Vater Alkoholiker

  • Ich habe eine Schülerin, deren Vater Alkoholiker ist. Eine Mutter ist nicht da - der Vater ist alleinerziehend und bekommt nur bedingt von der Familie Unterstützung. Ich hatte ihn erst einmal kurz zum Gespräch da - er macht durchaus einen bemühten und "guten" Eindruck. Meine (zunächst) Vermutung (ich lag noch nie falsch, komme selbst aus einer Alkoholiker-Familie und habe dafür ein Gespür) wurde durch das Kind bzw. einen Familienangehörigen kurz drauf "bestätigt".
    Ich habe den Vater bald erneut zum Gespräch da - vom Jugendamt kommt jemand mit dazu.
    Da die Tochter große Verhaltensauffälligkeiten zeigt muss ich ihn auch mit seiner Sucht konfrontieren. Ich werde zunächst alleine mit ihm sprechen, weiß aber nicht recht, wie ich die Sache "angehen" soll.


    Dabei sind die Optionen gut. Er bekommt alle Hilfe vom Jugendamt, wenn er kooperiert…..


    Wie würdet ihr so etwas angehen? Ich finde das so schwierig. Ich will ihm auch klar machen, dass es nicht meine Aufgabe ist, ihn zu maßregeln. Aber das Kind steht im Mittelpunkt. Und, was dazu kommt: Das Kind ist demnächst "weg", wenn er nichts unternimmt.


    Habt ihr Ideen? Wie steige ich ins Gespräch ein??


    Danke schon mal
    Panama

    "Du musst nur die Laufrichtung ändern..." sagte die Katze zur Maus, und fraß sie.

  • Wieso ist das Kind bald "weg" wenn er einen bemühten und "guten" Eindruck macht?


    Solange das Kind nicht verwahrlost oder Gewalt ausgesetzt ist, kann auch ein kranker Mensch (Alkoholismus ist eine Krankheit) sein Kind behalten. Man würde dem Kind mehr schaden als nutzen, würde man es aus der Familie nehmen würde.


    Ich glaube nicht, dass das Gespräch viel bringen wird, wenn es in die Richtung gehen sollte "Herr X, sie sind Alkoholiker u. müssen das ändern". Alkoholiker sind sehr resistent gegen derartige Vorbringungen und beginnen ihr Leben erst zu ändern, wie andere Drogensüchtige auch, wenn sie ganz unten angekommen sind (oder nie).


    Es ist ein schwieriges Thema.

  • Das ist meines Erachtens nicht nur Sache des Jugendamtes. Das Kind macht keine oder wenige Lernfortschritte. Dies hängt zum größten Teil mit den Verhältnissen zusammen. Auch das Sozialverhalten ist gestört.
    Es ist ebenso meine Aufgabe zu versuchen die Familie so zu unterstützen, dass dem Kind damit geholfen ist. Das ist meine Meinung, war aber nicht meine Eingangsfrage…...

    "Du musst nur die Laufrichtung ändern..." sagte die Katze zur Maus, und fraß sie.

  • Ich würde gar nicht auf die Alkoholkrankheit des Vaters eingehen, sondern die Begleitumstände (Verhalten und Lernproblematik) der Tochter deutlich thematisieren.


    Du könntest ihn fragen, wo er selbst Ursachen dafür sieht. Wenn er dann auf sein Alkoholproblem zu sprechen kommt, kannst du auch auf dieses Thema eingehen. Allein, was würdest du bewirken? Ich denke, du könntest nur deine Hilfe bei der Unterstützung seiner Tochter anbieten. Damit sind aber m.E. deine Möglichkeiten erschöpft.


    Die Angebote/Möglichkeiten des Jugendamtes könnte nach deinen einleitenden Worten der Mitarbeiter des Amtes darlegen.

  • Hi Panama,


    das ist nie eine leichte Situation. Wir haben damals das Jugendamt und die Polizei benachrichtigt. (Jugendamt wegen Vernachlässigung / Polizei, weil er jeden Morgen mit dem Auto kam). Wir haben ihn jedoch nie auf seinen Alkoholkonsum angesprochen, sondern immer nur die Situation des Kindes besprochen. Auch unsere Sozialarbeiter waren mit einbezogen. Sobald es häusliche Probleme gab, habe ich den Eltern einen Termin mit dem Sozialarbeiter gemacht. So ist der ganze Brocken arbeit aufgeteilt: Du kümmerst dich um die Bildung. Das Jugendamt kümmert sich um das Häusliche. Der Sozialarbeiter ist der Part, der zwichen Schule und Jugendamt vermittel. So lief es immer super und die ganze Last liegt nicht auf deinen Schultern.


