymnasien begegnete,
    - die Möglichkeiten sich zu engagieren und aufzusteigen noch besser sind als an den Gymnasien,
    - bei Elternarbeit fast Fehlanzeige herrscht,
    - du einen eigenen Arbeitsplatz (=Schreibtisch, Schrank in einem kleineren Lehrerzimmer) zumindest bei uns in B-W hast,
    - bei den Schülern die oberstufenmäßige Müffeligkeit und Hochnäsigkeit (ich grüße nicht mehr, ich weiß besser als der Lehrer, wie man korrigiert...) fehlen.


    Was mir fehlt, sind außerunterrichtliche Aktivitäten wie AGs, Klassen- und Studienfahrten u.ä. Das kann aber zumindest an beruflichen Schulen mit großem Anteil an Vollzeitschülern (berufliches Gymnasium) anders sein.


    Ein Problem sehe ich allerdings bei deinen Fächern. Religion wird fast nur einstündig unterrichtet. Mein Kollege, der nur Reli unterrichtet, hat fast 500 Schüler pro Schuljahr, von einem großen Teil kann er einfach nicht den Namen wissen. Er macht seinen Job trotzdem gern, mir würde es persönlich nicht liegen. Mit Sport sieht es da nicht arg viel besser aus.


    Versetzungen zwischen den Schulformen sind möglich, allerdings kann das auch mal eine Weile dauern. Normalerweise muss für jeden Kollegen, der aufs Gymnasium zurückgeht, einer von dort kommen.
    Wie oben geschrieben sind die Aufstiegsmöglichkeiten eher besser, weil noch mehr Stellen frei werden.

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

  • @Superlion: Ich weiß nicht, ob ich das richtig verstanden habe, ich habe es nur so überflogen, aber ich habe Dich so verstanden, dass es am Berufskolleg kein Religion und Sport geben würde.


    Das ist nicht richtig. Zumindest in NRW gibt es in allen Bildungsgängen des Berufskollegs auch Religion und Sport.


    (Und soweit ich meine Kollegen so sehe, ist es auch durchaus beliebt, mit zwei "Nebenfächern" ans Berufskolleg zu gehen. Richtig ist allerdings, dass diese Kollegen oft in vielen Klassen tätig sind (meist dann aber mit beiden Fächern, so dass nicht nur eine Stunde pro Klasse daraus wird.) Ich weiß zudem nicht, wie es jetzt mit dem Zentralabitur aussieht, aber zumindest davor war Religion bei uns auch als Abi-Fach recht beliebt.

    Man muss Partei ergreifen. Neutralität hilft dem Unterdrücker, niemals dem Opfer. Stillschweigen bestärkt den Peiniger, niemals den Gepeinigten.“

    Elie Wiesel

  • @ Birgit:


    Dann liegt das vielleicht daran, dass ich an einem Abend-BK unterrichte.


    Gruß
    Super-Lion

  • Vielen Dank für die vielen Argumente zu beiden Schulformen. Ich habe mich entschlossen in die Praxis einzutauchen und ein zweitägiges Praktikum in der berufsbildenden Schule zu absolvieren.


    Hoffentlich wird mir dann einiges klarer.... :D

  • das ist eine gute Idee!
    Kleiner Tipp: Schau dir auch die Extreme an: Abi-Bildungsgang und Vorklassen oder Berufsgrundschuljahre

  • Zwei Tage klingt aber nach wenig;-)


    Wir haben auch immer Praktikanten, kannst gerne vorbeikommen;-)

    Man muss Partei ergreifen. Neutralität hilft dem Unterdrücker, niemals dem Opfer. Stillschweigen bestärkt den Peiniger, niemals den Gepeinigten.“

    Elie Wiesel

  • Zitat

    Original von Birgit
    @Superlion: Ich weiß nicht, ob ich das richtig verstanden habe, ich habe es nur so überflogen, aber ich habe Dich so verstanden, dass es am Berufskolleg kein Religion und Sport geben würde.


    Das ist nicht richtig. Zumindest in NRW gibt es in allen Bildungsgängen des Berufskollegs auch Religion und Sport.


    (Und soweit ich meine Kollegen so sehe, ist es auch durchaus beliebt, mit zwei "Nebenfächern" ans Berufskolleg zu gehen. Richtig ist allerdings, dass diese Kollegen oft in vielen Klassen tätig sind (meist dann aber mit beiden Fächern, so dass nicht nur eine Stunde pro Klasse daraus wird.) Ich weiß zudem nicht, wie es jetzt mit dem Zentralabitur aussieht, aber zumindest davor war Religion bei uns auch als Abi-Fach recht beliebt.


    In NRW ist das Berufskolleg aber nicht wie in Baden-Württemberg eine Schulart, die auf einen mittleren Bildungsabschluss eine berufsqualifizierende Vollzeitausbildung bietet, meist verknüpft mit der Möglichkeit, die FHSR mit zu erwerben.


    Korrekt ist allerdings, dass Religion in B-W in allen Schularten ein Fach mit Verfassungsrang ist und auch in den BKs des ersten Bildungsweges auf den Stundentafeln steht. Unterrichtet wird es aber oft nicht, da die dazu nötigen Kollegen fehlen.

