Einstellungschancen nach dem Studium

  • Hallo zusammen!
    Ich poste heute mal im Auftrag einer Bekannten.
    Sie ist 17 Jahre alt und möchte gerne Lehrerin am Gymnasium werden. SIe macht nächstes Jahr Abitur und würde dann gerne anfangen zu studieren. Entweder in Thüringen oder in BW. Von den Fächern her tendiert sie zu Biologie und Religion.


    Wie wären denn dafür die Einstellungschancen, wenn sie mit der Ausbildung fertig ist?
    Gibt es Fächer, mit denen man eine bessere Chance hat? Welches Bundesland ist günstiger?


    Ich wäre dankbar für eure Tipps und Einschätzungen.

  • Bezüglich der Einstellungschancen kann ich wenig raten (ausser, dass in Thüringen seit Mitte der 90er traditionell [demographische Gründe] wenig Lehrer eingestellt werden), aber bezüglich des Studiums gebe ich folgendes zu bedenken:


    In Thüringen kann das Gymnasiallehramt nur an einer Uni (Jena) studiert werden - Ausnahmen sind Fächer wie Musik, das geschieht dann in Koop. mit der Musikhochschule Weimar - wenn die Studienstruktur der Uni Jena deiner Freundin nicht gefällt oder sonst irgendetwas "fehlt" oder quer läuft, ist sie zu einem Bundeslandwechsel gezwungen. In Baden-Württemberg ist (zumindest im Norden) die Universitätslandschaft erheblich dichter, sodass bei Problemen an der Startuni leichter ein Wechsel gelingen könnte.


    Auch bezüglich der Referendariatsplatzanzahl würde ich mich schlau machen; wenn die Situation in den gymnasialen Studienseminaren Thüringens genauso ist wie bei den Grundschul-Seminaren, gibt es davon gerade mal 3, was zur Folge hat, dass viele nach dem 1. Staatsexamen z.B. nach Niedersachsen, Bayern, Hessen ins Ref gehen.


    Interessieren würde mich der Grund der Festlegung auf BW und Thüringen.


    LG, das_kaddl.

  • Hallo!
    Danke erst mal für deine Antwort. Das ist auf jeden Fall aufschlussreich.


    Meine Bekannte kommt aus Thüringen, hat aber in BW Verwandtschaft. Von daher sind diese beiden Bundesländer einfach naheligend.

  • Die "neuen" Bundesländer sind generell schwierig, da hier aufgrund des Bevölkerungs- und Geburtenrückgangs, in den nächsten Jahren kaum noch mit Einstellungen zu rechnen ist. Allerdings sind da wohl Meck.Pom. und Sachsen Anhalt noch schlechter dran als Thüringen.
    Einstellungschancen für gymnasiales Lehramt sind generell eher besser, als bei GHR'lern, zumal der Trend zum Gymnasium wohl auch weiter anhalten wird.
    Zu den Fächern: Biologie ist eher schwierig - zumindest bei uns in Niedersachsen für Gymnasien Überschussfach. Bei Religion kommt es auf die Details an - mit kath. Rel. sieht es wohl sehr gut aus, evangelisch etwas schlechter.

  • Zitat

    Moebius schrieb am 10.08.2006 13:06:
    Bei Religion kommt es auf die Details an - mit kath. Rel. sieht es wohl sehr gut aus, evangelisch etwas schlechter.


    Wobei bzgl. Thüringen hinzuzufügen ist, dass es katholischen Religionsunterricht gesichert nur im Eichsfeld gibt - in der katholischen Ecke des Landes (wo allerdings sonst auch eher, äh, naja...)


    Insofern ist es dann schon fast absehbar, dass man sein Leben in Leinefelde, Heiligenstadt oder einem von den vielen -rodes verbringen wird. Oftmals ist das schwierig mit einer beruflichen Tätigkeit des Partners zu verbinden (Eichsfeld = grösstenteils strukturschwache Region).


