Sekundärliteratur bei Facharbeiten Jg. 12

  • Wenn die Schüler bei euch eine Facharbeit in der Jg.stufe 12 schreiben, inwieweit verlangt ihr da von ihnen "richtige" Sekundärliteratur aus Fachzeitschriften und Fachbüchern? Bei uns in die nächste Uni-Bibliothek ca. 45 Minuten, wenn nicht noch länger entfernt und für die Schüler ist es schon schwierig, sich überhaupt in den Bibliotheken zu orientieren. Welche Vorgaben bzw. Aussagen macht ihr den Schülern?

  • Muss es denn ein Uni-Bibliothek sein? Reicht dafür nicht auch oft bereits eine normale Stadtbibliothek oder von dir bereit gestelltes Material aus?
    Aber ich erwarte von meinen Schülern schon, dass sie nicht nur Internetquellen zitieren, sondern auch entsprechende Fachliteratur. Dafür sollte auch ein Nachmittag/Ganztag von den Schülern zur Suche in der Bibliothek eingeplant werden.


    Grüße
    Peter

    • Offizieller Beitrag

    Ich seh das ähnlich.


    Zudem finde ich, dass man auch mal erwarten kann, dass sie dafür eine solche Fahrzeit in Kauf nehmen können. Sie sollen das ja nicht täglich machen. Und wenn man lieb fragt, bekommt man ja auch vor Ort Hilfe wie man bei der Suche vorgehen muss und wo man die Dinge finden kann, die man sucht.

  • Eine Facharbeit ist eine erste, mühsam tastende Einübung im Rahmen der Wissenschaftspropädeutik, bei der ein erster etwas längerer Text verfasst wird, der wissenschaftliches Schreiben und Denken zu imitieren beginnt. Nicht mehr aber auch nicht weniger.


    Bei den Facharbeiten, die ich betreue, setze ich vier Schwerpunkte in absteigender Wichtigkeit:


    1. Die Schüler lernen, eine Fragestellung zu entwickeln, die tatsächlich eine Fragestellung ist und nicht dieses unselige "ich schreibe über xyz". Mit einer tauglichen Fragestellung, die einen methodischen Forschungsansatz über eine Hypothesenbildung überhaupt erst ermöglicht, steht und fällt jede Wissenschaftlichkeit. Meine Schüler müssen zu mir mit einer Fragestellung kommen, die als Frage formuliert ist - bei der Entscheidung, ob dieses Projekt im Rahmen einer Facharbeit bewältigbar ist oder nicht, ob sich eine falsifizierbare Hypothese entwickeln lässt, ob die Fragestellung überhaupt im fachwissenschaftlichen Kontext sinnvoll ist, muss ich dem Schüler natürlich helfen - sowas können Anfänger nicht alleine abschätzen.


    2. In meinen Fächern ist eine Facharbeit immer quellenorientiert und verfolgen gegebenermaßen einen kritisch-hermeneutischen Ansatz. Eine solide Analysemethode ist mir am allerwichtigsten; wenn eine Quellenlesart plausibel und hermeneutisch korrekt erfolgt, ist das Boot schon fast im Heimathafen. Alle anderen Überlegungen bauen auf einer soliden Hermeneutik auf, auch die Auseinandersetzung mit der "Sekundärliteratur".


    3. Eine Facharbeit unterscheidet sich von der Klausur durch die Rezeption des Diskurses um die Fragestellung. Hier setze ich den Schwerpunkt auf die inhaltliche Auseinandersetzung mit einem vorgegebenen Text. Wenn die Schüler selber Artikel oder Bücher beibringen, ist die Sache in Ordnung für mich, aber mir ist es im Zweifelsfall wichtiger, dass ich ihnen einen Aufsatz in die Hand gebe, den sie dann methodisch sinnvoll verwenden, als dass sie sich im Labyrinth der Unibibliothek verlaufen und da nur Murks rauskommt. Wie man mit einer Bibliothek, einem Katalog etc. richtig umgeht, ist Sache des Proseminars; ich habe an der Schule daran zu arbeiten, dass inhaltlich korrekt paraphrasiert, exzerpiert und zitiert wird.


