Unsicherheit mit meiner ersten eigenen Klasse

  • Hallo ihr Lieben,
    ich habe jetzt seit dem letzten Sommer meine erste eigene Klasse. Im April 2014 habe ich mein Ref beendet. Ich bin also noch ganz frisch dabei. Es ist eine erste Klasse mit der ich total zufrieden bin. Auch die Eltern scheinen mit mir zufrieden zu sein. Ich habe aber das Problem, dass ich in manchen Bereichen so unsicher bin und nicht weiß, ob ich das alles so richtig mache. Im Kollegium bekomme ich meist nur so "Wischi-Waschi-"Antworten, wenn ich konkrete Fragen zur Umsetzung habe. Ich habe allerdings den Anspruch an mich, meine Kinder alle wirklich individuell zu fördern und es so gut wie möglich zu machen.


    Die individuelle Förderung ist aber gerade das, was mir so schwer fällt. Wie macht ihr das in der Umsetzung?? Bei 24 Kindern in der Klasse weiß ich oft nicht, wie ich jedem Kind gerecht werden soll. Ich habe manchma die Befürchtung, dass mir auch manche Kinder, die eher ruhig sind einfach durchgehen, wenn sie etwas noch nicht verstanden haben. Ich würde natürlich gerne einigen Kindern auch andere ABs z.B. in Mathe geben, aber das ist schwierig, da die Kinder ja noch nicht lesen können und ich nicht allen einzeln die Aufgaben erklären kann.
    Ein ganz konkretes Beispiel, wo ich mir den Kopf drüber zerbreche. Ich habe ein Mädchen, dass am Anfang sehr viel Unterricht verpasst hat, da ihre Mutter psychisch erkrankt war und den Alltag nicht bewältigen konnte. MEine Schülerin ist jetzt zwar seit längerem wieder regelmäßig da, aber sie hat natürlich sehr viel am Anfang verpasst. Mein Problem ist jetzt, dass ich nicht weiß, wie ich das wieder auffangen soll. Einige Kinder schreiben schon ganze Sätze ,dieses Mädchen erkennt kaum Buchstaben, bzw. deren Anlaute. Im Unterricht sitzt sie jetzt oft dabei und versucht mitzumachen, fängt aber immer wieder an zu weinen, weil sie nicht mitkommt. Da ich aber jetzt nicht ständig neben ihr sitzen kann um mit ihr alleine zu üben, weiß ich nicht wie ich das umsetzen soll... Habt ihr da eine Idee?


    Was macht ihr, wenn Kinder Defizite zeigen? Versucht ihr immer zu differenzieren und denkt ihr euch für alle jedes mal neue Sachen aus? Oder muss man die Kinder manchmal einfach mitziehen, weil man einfach alleine keine Möglichkeiten hat, jedem Kind gerecht zu werden...
    Ich würde mich über ehrliche Antworten freuen. Danke!


  • ich habe jetzt seit dem letzten Sommer meine erste eigene Klasse. Im April 2014 habe ich mein Ref beendet. Ich bin also noch ganz frisch dabei. Es ist eine erste Klasse mit der ich total zufrieden bin. Auch die Eltern scheinen mit mir zufrieden zu sein. Ich habe aber das Problem, dass ich in manchen Bereichen so unsicher bin und nicht weiß, ob ich das alles so richtig mache.


    Ich denke, sowas ist ziemlich normal. Sicherheit kommt mit Erfahrung und etwas Zeit. Frag weiter nach und versuch dir selbst zu vertrauen. Fehler machen die meisten Leute...davon geht die Welt nicht unter.


    Die individuelle Förderung ist aber gerade das, was mir so schwer fällt. Wie macht ihr das in der Umsetzung?? Bei 24 Kindern in der Klasse weiß ich oft nicht, wie ich jedem Kind gerecht werden soll. Ich habe manchma die Befürchtung, dass mir auch manche Kinder, die eher ruhig sind einfach durchgehen, wenn sie etwas noch nicht verstanden haben. Ich würde natürlich gerne einigen Kindern auch andere ABs z.B. in Mathe geben, aber das ist schwierig, da die Kinder ja noch nicht lesen können und ich nicht allen einzeln die Aufgaben erklären kann.


    Ich unterrichte in Kleingruppen. Das hier ist aehnlich, wenn es sich auch um ein amerikanisches Video handelt. Meine Gruppen sind groesser, denn ich hab derzeit 27...und kombiniere auch mal Gruppen oder veraender die Zusammensetzung.



