alternatives Konzept zur SaPh (Berlin)

  • Nachdem die Berliner Schulen ja nun eine zeitlang keine andere Wahl hatten, als die flexible Schulanfangsphase einzuführen, dürfen sie das demnächst wohl wieder selbst entscheiden. Dazu müssen sie aber ein alternatives Konzept entwickeln, das darlegt, wie sie den unterschiedlichen Lernvoraussetzungen der Kinder gerecht werden und die Sprachförderung gewährleisten wollen. An unserer Schule herrscht zumindest unter den Kolleginnen, die es betrifft, Einigkeit, dass die SaPh bei uns unter den gegebenen Voraussetzungen nicht funktioniert und wir zu homogenen Klassen zurück wollen. Nun also das Konzept... erste Ideen spuken ja schon durch die Köpfe aber so richtig starten tun wir erst noch... Da ich davon ausgehe, dass wir nicht die einzigen mit diesem Problem sind, hoffe ich hier auf einen Ideenaustausch....
    Auch Erfahrungen aus anderen Bundesländern sind willkommen!
    Was ich an dieser Stelle ausdrücklich nicht möchte ist eine Pro-Contra-Debatte zum Thema "SaPh oder nicht". Wer sich darüber austauschen möchte kann dazu ja einen eigenen Thread starten.
    Der Knackpunkt für mich ist die Frage: wie gehen wir in Zukunft mit den Kindern um, die für den Stoff der ersten beiden Schuljahre tatsächlich drei Jahren bräuchten/brauchen? Klar ist, dass wir nicht einfach wie früher sagen können: Kind bleibt sitzen und fertig... (das würde mir dann doch arge Bauchschmerzen bereiten)
    Erste Idee unsererseit (also von mr und der Kollegin mit der ich mir meine Klasse teile): wir richten parallel zum Unterricht der ersten Klasse eine oder bei Bedarf auch mehrere temporäre Lerngruppen ein, in denen die Kinder, bei denen wir ungünstige Lernvoraussetzungen feststellen (was wir dann möglich frühzeitig herausfinden müssten) täglich (!) entsprechend gefördert werden. Ideal wäre, wenn diese Aufgabe von einer Kollegin übernommen würde, die im nächsten Jahr eine erste Klasse übernimmt (alternativ wäre auch eine Erzieherin denkbar), und die dann die Kinder in ihre Klasse mitnimmt (es sei denn man entscheidet, dass das Kind mittlerweile soweit ist, dass es in seiner Klasse bleiben kann). Das heißt, die Kinder würden zwar die Klasse wechseln müssen, aber nicht allein sondern als kleine Gruppe und zu einer Lehrerin, die sie schon gut kennen und die vor allem auch die Kinder schon kennt. Sie wüsste dann, wo die Kinder stehen, und könnte an die bereits bestehenden Vorkenntnisse anknüpfen. Binnendifferenzierung muss ohnehin stattfinden (das haben wir ja nun auch gelernt...). Einwandt der Kolleginnen : dann wären ja in einer Klasse zu viele lernschwache Kinder (zumal es ja häufig auch dieselben Kinder sind, die Probleme im Verhaltensbereich haben). Das heißt die Gruppen dürften nicht zu groß sein. Ist natürlich eine Frage der personellen Ausstattung. Aber das ist mir ohnehin nicht klar: wenn die Schulen nun eigene Konzepte ausarbeiten sollen, müssten sie doch auch wissen welche personellen Ressourcen sie dafür einkalkulieren können....? Aber solange das nicht vorgegeben wird, kann man eh nur ins Blaue hinein planen... da kann man auch einfach mal Wunschkonzert spielen...
    soweit also unser erster Input, vielleicht kann ja jemand was kluges dazu sagen....

    "Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!" Freitag O'Leary

  • Hallo,


    ich habe es von verschiedenen Schulen gesehen / erlebt, dass diese nur eine Jahrgangsmischung in den Fächern Kunst, Musik und Sport hatten, D / Ma / Su blieb altershomogen. Hat super funktioniert. Ansonsten wurde innerhalb der Klasse mit versch. Materialangeboten differenziert.

