Ausgelagert aus "Für Referendariat unangemessener Look"

    • Offizieller Beitrag

    Ich denke auch, das die Diskussion um das x-gliedrige Schulsystem eine Scheindiskussion ist. Ein dreigliedriges Schulsystem, dass mit ausreichend Mitteln ausgestattet ist, kann sicherlich erfolgreichere Schüler hervorbringen, als eine unterfinanzierte Einheitsschule. Mit dieser Diskussion will meiner Meinung nach die Politk von ganz anderen Problemen des Schulsystems ablenken. Will man z.B. erfolgreiche Hauptschulen, dann sollte man den HS-Lehrern auch einmal soviel zahlen wie den Sek-II-Kollegen.

  • Inzwischen ist es eine Schulsystem-Diskussion geworden, da passt mein Beitrag eigentlich nicht mehr so recht. Aus meiner Sicht ist es aber gar nicht so sehr eine Frage des Schulsystems, auch nicht zwingend der Methoden, sondern der Professionalität der handelnden Personen.


    Die überwiegend von Silicium geäußerten Provokationen finde ich einerseits in ihrer Forschheit durchaus erfrischend, zwingen sie mich doch zur Positionierung. Mit (meiner) praktischen Erfahrung haben sie andererseits nur wenig zu tun. Auch die eigene Schulerfahrung als Schüler, wie Silicium sie ins Feld führt, taugt nur wenig als Handlungsgrundlage fürs eigene Berufsleben.


    Stichwort "Konsequenz" und "Grenzen setzen": Die meisten nehmen das durchaus für sich in Anspruch. Allerdings gibt es weder einen Lageplan, in dem pädagogische Grenzen verbindlich eingezeichnet wären, sodass man nur gemeinsam auf den Plan zu schauen brauchte, noch ist die Frage nach der Konsequenz immer so eindeutig zu beantworten.


    Der Stühlewerfer ist mir trotz "schwieriger Klientel" zwar noch nicht untergekommen, aber die Beispiele, die Du nennst, würde ich überwiegend als Machtkämpfe deklarieren, denen mit dem Ausspielen von Autorität nur kurzfristig beizukommen ist. Mal ganz abgesehen von praktischen Problemen wie verletzter Aufsichtspflicht, wenn Du einen Schüler unbeaufsichtigt vor die Türe stellst oder wegen Verspätung nicht mehr in die Klasse lässt (Recht auf Unterricht!). Häufiger als Du denkst, sind einem in dieser Hinsicht die Hände gebunden.
    Schon allein deshalb finde ich es ratsam, sich ein größeres Handlungsrepertoire zuzulegen und echte Konfliktfähigkeit zu entwickeln. Der erste Schritt dazu, ist die Fähigkeit zur Unterscheidung statt zu generalisieren. Entwicklung, Lernen ist eben immer auch phasenweise krisenhaft und nicht immer gehen diese Krisen lautlos und unauffällig vonstatten. Ich finde, dass Kinder und Jugendliche in der Schule (zumal an einer Ganztagsschule) einen Anspruch auf professionelle Begleitung in ihren Lern- und Entwicklungsprozessen haben. Das gilt allerdings für die stillen Krisen genauso wie für die polternden. Was nicht therapeutische Arbeit meint, sondern reflektierte, verlässliche Erwachsene als Gegenüber, an denen Jugendliche sich auch mal reiben können und übers Ziel hinausschießen können. Aber wenn die Krise ein Dauerzustand wird, dann ist eben auch das Ende der Fahnenstange erreicht.


    Und was die Systemfrage angeht: Als bayerische Gymnasiallehrerin spreche ich inzwischen übrigens immer früher und so deutlich wie möglich aus, wenn ich einen Schüler bei uns am falschen Platz sehe. Dazu genügt es in aller Regel, das krasse Missverhältnis zwischen Aufwand und Ertrag vor Augen zu führen. Welch unsägliche Leidenswege sich daraus ergeben, wenn Eltern (und Lehrer) zu lange am Gymnasium festhalten, wurde ja schon mehrfach beschrieben. Inzwischen gibt es viele Möglichkeiten auf Umwegen zu einem höheren Abschluss zu kommen. Keiner sagt, dass das ein Spaziergang ist. Fataler ist, dass es für einen Gymnasiasten inzwischen bereits in der 8. Klasse extrem schwierig wird auf die Realschule zu wechseln. Mit dem Ergebnis, dass die Kinder irgendwie am Gymnasium die 10. schaffen müssen, damit sie einen Abschluss haben. Wer auf diesem Weg scheitert, weil Defizite beim besten Willen und mit allen zugedrückten Augen einfach nicht mehr zu überdecken sind, und plötzlich ohne jeden Abschluss dasteht, hat wirklich ein Problem.
    Tatsächlich kenne ich etliche Erfolgsgeschichten nach dem Wechsel. Sei es, weil die Schüler selbst gar kein Abitur / Studium brauchen zu ihrem Glück, was als Idee (selbst unter pekuniären Aspekten) ohnehin in meinen Augen grotesk ist. Sei es, weil sie an den Umwegen und Widerständen wachsen.


    Leider etwas lang geworden...

  • OT:

    Zitat

    Sei es, weil die Schüler selbst gar kein Abitur / Studium brauchen zu ihrem Glück,...


    Das ist der Punkt, denke ich. Früher wollten wir das Abitur, heute die Eltern.


