An die Deutschlehrer

  • Hallo liebe Forum-Nutzer,


    meine nächste Lehrprobe geht über das Thema Kurzgeschichten. Habe mir die Kurzgeschichte "Der Filialleiter" ausgesucht. Kann mir jemand einen Tipp für ein gutes Tafelbild (eine Tafelseite) geben? Hat die Geschichte jemand im Unterricht durchgenommen und kann mir wertvolle Tipps geben?


    Ich danke Euch sehr!


    Grüße,
    Refi

  • Hier der Text. Danke =)


    Als der Filialleiter des Supermarktes auf dem Fernsehschirm seine Frau erblickte, erschrak er zu Tode. Nein, er täuschte sich nicht – das erste Programm zeigte Maria-Lisa, seine eigene Frau. Im schicken Blauen saß sie in einer größeren Runde, und gerade jetzt, da der Filialleiter seinen Schock überwunden glaubte, wurde Maria-Lisa von der Moderatorin gefragt, was sie für ihren Ehemann empfinde.
    «Nichts», sagte Maria-Lisa.
    «Maria-Lisa!», entfuhr es dem Filialleiter, und mit zittriger Hand suchte er den Unterarm seiner Frau. Wie jeden Abend saßen sie nebeneinander vor dem Fernseher, und beide hatten ihre Füße in rote Plastikeimerchen gestellt, in ein lauwarmes Kamillenbad – das stundenlange Stehen im Supermarkt machte ihnen zu schaffen.
    Die Bildschirm-Maria-Lisa lächelte. Dann erklärte sie, über den Hass, ehrlich gesagt, sei sie schon hinaus.
    Der Filialleiter hielt immer noch Maria-Lisas Arm. Er schnaufte, krallte seine Finger in ihr Fleisch und stierte in den Kasten. Hier, fand er, war sie flacher als im Leben. Sie hatte ihr Was-darfs-denn-sein-Gesicht aufgesetzt und bemerkte leise, aber dezidiert: «Mein Willy ekelt mich an.»
    Und das in Grossaufnahme!
    Nun sprach eine blonde Schönheit über die Gefahren der Affektverkümmerung und der Filialleiter, dem es endlich gelang, die Augen vom Apparat zu lösen, versuchte seine Umgebung unauffällig zu überprüfen. Jedes Ding war an seinem Platz. In der Ecke stand der Gummibaum, an der Wand tickte die Kuckucksuhr, und neben ihm saß die Frau, mit der er verheiratet war. Kein Spuk – Wirklichkeit! Maria-Lisa war auf dem Bildschirm, und gleichzeitig griff sie zur Thermosflasche, um in die beiden Plastikeimer heißes Wasser nachzugießen.
    Sein Fußbad erfüllte Willy auch an diesem Abend mit Behagen. Dann rief er sich in Erinnerung, was ablief. Ungeheuerlich! Auf dem Schirm wurde das emotionale Defizit eines Ehemanns behandelt, und dieser Ehemann war er selbst, der Filialleiter Willy P.! Er griff zum Glas und hatte Mühe, das Bier zu schlucken. Hinter seinem Rücken war Maria-Lisa zu den Fernsehleuten gegangen. Warum? Willy hatte keine Ahnung. Willy wusste nur das eine: Vor seinen Augen wurde sein Supermarkt zerstört.
    Maria-Lisa reichte ihm das Frotteetuch, aber der Filialleiter stieg noch nicht aus dem Eimer. Er hielt das Tuch in der Hand, und so stand er nun, nur mit Unterhemd und Unterhose bekleidet, minutenlang im Kamillenbad – ein totes Paar Füße, im Supermarkt plattgelatscht.
    «Das Wasser wird kalt», sagte Maria-Lisa.
    Der Filialleiter rieb sich die Füße trocken, dann gab er Maria-Lisa das Tuch. Als die Spätausgabe der Tagesschau begann, saßen sie wieder auf dem Kanapee. Maria-Lisa und der Filialleiter, Seite an Seite, er trank sein Bier und sie knabberte Salzstangen.

  • Meine Idee für den Unterricht:


    Möchte die wichtigsten Merkmale von Kurzgeschichten erfragen (Frage- und Impuls, Tafelbild) und dann auf die Interpretation eingehen (mit einem schönen Tafelbild). Und bei dem Tafelbild der Interpretation habe ich leichte Probleme....finde die Geschichte zu umfangreich, um klar und übersichtlich zu strukturieren. Oder denke ich zu kompliziert?