    Moebius
    Deine Aussagen bzgl. Einstellungen in den neuen Ländern sind nur z.T. korrekt. So ist der sogenannte "Geburtenknick" nicht unmittelbar ein "Wendeprodukt", sondern zeichnete sich in der DDR schon seit den 1980ern durch langsamen Geburtenrückgang ab. Die "Wende" brachte dann den Knick, aber seit Mitte/Ende der 1990er geht es wieder aufwärts; zwar wird die Geburtenrate nie wieder so hoch sein wie zu besten Zeiten, der Knick ist aber überwunden. Zum letzten oder vorletzten Schuljahr wurden in Thüringen erstmals wieder mehr Lehrer im Grundschulbereich eingestellt. Dass der "Knick" weiterführende Schulen erst später erreicht und damit die Einstellungspraxis sich dort später als im Grundschulbereich anpassen wird, ist ja klar. "Kaum noch Lehrer einzustellen" würde dem gutbekannten Schweinezyklus entsprechen...



    LG, das_kaddl.

  • Das klingt aber nicht so gut für die Fächerkombination, die meine Bekannte auserkoren hat. Gibt es denn Fächer, die günstiger sind, was die Einstellungschancen betrifft?

  • Ja, natürlich, aber nun nur nach Einstellungschance zu studieren, hat nicht so viel Sinn, wenn ihr das betreffende Fach nicht liegt. Nur, wenn ich mehrere Alternativen hätte, würde ich mich im Zweifelsfall für das Mangelfach entscheiden.

  • Ich kann mich Moebius hier nur anschliessen - ein Blick auf seine Fächerkombination verrät, dass hier der Spezialist spricht ;) . Nein, ganz ernsthaft: sie soll das studieren, was ihr am Meisten liegt, woran sie am Meisten Spass hat. Was nutzt es, wenn die Einstellungschancen in der Kombination Chemie/Physik top sind, deine Bekannte aber eine Niete in diesen Fächern?


    Klar kann man schauen, wie derzeit die Aussagen der Kultusministerien sind bzgl. Mangelfächer und Einstellungsprognosen - aber diese Aussagen wandeln sich innerhalb kürzester Zeit, da reicht oft schon ein Landesregierungswechsel mit teilveränderter Bildungspolitik (ich hatte im Studium ein Blockseminar zu Bildungsökonomie und -statistik, da durfte ich ein ganzes Wochenende lang Einstellungsprognosen erstellen - nur, um dann gesagt zu bekommen, dass die ja alles nichts taugen, weil diese Rechnungen diverse Faktoren einfach nicht miteinbeziehen :rolleyes: ).


    Sie soll studieren, was ihr Spass macht, sich aber darauf einstellen, dass das lebenslange Vor-Ort-Bleiben auch im Lehrerberuf nicht mehr funktioniert und daraus die Schlussfolgerung ziehen, dass ggf. zum Referendariat oder zur ersten Stelle ein Bundeslandwechsel erfolgt.


    LG, das_kaddl.

  • Zitat

    das_kaddl schrieb am 11.08.2006 10:13:
    Ich kann mich Moebius hier nur anschliessen - ein Blick auf seine Fächerkombination verrät, dass hier der Spezialist spricht ;) .


    :D
    Ich habe meine Fächer allerdings nicht aus strategischen Gründen, sondern schon aus Interesse studiert.
    Leider handeln Abiturienten oft genau anders, als ich es beschrieben habe - wer in allen Fächern mehr oder weniger gleich gut ist, studiert oft nicht Physik oder Chemie als Fach, da diese Fächer (völlig zu Unrecht!) unter Jugendlichen als "unsexy" gelten. Stattdessen wird dann lieber irgendwas hippes gemacht, also Deutsch, ein Sach-Fach (Erdkunde, Geschichte & co.) oder am besten gar kein Lehramt sondern "was mit Medien". Und dann wundern sich die Leute, wenn sie auf direktem Weg in die Arbeitslosigkeit laufen.

  • Die Einstellungschancen als Lehrer sind generell gut; gerade auch im Bereich Religion. Wenn ihr das Fach Spaß macht, dann los!

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