Einheitslehrer, Einheitsbesoldung

  • Ich bin gerade über die Diskussion bzw. Gesetzesänderung in Schleswig-Holstein zum Thema Einheitsschule/Einheitsbesoldung gestoßen und war verblüfft. Es ist die Rede davon, A-14 Stellen an Gymnasien herabzustufen, um dieses Modell der einheitlichen Besoldung zu finanzieren:

    Zitat

    Das Angleichen der Gehälter kostet Geld. Einen Teil davon will die Koalition offenbar dadurch zusammenbekommen, dass sie das Gehalt einiger Gymnasiallehrer kürzen. Laut CDU belegen Aktenauszüge der Landesregierung, dass mögliche Beförderungen bei Gymnasiallehrern auf A 14 künftig teilweise wegfallen sollen. Auch Herabstufungen seien geplant.

    Quelle: http://www.ndr.de/nachrichten/…er,einheitslehrer100.html


    Ist das denn beamtenrechtich zulässig, eine einmal vorgenommene Beförderung einfach wieder rückgängig zu machen und Herabstufungen vorzunehmen? Vielleicht kann mich jemand aus dem hohen Norden (natürlich auch von überall sonst) ja mal aufklären, was dort so los ist.

    • Offizieller Beitrag

    Meines Wissens können nur Disziplinarmaßnahmen (Nichterfüllung) zur Zurückstufung führen, und man kann es selbst beantragen, wenn man zB. der Aufgabe nicht gewachsen ist, "Rückernennung" heißt das dann.


    Das Beamtenstatusgsetz sagt:

    Zitat

    (1) Beamtinnen und Beamten, die nach § 16 in den Dienst einer anderen Körperschaft kraft Gesetzes übertreten oder übernommen werden, soll ein gleich zu bewertendes Amt übertragen werden, das ihrem bisherigen Amt nach Bedeutung und Inhalt ohne Rücksicht auf Dienststellung und Dienstalter entspricht. Wenn eine dem bisherigen Amt entsprechende Verwendung nicht möglich ist, kann ihnen auch ein anderes Amt mit geringerem Grundgehalt übertragen werden. Das Grundgehalt muss mindestens dem des Amtes entsprechen, das die Beamtinnen und Beamten vor dem bisherigen Amt innehatten. In diesem Fall dürfen sie neben der neuen Amtsbezeichnung die des früheren Amtes mit dem Zusatz "außer Dienst" („a. D.") führen.

    Ich wüsste nicht, welches "andere Amt" mit niedrigerem Grundgehalt einem Gymnasiallehrer im Gymnasium mit gymnasialer Lehrbefähigung übertragen werden kann.


    Andere Rechtsquellen, die eine solche Kürzung zuließen, kenne ich nicht. Die Besoldungsgruppen sind festen Gehältern zugewiesen, um Gehälter zu kürzen, müsste man diese Besodungsgruppen gesetzlich ändern. Individuell ist das nicht machbar.


    Dass man aufgrund politischer Ideen Menschen rückwirkend das Gehalt kürzen könnte, wäre mir überhaupt neu. Hat jemand den Feudalstaat wieder eingeführt und ich hab's nicht mitgekriegt?

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

  • Sorry Meike, diese Rechtsvorschrift ist doch überhaupt nicht relevant, da sie schon im ersten Satz sagt, dass es um Beamte geht, die "in den Dienst einer anderen Körperschaft kraft Gesetzes übertreten oder übernommen werden". Ich glaube kaum, dass sich S-H selbst abschaffen will (obwohl sie dank der HSH-Nordbank so gut wie pleite sind...). Denkbar wäre aber eine Fusion mit Hamburg, dann wird ein derartiger Paragraf vielleicht relevant.


