Gymnasiales Lehramt Deutsch - Jobchancen? Oder Mathe?

  • Guten Morgen zusammen,


    ich habe in diesem Forum angemeldet, da ich das Forum als Tipp von jemandem genannt bekommen habe. Denn ich brauche eine paar helfende Meinungen oder Ratschläge :)


    Ich versuche dazu momentan einige Frage zu erörtern. Kurz etwas zu mir im Vorfeld:


    Ich möchte Ende des Jahres (mache in diesem Jahr das Abi) gerne ein Studium auf gymnasiales Lehramt mit der Fächerkombination Deutsch und dem Kombinationsfach "Politik & Wirtschaft" aufnehmen.+


    Ich selber bin jetzt zu Studienbeginn aber schon 25, da ich vorher als Realschüler eine Ausbildung gemacht habe, mich damit aber beruflich in einer Sackgasse sah. Ich habe jetzt auf einem Erwachsenenkolleg das Abitur auf dem 2.Bildungsweg (fast) geschafft und werde wohl mit einer 2,3 oder 2,4 als Endnote rauskommen.


    Jetzt gehen mir momentan einige Fragen durch den Kopf:


    1. Ich finde niemanden, der mir momentan eine Aussage dazu geben kann, ob es mit Schwerpunktfach Deutsch und zusätzlich dem WiWi-Fach eine realistische Jobchance gibt oder ob ich da wahrscheinlich in einer Lehrerschwemme untergehen werde und nach dem Studium wieder arbeitslos bin. Das will ich verständlicherweise überhaupt nicht, zumal ich auch irgendwann eine Familie gründen will.


    Ich weiß, dass Aussagen auf das Heute bezogen kein guter Indikator für die Zukunft sind, dennoch interessiert es mich sehr, wie sich denn heute die Situation für Deutsch-Fachlehrer an Gymnasium auf dem Jobmarkt darstellt.


    Das ist soweit schonmal meine wichtigste Frage.


    2. Meine Frau ist berufstätig und studiert nebenher in Frankfurt am Main, wo wir eine gemeinsame Wohnung haben. Daher möchte ich das Studium an der Johann-Wolfgang-Goethe Uni beginnen.


    Gibt es jemanden, der dort studiert oder studiert hat?


    Über die Goethe Uni interessiert mich besonders, ob ich mit einem 2,3 Abitur überhaupt eine Chance habe, zum Studium zugelassen zu werden. Die letzten NC lagen in Deutsch und Englisch bei 1,8 und das hat mich ehrlich schockiert - damit dürfen ja nur noch die absoluten Top-Schüler ins Lehramtsstudium 8o


    Weiterhin: Wird der soziale Umstand an der JWG-Uni berücksichtigt, dass ich verheiratet bin? Natürlich kann die Uni das anders sehen, aber ich kann es mir unmöglich vorstellen, nach 6 Jahren Zusammenlebens mit meiner heutigen Frau jetzt eine Beziehung für 5 Jahre auf Wochenendbasis zu führen, weil ich an eine andere Uni gehen und wegziehen musste. Das wäre der pure Alptraum schlechthin.


    3. Eine Frage zur Mathematik:


    Kann mir jemand etwas über das Mathematik-Lehramts-Studium an einer Hochschule erzählen? Ich denke, mit Mathe sind die Chancen sicher besser auf dem Arbeitsmarkt. Ich bin mir aber nicht sicher, ob ich das inhaltlich wirklich packe. Ich habe nur den Mathegrundkurs belegt und den auch "nur" mit 10 bis 11 Punkten momentan gemeistert (aber um ehrlich zu sein: Auch meist nur 2 oder 3 Stunden für die Klausuren gelernt...). Trotzdem, ich sehe mich nicht als echter Matheversteher, der irgendwo draufschaut und sofort den vollen, universellen Durchblick für die Materie hat.


    Wie sind da die Erfahrungen der Mathelehrer? Braucht man eine richtige Begabung für dieses Fach oder kann man es auch mit Fleiß und Willen packen? Und: Wäre es denn wirklich zu empfehlen?


    4. Letzte Frage noch: Verbeamtung


    Wie schon erwähnt, bin ich schon sehr alt als Studienbeginner (25). Wenn ich mit dem Studium fertig bin und das Referendariat hinter mir habe, habe ich mit meinem Alter überhaupt noch eine Chance auf eine Verbeamtung oder kann ich den Lehrberuf nur im Angestelltenverhältnis ausüben?