  • Von dem Modell habe ich schon öfter gehört, hilft uns aber nicht weiter. Zum einen weiß ich von einer Schule, die das jetzt offiziell nicht mehr weiter so machen darf (denn letztlich ist es eine Mogelpackung), zum anderen geht es ja darum, dass wir uns einig darin sind, wieder zu homogenen Klassen zurück zu wollen und wir ein Konzept brauchen, wie wir mit den Schülern umgehen, die drei Jahre brauchen....

    "Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!" Freitag O'Leary

  • Hallo icke,
    an meiner vorletzten Schule war es folgendermaßen gelöst:
    im Stundenplan wurde versucht, den Deutsch- und den Matheunterricht der ersten und der zweiten Klassen möglichst oft parallel zu stecken, so dass Schüler, bei denen vermutet wurde, dass sie drei Jahre brauchen, immer mal phasenweise am Unterricht der ersten Klasse in Deu oder Ma teilgenommen haben. Das wurde den Sch. natürlich irgendwie motivierend verkauft, so nach dem Motto: Da kannst du den Jüngeren ja auch mal helfen usw.. Hat auch gut mit den Sch. funktioniert, die nur ein Jahr gebraucht haben und die dann dementsprechend als Erstklässler schonmal bei den Zweitklässlern schnuppern durften. Muss allerdings dazusagen, dass es eine eher kleine Schule war (ein- bis zweizügig), weiß nicht ob das rein stundenplanorganisatorisch an größeren Schulen überhaupt möglich ist...
    Bin gespannt in welche Richtung ihr gehen werdet, vielleicht magst du zu gegebener Zeit ja hier nochmal berichten!?


    LG Mare

  • Zitat

    Klar ist, dass wir nicht einfach wie früher sagen können: Kind bleibt sitzen und fertig... (das würde mir dann doch arge Bauchschmerzen bereiten)


    Problem dabei, das gibt das Berliner Schulrecht nicht mehr her, du musst ja erstmal nachweisen, dass du alle Fördermöglichkeiten ausgeschöpft hast ud erst dann geht Sitzenbleiben.
    Das wird hier ja nicht funktionieren, denn das hast du ja nachweislich dann nicht!

  • Auch keine schlechte Idee... (auf die ich von alleine gar nicht gekommen wäre!), wir sind zwar dreizügig aber zumindest könnte man über so etwas nachdenken. Es müssten sich ja trotzdem immer nur zwei Klassen synchronisieren ...
    Und verstehe ich das richtig, dass die Schüler, die vorher schon in der Klasse drunter "geschnuppert" haben zum nächsten Schuljahr dorthin gewechselt sind?
    Das würde dann bedeuten, dass sie erstmal zwei Jahre in ihrer Klasse bleiben können und erst dann wechseln. Im ersten Schuljahr würde man das über Binnendifferenzierung regeln, wobei ich es trotzdem wichtig fände, die Kinder speziell zu fördern. Die einzige Schwierigkeit, die mir gerade in den Kopf kommt, ist, dass wir hier sehr viele Kinder haben, die drei Jahre brauchen (von meinem letzten Durchgang waren es 6 Kinder von 18!). Und sechs Schüler auf einmal zusätzlich in die Klasse darunter zu schicken, gäbe dann dort eine extrem große Lerngruppe.... es sei denn man bekäme es hin, zeitgleich ein "Vorschul"-Förderung laufen zu lassen (das würden bei uns auch gerne einige von den Erziehrinnen in die Hand nehmen...) ... hm, ganz schön knifflig, aber wert weiter drüber nachzudenken...

    "Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!" Freitag O'Leary

  • Susannea: genau, das geht nicht, deswegen müssen wir ja eine Alternative zum Sitzenbleiben finden! Im Moment haben wir ja auch Verweiler, und ich rede mir den Mund fuselig, um den Eltern klar zu machen, dass es eben nicht dasselbe ist, wie Sitzenbleiben...

