Vorwurf sexueller Belästigung & Erpressung damit

  • Wie ist ein "allgemeiner Bildungsgehalt" definiert? Muss man eher einen Text von Cicero übersetzen oder eine Differentialgleichung lösen können als einen Salto schlagen?


    Es ist eine Frage der Begründbarkeit - die Auseinandersetzung mit einem Cicerotext schult das logische Denkvermögen bei der Übersetzung und erweitert das Verständnis der europäischen Geistesgeschichte und der kulturellen Tradition unserer eigenen Gesellschaft. Das Verständnis einer Differentialgleichung übt das mathematische Denken und damit das Verständnis einer kulturellen Praxis eröffnet, die weite Bereiche der Naturwissenschaften aber auch die Prinzipien hinter weitreichenden allgemeingesellschaftlichen Entscheidungen bestimmt. Für die mündigen Erwachsenen von morgen sind solche Kompetenzen wichtig.


    Einen Salto zu schlagen, ist dagegen, nunja, ein Kunststück, das auch ein dressierter Affe beherrscht. Ist das wirklich unverzichtbar?
    Nele

  • Naja, das sind halt funktionale Erwägungen, die du anführst, die Menschen ausbilden, aber dem Sinn einer allgemeinen Bildung nicht entsprechen; die Frage:" muss das alles gemacht werden?" unterstellt, dass es einen logischen Zusammenhang, wie du es selbst nennst, Begründungszusammenhang, zwischen Inhalt und (Aus)Bildung gibt. Es gibt keine vernünftige Begründung für einen Salto im Unterricht, ebenso wenig für Ciceroübersetzungen - Cicero ist nicht Selbstzweck und ist es doch - vor dem Hintergund eines allgemeinen Bildungsideals. Du kannst den Gedanken weiter denken und den Sportunterricht ganz aus der Schule wegargumentieren - zumindest mit dem Ausbildungsgedanken; da wärst du nicht die Einzige und auch nicht die Erste. Das Gleiche gilt aber auch für andere Fächer.


    Und, sorry, das scheinbare Argument mit dem Affen ist platte Polemik.


    Gegenfrage: Wer braucht als deutscher Schüler eine Shakespeare-Lektüre; weiter gefragt: Reicht nicht, wenn schon Englisch, die Lektüre der SUN? -> Wenn es nicht der Salto ist, warum die Rolle vorwärts? Das Problem verlagert sich nur...


    edit: Der Salto schult das allgemeine Koordinationsvermögen und lässt die SuS an der deutschen Turngeschichte und -kultur aktiv teilhaben. Die Fragen führen ja grundsätzlich weiter: Und wofür braucht man das? ... das ist mit Cicero dasselbe.

  • Einen Salto zu schlagen, ist dagegen, nunja, ein Kunststück, das auch ein dressierter Affe beherrscht. Ist das wirklich unverzichtbar?


    Jeder mag gerne seine Meinung über andere Fächer und deren Inhalten haben. Gerade als Lehrer sollte einem aber klar sein, dass Außenstehende nicht immer beurteilen können wo sinnvolle Zusammenhänge da sind und wie Kompetenzen aufeinander aufbauen, man sollte also professionell genug sein als Laie nicht in den Aufbau fremder Fächer hineinreden zu wollen und Inhalte von denen man selber nichts versteht nicht mit flappsigen Kommentaren herabwürdigen.
    Ich gehe mal davon aus, dass der Bereich Akrobatik, in den ein Salto wohl gehört, nicht aus purer Liebe aller Sportlehrer dazu im Unterricht behandelt wird, sondern dass es da auch Lehrpläne gibt, bei denen sich mal irgendjemand etwas gedacht hat.

  • Ich weiß nicht, ob der Vergleich zwischen Bayern und Deutschland kulturell wirklich sinnvoll ist. ;)

    Nur keine Angst, so ganz ohne Kultur ist der Rest von Deutschland ja nun auch nicht. In NRW habt ihr ja beispielsweise wenigstens den Karneval! ;)

  • Guten Abend !
    Interessanter Thread den die TE geschrieben hat.
    Auch ein mir bekannter Sportkollege des Nachbarschule wurde in ähnlicher Weise von ein paar rotzfrechen und renitenten Gören einer 7. Klasse gemobbt. Und zwar wurde der Kollege von 3 Mädchen der betreffenden Klasse der Spannerei sowie des Photographierens mit dem Handy in der Mädchenumkleide bezichtigt. Kackfrech und dreist gingen diese besagten Schätzchen mit dieser Anschuldigung zum Schulleiter. Die gesamte Klasse sollte das auch bezeugen.


