Wortarten nach Montessori

  • Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sich Kinder in der 2. Klasse viel besser vorstellen konnten, was mit Tunwort gemeint ist als mit Verb. Ein Tunwort bezeichnet, was ich tun kann, ein Wiewort wie etwas ist.

    Ich hab Schüler in der Oberstufe, die einen verwirrt an gucken, wenn man Substantiv, Nomen, Adjektiv, Adverb, Modal... benutzt.
    Wenn man dann Tuwort sagt sieht man wie bei manchen ein Kronleuchter leuchtet. Ist halt für viele einfacher und bleibt hängen.

    Only Robinson Crusoe had everything done by Friday.

  • Ich hab Schüler in der Oberstufe, die einen verwirrt an gucken, wenn man Substantiv, Nomen, Adjektiv, Adverb, Modal... benutzt.Wenn man dann Tuwort sagt sieht man wie bei manchen ein Kronleuchter leuchtet. Ist halt für viele einfacher und bleibt hängen.


    Hallo Felis1,


    ändert aber nichts daran, dass das Grundschulniveau ist, das bei den Oberstufenschülern wahrscheinlich deshalb hängen geblieben ist, weil es gleichzeitig das Lernen der "richtigen" Grammatik - und eben nicht nur vereinfachender abgeleiteter (und im Grunde grob falscher) Konstruktionen - nachhaltig blockiert hat.


    der Buntflieger

  • Grundschulniveau bei den Oberstufenschülern. Buntflieger, was machst du dann eigentlich den lieben langen Tag? Du bist doch Sek 1 Lehrer, solltest du ihnen in der Zwischenzeit nicht etwas vermittelt haben, das vielleicht auch hängen bleibt?
    Oder schreibst du jetzt allen Ernstes, dass die Grundschullehrer Schuld daran sind, wenn Oberstufenschüler Grammatik nicht können? Und zwar weil die Grundschullehrer grob falsche Inhalte vermitteln, die dann bis zum Abi so in den Köpfen verwurzelt bleiben?


    Tunwort sagt übrigens keiner mehr, zumindest in Bayern geht es direkt los mit Nomen, Adjektiv und Verb.


    Wenn dich das aber so aufregt, eine Idee:
    Wie wäre es, wenn du mal die Schulbuchverlage anschreibst und sie auf diese gravierenden Fehler hinweist? Denn im Endeffekt saugen wir Grundschullehrer die Inhalte nicht aus den Fingern sondern befolgen den Lehrplan und orientieren uns an den zugelassenen Lehrwerken.

  • ...
    Bei Montessori ist ja das Verb ein roter Kreis und das Nomen ein schwarzes Dreieck? Hier wird eben einfach die formale Klassifikation anhand von Symbolen veranschaulicht (man könnte auch sagen: Anstatt Bezeichnungen in Form von Worten einzuführen, werden eben vorerst Symbole benutzt). Ein Mehr an Funktion bzw. didaktischem Nutzen kann ich da bisher leider nicht erkennen.


    ...

    Das hab ich mich auch gefragt.


    Wie erklärst du’s denn deinen Fünfern, Buntflieger? Die Verständnisprobleme haben ja viele Kinder.

  • Ich habe mal nachgeschaut und sowohl in Bayern als auch in Hessen werden Nomen, Verb und Adjektiv, wie von Kathie korrekt beschrieben, vermittelt.


    Auszug Bayern (Klasse 1/2):
    Die Schülerinnen und Schüler ...bestimmen Nomen, Verben und Artikel, indem sie Strategien anwenden (z. B. in die Mehrzahl setzen und im Satzzusammenhang Artikel davorstellen, Personalform bilden).



    Auszug Hessen (bis Klasse 4):

    1. Wörter können aufgrund von Form- und Bedeutungsmerkmalen in verschiedene Wortarten (Artikel, Nomen, Verb, Adjektiv, Personalpronomen, Präposition) unterteilt werden. Diese sind mittels grammatischer Kategorien (grammatisches Geschlecht, Zeit, Anzahl, grammatischer Fall) beschreibbar.
    (Klasse 1/2):
    2. Kenntnis grundlegender sprachlicher Strukturen (Laut, Buchstabe, Alphabet, Wortbausteine, Wörter, Wortarten)


    Und auch in Klasse 5/6* werden die Wortarten noch einmal wiederholt und das Wissen vertieft (hier Realschule):
    3. Wörter können aufgrund von Form- und Bedeutungsmerkmalen in verschiedene Wortarten (Artikel, Nomen, Verb, Adjektiv, Pronomen, Adverb, Präposition, Konjunktion) unterteilt werden. Diese sind mittels grammatischer Kategorien (grammatisches Geschlecht, Anzahl, Zeit, grammatischer Fall, Aussageweise) beschreibbar.