    Das Problem wird allerdings dann virulent, falls eine "Laufbahngruppe Bildung" mit eigener Besoldungsstruktur (also unabhängig von den sonstigen Beamten) auf Länderebene beschlossen wird. Dann ist alles möglich. Man wird zwar die Nominalbesoldungen der Lehrer nicht direkt kürzen können, kann aber die Besoldungserhöhungen solange aussetzen, bis sie an die neue Besoldungsstruktur "von oben" angepasst werden. Und das kann abhängig innerhalb weniger Jahre erfolgen. Da droht die wirklich Gefahr.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Für mich ergeben die von Ulknudel zitierten "Herabstufungen" nur dann Sinn, wenn man sie nicht auf Individuen, die bereits eine bestimmte Besoldungsgruppe innehaben, sondern auf die Einstufung von (Funktions)stellen bezieht. Könnte z.B. heißen: künftige Stufenleiter an einer Gesamtschule werden dann eben nur noch nach A 14 anstatt A 15 (in Hessen bereits praktiziert!) oder für andere Stellen mit koordinierendem Charakter eben nach A 13 (+Zul.) anstatt A 14 bezahlt. Den Schulen könnte man ja ein Stundenkontigent zuweisen (aus dem natürlich "alles andere" auch bestritten werden muss) und es ihnen anheimstellen, diese Personengruppe prinzipiell durch diese Stunden zu entlasten zu können (oder auch nicht... :teufel: ). Herabstufungen von Individuen sind beamtenrechtlich nicht zulässig. Anpassungen der Besoldungsstruktur "von oben" funktionieren auch nicht so einfach: Negative Erfahrungen mit dem geplanten Aussetzen von Besoldungserhöhungen für bestimmte Besoldungsgruppen hat NRW ja gerade gemacht :teufel: .

    Was man zu verstehen gelernt hat, fürchtet man nicht mehr. Marie Curie

  • Vielen Dank für eure Einschätzungen, die im Wesentlichen meinen Gedanken entsprachen, als ich über die erwähnten Pressemitteilungen stieß. Diese Erklärungen ergeben für mich auch Sinn. Nur ist eben ganz deutlich die Rede davon, dass man bereits vorhandene Stellen zugunsten anderer Schulformen rückgängig machen möchte. Da kamen mir auch eher unschöne obrigkeitsstaatliche Willkürszenarien in den Sinn, die sich im hohen Norden anscheinend abspielen. Unabhängig davon, dass ich inhaltlich rein gar nichts gegen eine Gehaltsanhebung für Grundschullehrer hätte, finde ich das Anliegen, dafür willkürliche Herabstufungen vorzunehmen schon irre. Als damals die W-Professuren eingeführt wurden, hat man ja auch nicht einfach die vorhandenen C-Professuren herabgestuft. Entsprechend frage ich mich, ob das überhaupt rechtens ist, was man in SH plant. Mich hätte daher mal interessiert, was die Kollegen aus SH zu sagen haben, denn an deren Schulen muss das ja eigentlich heiß diskutiert werden. Aber die Pressemitteilungen der nächsten Monate werden bestimmt ohnehin Aufschluss geben...

  • Vielen Dank für eure Einschätzungen, die im Wesentlichen meinen Gedanken entsprachen, als ich über die erwähnten Pressemitteilungen stieß.

    Jetzt bin ich aber neugierig auf den Wortlaut dieser Pressemeldungen. Wer hat sie denn herausgegeben? Weder beim Ministerium noch bei den Regierungsfraktionen in Schleswig-Holstein bin ich fündig geworden. Wenn du einen Link hättest, wäre ich dir dankbar.

    Was man zu verstehen gelernt hat, fürchtet man nicht mehr. Marie Curie

    • Offizieller Beitrag

    Sorry Meike, diese Rechtsvorschrift ist doch überhaupt nicht relevant, da sie schon im ersten Satz sagt, dass es um Beamte geht, die "in den Dienst einer anderen Körperschaft kraft Gesetzes übertreten oder übernommen werden".


    Äh... hast du meinen Beitrag eigentlich gelesen?