    "Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!" Freitag O'Leary

  • Zitat

    Original von icke
    Susannea: genau, das geht nicht, deswegen müssen wir ja eine Alternative zum Sitzenbleiben finden! Im Moment haben wir ja auch Verweiler, und ich rede mir den Mund fuselig, um den Eltern klar zu machen, dass es eben nicht dasselbe ist, wie Sitzenbleiben...


    Naja, aber im MOment musst du es den Eltern ja im Zweifelsfall auch nicht klar machen, dann sollen sie sich doch an die Vorgesetzen wenden, wenn es anders nicht geht. ;)


    Aber es stimmt, euch muss irgendwie eine Alternative einfallen udn die muss organisatorsich udn mit den Vorschriften zu regeln sein.


    Denn z.B. eine zusätzliche KLasse aus Schülern, die eben länger brauchen, die einfach ein Schuljahr 1+ (oder wie man es nennen mag) machen, geht ja nur bei genügend Parallelklassen und damit genügend Schülern um eine zusätzliche Klasse aufzumachen.


    Aber ganz ehrlich, lieber ein gut funktionierendes System mit homogenen Klassen und differenziertem Unterricht, als eine schlecht funktionierendes SAPH-System (was teilweise ja auch nur zum Schein eines ist!).

  • icke: das war unterschiedlich. Einige "Schnupperer" sind auch schon im Laufe des Schuljahres gewechselt, eben dann wenn es auch mit viel Differenzierung keinen Sinn gemacht hat ihnen den "normalen" Unterrichtstoff der zweiten Klasse näher zubringen, sondern einfach klar war, dass im Prinzip die Grundlagen nochmal ganz von vorne gelegt werden mussten. Der Großteil ist dann aber tatsächlich zum Schuljahresende "VERWEILT" ;) (auch die meisten betroffenen Eltern an dieser Schule konnten mit der Wortwahl wenig anfangen...)

  • So, dann hole ich das Ganze aus gegebenem Anlass nochmal nach oben. Heute haben wir nämlich in der Teamsitzung erfahren, dass besagtes Konzept schon bis Ende Juni (!!!!) vorliegen muss! Sehr sehr witzig. Bislang war der Stand nämlich immer noch: wir haben keinerlei Informationen darüber, bis wann und in welcher Form das Konzept vorliegen muss. Weder wissen wir, welche grundsätzlichen Bedingungen das Konzept erfüllen muss, noch wie es mit der personellen Ausstattung dafür aussieht. Die Schulleitung hatte den Auftrag, sich schon mal mit anderen Schulen auszutauschen, die vor derselben Aufgabe stehen, aber auch darüber hatten wir noch keine Rückmeldung. Aus diesem Grund ist an Planung auch noch nichts weiter passiert (außer den privaten Überlegungen die ständig in meinem Kopf rumkreisen) , weil der allgemeine Tenor war: solange wir noch gar nichts wissen, gibt es wenig Sinn ... Abgesehen vom Termin wissen wir übrigends nach wie vor nichts! Wieso habe ich das Gefühl, dass das Ganze Schikane ist! Dass es ganz recht ist, wenn alle Schulen jetzt irgendwelche unausgegorenen Konzepte aus dem Hut zaubern, die man dann super ablehnen kann... fühle mich gerade ziemlich vera.....t
    Also nochmal die Frage: hat irgendwer Erfahrungen ,Ideen, die uns weiterhelfen könnten. Liest hier vielleicht noch jemand aus Berlin mit, der dasselbe Problem hat....