  • Es handelt sich um die 11. Klasse (Fachoberschule).


    Also es ist für eine Lehrprobe. Irgendwie komme ich mit der Erstellung des Tafelbildes für die Interpretation nicht zurecht. Interpretieren ist nicht das Problem, aber das gut strukturiert an die Tafel zu bringen ist für mich als Neuling leider noch schwer. Außerdem weiss ich nicht genau, was die wichtigsten Interpretationsansätze sind. Alle kann ich in der Kürze der Zeit bestimmt nicht abhandeln. Rein für die Interpretation sollten es ca. 8-10 Lernziele sein.

  • Zitat

    Original von Refi29
    Rein für die Interpretation sollten es ca. 8-10 Lernziele sein.


    8-10 Ziele in 45 Minuten? Uns wurde gesagt, dass man maximal 4-5 Ziele in einer Stunde verwirklichen kann.

    • Offizieller Beitrag

    D.h. Ihr erreicht alle 4 Minuten ein neues Lernziel, sichert es und kontrolliert es...Respekt ;).


    Obwohl ich nicht aus Sek II komme, würde ich aber doch sagen, dass die Interpretation für eine Stunde reicht. Merkmale dr KG dürfte hier doch eine reine Wiederholung sein, also kein Lernziel. Eine Interpretation wiederum Ließe sich ja aus verschiedenen Perspektiven entwickeln...


    Ps: formuliere doch mal so ein oder zwei Lernziele für uns, damit man so weiß, was bei euch Lernziel heißt.

  • Jaja, so sind wir....scheinbar etwas anders als ihr ;)


    Also die Merkmale will ich zudem neu einführen, aber nur "kurz" an der Tafel festhalten. Dann komme ich zum Schwerpunkt, der Interpretation. Ich möchte aus der Perspektive Kommunikation interpretieren, d.h. das Paar redet nichts, sie traut sich im TV ihre Meinung zu äußern, er ist geschockt,....und was ist das Ergebnis? Es gibt keins! Bei den Beiden ist alles wie zuvor. Das war jetzt die Kurzform.....

  • Ein LZ: Die Schüler können erläutern, dass die Kommunikation zwischen den Eheleuten nicht stimmt.


    Weiteres Beispiel: Die Schüler können erläutern, dass die Ehefrau in der Realität nur nonverbal mit ihrem Mann sprechen kann.


    Das sind Beispiele für LZ bei uns. Sobad der Schüler dies selber gesagt hat (durch Fragen meinerseits), ist das LZ erfüllt.


    Und die Interpretation soll ca. 8 solcher LZ hergeben. Aber das größte Problem ist das Tafelbild. Wie strukturiere ich sinnvoll, so dass die wichtigsten LZ an der Tafel stehen?!


    ;(

    • Offizieller Beitrag

    Also...


    - Die Neueinführung von Merkmalen der Kurzgeschichte ist m.E. keine Sache, die man mal so nebenbei macht und kurz an die Tafel schreibt. Man müsste ja zumindestens noch eine Vergleichsgeschichte haben, um diese überhaupt zu erarbeiten oder auch nur festzustellen. An einer dürfte das kaum funktionieren.


    - Ich kann bisher in deinen Ausführungen keine Ansätze zu einer Stunde erkennen. "Interpretation" kann ja so vieles bedeuten.


    - I.d.R. ergeben sich bei mir Tafelbilder aus dem Gang der Stunde, d.h. den muss ich wissen, damit ich das TB konstruieren kann. Manchmal gehts auch andersrum, indem ich das Ergebnis als TB aufzeichne erkenne ich einen logischen Gang der Stunde...aber ich kenne weder die Ergebnisse, auf die du hinaus willst, noch den methodisch-didaktischen Gang deiner Stunde...da kann dir keiner einen guten Tipp geben.

  • Zitat

    Original von Refi29
    Jaja, so sind wir....scheinbar etwas anders als ihr ;)


    Also die Merkmale will ich zudem neu einführen, aber nur "kurz" an der Tafel festhalten. Dann komme ich zum Schwerpunkt, der Interpretation. Ich möchte aus der Perspektive Kommunikation interpretieren, d.h. das Paar redet nichts, sie traut sich im TV ihre Meinung zu äußern, er ist geschockt,....und was ist das Ergebnis? Es gibt keins! Bei den Beiden ist alles wie zuvor. Das war jetzt die Kurzform.....