    --------------------------


    Das Wissen sollten also Schüler besitzen, vorausgesetzt, der Lehrer hält sich an die zugrundeliegenden Standards. Man könnte höchstens vermuten, dass die Schüler das Wissen mit der Zeit vergaßen bzw. verdrängten, was ich mir jedoch nicht vorstellen kann, da die Wortartengrammatik ja nicht nur ein kurzer Exkurs ist, sondern die Schüler über mehrere Schuljahre begleitet.


    * Hier bedeuten die Fettmarkierungen Schwerpunkte in Klasse 5/6, die anderen Themen sind Schwerpunkte in Klasse 7/8.

    2 Mal editiert, zuletzt von Lindbergh ()

  • Grundschulniveau bei den Oberstufenschülern. Buntflieger, was machst du dann eigentlich den lieben langen Tag? Du bist doch Sek 1 Lehrer, solltest du ihnen in der Zwischenzeit nicht etwas vermittelt haben, das vielleicht auch hängen bleibt?
    Oder schreibst du jetzt allen Ernstes, dass die Grundschullehrer Schuld daran sind, wenn Oberstufenschüler Grammatik nicht können? Und zwar weil die Grundschullehrer grob falsche Inhalte vermitteln, die dann bis zum Abi so in den Köpfen verwurzelt bleiben?


    Tunwort sagt übrigens keiner mehr, zumindest in Bayern geht es direkt los mit Nomen, Adjektiv und Verb.


    Wenn dich das aber so aufregt, eine Idee:
    Wie wäre es, wenn du mal die Schulbuchverlage anschreibst und sie auf diese gravierenden Fehler hinweist? Denn im Endeffekt saugen wir Grundschullehrer die Inhalte nicht aus den Fingern sondern befolgen den Lehrplan und orientieren uns an den zugelassenen Lehrwerken.


    Hallo Kathie,


    so direkt geschrieben habe ich das nicht, aber es braucht nicht viel Kombinationsgabe dazu, hier zumindest gewisse Zusammenhänge zu sehen. Den Schwarzen Peter schiebe ich aber weder Grundschule noch Schulbüchern oder Verlagen zu, der Grund für unsere rigide Schulgrammatik ist historischer Natur: Man orientierte sich am Lateinischen (mangels eigener Grammatik) und dass dies in vielen Fällen nachweislich zu Problemen führte, hat man inzwischen linguistisch realisiert. Wahrscheinlich wird es aber noch einige Zeit dauern, bis die alten Traditionen vollends kippen.


    Als wissenschaftlich ausgebildete Lehrperson sollte man trotzdem hin und wieder auch einen Blick über den Schulbuchtellerrand hinweg riskieren und gucken, was so aktueller Stand ist. Dazu haben wir ja irgendwo auch studiert, finde ich.


    der Buntflieger

  • Das hab ich mich auch gefragt.
    Wie erklärst du’s denn deinen Fünfern, Buntflieger? Die Verständnisprobleme haben ja viele Kinder.


    Hallo Krabappel,


    die großen Unterrichtsreihen habe ich mangels eigener Erfahrung noch nicht durchführen können, aber soweit mir das meine Mentorin genehmigt, werde ich mich am funktionalen Ansatz orientieren. Hier gibt es eine Leseprobe dazu:


    https://static.onleihe.de/cont…-9/v978-3-8233-7656-9.pdf


    der Buntflieger

  • Wahrscheinlich klingt das sehr unakademisch und ich müsste sicher stärker differenzieren zwischen möglichen Ansätzen zur Grammatikvermittlung, aber machen wir das Thema durch die ganzen Diskussionen nicht komplizierter als es eigentlich ist? Wie schon zuvor geschrieben, geht es in Klasse 1 und 2 ja "nur" darum, dass die Kinder wissen, was Nomen, Adjektiv und Verben sind, und sie in Sätzen als solche identifizieren können. Ohne jetzt auf einen spezifischen Didaktiker Bezug zu nehmen, würde ich wohl bei jeder einzelnen Wortarteneinführung Beispiele aufzeigen, die Kinder Regelmäßigkeiten entdecken lassen und zuletzt konkrete Regeln zur Identifikation besagter Wortarten aufzeigen.
    Also bei Adjektiven:
    Adjektive beschreiben Nomen näher und können gesteigert werden. Um sie ermitteln, fragt man "Wie ist...?".
    Beispiel: "Das Lehrerforum ist spannend." - Wie ist das Lehrerforum? "Es ist spannend."