    Übrigens werden solche Eltern ihre Kinder nicht los. Ich hab da schon so viel mitbekommen, selbst schon Anträge auf Kindswohlgefährung gestellt. Die Kinder kommen, wenn überhaupt, in eine Tagesgruppe und werden abends von den Eltern wieder abgeholt. Dafür müssen aber schon sehr schlimme Verhältnisse bestehen.


    Wünsche dir viel Erfolg in deinem Fall!

  • Da die Tochter große Verhaltensauffälligkeiten zeigt muss ich ihn auch mit seiner Sucht konfrontieren.

    Musst du nicht, da das deine Vermutung zur Ursache der Probleme des Mädchens sind. Da du selbst betroffen bist, weißt du in etwa, was das Kind durchmacht, trotzdem (oder gerade deswegen) hast du deine Sicht der Dinge und das ist für eine Beratung zweitrangig. Außerdem: würdest du einen anderen Vater mit seiner vermuteten Schizophrenie/ Angststörung/ Depression etc. konfrontieren?

    Habt ihr Ideen? Wie steige ich ins Gespräch ein??

    Mit Stärken des Mädchens, ihren Erfolgen und was du an ihr magst.


    Danach deine Sorgen bzgl. der massiven Auffälligkeiten und Lernprobleme in Hinblick darauf, dass du ganz klar siehst, dass es dem Kind nicht gut geht und sein schulischer Werdegang gefährdet ist.


    Frage, wie der Vater das sieht. Nachfragen, wie es ihm damit geht.


    Gemeinsame Lösungssuche. Was wünscht sich der Vater? Klar muss bleiben: es muss sich etwas ändern. ("...Sie finden, dass Sie nichts daran ändern können, wenn ihre Tochter hier dies und jenes macht, trotzdem wissen wir beide, dass sie so keine Freunde findet/ das Klassenziel nicht erreicht/ bla. Und deswegen brauchen Sie Unterstützung. Wer könnte mit dem Kind Hausaufgaben machen/ zum Therapeuten gehen/...?" "ja, ich habe verstanden, dass Sie ... aber wie gehts jetzt weiter? denn wie ausgeführt, können wir nicht zuschauen, wie ihre Tochter..." "die Schule kann im Rahmen der Förderstunden... trotzdem sind Verhalten und Leistung deutlich unter dem, was die anderen Kinder..."


    Der Sozialarbeiter kennt Möglichkeiten der Unterstützung ist aber angehalten, keine zu empfehlen, weil das teuer ist, das Jugendamt überlastet und außerdem keine Unterstützung aufgenötigt wird, solange die Familie nicht will. Erst bei vermuteter Kindeswohlgefährdung kann das Gericht Entscheidungen treffen und die wird nur im Extremfall bei klar definierten Anzeichen angenommen.


    Wenn dir Möglichkeiten sinnvoll erscheinen, die benannt werden (Einzelfallbegleiter, Familienhilfe, aufsuchende Familientherapie, Tagesgruppe etc.), dann könntest du versuchen, den Vater zu überzeugen, warum ihm eine Maßnahme nützen könnte und beharrlich "dranzubleiben", dass sich das Jugendamt kümmert. (Immer wieder beim Vater nachfragen, ob er einen Termin ausgemacht/ wahrgenommen hat/ Vorfälle schriftlich ans Jugendamt weiterleiten etc.)


    So meine persönliche Einschätzung aus der Ferne...

  • ich wollte nur kurz berichten:
    Das Gespräch war sehr gut. ich habe den Papa direkt angesprochen und er sieht sein Problem. Alles Weitere wäre hier zu ausschweifend. Aber in diesem Fall bin ich froh, dass ich das so geregelt habe.
    Jetzt hoffe ich nur, dass sich etwas tut und habe die Gesprächstermine sehr engmaschig vorgesehen :)


    LG Panama

    "Du musst nur die Laufrichtung ändern..." sagte die Katze zur Maus, und fraß sie.

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