    Das waren soweit alle meine Fragen. Herzlichen Dank schonmal an jeden, der sich ein paar Minuten Zeit nimmt :)


    Gruß,


    Typhoon

  • Hallo,


    ich fange mal ein wenig an. Deutsch+WiPo ist sicher nicht aussichtslos, Mathe aber vermutlich für die Chancen besser. Generell helfen ein (einigermaßen) gutes Examen und örtliche Flexibilität sehr... Kommt eben auch auf das Land an. In Schleswig-Holstein wird beispielsweise gerade (leider!!!) WiPo in der Mittelstufe eingeführt -> es werden viele Lehrer gebraucht. Deutsch als Hauptfach wird stets nachgefragt werden, allerdings studieren es auch recht viele Leute.


    Die Verbeamtungsgrenze bezüglich des Alters ist in jedem Bundesland unterschiedlich, müsste für Dich aber bei zügigem Studium und Referendariat überall noch leicht erreichbar sein.


    Zu FFM und Mathe müsste aber jemand anders schreiben - da weiß ich nicht viel zu sagen.


    Viele Grüße!

  • Hallo,
    an meiner Schule sind in letzter Zeit viele mit eingestellt worden, deren eines Fach Deutsch ist. Deutsch war aber nur Nebenerscheinung, wichtiger war das andere Fach und "Deutsch schadet ja nie".
    Angesichts der Schwemme an Deutschstudenten und -lehrern würde ich aber dennoch eher zu Mathematik raten, weil da glaube ich einfach die Zahl an Mitbewerbern geringer ist.

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    4. Letzte Frage noch: Verbeamtung


    Wie schon erwähnt, bin ich schon sehr alt als Studienbeginner (25). Wenn ich mit dem Studium fertig bin und das Referendariat hinter mir habe, habe ich mit meinem Alter überhaupt noch eine Chance auf eine Verbeamtung oder kann ich den Lehrberuf nur im Angestelltenverhältnis ausüben?


    Das waren soweit alle meine Fragen. Herzlichen Dank schonmal an jeden, der sich ein paar Minuten Zeit nimmt

    In vielen Bundesländern wird bis 40 oder über 40 verbeamtet - so lange wird ja dein Studium (hoffentlich) nicht dauern?? ;)


    Ich hab zwar in Frankfurt studiert, aber mit einer ganz anderen Studienordnung - vormodulare Zeiten - da kann ich dir nicht weiterhelfen - die haben aber eine Studienberatung. Definitive Auskünfte geben nur die. Auf alles andere würde ich eher nicht vertrauen. Mach da einen Termin ... Mehr Informationen hier: http://www.uni-frankfurt.de/st…tudienberatung/index.html


    Zitat

    Die letzten NC lagen in Deutsch und Englisch bei 1,8 und das hat mich ehrlich schockiert - damit dürfen ja nur noch die absoluten Top-Schüler ins Lehramtsstudium

    Ja - und in der Bevölkerung hält sich nachaltig das Gerücht, dass Lehramt nur Blödel studieren - ganz vor allem in den "Laberfächern".
    Schon zu meiner Zeit war die Durchfallqoute beim Erstversuch der Sprachprüfung in Anglistik 50% oder mehr - anspruchslos war das nie... unser Ruf aber trotzdem bescheiden. Muss mer mit leben können...


    Das Mathematikstudium ist saumäßig hart (mein Buder und mein Mann sind Mathematiker - beide hatten im Studium (am Anfang) Phasen, wo sie alles hinhauen wollten - beide haben sich aber mit zusammengebissenen Zähnen zu Topstudenten gemausert.) Hohe Abbrecherquote in den Anfangssemestern! Wer durchhält, wird überall mit Handkuss genommen. Echten Mathematiklehrern rollt man nicht nur in der Wirtschaft den roten Teppich aus und hat sie ganz dolle lieb - im Bereich Schule sind sie so begehrt wie Gold und Platin. Der Mangel an Mathelehrern ist schrecklich.
    Bewirb dich mit dem Fach dann bitte gleich bei uns, wenn du fertig bist ... ;)

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

    Einmal editiert, zuletzt von Meike. ()