    Und wie vorhin schon erläutert, das Thema kommt in Klasse 5/6 noch einmal dran und dann kann man noch auf schwierigere Beispiele oder die Abgrenzung zu Adverben eingehen.

  • Wahrscheinlich klingt das sehr unakademisch und ich müsste sicher stärker differenzieren zwischen möglichen Ansätzen zur Grammatikvermittlung, aber machen wir das Thema durch die ganzen Diskussionen nicht komplizierter als es eigentlich ist? Wie schon zuvor geschrieben, geht es in Klasse 1 und 2 ja "nur" darum, dass die Kinder wissen, was Nomen, Adjektiv und Verben sind, und sie in Sätzen als solche identifizieren können.

    Ich würde es nicht als "nur" bezeichnen, denn es ist keine einfache Aufgabe, dieses Wissen den Schülerinnen überhaupt näher zu bringen bzw. es so zu vermitteln, dass es verstanden/angewendet wird. Deswegen finde ich die Diskussion über verschiedene Ansätze zur Grammatikvermittlung durchaus nicht verkehrt, denn möglicherweise gibt sie neue Impulse für den Unterricht. Dies gilt sowohl für die Grundschule als auch für die weiterführende Schule.


    Zudem interessiert mich persönlich immer, was die Grundschulkollegen lehren, damit ich hoffentlich optimal in der 5. Klasse daran anknüpfen kann. Dazu muss ich mich mit ihnen austauschen. Edit: Ich arbeite derzeit an einer Schule, wo Grundschule und weiterführende Schule in einem Gebäudekomplex zusammen untergebracht sind. Ich muss bloß einmal durch einen Korridor laufen, um in die Grundschule zu gelangen.


    Dass "Tuwort" nicht mehr verwendet werden soll, begrüße ich, denn es trifft bei weitem nicht den Kern aller Verben (auch Hilfsverben/Modalverben). Dies lässt sich mit der semantischen Einteilung der Verben begründen.

  • @ Cogito
    Im Prinzip hast du mit deiner Einschätzung Recht. Besonders wichtig finde ich den Austausch an der Nahtstelle der verschiedenen Schulen.
    Allerdings sehe ich es so, dass Grammatikwissen im Lauf der Schulzeit immer weiter erweitert und entsprechend modifiziert wird.
    Das passiert nicht nur mit den Verben so, das betrifft z.B. auch die Pronomen. In der Grundschule lernen die Schüler systematisch nur die einfachen Personalpronomen, andere Arten gebrauchen sie intuitiv, wird aber nicht kategorisiert.

  • @ Cogito
    Im Prinzip hast du mit deiner Einschätzung Recht. Besonders wichtig finde ich den Austausch an der Nahtstelle der verschiedenen Schulen.
    Allerdings sehe ich es so, dass Grammatikwissen im Lauf der Schulzeit immer weiter erweitert und entsprechend modifiziert wird.
    Das passiert nicht nur mit den Verben so, das betrifft z.B. auch die Pronomen. In der Grundschule lernen die Schüler systematisch nur die einfachen Personalpronomen, andere Arten gebrauchen sie intuitiv, wird aber nicht kategorisiert.


    Hallo Caro07,


    richtig und mich z.B. hat es als Schüler über viele Schuljahre (eigentlich die gesamte Schulzeit) hinweg extremst verwirrt, dass z.B. "persönliche Artikel" (also der, die, das) auch als Pronomen (und auch Konjunktionen) Verwendung finden. Das wurde uns in der Grundschule natürlich nicht vermittelt (weil zu kompliziert), in der Sprachpraxis verwendet aber jedes Kind die Wörter "der", "die" und "das" etc. ganz natürlich in allen Erscheinungsformen.