    OnTopic:
    Ich bin im Referndariat immm so rumgelaufen, wie ich das in der Industrie auch bin. Kein Anzug, halte ich in der Schule für "overdressed", zumindest für normale Lehrer.
    Also Jeans und Pullover oder Hemd oder T-Shirt, je nach Wetter. Und gut ist.
    Die Kleidung sollte auch etwas zum Typ und der Persönlichkeit passen... also wenn man etwas fülliger ist keine superenge Jeans und bitte bitte nicht bauchfrei ;)
    Ansonsten keine Baggies... das der Arsch in den Kniekehlen hängt geht, denke ich, auch gar nicht.
    Aber ich denke, es darf auch mal unkonventionelll sein und auch etwas flippig, wenn es zu Person passt.


    Grüße
    Steffen

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :_o_P


    8_o_) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

  • Du glaubst ehrlich, die könnten es besser, wollen aber nicht, weil sie sich unterbezahlt fühlen?

    Dazu fällt mir, dem alten Lyrikfreund, eine Geschichte ein :D


    http://www.paperboy.de/maerchenanzeigen-261.html


    Naja mal im Ernst, es gibt immer Leute, die vollen Einsatz bringen auch bei geringem Lohn (Respekt, ich könnte das nicht!), da würde die Lohnsteigerung sicherlich verdient sein, aber die Produktivität nicht erhöhen. Dann gibt es Leute, die auch für mehr Geld nicht mehr Einsatz zeigen werden. Und dann gibt es noch die dritte Gruppe Menschen, wo ich mich verorten würde, die durch mehr Geld durchaus als Anreiz für noch mehr Einsatz sehen.
    Ich denke die Hauptschullehrer verteilen sich, wie alle Menschen in allen Berufen, auf diese drei Gruppen.

    • Offizieller Beitrag

    Du glaubst ehrlich, die könnten es besser, wollen aber nicht, weil sie sich unterbezahlt fühlen?


    Wie motiviert ist man wohl, wenn man als Lehrer 2. Klasse behandet wird?

  • Wie motiviert ist man wohl, wenn man als Lehrer 2. Klasse behandet wird?

    Ich kann nur von meiner Frau sprechen, die Grundschullehrerin ist: sehr. Und von mir, der als RS-Lehrer zwar gegenüber dem HS-Lehrer besser gestellt, gegenüber dem GYM-Lehrer aber wieder schlechter gestellt ist: auch sehr.


    Ganz ehrlich, dieses Argument verfängt bei mir überhaupt nicht. Darüber hätte man sich vorher Gedanken machen sollen. Ich habe vollstes Verständnis, dass die entsprechenden Verbände diese Diskussion immer wieder aufwerfen; wenn sich so eine Grundsätzlichkeit, die vorher klar war, aber nachhaltig auf die Einsatzbereitschaft auswirkt und zwar dahingehend - wie dein erster Beitrag impliziert -, dass Schüler hängengelassen werden, geht das gar nicht.

    • Offizieller Beitrag

    Ich kann nur von meiner Frau sprechen, die Grundschullehrerin ist: sehr. Und von mir, der als RS-Lehrer zwar gegenüber dem HS-Lehrer besser gestellt, gegenüber dem GYM-Lehrer aber wieder schlechter gestellt ist: auch sehr.


    Ganz ehrlich, dieses Argument verfängt bei mir überhaupt nicht. Darüber hätte man sich vorher Gedanken machen sollen. Ich habe vollstes Verständnis, dass die entsprechenden Verbände diese Diskussion immer wieder aufwerfen; wenn sich so eine Grundsätzlichkeit, die vorher klar war, aber nachhaltig auf die Einsatzbereitschaft auswirkt und zwar dahingehend - wie dein erster Beitrag impliziert -, dass Schüler hängengelassen werden, geht das gar nicht.


    Es ist schön, dass Ihr euch auch so langdristig motivieren könnt, ich kenne durchaus auch andere Fälle, wo die Kolleginnen und Kollegen schon dass Gefühl haben, dass sie trotz oft schwierigerer Arbeitsbedingungen auch noch von Politik und Gesellschaft weniger wertgeschätzt werden als die Gymnasiallehrer. Und - und damit will ich in keiner Weise behaupten, dass Lehrerinnen und Lehrer an Grund- und Sek-I-Schulen schlechter wären - ist die höhere Besoldung für viele Studienanfänger sicherlich ein Auswahlkriterium, an die Sekundarstufe II zu gehen, obwohl ihr Interesse vielleicht doch eher in andere Bereiche gehen würde. (Dass in Hessen jetzt den Fachlehrern an beruflichen Schulen ein Aufstieg durch ein Studium verwehrt wird, ist ein anderer Problembereich beim Thema Besoldung, gehört aber nicht hierher).


    Aber dies war ja auch nur ein Beispiel, auch in der materiellen Ausstattung sind ja die Haupt- und Realschulen zumindest in Hessen massiv benachteiligt.

  • Zitat Silicium :

    Zitat

    Aber ich kann da nur mal vergleichen zwischen Mitarbeitersitzungen beim Bosch.

    Geehrter Silicium !
    Die Lehrer sind nun mal kleinlich und einige verbiestern sich in Dinge, die für das Leben absolut unwichtig sind.


    Die Kollegin Danae hat gemeint, dass man unter "beim Bosch" eine einzelne Person statt die Firma Bosch verstehen könnte. Daher müsste es "bei Bosch" lauten. Sonst könnten einige Kollegen, besonders Kunstlehrer, es so verstehen, dass Du den Renaissance-Maler Hieronymus Bosch gemeint haben könntest. 8)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

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