Abbruch von Klassendiskussionen

  • Salut!


    Meine 5er haben oft in der Klassenlehrerstunde großen Diskussionsbedarf. Aus dem Kummerkasten werden zunächst alle Probleme der Woche gesammelt und dann nacheinander nach Wichtigkeit sortiert besprochen (manches wurde bis dahin schon untereinander geklärt). Dabei möchten natürlich viele zu jedem Problem etwas sagen und dann entstehen aus den Beiträgen der Schüler neue Argumente und Probleme, die dann immer weitere nach sich ziehen. Wir haben eine Rednerliste, die auch gut eingehalten wird, die aber immer länger wird, je mehr wir über ein Problem sprechen. Dadurch schaffen wir es nicht, alle Kummerkasteninhalte zu besprechen, und ich habe den Eindruck, dass wir viele Probleme nur zerreden statt Lösungen zu finden, weil jeder auf seine Meinung pocht. Ich habe mehrere Ansätze probiert: Zeitvorgaben (klappte nicht, weil es noch gaaaanz wichtige Argumente gab), ab einem bestimmten Punkt nur noch diejenigen drannehmen, die sich bis jetzt gemeldet haben (daraufhin meldeten sich schon im Voraus mehrere Schüler ganz schnell, auch weil sie genau zum allerletzten Beitrag etwas sagen wollten oder sich verteidigen wollten), jetzt noch drei, egal wie viele sich melden (dann waren diejenigen unzufrieden,die sich schon länger gemeldet hatten und nicht mehr drankamen), alle weiteren Argumente aufschreiben (darunter könnten aber auch ein paar sein, die für die Lösung entscheidend sind).


    Wie geht ihr mit solchen Diskussionen um, die kein Ende zu nehmen scheinen? Wie strikt haltet Zeitvorgaben und Beschränkung der Rednerliste ein? Oder vielleicht besprecht ihr gar nicht alle Probleme in der Klassenlehrerstunde, sondern nutzt auch andere Möglichkeiten? Über eure Herangehensweisen und Tipps würde ich mich sehr freuen!


    À+

  • Einen Zusatztermin nach der letzten Unterrichtsstunde anbieten. Wenn es wirklich etwas Wichtiges ist, dann kommen die Schüler auch. Ansonsten war es nicht so dramatisch.

  • Fünftklässler musst Du (!) führen anstatt mit ihnen herumzudiskutieren !


    Zitat Avantasia :

    Zitat

    Dabei möchten natürlich viele zu jedem Problem etwas sagen und dann entstehen aus den Beiträgen der Schüler neue Argumente und Probleme, die dann immer weitere nach sich ziehen

    Und was hast Du anderes erwartet ? 8_o_)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • Einen Zusatztermin nach der letzten Unterrichtsstunde anbieten. Wenn es wirklich etwas Wichtiges ist, dann kommen die Schüler auch. Ansonsten war es nicht so dramatisch.


    Das Verzögern nutze ich auch. Vieles ist nach einer Woche eh geklärt oder nicht so wichtig. Danke!


    Fünftklässler musst Du (!) führen anstatt mit ihnen herumzudiskutieren !


    Ich diskutiere nicht MIT ihnen. Nur wenn im Kummerkasten steht, "Schüler x/ Lehrer y hat schon wieder...", dann lasse ich mir erstmal berichten, was genau da nun eigentlich passiert ist, damit ich weiß, was überhaupt das konkrete Problem ist. Und dann fällt dem einen noch was ein, dem nächsten dann noch was anderes. DAS zu lösen ist hier mein Anliegen.
    Hast du eine Klasse? Wie läuft bei dir die Klassenlehrerstunde ab? Viellecht kann ich mir von deinem Führen etwas abgucken.


    À+

  • Wir führen in der Klassenleiterstunde den Klassenrat durch.