    Im Kopf klassifiziert sie das Kind aber stets als "Artikelwort", da das ganz früh so eingehämmert wurde. Das führt fast unweigerlich zu Schwierigkeiten beim späteren Grammatikverständnis - eigentlich ist das leicht nachvollziehbar. Wenn man dem Kind nicht die Funktion von Wörtern im Satz vermittelt, sondern nur bezogen auf bestimmte Komplemente (z.B. Nominalphrase), ist das doch die logische Folge


    der Buntflieger

  • Wie schon zuvor geschrieben, geht es in Klasse 1 und 2 ja "nur" darum, dass die Kinder wissen, was Nomen, Adjektiv und Verben sind, und sie in Sätzen als solche identifizieren können.


    Und wie vorhin schon erläutert, das Thema kommt in Klasse 5/6 noch einmal dran und dann kann man noch auf schwierigere Beispiele oder die Abgrenzung zu Adverben eingehen.


    Hallo Lehramtsstudent,


    du verstehst das Kernproblem noch nicht.
    Wir vermitteln den Kindern eben nicht, was "Nomen", "Adjektive" und "Verben" sind, wenn wir ihnen z.B. sagen, dass "Tuwörter" Verben sind und den ganzen großen Rest dabei (wegen Überforderungsangst) ausklammern. Das Kind prägt sich die semantische Verbindung dann fest ein und das sitzt meist nachhaltig. Verben sind dann eben "Tuwörter" und dann kommt lange lange nichts. Damit kann das Kind zwar prinzipiell einige Verben auf Grund dieses beschränkten semantischen Zugriffs zuverlässig identifizieren, aber hat grammatikalisch nicht verstanden, was "Verben" eigentlich für eine Funktion im Satz einnehmen. Folglich kann es alle anderen Verbformen allenfalls intuitiv als solche erfassen (wenn der Lernende über eine gute Intuition verfügt, das ist ja auch nicht selbstverständlich).


    Und wenn man - wie schon gesagt - mit dieser Kategorienlehre (erstmal Wortarten einteilen und später dann das Schema nach und nach erweitern) erst anfängt, dann ist das halt in etwa so, als würde man einem Kfz-Mechaniker-Lehrling erstmal die Namen der Schrauben nennen und was für ein Teil sie jeweils befestigen und erst irgendwann gegen Ende der Lehrzeit überhaupt erklären, welche Funktion der Motor als Gesamtes hat. Und dass ein Motor eine Kurbelwelle antreibt, damit das Autor fahren kann und dass man die Funktion aller Motorenteile dann von dort aus betrachten muss etc., das versteht auch jeder Anfänger. Der Vergleich hinkt natürlich, aber den Kern sollte er treffen.


    Die Perspektive des Zugriffs bei der Vermittlung ist entscheidend!


    der Buntflieger

  • Im Kopf klassifiziert sie das Kind aber stets als "Artikelwort", da das ganz früh so eingehämmert wurde. Das führt fast unweigerlich zu Schwierigkeiten beim späteren Grammatikverständnis - eigentlich ist das leicht nachvollziehbar.

    Du meinst das Relativpronomen. Ich denke, das fällt genau in den Übergang. Wir lehren nämlich den Schülern schon noch die Konjunktionen, bei uns Bindewörter genannt. Anfanghaft machen wir das schon, nämlich indem wir im 4. Schuljahr im Zusammenhang mit der Rechtschreibung den Schülern den Unterschied zwischen der Konjunktion "dass" und dem Relativpronomen "das" beibringen. (Machen vielleicht nicht alle Lehrer, steht nicht explizit in den neuen Lehrplänen.) Das zeigt schon auf die weiterführenden Schulen und da müssten diese dann sofort anknüpfen - Konjunktionen wiederholen und die Pronomen weiterführen.
    Übrigens sind die Empfindungen subjektiv. Mich hat es als Schülerin nicht verwirrt. Im Gymnasium ging es grammtikalisch weiter und ich habe dazugelernt.

  • Noch etwas zum Problem "dass" und "das":
    Mir fällt tatsächlich auf, dass viele Erwachsene - fällt sogar in Zeitungen und Internetforen - sogar manchmal in Lehrerforen - auf - diesen Unterschied nicht verinnerlicht haben. Vor allem seit der Rechtschreibreform.
    Wenn man es einmal verstanden hat, dürfte man keine Fehler machen, höchstens Tippfehler. ;)

  • Du meinst das Relativpronomen. Ich denke, das fällt genau in den Übergang. Wir lehren nämlich den Schülern schon noch die Konjunktionen, bei uns Bindewörter genannt. Anfanghaft machen wir das schon, nämlich indem wir im 4. Schuljahr im Zusammenhang mit der Rechtschreibung den Schülern den Unterschied zwischen der Konjunktion "dass" und dem Relativpronomen "das" beibringen.