    In den ersten Tagen danach wurde es für den Kollegen äußerst unangenehm. Es lief eine tolle Kampagne. Am dritten Tag gingen ein paar Schülerinnen, die noch das Herz am rechten Fleck besitzen sowie von Haus aus noch so etwas wie Moral und Anstand mitbekommen haben, zum Schulleiter und haben das abscheuliche Mobbing der o.g. 3 Mädchen gemeldet.-Weder der Papst noch der liebe Gott (Schulleiter und Bezirksregierung sowieso nicht) hätten dem Kollegen geholfen, wenn die Klasse sich ebenso mies verhalten hätte.


    Die Realität war, dass der Kollege sich gar nicht in der Nähe der Mädchenumkleide aufgehalten und während des Sportunterrichts auch niemals ein Handy bei sich gehabt hat.
    Da er den verzogenen Mädchen im Sportunterricht ihre verhaltensmäigen Grenzen aufgezeigt hat, haben sie sich halt bei ihm damit rächen wollen.-Soweit sind wir mittlerweile in Deutschlands Schulstuben, pardon, Turnhallen, gekommen !


    Aber, es gibt natürlich gesellschaftliche Ursachen dafür, dass es in Deutschlands Schulstuben schon mal so zugehen kann :


    1. Die jahrzehntelange Indoktrination unserer Gesellschaft durch militante Feministinnen hat dazu beitragen, dass Anschuldigungen wegen sexueller Belästigung
    zum Mobbing-Volkssport erklärt worden sind. Schon das allein das Atmen des Mannes gilt in gewissen Kreisen als sexistisch und verdächtig.


    2. Die RTL-sierung unserer Gesellschaft. Das Niedermachen eines Menschen oder das Betrachten seines Elends wird zunehmend als (spaßige) Unterhaltung wahrgenommen.
    Eine allgemeine Tendenz, die auch bei unseren Schülern jeden Tag wahrnehmbar ist.


    3. Die Schulen/Lehrer sind nicht streng genug und greifen da zu wenig ein und durch. Dass die Kuschelpädagogik mit dazu beigetragen hat, kleine, egoistische Tyrannen
    großwerden zu lassen, steht natürlich außer Diskussion. Es soll ja in den Schulstuben sogar Lehrkräfte geben, die den Kindern Smarties und Gummibärchen verteilen,
    wenn sie mal ausnahmsweise nicht ganze Klassen und Lehrer tyrannisieren. Aber wie reagieren diese Kinder, wenn sie im späteren Leben mal keine Gummibärchen und
    Smarties für (soziale) Selbstverständlichkeiten bekommen ?


    Alles in allem wundert es mich nicht, was die TE hier beschreibt. Es scheint sich da eine doppelplusungute gesellschaftliche Tendenz anzubahnen. Der Kollege in meinem geschilderten Fall hat noch Glück gehabt, weil die Klasse einen anständigen Charakter bewiesen hat, was aber heutzutage nicht mehr selbstverständlich ist.


    Im Endeffekt bedeutet es, dass der Lehrer bei Mobbing-Kampagnen allein auf das Glück angewiesen ist. Wird es ihm nicht zuteil, so kann er sich ganz fest auf eins verlassen, -dass er keinen Rückhalt bekommen wird ! 8)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

    5 Mal editiert, zuletzt von Elternschreck ()

  • Ein Bekannter von mir ist auch Sportlehrer, der wurde wegen scheinbarer unterlassener Hilfeleistung nicht nur bei der SL angeschwärzt, sondern die hat direkt den Anwalt eingeschaltet und das ganze zum Prozess gemacht.


    Es gab eine Anhörung aller Beteiligten, dann natürlich auch anderer Schüler, die bestätigen konnten, dass die Vorwürfe haltlos sind. Folge: Lehrer freigesprochen. Der hat dann seinerseits die Schülerin wegen übler Nachrede verklgt - richtig so! Auch aus den oben geschilderten pädagogischen Gesichtspunkten!


    Elternschreck: dein Emoticon am Ende wundert mich schon sehr ;)

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