    Der Vorstand des Klassenrates mit seinem Gremium liest in der vorherigen Pause die Briefe und legt fest, welche Briefe wirklich wichtig sind. In der Ratsstunde wird dann vorgelesen und der Vorstand entscheidet, wie lange ein Thema diskutiert werden darf. Irgendwann entscheidet er, dass nun nur noch 3 Lösungsvorschläge genannt werden dürfen, über die im Anschluss direkt abgestimmt werden muss. Es gibt einen Protokollanten, der alle Entscheidungen und Konsequenzen festhält. Wenn z.B. bereits in vergangenen Sitzungen ein Schüler fremdes Eigentum ungefragt entwendet hat und das nun kaputt ist, kann auf frühere Konsequenzen verwiesen werden und der Sachverhalt ist ganz schnell geklärt. Oder es wurden auch bereits Regeln für ausufernde Pausenspiele festgelegt. Falls mal wieder alles drunter und drüber läuft, können die Kids im Protokoll nachschlagen. Außerdem gibt es einen Ruhewächter und einen Zeitwächter.
    Die Kids organisieren sich inzwischen ziemlich gut. Einmal im Monat wird neu gewählt und alle Ämter neu vergeben. Dadurch kommt jeder in den Genuss eines Amtes.

  • Wäre mir alles viel zu kompliziert, wie Du das so machst, geehrte Jazzy82 !


    An unserer Schule gibt es auch so einige (junge) Kolleginnen, die das so ähnlich handhaben, aber mit sehr geringer Effizienz. Es sind eben halt noch Kinder, die auf klare Entscheidungen von Erwachsenen warten.


    Zitat Avantasia :

    Zitat

    Hast du eine Klasse?

    Ja, seit etlichen Jahrzehnten immer von Klasse 5-7.

    Zitat

    Wie läuft bei dir die Klassenlehrerstunde ab?

    Der Schulpolitik Frau Löhrmanns sei Dank existiert bei uns keine extra Klassenlehrerstunde ! Wenn etwas nicht rund läuft, knappse ich ein wenig Fachunterricht ab, aber ohne großen Zeitaufwand.

    Zitat

    Viellecht kann ich mir von deinem Führen etwas abgucken.

    Naja, zu gucken gibts da nicht viel, da ich nicht zu übermäßig großen theatralischen Gesten und Redeschwall neige, wenn ich meiner Klasse die Anordnungen zur Verbesserung
    mitteile.


    Es ist so, dass ich als Klassenlehrer, dank der Kommunikation kurzer Wege mit den betreffenden Fachkollegen sowie durch eigene intensive Beobachtungen verschiedene Probleme schon dann sondiert habe, wenn sich die Klasse selbst darüber noch nicht einmal bewusst ist.


    Nach dem Prinzip "Big Brother is watching You!" berichte ich zu gegebener Zeit über Verfehlungen, die wir Lehrer beobachtet haben und setze Zielvereinbarungen, bzw. Maßnahmen fest. In Einzelfällen bin ich dann lieber hinter den Kulissen tätig, in dem ich mit Eltern kommuniziere oder die Schulsozialarbeit einschalte, wenn es z.B. disharmonische Störungen zwischen einzelnen Gruppen gibt.-Ich bin Fachlehrer und kein Sozialarbeiter oder Psychologe !


    Nach meinen Erfahrungen sind Diskussionen, besonders in dieser Altersgruppe nicht zielführend, da Schüler in solchen Situationen geneigt sind, lediglich ihre Egoismen auf Kosten der Gemeinschaft abzuspulen. Und genau diesen Egoismen gebe ich erstmal keinen Raum und vor allen Dingen keine Zeit (Wir haben ja sowieso keine Klassenlehrerstunde). Der Lehrer setzt die Maßstäbe, ordnet an und gut ist !


    Wer es als Klassenlehrer 5 basisdemokratischer handhaben möchte, soll es tun ! Ich sehe allerdings nicht, dass es bei den Klassen, bei denen es von ihrer Klassenlehrerin basischdemokratisch gehandhabt wird, um einen Deut besser läuft, weder hinsichtlich Klassengemeinschaft noch hinsichtlich Benehmen und Leistungsorientierung. Meistens sind diese basisdemokratische Klassen sehr unruhig und wuselig.-Ist das wirklich so toll ?

    Zitat

    Nur wenn im Kummerkasten steht, "Schüler x/ Lehrer y hat schon wieder...", dann lasse ich mir erstmal berichten, was genau da nun eigentlich passiert ist, damit ich weiß, was überhaupt das konkrete Problem ist. Und dann fällt dem einen noch was ein, dem nächsten dann noch was anderes. DAS zu lösen ist hier mein Anliegen.