    Hallo Caro07,


    das ist ein gutes Beispiel. Bei uns werden "das" und "dass" in den überwiegenden Fällen im Zufallsmodus verwendet. Und wenn es vereinzelt Schüler richtig machen, dann kann das meist nicht erklärt werden.


    Sicherlich gibt es Lernende, die viele Inhalte sehr selbständig erarbeiten und von Erklärungslücken/Inkongruenzen etc. nicht weiter gestört werden. Je selbständiger jemand lernt, desto eher wird das der Fall sein.


    Das entbindet aber die Didaktik nicht von ihrer Aufgabe, sich über einen möglichst konsistenten und widerspruchsfreien Erklärungsansatz immer wieder Gedanken zu machen. Denn bei Weitem nicht alle Lernenden sind so versiert, dass sie auch noch aus dem letzten Erklärungsschrott Gewinn ziehen können. ;)


    der Buntlieger

  • Sehr spannende Debatte hier... ich lese jetzt schon ein Weilchen mit und grübel seitdem immer wieder darüber nach, was ich selbst so im Unterricht mache und ob das Sinn gibt... Ich denke auch, dass das Grunddilemma ist , dass es für Grundschüler am Anfang sehr schwer ist, überhaupt in grammatikalischen Kategorien zu denken. Das erfordert eine völlig neue Denkrichtung und nicht bei allen Kindern sind die Fähigkeiten zum abstrakten Denken zu diesem Zeitpunkt schon weit genug entwickelt. D.h. ich muss es soweit reduzieren/vereinfachen, dass überhaupt erstmal ein Zugang (für alle!) möglich ist, trotzdem sollte es sachlich richtig sein und vor allem anschlussfähig... das ist in der Tat gar nicht so einfach.
    Insofern finde ich den Literaturhinweis auf jeden Fall sehr spannend, das werde ich mir mit Sicherheit mal näher angucken.
    Was mir in meiner Klasse immer wieder auffällt ist, wie unterschiedlich die Kinder sich dem Thema annähern.
    Ich habe (unserem Lehrwerk folgend) auch rasch verschiedene Proben für die Wortarten eingeführt. Wenn wir Wortarten bestimmen, frage ich die Kinder immer, woran sie die Wortart erkannt haben. Interessant ist, dass die Leistungsstärkeren mir z.B. bei den Verben fast immer begründen: das ist ein Verb weil ich sagen kann "ich..., du..., er...", während die Schwächeren tatsächlich viel häufiger sagen, es ist ein Verb, weil man es tun kann. Genauso bei den Nomen. Die Schwächeren orientieren sich vor allem daran ob, es ein Mensch, ein Tier, ein Gegenstand etc. ist, bzw. ob sie es sehen oder anfassen können, während die Stärkeren viel eher darauf gucken, ob man einen Artikel davor setzen kann oder die Mehrzahl bilden (als nächstes kommt dann noch dazu, ob man ein Adjektiv davor einfügen könnte...). Diese Kinder merken auch deutlich schneller, dass ersteres allein oft nicht tragfähig ist. Grundsätzlich ist es im Unterricht ja immer wieder so, dass wir auf Beispiele stoßen, wo es eben nicht so einfach ist und wir dann zusammen überlegen warum, wieso, weshalb (und wo man dann selbst auch mal ins Grübeln gerät...).
    Ich habe die Begriffe Nomen und Namenwort, Verb und Tuwort, Adjektiv und Wiewort durchaus zusammen eingeführt, benutze im Unterricht aber dann meist nur die Fachbegriff und auch im Arbeitsheft tauchen nur diese auf. Dadurch benutzen auch die Kinder fast ausschließlich die Fachbegriffe, trotzdem hilft es den Schwächeren deutlich, wenn ich ihnen den deutschen Begriff nochmal dazu nenne, wenn es mal wieder "hakt".
    Wichtig ist mit Sicherheit, dass man sich selbst bewusst darüber ist, inwieweit bestimmte "Proben" tragen oder eben auch nicht. Dann formuliert man auch von vorneherein anders. Es ist z.B. nicht dasselbe zu sagen:
    "Wenn es ein Nomen ist, kann ich es sehen, oder anfassen" (weshalb dann Kinder der Meinung sind, dass "Luft" oder "Gespenst" keine Nomen sind...) oder ob ich sage:
    " Wenn es ein Wort für etwas ist, das ich sehen oder anfassen kann, dann ist es eine Nomen." (und relativ schnell darauf hinführe, dass es auch noch andere Nomen gibt...)