    "Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!" Freitag O'Leary

  • Und noch mehr Input von mir: zum einen habe ich mal ein Privatstatistik aufgestellt um rauszufinden, wieviele Kinder im Durschnitt zwei und wieviel drei jahre in der SaPH bleiben. Ist natürlich nicht repräsentativ, aber dennoch spannend: es war ungefähr 50/50 (leichte Mehrheit für die Kinder die drei Jahre brauchen) und (besonders spannend obwohl bei genauer Überlegung auch nicht sooo überraschend) :( die Kinder die drei Jahre brauchen sind bis auf ganz wenige Ausnahmen (in beide Richtungen) genau die Kinder die mit 5 eingeschult wurden. Daraus ergab sich meinerseits die Überlegung ob es nicht möglich wäre von vorneherein Klasssen zu bilden, die auf drei Jahre ausgelegt sind und so der Vorschularbeit, die unseren Kindern ja offensichtlich fehlt mehr Raum einzuräumen. Parallel dazu könnte man aber auch reguläre erste Klassen einrichten. Knackpunkt ist dabei natürlich: kann man überhaupt schon im Vorfeld einschätzen wie lange das jeweilige Kind brauchen wird? Das Alter allein sagt einem das sicherlich nicht, aber es scheint ja doch eine große Rolle zu spielen ... wenn man das koppeln könnte mit weiteren Kriterien (stichwort: enege Zusammenarbeit mit den kitas...) wer weiß .... man könnte dann ja auch versuchen das ganze so durchlässig zu gestalten, dass Kinder auch noch mal die Lerngruppe wechseln können .... (denke denk denk...) Beim Surfen im Netz bin ich dann gerade auf das Konzept "zweijährige" Eingangsstufe gestoßen, dass auch so in die Richtung geht ... das scheint in Hessen häufiger anzutreffen zu sein. Deswegen meine Frage: irgendjemand aus Hessen hier, der mir das noch näher erläutern könnte?
    Noch ne Überlegung: man macht nicht mehr Jahrgangsmischun`g 1/2 sondern sozusagen 0/1 und bildet dann ab Klasse 2 homogenen Gruppen... ?????

    "Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!" Freitag O'Leary

    • Offizieller Beitrag

    Wir haben unsere Mischung ja reduziert. Der Effekt ist, dass sich in diesem Jahr der Prozentsatz der Verweiler etwa halbiert hat. Eventuell habt ihr also auch eine gewisse Entlastung mit einem anderen Konzept.


    Bei uns gibt es zusätzlich zu Sport, Sachkunde, Musik, Kunst noch Projekttage, an denen die Kinder in jahrgangsgemischten Gruppen verschiedene Stationen durchlaufen. Außerdem gibt es auch gemeinsame Exkursionen oder Wandertage, manchmal gehen 2 Kolleginnen gemeinsam, einmal pro Jahr wollen wir alle Klassen gemeinsam einen Ausflug machen lassen.


    Was auch gut klappt (ist bei uns so und auch von anderen Schulen habe ich das schon gehört): Wenn die sonderpädagogischen Stunden in möglichst wenigen Händen sind, könnte die Kollegin eine temporäre Lerngruppe führen. Die sehr großen Gruppen mit Kindern, die den Stoff der 2. Jahrgangsstufe üben, könnten dadurch z.B. für 2 oder 3 Stunden pro Tag entlastet werden.


    Deine Idee, von Anfang an eine Lerngruppe einzurichten, die 3 Jahre braucht, finde ich gefährlich: Es soll ja keiner "ausgegrenzt" werden und genau das passiert damit. Das könnte eventuell Ärger geben. Ferner gibt es Kinder, die sich dann ja doch noch entwickeln. Gerade bei den 5-jährigen platzt mitunter der Knoten direkt mit den Ostereiern. :D
    Bei der Zusammenarbeit mit der KiTa habe ich ferner festgestellt, dass die Einschätzungen der KiTa sich bei einigen Kindern deutlich von der schulischen Entwicklung unterscheidet: Nicht jeder, der sich alleine die Hose schließen kann, lernt dann auch in angemessener Zeit rechnen und lesen. Umgekehrt gibt es kluge, aber dyspraktische oder sozial unverträgliche Kinder, die von der KiTa dann eben leistungsschwächer eingeschätzt werden. In meiner Klasse wurden mehr als 1/4 der Einschüler anders eingeschätzt, als sie sich entwickelten. Das wäre für Kinder, die dann fälschlich in so einer Klasse landen, schade. (Selbst Schularzt bzw. SPZ haben sich bei 2 Kindern dieser Gruppe geirrt, die vermutlich aufgrund dieser Einschätzung in dieser 3-Jahres-Gruppe gelandet werden.)


