Entwicklung des Lehrerberufs

  • Wie viel Erfahrung mit Ganztagsschulen hast du denn? Soweit ich weiß, bist du in höheren Jahrgangsstufen unterwegs, in denen Ganztag nur eine untergeordnete Rolle spielt.

    Ich war viel im Ausland (auch längerfristig) unterwegs wo es in der Regel nur den Ganztag gibt. Zumindest an den Schulen an denen ich war. England, Finnland, Schweden, USA.

  • Ich bin zwar noch nicht solange im Geschäft aber der obere Teil von Beitrag 11 hat meine volle Zustimmung...digitaler Speicher, ständige Erreichbarkeit, absurde Erwartungshaltung von Schülern...


    Die Entwicklung des Lehrerberufs hat doch schon eine neue Dimension erreicht. Viele Referendare greifen bei der Unterrichtsplanung bereits auf einen immensen Datenpool zurück. Dieser Trend wird noch weiter zunehmen - sprich die Digitalisierung verändert den Prozess der Unterrichtsvor- und nachbereitung. Der digitale Speicher ist also schon vorhanden.


    Die ständige Erreichbarkeit wird auch weiter verstärkt...wenn ich sehe, wie häufig auch Kollegen noch Abends (17 Uhr oder später) E-Mails an Schüler verschicken um Informationen für den nächsten Schultag weiterzugeben, müssen wir uns auch mal an die eigene Nase packen. Warum sollten Schüler dann anders agieren?


    Zur Erwartungshaltung der Schüler: Gesellschaftlich hat es einen klaren Wandel gegeben, dass bei schwachen Leistungen eines Schülers in erster Linie der Lehrer in der Verantwortung steht und dann erst der Schüler. Politisch wird dies auch noch befeuert (Klassenarbeiten müssen genehmigt oder wiederholt werden bei zu schlechten Leistungen,...).


    Bezüglich dieser Aspekte halte ich für die Zukunft nur eine Verschärfung der Verhältnisse als realistisch. Dennoch macht mir Schule und Unterricht Spaß, aber ja: Konsequenz ist absolut notwendig. Ich verschicke beispielsweise überhaupt keine E-Mails an Schüler bzgl. meines Unterrichts und Klassenarbeiten werden gewertet wie sie ausfallen.


    Gruß

  • Wenn man sich ansieht, wie wenig sich Schule/Unterricht in den letzten 20-30 Jahren wirklich geändert hat, gehe ich davon aus, dass wir auch im Jahr 2050 prinzipiell noch so unterrichten wie jetzt. Vielleicht etwas mehr Unterstützung durch digitale Medien, vielleicht die eine oder andere Schwerpunktverschiebung, aber keinesfalls so Science-Fiction-Szenarien, wie sie hier zum Teil entworfen werden.
    Dazu ist das "System Schule" viel zu träge und hängt von zu vielen Faktoren ab, die sich gegenseitig behindern.

  • Wg. der Erreichbarkeit


    Lehrer haben sich, als Teil der Gesellschaft, diesbezüglich verändert, aber nicht der Beruf.


    Wer keine Lust auf "ständige Erreichbarkeit" hat, schaut an einem Schultag in's Fach, ruft am Dienst-PC die Dienst-Mail ab und gut is'.

  • Ich sehe die Entwicklung des Lehrerberufs irgendwie in eine andere Richtung als ihr, die ihr an Digitalisierung denkt.


    Ich empfinde es so, dass die Kinder mit immer weniger Durchhaltevermögen, Deutschkenntnissen, Frustrationstoleranz, sozialem Verhalten, Höflichkeit, Ausdauer, Fleiß, motorischen Fähigkeiten etc pp in die Grundschule kommen - und dass die Lehrer deshalb vermehrt diese Probleme adressieren müssen und das eigentliche Kerngeschäft, die Wissensvermittlung, teilweise echt zum Nebenschauplatz wird.
    Das erschreckt mich und da frage ich mich manchmal, wie das weitergehen soll.



    Ja, ich wäre weiterhin Lehrer geworden, aber ich hätte nicht erwartet, dass mein Beruf einmal so aussehen wird wie er es derzeit tut.

  • Dann ist ja alles gut!

    Eine These in den Raum werfen, auf Nachfrage eine Behauptung ohne Beleg in den Raum werfen und dann auf eine gleichartige Antwort schnippisch werden. Guter Stil.


    In den letzten Jahrzehnten hat sich in der Schule in den Grundlagen wenig getan. Didaktische Konzepte, zusätzliche Förderungen usw sind dazu gekommen, aber letztlich treffen dort immer noch viele Menschen aufeinander und interagieren sozial miteinander. Das wird meiner Einschätzung nach genauso bleiben.


    Mikaels pessimistische (er würde sagen 'realistische') Vorhersage teile ich nicht, auch wenn ich nachvollziehen kann, dass man es so sieht. Ich hoffe weiterhin darauf, dass der Wert von Bildung und Sozialem steigt und auch anerkannt wird.


    Da ich erst seit sechs Jahren Lehrer bin, kenne ich Schüler früher nur als Schüler. Es war damals eine tolle Zeit, nicht wegen dem Unterricht, sondern wegen dem sozialen. Das beinhaltet nicht nur meine Freunde, sondern auch einige Lehrer und Lehrerinnen, die prägend für mich und mein Leben waren.

  • @Alterra Ich kann nichts von dem, was Du schreibst, aus meiner eigenen Erfahrung bestätigen. Seit ich unterrichte, was zugegeben noch nicht so wahnsinnig lange ist, kenne ich keine Schulhaus, das nicht an der Standleitung der Swisscom hängt und in jedem Schulzimmer einen Acesspoint hat. Smartphones sind bei uns in der Sek II grundsätzlich erlaubt, ich entscheide als Lehrperson situativ über deren Einsatz oder Nicht-Einsatz im Unterricht. Wir führen seit diesem Schuljahr zwei BYOD-Klassen, hatten aber auch in der Vergangenheit schon mal ein Projekt mit Netbook-Klassen, welches sich schlicht aufgrund des damaligen technischen Entwicklungsstandes (ist über 10 Jahre her ...) nicht bewährt hat. Das Projekt jetzt läuft super und ich kann an meinen BYOD-SuS wirklich nichts von dem beobachten, was Du schreibst. Die sind alle fit im Zehnfingerschreiben und in Chemie bzw. Physik greifen sie etwa zu gleichen Anteilen auf die Stifteingabe (Wacom-Tablet für alle ohne Touchscreen) bzw. die Tastatur zurück. Die schreiben also auch nicht weniger, als meine analogen SuS, ich möchte sogar fast behaupten, sie schreiben mittlerweile mehr, weil sie im OneNote-Kursnotizbuch einfach beliebig Platz haben. Im Vergleich zu den direkten Paralleklassen (also gleiches Schwerpunktfach) sind sie leistungsmässig auch weder besser noch schlechter.


    Die Digitalisierung wird uns zumindest in nächster Zukunft auch sicher nicht überflüssig machen. Es gab in den Niederlanden bereits ein entsprechendes Projekt, welches krachend gescheitert ist, da mache ich mir überhaupt keine Sorgen. Für mich ist das BYOD-Konzept ein Segen, es erleichter mir die Arbeit enorm. Da ich im Unterricht sowieso sehr auf Selbständigkeit der SuS setze, sehe ich meine Rolle immer schon mehr auf der zwischenmenschlich-beratenden Ebene und die kann kein Roboter dieser Welt ersetzen. Blöde Sprüche klopfen sowieso nicht. ;)

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