    4. Die Struktur der Facharbeit muss stimmig und sinnvoll sein. Die Darstellung des Fachdiskurses, die Methodendiskussion, die Durchführung der Analyse müssen strukturell voneinander getrennt sein, aber aufeinander aufbauen. Einleitung und Schluss müssen eine sinnvolle Klammer bilden. Gelingt das, bin ich zufrieden. (Anbetracht der Tatsache, dass in diesem Forum hier mehr als oft Anfragen von Examenskandidaten und sogar Referendaren stehen, welche völlige Inkompetenz im wissenschaftlichen Denken verraten, reicht das für die Schule auch wirklich aus.)


    Mir ist persönlich nicht sonderlich wichtig, dass ein Schüler sich großartig in Bibliotheken umtut. Und wo in einer Fußnote ein Punkt und ein Komma gesetzt werden, ist mir ehrlich gesagt scheißegal, solange der Nachweis seinen Zweck erfüllt und die Sache konsistent ist. Das sind so meine Prinzipien, die ich aus meiner Überzeugung entwickelt habe, was wissenschaftliches Denken ist und was nicht.


    Nele

  • Unsere Schüler haben für die Facharbeit ein Jahr Zeit (dass sie sie meist im letzten Monat schreiben, ist eigentlich Problem der Schüler).


    Von daher erwarte ich durchaus, dass Sekundärliteratur aus Fachbüchern verwendet wird. Es gibt Fernleihe, es gibt Stadtbüchereien und es gibt durchaus auch die Möglichkeit, sich das eine oder andere Buch selbst zu kaufen. Die Sekundärliste muss jetzt nicht lange sein, aber ein paar Bücher (paar = mehr als zwei ;) ) sollten schon drauf stehen.

  • Zitat

    Original von neleabels
    Eine Facharbeit unterscheidet sich von der Klausur durch die Rezeption des Diskurses um die Fragestellung. Hier setze ich den Schwerpunkt auf die inhaltliche Auseinandersetzung mit einem vorgegebenen Text. Wenn die Schüler selber Artikel oder Bücher beibringen, ist die Sache in Ordnung für mich, aber mir ist es im Zweifelsfall wichtiger, dass ich ihnen einen Aufsatz in die Hand gebe, den sie dann methodisch sinnvoll verwenden, als dass sie sich im Labyrinth der Unibibliothek verlaufen und da nur Murks rauskommt. Wie man mit einer Bibliothek, einem Katalog etc. richtig umgeht, ist Sache des Proseminars; ich habe an der Schule daran zu arbeiten, dass inhaltlich korrekt paraphrasiert, exzerpiert und zitiert wird.


    Das unterstreiche/unterschreibe ich.

    Einmal editiert, zuletzt von philosophus ()

  • Was macht ihr, wenn in einer Facharbeit überhaupt nicht mit Sekundärliteratur gearbeitet wurde (den Schülern aber bewusst war, dass sie sich auch mit Sekundärliteratur auseinander setzen sollen)?
    In der vorliegenden Facharbeit ist ein Vergleich von zwei Texten erfolgt, bei die Auswahl der Vergleichsaspekte nicht themen- bzw. zielorientiert ist und erst im Fazit erfolgt ein sinnvoller Vergleich, der sich aber auch so gar nicht aus dem Vorausgehenden ableitet (dennoch aber ganz gut ist)

  • Auf alle Fälle in ähnlicher Form ins Gutachten schreiben.
    Für mein Empfinden liegt hier ein inhaltlicher Mangel vor, den ich auch entsprechend in die Bewertung einfließen lassen würde. Die Argumentation ist nicht schlüssig, wenn der Vergleich sich nicht aus dem Vorhergehenden ableitet bzw. stelle ich mir dann die Frage, wieso der Schüler erst die Texte vergleicht, aber im Fazit nicht darauf eingeht. In disem Zusammenhang würde ich auf die fehlende Arbeit mit Sekundärliteratur eingehen.


    Satek

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