    Im Prinzip ist alles, was wir machen, Flickschusterei, solange die Kinder so wie jetzt in die Schulen kommen, der alte Rahmenlehrplan und das Konzept des individuellen, inklusiven Lernens von einer anderen Altersgruppe, welche stabil im Leben steht, das Konzentrationsvermögen eines überdurchschnittlichen Erwachsenen, sehr gute sprachliche und mathematische Fähigkeiten besitzt sowie einer hervorragenden vorschulischen Förderung ausgehen und eine Lehrerin (+ 4 Stunden Erzieherin) für 24 bis 28 Kinder zuständig sind. Aus einem lahmen Esel wird kein Rennpferd, wenn man ihm einen anderen Namen, einen alten Sattel und neue Scheuklappen gibt. Wir benötigen einen anderen Personalschlüssel, um alle Kinder fördern zu können.

  • Hallo Conni, erstmal Danke für's ausführliche Antworten. Schön, dass du immer so zuverlässig mitdenkst und bereitwillig berichtest, wie es bei euch so läuft. Dass mit den veränderten Verweilerzahlen bei euch, ist in der Tat sehr spannend. Dadurch, dass SaPh und vorgezogenen Einschulung gleichzeitig eingeführt wurden, ist es ja doch schwierig zu beurteilen, was die Hauptursache für die vielen Verweiler ist... vermutlich verstärkt sich beides... Jetzt aber zu deinen Einwänden: Das Problem der Ausgrenzung entstünde sicherlich dann, wenn man sagen würde: nur die Kinder mit Defiziten kommen in die Gruppe, die drei Jahren macht. Ich habe mir aber eher ein Modell vorgestellt, in der ersteinmal alle Kinder, die mit 5 Jahren eingeschult werden, in die Gruppe eingeschult werden, die drei Jahre hat, plus die Kinder, bei denen schon im Vorfeld ein erhöhter Förderbedarf festgestellt wird. Das heißt, es wäre ausdrücklich keine Gruppe für die schwachen, sondern lediglich eine Gruppe für die jüngeren Kinder. Fände ich auch wichtig, um eine ausgewogenen Mischung in der Klasse zu haben. Auch innerhalb dieser Gruppe müsste der Unterricht dann so differenziert sein, dass auch leistungsstärkere Kinder nicht unterfordert werden. Ein Wechsel in die "ältere" Gruppe wäre dann nur im Einzelfall nötig, wenn das Kind trotz der Differenzierung zu kurz käme (so wie es ja auch früher möglich war, Kinder überspringen zu lassen...). Umgekehrt müsste es natürlich auch möglich sein, dass Kinder aus der "älteren" Gruppe zu den Jüngeren wechseln, wenn der Rückstand trotz innerer Differenzierung nicht auszugleichen ist.
    Als Vorbild könnte da die bereits erwähnte Eingangsstufe in Hessen dienen. Die wird dort an einigen Grundschulen (wenn ich das richtig verstanden habe) für Kinder angeboten, die freiwillig schon mit 5 eingeschult werden. (Unsere werden halt unfreiwillig so früh eingeschult, wieso sollten sie da nicht dasselbe Anrecht auf ausreichend Lernzeit haben?) Die Kinder besuchen dort zwei Jahre die Eingangsstufe, die die erste Klasse ersetzt. Im darauffolgenden Jahr gehen dann alle Kinder in die zweite Klasse. Das heißt, die Kinder haben zwei Jahre Zeit, sich die Inhalte der ersten Klasse zu erarbeiten, es wäre am Anfang mehr Zeit für vorschulische /erzieherische Aktivitäten, der Übergang von der Kita zur Schule könnte fließender erfolgen. Es ist auch ausdrücklich nicht so gedacht, dass erst ein Jahr Vorschularbeit stattfindet und erst im zweiten Jahr mit dem Stoff der ersten Klasse begonnen wird, sondern schon im ersten Jahr werden die Inhalte der ersten Klasse einbezogen. Man hätte