    Verben sind dann eben "Tuwörter" und dann kommt lange lange nichts. Damit kann das Kind zwar prinzipiell einige Verben auf Grund dieses beschränkten semantischen Zugriffs zuverlässig identifizieren, aber hat grammatikalisch nicht verstanden, was "Verben" eigentlich für eine Funktion im Satz einnehmen.


    Den Einwand verstehe ich, trotzdem fürchte ich, dass einige Kinder lange Zeit überhaupt keine Verben erkennen würden, wenn man den semantischen Zugang komplett wegließe.
    Bei der Aufgabe in einem Satz das Verb zu finden, probieren schwächere Kinder erstmal "blind" alle Wörter aus und kommen dabei oft durcheinander bzw. geben mittendrin auf, wenn es zu lange dauert. Wenn das Verb aber tatsächlich eine Tätigkeit beschreibt, identifizieren sie es deutlich leichter und können dann sicherheitshalber auch nochmal eine andere Probe anwenden.
    Insofern hat dieser Zugang m.E. auch seine Berechtigung.

    "Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!" Freitag O'Leary

  • Was sage ich denn z.B. einem Schüler, der fragt, warum „Beim Schwimmen verlor ich die Taucherbrille“ Schwimmen groß schreibt, denn schwimmen kann man ja tun?


    Natürlich fängt man bei Zweitklässlern nicht mit Buntfliegers Beispielen an, aber es geht ja darum, von Anfang an ein Verständnis zu erreichen. Und spätestens bei den Satzgliedern in Klasse 4 steigt die Hälfte aus...


    Ich hab mich bei den Montessorisymbolen auch gefragt, welchem Verständnis sie dienen. Die kann ich doch erst verwenden, wenn ich die Chose begriffen hab und dann brauche ich sie nicht mehr. Oder helfen sie bei der Abstraktion?

  • Substantivierung von Adjektiven und Verben wird zumeist gesondert eingeführt, sodass eben klar wird, warum man in dem Fall von einem Nomen spricht. Ansonsten gibt es ja nicht nur die "Was tut...?"-Regel, sondern, wie von icke beschrieben, weitere Regeln: Verben können konjugiert und in verschiedenen Tempi dargestellt werden. Kann man natürlich, um allem Ärger aus dem Weg zu gehen, alles in Klasse 2 einführen, aber das würde wohl 1. zu einem system overload führen und 2. würden die Kinder die Hälfte wieder vergessen, weswegen die Sek I-Leute am Ende eh wieder ranmüssen.
    Ansonsten hat vlt. Buntflieger in der Hinsicht Recht, dass ein Wort nie losgelöst von jeglichem Kontext als "Nomen" oder "Verb" gilt, sondern immer nur durch zusätzliche Informationen wie in diesem Satz.


    Ich denke, dass es nicht schlimm ist, wenn die Kinder von selbst auf Fälle kommen, in denen die vorher etablierten Regeln nicht mehr greifen, sodass man unterstützt durch von den Schülern gebrachte Beispiele, diese gemeinsam erweitert und dadurch verfeinert.

  • sodass man unterstützt durch von den Schülern gebrachte Beispiele, diese gemeinsam erweitert und dadurch verfeinert.

    Genau. Mich fragen die Schüler in diesen Fällen, warum man das Verb plötzlich groß schreibt. Dann kann man ihnen grundschulgerecht erklären, dass dieses Verb als Nomen genutzt wird und ihnen dies anhand des Artikels, der davorsteht, erklären (oder auch in den Fällen von beim = bei dem bzw. zum = zu dem).
    Systematisch behandelt wird die Substantivierung nicht, aber man kann ihnen von Fall zu Fall begründen warum oder notfalls die Faustregel herausgeben, dass man Verben nach "zum" und "beim" groß schreibt, weil sie da eben als Nomen gebraucht werden. Selten begegnen uns in der Grundschule andere Fälle.
    Fast alle grammatikalischen Strukturen lassen sich immer logisch erklären, deswegen sind gute Mathematiker oft gut in Grammatik, wie ich festgestellt habe.

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