    Was macht ihr, wenn Kinder Defizite zeigen? Versucht ihr immer zu differenzieren und denkt ihr euch für alle jedes mal neue Sachen aus? Oder muss man die Kinder manchmal einfach mitziehen, weil man einfach alleine keine Möglichkeiten hat, jedem Kind gerecht zu werden...


    Wenn Kinder Defizite zeigen, dann versuchen wir diese aufzuarbeiten. Dazu nehm ich mir entweder in der Stunde (wenn mehrere Schueler das Problem haben) oder in der Mittagspause Zeit...oder spreche mit den Eltern. Meine Schueler sind allerdings am Ende ihrer Grundschulzeit und gehen auch mal selbstaendig heim und arbeiten was auf oder ueben bestimmte Sachen.
    Ich differenziere, wenn es Sinn macht. Nicht jeder bekommt seine/ihre eigenen Aufgaben, aber bestimmte Wahlmoeglichkeiten haben sie schon. Die meisten meiner Gruppen haben die Moeglichkeit sich selbst auf drei Stufen zu differenzieren. Meine Erwartungen an meine Schueler sind unterschiedlich, je nach dem, was sie denn koennen muessten und auf welcher Stufe ich sie am Ende dieses Jahres haben muss. Gelegentlich ueberraschen sie sich selbst. :) Sie arbeiten oft mit nem Partner, duerfen aber auch alleine oder in einer Kleingruppe arbeiten. Meine Klasse an sich ist aber leistungsmaessig nicht besonders weit auseinander. Meine Schwaechsten arbeiten auf Niveau der 3. und meine Staerksten auf Niveau der 8./9. Klasse. Die Mehrheit ist aber so schoen mittendrin. :D

  • Ich komme ursprünglich aus der GS und kann dir berichten, wie ich damals mit meiner 1 umgegangen bin.


    Zunächst finde ich es sehr wichtig, dass du deinen Klassenraum übersichtlich gestaltest. Ich hatte z.B. Freiarbeitstheken fixiert. Diese waren sortiert nach Fach und von links nach rechts wurde der Schwierigkeitsgrad größer. Dadurch hatten die Kinder eine Orientierung. Als Klassenlehrer hast du ja auch viele Freiräume in deiner Stundengestaltung. Du kannst z.B. die ersten 20 Minuten des Tages als offenen Anfang gestalten. In dieser Zeit wählen die Kinder frei ihre Aufgaben (einige werden Hilfe brauchen) und du kannst dich mit Kindern befassen, die noch mal extra Hilfe benötigen.
    Diese Freiarbeitstheke haben die Kids auch in Anspruch genommen, wenn sie mal frühzeitig mit ihren Aufgaben fertig waren. Ohne eine solche Anlaufstelle, bist du meiner Meinung nach total aufgeschmissen (da die Kis so unterschiedliche Lernstände haben).
    Für den Matheunterricht habe ich übrigens an meine "Könner" die Heftchen "Mathestars" verteilt (bzw. haben die Eltern diese nach Absprache selbst besorgt). Wenn du Kids hast, die sich bereits im Zahlenraum bis 20 oder 100 locker bewegen, müssen sie nicht mehr unbedingt die 10 nachzeichnen... Die Mathestars kann ich nur empfehlen. Die Kids waren super motiviert und die goldenen Sternchen haben ihnen viel Freude bereitet.


    Um auf das Mädchen mit den Problemen einzugehen: Ich habe in der Regel nie Schreibübungen gemacht, bei denen die Kinder Sätze schreiben mussten. Es gab offene Schreibaufgaben, z.B. "Was könnte der Löwe der Löwin schreiben? Schreibe und Male dazu!" An dieser Stelle konnten einige Kinder nur Buchstaben schreiben, andere einige Wörter, andere Sätze... Dadurch hat aber jedes Kind auf seinem Niveau die Aufgabe bearbeiten können. Weiterhin würde ich ihr viele Anlautübungen/Lautübungen geben. Vielleicht habt ihr Steckkarten mit Selbstkontrolle in der Schule? Mach viele Silbenübungen mit den Kids, das hilft ihnen auch beim Schreibprozess.


    Viel Erfolg mit der ersten Klasse!!!