dann aber deutlich mehr Zeit und könnte den kindgerechteren Methoden (z.B. Lernen mit allen Sinnen) wieder mehr Raum geben. Der absolute Vorteil läge für mich dabei in den stabileren Gruppen. Was mich persönlich nämlich wirklich mit am meisten stört, sind diese instabilen Lerngruppen, die allein dadurch entstehen, dass sie jedes Jahr neu zusammengesetzt werden, dadurch, dass man die Gruppe immer wieder teilen muss usw. Ich habe auch selbst gerade mein eigenes Kind in der SaPh und obwohl es ihr dort insgesamt sehr gut geht, sehe ich jetzt doch auch noch mal deutlicher, wie traurig es für ein Kind ist, wenn einige der gerade erst gewonnenen Freunde im nächsten Jahr die Klasse verlassen werden. Auch die Aussicht schon nach zwei Jahren Lehrerin und Erzieherin wechseln zu müssen, nimmt sie sich durchaus zu Herzen und auch die Kinder aus meiner Klasse reagieren häufig regelrecht erschreckt, wenn sie diese Tatsache das erste mal so richtig realisieren. Gerade für die Kinder, die wir hier haben, ist Kontinuität absolut wichtig! Gerade weil vielen das zu Hause schon fehlt!
    Ziel wäre also, einen Weg zu finden, bei der möglichst viele Kinder in einer stabilen Gruppe verbleiben können! Und nochmal zum Thema Ausgrenzung: wenn ich nach einem System suche, dass jahrgangshomogen funktioniert, in dem aber die Kinder trotzdem die Möglichkeit haben müssen, drei Jahre für den Stoff der ersten beiden Schuljahre zu haben, bestünde die andere Alternative ja doch wieder nur im Zurückstufen . Und egal wie schonend man das organisiert (z.B. durch schon vorher stattfindenden Förderunterricht bei der zukünftigen Klassenlehrerin oder durch gemeinsame Projekte mit Partnerklassen) : ich würde mal behaupten, die betroffenen Schüler würden sich da weitaus ausgegrenzter fühlen. Und auch in dem bestehenden SaPh-System ist es ja so, dass die Kinder sich untereinander vergleichen und einige ganz unglücklich sind, wenn sie drei Jahre bleiben müssen, während der Freund mit dem sie zusammen eingeschult wurden schon weitergeht.... die Gefahr, dass da Kindern schon von Anfang an vermittelt wird, dass sie nicht gut genug sind (um es in zwei Jahren zu schaffen) finde ich da viel größer. Und nicht weil wir Lehrer ihnen das so vermitteln, sondern weil sie selbst sich vergleichen und oft auch, weil die Eltern es so empfinden. Oft genug auch genau die Eltern, die am Angang kamen und sich Sorgen machten, weil ihr Kind noch so jung ist. Denen muss ich dann am Ende des ersten Schuljahres immer erstmal wieder bewusst machen, dass ihr Kind nach altem Schulgesetz in diesem Sommer ja überhaupt erst eingeschult worden wäre und dass dann ja auch niemand erwartet hätte, dass es jetzt schon flüsssig lesen können muss oder sicher bis 20 rechnen. Könnte man den besorgten Eltern der jüngeren Kinder von vorneherein sagen: ihr Kind ist zwar noch jung, aber dafür bekommt es bei uns auch ein Jahr länger Zeit, könnten sie das mit Sicherheit besser annehmen. Wir würden den Kindern dann sozusagen das Jahr wieder zurückgeben, was man Ihnen durch die vorzeitige Einschulung genommen hat.
    So, das war jetz ganz schön viel (und weil ich das vorher wusste hat auch die Antwort so lange auf sich warten lassen) , vielleicht mag ja nochmal jemand eine Meinung dazu abgeben (übermorgen muss sich unser Team zumindest auf die grobe Richtung einigen!)