    • Offizieller Beitrag

    Hi,


    ich wäre vor allem wirklich vorsichtig mit allen Prognosen. Bis du fertig bist mit deinem Studium, hat die Regierung mindestens einmal gewechselt...die Schülerzahlen gehen zurück und werden weiter zurück gehen. Schon jetzt werden nicht die Lehrerzahlen eingestellt, die man benötigt - bzw. wird das seit Jahren schon nicht so gemacht.
    Der eine Prophet sagt dir das, der andere jenes.
    Als ich anfing zu studieren 1990 riet mir der Studienberater unbedingt davon ab, meine Fächer für mein Lehramt zu studieren, weil es direkt in die Arbeitslosigkeit führte. Nach der Hälfte bemerkte ich, dass es auf meinen Studiengang plötzlich einen NC gab - Seminare mit über 90 Leuten waren keine Seltenheit, man saß auf der Treppe usw. Ich wurde 1997 z.B. zu Beginn meines Referendariats begrüßt mit dem leicht verblümten Hinweis darauf, dass uns nach Beendigung des Refs die Arbeitslosigkeit erwartet oder eben die Umschulung. Zum Ende bekam ich eine 2/3 Stelle für zwei Jahre - die Schule hätte gern mehr Stunden gehabt. Danach wurde ich verbeamtet. Dann wurde ich Fachschaftsbetreuer für Deutsch und meine Fachschaft bestand aus 11 Deutsch-Lehrern (50% Teilzeit) bei um die 1000 Schüler, ergo ganz schön wenig, zu wenig und es kamen zu wenig Lehrer nach - die Wartelisten waren leer gefegt (!).
    Mittlerweile wirds wieder enger.


    Ende der Märchenstunde von H.

  • Falls du dir beim Mathematikstudium vorstellst, dass hier die Schulmathematik vertieft würde, bist du auf dem Holzweg. Das mathematische Universum ist groß, eigen und auf den ersten Blick seltsam - und wird an der Hochschule von links nach rechts durchmessen um danach die verschiedenen Schichtungen übereinander zu stapeln. Da gibt's gerne Knoten in den Hirnwindungen. Erkundige dich genau, ob du dir das zutrauen kannst.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Hallo!


    Vielen herzlichen Dank schonmal für all die Beiträge. Das hilft schonmal ganz gut weiter. Ob Mathe dann wirklich etwas für mich ist, versuche ich mal vor Ort der Uni mit jemandem in Erfahrung zu bringen.


    Aber wenn es mit Deutsch noch nicht ganz aussichtslos ist, sollte die Richtung vielleicht besser dahin gehen - denn an den typischen Deutsch LK Themen habe ich bislang größte Freude gehabt. :)

  • Ich habe keine Ahnung von Mathe, aber an der Uni würde ich mal versuchen, sowohl mit einem Prof zu reden als auch der Fachschaft (letztere kann dir vermutlich auch sagen, welcher Prof solche Beratungen macht).


    Viel Erfolg bei der Entscheidung!

    "Et steht übrijens alles im Buch, wat ich saje. ... Nur nit so schön." - Feuerzangenbowle

  • Hallo Typhoon,


    ich studiere nun im 2. Semester Mathematik und kann so ein bisschen über meine Erfahrungen berichten. In der Schule war Mathematik ein tolles und für mich sehr leichtes Fach, obwohl wir einen überdurchschnittlich fordernden Mathematiklehrer hatten. An der Universität ist das aber vollkommen anders: Der Stoff wird nicht durch Verstehen gelernt, sondern vor allem durch Auswendiglernen: Sätze, Definitionen, Beweise, all das hat mit der Schulmathematik nichts mehr zu tun. Es ist immens viel, ist aber lernbar. Anders sieht es dann in der Praxis aus: Hier sollte man zumindest ein bisschen etwas auf dem Kasten haben, oder aber sehr viel lernen. Lernen muss man sowieso, aber mit ein bisschen Verstand geht es leichter.


    Vor allem ist das ganze nicht nur schwierig, sondern demotivierend: Nur ein Bruchteil von dem, was du von Mathematik hörst, wirst du dann tatsächlich unterrichten. Mir wurde aber schon von vielen gesagt, dass die erste Studienhälfte besonders hart sei, aber wenn man die einmal überstanden hat, soll es nur so dahin gehen.


    Ich hätte im Übrigen auch gerne Deutsch studiert, hier in Ö aber komplett überlaufen und in Kombination mit dem Nischenfach Italienisch auch nicht sinnvoll.