    Das Beamtenstatusgesetz regelt den Status des Beamten, darin auch den Bestandsschutz der Besoldungsgruppenzugehörigkeit. Und da eine möglich Rückstufung des Gehalts darin NICHT erwähnt wird, außer in dem von mir zitierten Abschnitt, der sich eben NICHT auf Lehrer übertragen lässt (!wie ich ja schon erwähnte), lässt sich daraus schlussfolgern, dass es dazu keine Rechtsgrundlage gibt, i.e. diese erst geschaffen werden müsste.


    Rückwirkend kann man einer Beamtengruppe im Schuldienst das Gehalt nicht kürzen, man könnte höchstens ein Gesetzesgrundlage schaffen, die bei künftigen Einstellungen und / oder Beförderungen ein anderes Besoldungssystem vorsieht, das dürfte aber schwierig werden, da Einzelaktionen von einem Bundesland da wohl zu einer Landesflucht mit anschließendem Lehrermangel führen würden und das wissen die Politiker auch ganz genau.

  • @ Maria Leticia:
    War ferientechnisch ein paar Tage abwesend, daher melde ich mich erst jetzt zurück: Die Artikel kann ich dir auch nicht mehr sagen. Ich war ja auch eher zufällig darauf gestoßen (komme selbst aus Südhessen) und hatte dann mal weiter gesucht. Die Artikel kamen nicht von Regierungsseite, aber es gab einige Stellungnahmen der Opposition. Irgendwie war ein E-Mail-Verkehr der Regierung (Kultusministerin, Ministerpräsident...) an die Öffentlichkeit gekommen, der eine Rechnung enthielt, wie die A14-Stellen gestrichen und dafür andere Lehrer höher besoldet werden sollen. Da war die Rede von 1000 Stellen oder so und diese 1000 A14-Stellen können doch kaum durch Lehrer zustandekommen, die in Ruhestand gehen und deren A14 dann nicht neu ausgeschrieben wird. Das scheint mir doch zu hoch als Zahl. Die Regierung selbst hat auf Anfragen dahingehend geantwortet, dass noch nichts entschieden sei und das auch andere Möglichkeiten in Erwägung gezogen würden. Sie hat aber diese Überlegung auch nicht abgestritten. Das hat mich halt sehr überrascht, da ich sie von vornherein als rechtlich sehr problematisch ansah und davon ausging, dass man sich an so etwas erst gar nicht ran wagt. Mehr weiß ich auch nicht mehr.

  • Zitat

    In Schleswig-Holstein ist zwischen Landesregierung und der GEW ein Streit über die Bezahlung der Lehrkräfte entbrannt. Das Bildungsministerium des Landes plant, künftig alle LehrerInnen in die Besoldungsgruppe A13 einzugruppieren. Finanziert werden soll dies durch Streichung zumindest eines Teils der A14-Stellen an Gymnasien und Beruflichen Schulen. Damit hätten weniger Lehrkräfte eine Chance zum Oberstudienrat befördert zu werden. „Eine einheitliche Besoldung aller Lehrerinnen und Lehrer mindestens nach der Besoldungsgruppe A13 wäre ein gewaltiger Fortschritt. Damit wäre eine jahrzehntelange GEW-Forderung umgesetzt.

    http://www.beamten-information…m_1407_schleswig_holstein


    Also: Geplant ist, alle Lehrkräfte nach A13 zu besolden, als Ausgleich fallen die Beförderungsstellen an den Gymnasien und den Beruflichen Schulen weg.


    Also ein "Sonderopfer" der Gymnasialehrkräfte und Lehrkräfte an Beruflichen Schulen zur Finanzierung der Einheitsbesoldung.


    Erinnert an das Sonderopfer der Gymnasiallehrkräfte in Niedersachsen (Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung) zur Gegenfinanzierung der Ganztagsschulen...