    "Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!" Freitag O'Leary

    Einmal editiert, zuletzt von icke ()

    • Offizieller Beitrag

    Entschuldige die späte Antwort, meine Mailbenachrichtigung bei neuen Antworten funktioniert nicht mehr so richtig.


    Habt ihr im Team denn ein gutes Konzept gefunden?


    Deine Idee mit der Klasse der jüngeren Kinder hört sich jetzt doch gut an.
    Meine Erfahrung in unserem Einzugsbereich ist eben, dass Kinder nicht selbstständig in der Lage sind, differenziert mehr zu lernen als die anderen - bzw. nur selten. Bei uns hat in 4 Jahren SAPh (etwa 380 Schüler) ein Kind nur ein Jahr gebraucht, um dann gleich in die 3. Klasse zu gehen. Wobei dieses Kind eben auch selbstständig weiter kam und mehr lernte. Vielleicht ist es einfach die Ausnahme. Und wenn ich es mir recht überlege: Von den Kindern, die derzeit in meiner Klasse den Stoff der 1. Klasse "nochmal" machen, sind jetzt etwa 2/3 so selbstständig geworden, dass sie sich einzelne Inhalte auch selbstständig erschließen können - aber das hat eben 1,5 Schuljahre gedauert, bis sie so weit waren.


    Und ja: Du hast vollkommen Recht, was das Vergleichen der Kinder untereinander betrifft: Die machen das von alleine, selbst wenn wir als Lehrer das zu verhindern versuchen. Die meisten Kinder, die ein 3. Jahr in der SAPh benötigten, waren geknickt und haben sich ausgegrenzt gefühlt, egal wie sehr wir dagegen gesteuert haben.
    Mit dem "Kerngruppensystem" (heißt das übrigens bei uns jetzt), welches wir in Deutsch und Mathe haben, ist gerade den schüchternen und den unkonzentrierteren Kindern sowie den Kindern mit größeren Wahrnehmungsproblemen mehr geholfen als mit einer Jahrgangsmischung in den Fächern.

  • Hallo icke,


    ich bin gerade Berufsanfänger und neu in einer SAPH-Klasse in Berlin. Auch an meiner Schule wird überlegt, die SAPH zu reformieren.


    Wie ist es denn nun bei euch ausgegangen? Habt ihr ein geeignetes Konzept finden können?


    LG
    Gs-Teach

  • Hallo gs-teach,
    wir haben tatsächlich ein Konzept zustande bekommen, haben dabei aber die Erfahrung gemacht, dass man gar nicht allzuviel Spielraum hat. D.h. man bekommt das Konzept dann mit Verbesserungsanweisungen zurück.... Im Prinzip sieht es jetzt doch in etwa so aus wie Mare es geschildert hat: immer eine erste und eine zweite Klasse bilden Partnerklassen:
    parallelgesteckte Stunden sollen gegenseitiges Schnuppern ermöglichen und durch gemeinsamen Sportunterricht, gemeinsame Ausflüge und Projekte sollen die Klassen sich gut kennelernen. Die Kinder bleiben also erstmal zwei Jahre in ihrer Klasse, dann wird entschieden ob sie noch ein drittes Jahr in der Schulanfangsphase verbleiben und sie wechseln gegebenenfalls in die Partnerklasse. Gleichzeitig findet am Anfang eine temporäre Lerngruppe "Vorschularbeit" statt.
    Das ist natürlich nur die Kurzfassung. Wenn du ausführlichere Infos zum Thema suchst google mal unter dem Schlagwort "jahrgangsbezogenens Lernen" (schöne neue Abkürzung: Jabl) , da haben mittlerweile schon einige Schulen ihre Konzepte eingestellt.
    LG icke

    "Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!" Freitag O'Leary

    Einmal editiert, zuletzt von icke ()

Werbung