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

  • Zitat

    Original von Birgit
    Zwei Tage klingt aber nach wenig;-)


    Wir haben auch immer Praktikanten, kannst gerne vorbeikommen;-)


    @ Birgit: Ich wechsle im Moment und bin zwischendurch noch am Gymnasium, damit der Kontrast deutlich wird :D.


    Danke für das Angebot. Ich habe jetzt einige Erfahrungen gemacht und bin erstaunt, dass Unterricht genauso möglich ist, wie am Gymnasium. Von Berufsorientierung bis Abitur kann sehr Unterschiedliches vermittelt werden. Das Interesse ist an meinen beiden Fächern auch genauso da wie am Gymnasium.


    Nur an die derben Sprüche müsste ich mich noch gewöhnen. Zudem ist im Bereich Gesundheitsförderung, Toleranz und Höflichkeit noch einiges zu tun.

  • Hallo Well,


    ich unterrichte auch Reli am BK, allerdings ist mein zweites Fach ein berufsbildendes. Mir würde das fehlen, wenn ich ncihts berufsbezogenes unterrichten könnte.


    Reli ist aber mein "Herzfach", und da habe ich sowohl im BVJ als auch in der FOS oder bei angehenden Erziehern gute Erfahrungen gemacht. In den Ausbildungsberufen kann ich berufsbezogene Inhalte vermitteln, im Berufsorientierungs- oder -grundschuljahr eben grundlegende Dinge und Themen, für die sich die Schüler nicht immer, aber immer öfter interessieren. Dort sehe ich auch den Vorteil, dass - zumindest in NRW - die Lehrpläne so offen gestaltet sind, dass man auch gut auf Wünsche der Klassen eingehen kann.


    Unabhängig von den Fächern ist es die besondere Atmosphäre am BK, die mich vom ersten Praktikum bis jetzt zur Vollzeitstelle immer begeistert hat. Deswegen gehe ich da auch voll auf und kann mir momentan nicht vorstellen, an einer anderen Schulform zu arbeiten.


    Liebe Grüße, groenlaenderin

  • Ich habe mein Ref am Gym gemacht und immer Gym angestrebt und bin jetzt seit knapp zwei Jahren am BK. Das hat sich zunächst zufällig durch eine Vertretungsstelle ergeben.


    Mein Empfinden ist eigentlich genauso wie bei Timm und ich komme nicht auf die Idee zurück ans Gymnasium zu wollen.
    Der politische Druck ist deutlich geringer am BK, die Kollegen sind unkomplizierter und "praxisnäher", man lernt ganz andere Berufsfelder kennen (bei mir Bereich Technik: Habe Fachinformatiker, Informationstechnische Assistente, Kunststoffverfahrensmechaniker, Informationselektroniker, Chemikanten und noch einiges mehr).
    Meine Schule hat zu 90% männliche Schüler und Kollegen und ich genieße die fehlenden Zickerein :)
    Teamarbeit funktioniert viel besser.
    Aber BK ist nich gleich BK - die Schule, an der ich die Vertretung gemacht habe, war ganz anders (Schülerschaft sehr schwierig, aber dafür Kollegium super). Es hängt immer von der Ausrichtung ab.
    Ich habe auch keine berufsbezogenen Fächer.


    Fazit: Ich habe den Schulformwechsel noch keine Minute bereut!

  • Nach meinem gestrigen Gespräch mit dem Schulleiter des BK wurde mein Entschluss für das BK noch weiter gestärkt, denn erstens gibt es sehr hohe finanzielle Mittel im Vgl. zum Gymnasium, so dass ich nach Herzenslust innovieren kann. Zudem erscheinen mir die Aufstiegschancen am BK eher höher zu sein, da das Schulprogramm in meinen Fächern (Sport / Religion) noch nicht ausdifferenziert ist.


    Jetzt muss ich nur noch bei der Bezirksregierung klären, inwiefern Versetzungen zum Gym. möglich sind, falls ich mich doch unwohl fühlen sollte. Ich habe nämlich eine sehr dunkle Hautfarbe und teilweise gibt es rechtsradikale SuS am BK. Diese Absicherung muss dann schon sein. 8o

  • Zitat

    denn erstens gibt es sehr hohe finanzielle Mittel im Vgl. zum Gymnasium, so dass ich nach Herzenslust innovieren kann


    das kann dann aber nicht mein BK sein:-)



    Zitat

    Ich habe nämlich eine sehr dunkle Hautfarbe und teilweise gibt es rechtsradikale SuS am BK


    mit solch pauschalen Aussagen wäre ich vorsichtig ....

  • Zitat

    Original von WELL
    Im BK leigt die Pflichtstundenzahl bei 28 und im Gymnasium nur bei 25 Stunden. Eigenartig.


    http://www.beamtenversorgung.nrw.de/doku/pflichtstunden.pdf


    Wenn ich das jetzt nicht völlig fehlinterpretiere, ist die Stundenzahl bei Berufskolleg und Gymnasium derzeit bei 25,5 (was ich für mich so bestätigen kann).

    Man muss Partei ergreifen. Neutralität hilft dem Unterdrücker, niemals dem Opfer. Stillschweigen bestärkt den Peiniger, niemals den Gepeinigten.“

    Elie Wiesel

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