    LG

  • Im Großen und Ganzen schließe ich mich Josh an, was das Mathe-Studium betrifft.
    Aber in einem Punkt möchte ich doch widersprechen:

    Zitat

    Der Stoff wird nicht durch Verstehen gelernt, sondern vor allem durch Auswendiglernen: Sätze, Definitionen, Beweise,...


    Ich würde sagen, dass die "Auswendig-lern-Menge" vom Verstehens-Faktor abhängt - und da sind die Übergänge völlig fließend. Soll heißen: Es gibt ein paar (wenige) Superchecker, denen einfach alles völlig klar ist, sodass sie gar nichts lernen müssen (weil sie es sich in kürzester Zeit herleiten können - ist doch alles logisch...) und auf der anderen Seite die (auch ziemlich wenigen Leute) die komplett alles auswendig lernen und nur wenig verstehen (diese sind meistens maximal 3 Semester da). Die breite Masse ist irgendwo in der Mitte, dazu zähle ich mich auch. Das Auswendiglernen in Mathe hat aber eine ganz andere Qualität als in z.B. Bio oder Geschichte, wo vieles stur auswendig gelernt und dann hingeklatscht wird (im Vergleich zur Schule ist das Studium in Bio ein absoluter Rückschritt :rolleyes:). Mathe ist viel weniger Reproduktion, sondern auch Anwendung des Auswendiggelernten. Das ist ein bisschen wie in einer Fremdsprache - man muss erstmal Vokabeln und Grammatik lernen, bevor man einen Text schreiben kann.


    Ich bin mittlerweile im 7. Semester (und habe alle Scheine *freu*, ich muss "nur noch" ein paar Vorlesungen hören, um den Prüfungsstoff zusammenzubekommen) und es stimmt schon, die ersten Semester waren am härtesten. Bei uns heißt es immer, dass wer die Zwischenprüfung besteht, auch das 1. Staatsexamen besteht - und zwar meistens mit schlechtestens 2,5. Ich hoffe mal, dass ich da nicht eine der wenigen Ausnahmen werde 8)


    Schau doch mal hier, da ist unten auf der Seite ein Link zum Skript und den Folien vom Einführungskurs, der den Erstis den Übergang zwischen Schule und Uni erleichtern soll.

  • Hallo Hannah,


    verzeih mir, ich habe mich da etwas missverständlich ausgedrückt.
    Ich wollte damit vor allem sagen, dass die Mathematik an der Universität weniger praxisorientiert und theorielastiger ist.


    Im Gegensatz zur Schule, dort lernte man einfache Verfahren, die immer und immer wieder abgespult werden mussten.


    Wobei du mit dem Verstehen vollkommen Recht hast: Ich bin auch in der Mitte, frage mich aber, wie es andere machen, die wirklich überhaupt nichts verstehen. Gut, man kann es zwar auch so machen, aber ob das so erfüllend ist, ich weiß nicht.


    Wobei ich auch sagen muss, dass ich die Mathematik-LA-Studenten hier größtenteils etwas befremdlich finde. *g*


    LG

  • Ich hab Germanistik und Politik studiert, hab damit also deine Fächer. Als ich 2002 angefangen hab, hieß es, das wäre eine Todeskombi, derzeit werden aber Politik- und Wirtschaftslehrer gesucht... so viel dazu... Mathe hat sicherlich bessere Einstellungschancen als Deutsch und der NC ist auch niedriger (bzw. in Mannheim z.B. gibt's für Mathe Lehramt keinen NC), bedenke bei deiner Wahl bitte einfach das eine: Du musst mit diesem Fach noch die nächsten 40 Jahre leben, wenn dir also Deutsch Spaß macht und du gut drin bist, ist das für dich persönlich viel besser... und soweit ich weiß ist in Hessen das Seminar Heppenheim das unbeliebteste, bewirb dich dann eben nach dem Studium da (oder geh nach BaWü, aktuell wird hier jeder genommen, egal welche Fächer) und dann wird das schon...
    Mach das, was dir gefällt und nicht das, von dem du denkst, dass die Einstellungschancen besser sind (und Mathe ist auch nicht mehr überall Mangelfach!), immerhin sollst du ja auch Spaß an deinen Fächern haben!


    (ich hab übrigens damals auch überlegt Mathe zu machen, weil ich Mathe wirklich gern mache, mir waren dann da aber auf die Dauer die Selbstverwirklichungsmöglichkeiten zu klein und ich kenn zu viele verbitterte Mathelehrer, so mag ich nich werden...)

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