    Viel Spaß noch in S-H mit Rot-Grün (und der GEW). Die ziehen das durch. Siehe Niedersachsen.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Naja, um uns Nawi-Leute auf Angebot und Nachfragebasis über das Gehalt einzustellen, reicht aber zumindest in meinen Fächern A14 bei weitem nicht aus. Von daher ist diese Argumentation eh idiotisch. Zumal wenn man sich dann noch anschauen würde, was eine Übertragung in die Massenfächer eigentlich heißen müßte. Das will sicher keiner.


    Grundsätzlich finde ich übrigens schon, dass die Arbeit der Grundschulkollegen nicht angemessen bezahlt wird, dass es komisch ist, dass S1-Unterricht nicht über alle Schulformen gleich bezahlt wird und dass es Aufstiegsposten gibt, die ziemlich nach Alibi-Aufgabe aussehen, aber natürlich auch andere deren höhere Besoldung einleuchtet.
    Das Problem ist nur, dass unsere Politiker das nicht gerechter machen wollen, sondern es immer nur rein ums Geldsparen geht.

  • Ulknudel
    vielen Dank für die Aufklärung (die Art, wie die Sache an die Öffentlichkeit kam sowie die Reaktion der Opposition halte ich für einen völlig normalen Vorgang), ich hatte verstanden, dass es um eine offizielle Verlautbarung ginge. Ob die 1000 A14 Stellen eine realistische Schätzgröße sind, ist von außen schwierig zu sagen. Man könnte da rein theoretisch noch alles mögliche andere verschieben und reinrechnen.


    Beim von Mikael verlinkten Artikel habe ich zunächst nicht verstanden, warum darüber geschrieben wird, dass zwischen Landesregierung und GEW ein Streit entbrannt sei, denn beide sind sich ja einig und wollen eine Angleichung der Besoldung, die ja nun geplant ist. Erst in den letzten Absätzen wird klar, dass die GEW neben der Angleichung der Besoldung zusätzlich für den Erhalt der Beförderungsstellen eintritt, d.h. das Land insgesamt mehr Geld für die Besoldung der Lehrkräfte bezahlen und damit der Haushalt des Kultusressorts mit mehr Geld versehen werden müsste. Wer glaubt, dass Finanzminister dafür Geld rausrücken (in den Kultusetat einstellen), den halte ich - bei allem Respekt - für sehr naiv.

    Was man zu verstehen gelernt hat, fürchtet man nicht mehr. Marie Curie

  • d.h. das Land insgesamt mehr Geld für die Besoldung der Lehrkräfte bezahlen und damit der Haushalt des Kultusressorts mit mehr Geld versehen werden müsste. Wer glaubt, dass Finanzminister dafür Geld rausrücken (in den Kultusetat einstellen), den halte ich - bei allem Respekt - für sehr naiv.


    Die GEW scheint es aber trotzdem zu glauben... ich halte die GEW aber nicht für naiv. Nach der Einheitsbesoldung wird's den Einheitslehrer in der Einheitsschule geben. Für das Gymnasium und damit gymnasiale Beförderungsstellen ist dabei kein Platz. Auch wenn die GEW in der Öffentlichkeit Entrüstung über den Vorschlag der Regierung in S-H vorspielt... was da im Moment in S-H abläuft, ist doch voll auf Linie der GEW. Der gymnasiale Flügel hat in dieser "Gewerkschaft" bekanntermaßen sowieso nichts zu sagen.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Also: Geplant ist, alle Lehrkräfte nach A13 zu besolden, als Ausgleich fallen die Beförderungsstellen an den Gymnasien und den Beruflichen Schulen weg.


    Also ein "Sonderopfer" der Gymnasialehrkräfte und Lehrkräfte an Beruflichen Schulen zur Finanzierung der Einheitsbesoldung.


    Also, ich fänd's gut. Noch sehr viel besser fände ich A14 für alle. Auch wenn Mikael jetzt nen allergischen Hautausschlag bekommt ;)


    Die Arbeit der GS und HR-Lehrer war schon immer unterbezahlt.


    Und auch sonst finde ich im verlinkten Artikel genügend Punkte, die ich unterschreiben kann. Mal so als Beispiel:

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