    Du willst also mit diesem Beispiel die Merkmale einer KG einführen, richtig? Das sind ja allein ca. 10 Stück... und dann noch eine Interpretation in Sachen Kommunikation? 8o Wow, dafür würde ich in meinem Unterricht 2-3 Stunden ansetzen... ist denn deine Klasse so fit?


    Wie willst du deine Schüler denn drauf bringen, die Merkmale zu nennen? Klingt für mich sehr lehrerzentriert... Vielleicht kannst du die Merkmale besser im Vergleich mit einer anderen Nicht-KG herausarbeiten lassen?

  • Schreib doch erstmal die Lernziele/Interpretationsaspekte auf und schau dann, ob es eine Struktur gibt. Falls nicht, bleibt die schnöde Aufzählung...

    There is a difference between knowing the path and walking the path. (Matrix)

    • Offizieller Beitrag

    Ohne Hauptlernziele und grobe Idee zum Stundenablauf kein Tafelbild, das letztere ergibt sich ja erst logisch aus der Art, wie ich die Stunde aufbaue.


    Einführung (ggf noch neuer!) Kriterien für die KG dauert länger als eben mal 5 Min. am Anfang (wenn es gründlich gemacht und verstanden werden soll). Normalerweise ist das ein eigener Stundeninhalt. Das würde ich in der Stunde vorher abhandeln und in der LP ggf. nur noch mal abfragen zwecks Auffrischen.


    Dann könnte man sich an den Kriterien langhangeln (wozu sonst abfragen?) und zB die SuS in Partner- oder Kleingruppenarbeit die/einige Kriterien auf diese KG anwenden lassen. Was sie auch arbeitsteilig machen können (pro Gruppe oder Klassenhälfte soundsoviel Kriterien).


    Diese Ergebnisse kann man dann so an die Tafel bringen, dass jede Gruppe ein "Feld" hat, das sie selbst mit "Kriterium X-Referenz zum Text" beschriften (sofern die Ergebnisse halbwegs sinnvoll sind, was du natürlich beim Rumgehen uns Helfen rausfinden musst). Diese Felder können dann von den Schülern selbst den anderen erklärt und ggf diskutiert werden. Dann ist das auch nicht nur ein LehrerSchülerFragePingPong, sondern echte interaktive Arbeit.


    So oder so ähnlich kann das laufen und, wie gesagt, ein TB ist die logische Folge einer Stundenplanung und nicht die Basis derselben.

  • Ich verstehe eure Bedenken. Habe allerdings eine LP, in der es so ähnlich ablief (nur eine andere KG). Die Kollegin bekam dafür eine 1. Die Merkmale wurden mittels Partnerarbeit aus einem Text herausgefiltert (Neueinführung). Danach wurde noch eine KG interpretiert. Und das alles in 45 Minuten.


    Möchte die Merkmale in meiner LP allerdings durch Fragen und Impulse nennen lassen (die 6-8 wichtigsten Merkmale reichen. Die Restlichen kann man didaktisch reduzieren). Diese Merkmale möchte ich danach auf die KG anwenden. Denke schon, dass dies in höchstens 15 Minuten zu schaffen ist.


    Dann kommt mein Hauptproblem: Die Interpretation der KG (siehe oben). Und daraus dann ein TB erstellen, das die wichtigsten Aussagen des Textes aufweist....... ;(

  • Dann verstehe ich das Problem nicht. Links das Kriterium für die Kurzgeschichte, rechts daneben entsprechend die Interpretation.

    There is a difference between knowing the path and walking the path. (Matrix)

  • So habe ich dies auch vor :)


    Nur habe ich so gut wie keine Ahnung, welche Interpretation von dem Text wichtig ist. Es gibt ja tausend Möglichkeiten einen Text zu interpretieren. Vieles sehen andere Menschen ja auch anders.....woher weiss ich, was wichtig ist. Kann ja nicht alle Interpretationsmöglichkeiten an die Tafel bringen und in 30 min. abhandeln. Und dann hab ich noch das Problem, wie ich das TB strukturiere, also die rechte Seit der Tafel mit den Interpretationen....

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