    Und Du bist sicher, dass Dich die Schüler hier nicht per Kummerkasten instrumentalisieren ? Und Du würdest Dich ernsthaft bei Lehrer y einmischen, wenn Deine Klasse ihn nicht mag ? 8_o_)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • ...oder die Schulsozialarbeit einschalte,...


    Ich gebe dir in allem Recht, nur in dem Punkt habe ich eine Frage. Denn mit dieser Spezies im Schulbetrieb habe ich bisher nur schlechte Erfahrungen gemacht. Da läuft genau das ab:


    Zitat

    da Schüler in solchen Situationen geneigt sind, lediglich ihre Egoismen auf Kosten der Gemeinschaft abzuspulen. Und genau diesen Egoismen gebe ich erstmal keinen Raum und vor allen Dingen keine Zeit


    .

  • Müsst ihr in den Klassenlehrerstunden Klassenrat halten oder ist das dein eigener Wunsch?


    Ich halte es inzwischen ähnlich wie Elternschreck - entweder, ich ordne einfach etwas an, wenn die Sachlage klar ist (xy hat xz getan - das soll er lassen) oder die Betroffenen können außerhalb des Unterrichts mit mir reden. Wenn´s was Größeres ist, soll das die Schulsozialarbeit erledigen. Die Unterrichtszeit ist mir zu schade für endlose Diskussionen. Den Gedanken dahinter verstehe ich durchaus - nur hat sich das bei mir in der Praxis nicht bewährt und ich fahre so wesentlich besser.

  • Und ich habe immer mehr die Erfahrung gemacht, dass man damit besser fährt, einzelne problematische Schüler individuell herauszugreifen und mit ihnen unter 4/6 Augen zu sprechen, anstatt sie dem "Klassen-Tribunal" auszusetzen. Stimmungen kochen sich im Kollektiv meistens (unnötig) hoch und sind meistens wenig zielführend bei der Problemlösung. Und die Probleme Einzelner gehen auch der Klasse meistens nicht wirklich was an.


    Zitat MarlenH :

    Zitat

    Denn mit dieser Spezies im Schulbetrieb habe ich bisher nur schlechte Erfahrungen gemacht.

    Puh, da muss ich erstmal tief Luft holen, weil Du gar nicht so Unrecht hast, geehrte MarlenH !


    Auch an unserer Schule gab es Zeiten, in denen es anstrengender war, die Schulsozialarbeiterinnen richtig einzunorden als sich persönlich mit den Schülern auseinanderzusetzen. In der Anfangshase haben sie sich als absolute Anwältinnen der Schüler gegenüber den Kollegen kontraproduktiv verhalten. Dann gab es auch eine Generation von Schulsozialarbeiterinnen, die einfach nur faul war. Jetzt geht es einigermaßen. 8_o_)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • Liebe Kollegen,


    bleibt doch bitte beim Thema. Es geht hier nicht um die Sinnhaftigkeit der Klassenleiterstunde, sondern darum, ausufernde Diskussionen zu stoppen bzw. sie erst gar nicht ausufern zu lassen.


    LG und in der Hoffnung, dass vielleicht noch ein paar Tipps kommen ;)

  • Liebe Kollegen,


    bleibt doch bitte beim Thema. Es geht hier nicht um die Sinnhaftigkeit der Klassenleiterstunde, sondern darum, ausufernde Diskussionen zu stoppen bzw. sie erst gar nicht ausufern zu lassen.


    Eben. Wir haben nun mal die Klassenlehrerstunde, damit kein Unterricht für Klassengeschäfte ausfällt. Und also will ich sie dafür auch nutzen, statt in den Pausen (zusätzlich) alle Gespräche zu führen. (Ein paar fallen ja trotzdem an.)


    Vielen Dank, *Jazzy*, für deinen Einblick in den Klassenrat. Ich hatte das auch schon mal begonnen und eigentlich damit gute Erfahrung gemacht. Wie sehr bereitet sich der Vorstand auf den Klassenrat vor?


    À+



  • Danke für die Information.