  • Ich denke, jeder von uns war/ist unsicher. Ich bin schon ziemlich lange im Dienst, habe aber immer noch Zeiten, in denen ich viele Fragezeichen im Kopf habe. Auch die Erfahrung, dass mir Kollegen nicht weiterhelfen können, habe ich. Ich glaube mittlerweile, dass ganz viele von uns am Limit gehen und dass man von daher dazu neigt, Probleme, die einem anderen Umfeld entsprechen als dem eigenen eher zu verdrängen. Vielleicht hast du die Möglichkeit, dich mit Leuten aus dem Ref, die auch Berufsananfänger sind, zu vernetzten. Mir hat das am Anfang sehr geholfen, ich hatte eine Kollegin, die ähnlich engagiert war wie ich und wir haben uns wöchentlich, bei Bedarf auch mehrfach getroffen. Das war noch zu Zeiten, in denen es kein Internet gab, heute ist das über Skype ja auch virtuell möglich. Vielleicht hilft ein Aufruf im Lehrerforen, um jemanden zu finden, der auch einen Austausch sucht.


    Nun zu deinem Problem mit der Schülerin. Vielleicht findest du die Möglichkeit einer Lernbegleitung. In NRW bekommt man HIlfe, wenn der Anspruch auf das Teilhabepaket besteht. Wenn nicht, findest du evt. eine Lernbegleitung durch den Kinderschutzbund, die Caritas oder ähnliches. Es klingt ja so, dass die Schülerin viel durchmachen muss und so glaube ich, dass du das gar nicht alleine stemmen kannst. So viel Aufholung kannst du gar nicht alleine stemmen. Vielleicht findest du auch eine pensionierte Lehrerin, die helfen würde.....
    Was du tun könntest, ist evt. mit einem PC Programm z.B. Schreiblabor von Medienacker das Kind trainieren zu lassen . Auch wenn es hier zu Diskussionen führen wird, ich gewinne z.B. Zeit für individuelle Förderung dadurch, dass ich in Kunststunden, wenn alle beschäftigt sind, 10 Minuten für einen solchen "Bedarfsfall" zu nutzen, um individuell zu üben. Ich nehme die Frühstückspausen und das Kind frühstückt später. Nicht optimal, aber so gewinne ich ZEiten. Manchmal lasse ich Kinder auch zum Ende des Unterrichtes 5 Minuten länger da, um z. Bl die Anlauttabelle und das Abhören von Lauten alleine zu üben...., in einem ganz extremen Fall habe ich selber geholfen, weil ich niemanden fand.flip

  • Der Film der oben gepostet wurde ist natürlich individuelles Lernen in Reinform. So was würde ich wahnsinnig gerne machen, finde es aber schwierig. Man muss super strukturiert sein und die Kinder permanent zur Struktur anhalten. Außerdem Material in großer Menge und Platz. Das braucht wesentlich mehr Erfahrung und Zusammenarbeit mit Kollegen, als Frontalunterricht. Freiarbeitsmaterial mit Selbstkontrolle, wie Lük, finden meine spannend
    aber sie haben noch nicht gelernt, damit richtig umzugehen. Meist wird
    in aller Eile versucht, fertig zu werden oder die Lösung gepuzzelt,
    anstatt richtig zu üben. Mit Plänen zum Abhaken kommen sie nur zurecht,
    wenn diese super übersichtlich sind (5 Aufgaben, 5 Nummern, Name des
    Kindes, Häkchen setzen).
    Ein ganzes Themengebiet differenziert zu visualisieren, so dass meine
    (lernbehinderten) Kids sich darauf zurechtfinden, ist mir bisher nicht wirklich
    gelungen. An Montessorischulen funktionierts aber auch, die arbeiten
    sogar mit Jahresplänen...


    Für das Mädchen, das du beschreibst, würde ich sagen: Lass ihr einfach Zeit, sie muss jetzt keine Sätze schreiben. Sie kann z.B. jeden Tag in einem LEhrgang Buchstaben nachfahren und wenn du Zeit hast, macht ihr ein paar Minuten Laute-Zuordnen. Vielleicht wäre sowas hier praktisch, samt Anlauttabelle:


    http://www.jandorfverlag.de/ar…schreiben-zu-bildern.html


    Ich mache es auch wie Jazzy82, es gibt verschiedene Arbeitshefte, die viel gleichförmiges und selbsterklärendes Übungsmaterial enthalten und die man in verschiedenen Schwierigkeitsstfen bekommt. Die Kinder arbeiten darin in ihrem Tempo selbständig weiter.
    Z.B.:
    http://www.buecher.de/shop/deu…/detail/prod_id/36192466/


    http://www.sternchenverlag.de/produkte_lesen_1.html


    oder Mathe:
    http://www.jandorfverlag.de/artikel/rechnen.html

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