  • Zitat

    Vielen Dank, *Jazzy*, für deinen Einblick in den Klassenrat. Ich hatte das auch schon mal begonnen und eigentlich damit gute Erfahrung gemacht. Wie sehr bereitet sich der Vorstand auf den Klassenrat vor?


    À+



    Avantasia:




    Warum hat es dann nicht geholfen?

  • Eben. Wir haben nun mal die Klassenlehrerstunde, damit kein Unterricht für Klassengeschäfte ausfällt. Und also will ich sie dafür auch nutzen, statt in den Pausen (zusätzlich) alle Gespräche zu führen. (Ein paar fallen ja trotzdem an.)


    Vielen Dank, *Jazzy*, für deinen Einblick in den Klassenrat. Ich hatte das auch schon mal begonnen und eigentlich damit gute Erfahrung gemacht. Wie sehr bereitet sich der Vorstand auf den Klassenrat vor?


    À+

    Ich gebe den Kindern eine 20 minütige Pause zur Vorbereitung. Da können sie dann die Briefe auswählen, festlegen, wer welchen Brief vorliest und einen Stuhlkreis bilden.


    Obwohl man offiziell als gleichwertiges Mitglied gilt, mische ich natürlich trotzdem immer wieder mit und merke, dass meine Meinung sehr viel wiegt. Teilweise verrennen sich die Kinder in ihren "Bestrafungen", sind schlimmer als der strengste Lehrer. Ein kleiner Schubs in die richtige Richtung und es läuft wieder.


    Anfangs läuft es übrigens noch nicht so rund. Es dauert bestimmt 4-6 Sitzungen, bis für alle Kids der Ablauf klar ist. Was ich übrigens auch ganz wichtig finde: Die Kids immer wieder dazu anregen, schöne Dingen in den Briefkasten zu schreiben. XY hat mir diese Woche etwas erklärt/ Wir haben in der Pause ohne Streit gespielt/ Der Ausflug hat mir gut gefallen/ Das Thema fand ich total spannend...

  • Wenn ich diesen ganzen merkwürdigen Klassenratszirkus und wenig kindegerechten Pseudodemokratiegesimmse hier so lese, bin ich Frau Löhrmann dankbar, dass sie uns keine Klassenleiterstunde zur Verfügung stellt ! 8_o_)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • Hallo,


    hier noch ein paar Anregungen:


    - Kläre mal für dich das Ziel, das du mit diesem Kasten verfolgst. Wozu soll der überhaupt gut sein? Wenn du den Kasten dann immer noch sinnvoll findest, würde ich an deiner Stelle auf folgendes achten:
    - Auf gar keinen Fall Extrastunden nach Schulschluss anbieten: Du schießt dir belastungstechnisch ins eigene Knie und wirst dadurch im Kollegium (zurecht) unbeliebt, da du dieses implizit auch unter Druck setzt, ebenfalls Extrastunden anzubieten.
    - Nenn die Kiste auf gar keinen Fall "Kummerkasten"! Da wird man ja depressiv von. Lieber "Klassenbriefkasten 5a" oder so.
    - Stelle Regeln auf, was in den Kasten darf und was nicht (erlaubt: gegenseitiges Lob, Probleme, die DIE GANZE KLASSE angehen, Vorschläge für gemeinsame Aktivitäten usw.; nicht erlaubt: Petzen, Pillepalle, Witze, Müll, Genörgel über andere Lehrer, mit denen man als Schüler/Klassensprecher auch direkt sprechen könnte).
    - Sortiere die Themen/Briefe mit den Klassensprechern vor. Und zwar ganz strikt und für die Klassensprecher transparent nach den vorher gemeinsam mit/vor der Klasse festgelegten Regeln. Alles, was nicht den Regeln entspricht, wird aussortiert und - sofern Absender vorhanden - zurückdeligiert oder unter 4/6 Augen geklärt. Ich würde NIEMALS Themen in der Klasse auf den Tisch bringen, auf die ich nicht vorbereitet bin, wer weiß, was da für Bomben hochgehen. Ich denke auch, dass man eine 5. Klasse hier führen muss, es artet sonst total aus und am Ende sieht man nur noch Probleme, wo keine sind.


    Gruß
    Nastavnik

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