Ein Versuch der Problemklärung

  • Zitat

    row-k schrieb am 14.05.2006 14:18:


    Mit Verlaub! Dicke Menschen können sich ändern. Das sollten wir nicht vergessen, denke ich.


    Eigentlich wollte ich dich ignorieren, aber dazu muss ich jetzt doch was sagen.


    Genau dieses Argument finde ich gefährlich. Wenn es so einfach wäre, sich zu ändern, würde es viel weniger kräftige Menschen geben. Zudem ist Übergewichtigkeit nicht selten genetisch oder durch eine Krankheit bedingt.


    Mir geht es hier nicht darum, Kinder vor bösen Worten zu schützen, sondern darum, ihnen alternative Bezeichnungen für ihre Schwäche zu präsentieren.


    Wenn ich Bekannten erzähle, dass ich an einer Förderschule unterrichte, werde ich oft gefragt: "Du unterrichtest also behinderte Kinder?" Dann antworte ich immer leicht provokativ, aber ganz sachlich: "Nein, keine behinderten Kinder, sondern Kinder, die .... (Art der Behinderungen) sind." Dieser leichte Widerspruch bewirkt bei vielen schon ein Nach- und manchmal sogar auch ein Umdenken.

  • Zitat

    Powerflower schrieb am 14.05.2006 14:38:


    1. Eigentlich wollte ich dich ignorieren, aber dazu muss ich jetzt doch was sagen.


    2. ... EDIT: gelöscht.


    1. Solange hier niemand versucht, mich BEWUSST zu ärgern, ignoriere ich ihn nicht.


    2. Ich schrieb ja gerade: "Weisen wir uns HIER im Forum nicht ständig gegenseitig auf irgendeine Schwäche hin, vor allem, OHNE von der Schwäche des Anderen selbst zu wissen?"
    Und wenn das (ohne böse Absicht) passiert, verletzt man sogar, weil sich der Andere auf etwas "reduziert" fühlt.

  • Zitat

    row-k schrieb am 14.05.2006 14:24:


    Weisen wir uns HIER im Forum nicht ständig gegenseitig auf irgendeine Schwäche hin, vor allem, OHNE von der Schwäche des Anderen selbst zu wissen?


    Der Unterschied besteht für mich aber darin, dass ich mich, wenn ich hier Ansichten o.ä. präsentiere, mich der Kritik bewusst aussetze. Wenn ich einfach nur "bin" und jemandem gegenüber stehe und mich über etwas anderes unterhalte, dann bin ich nicht da, um über meine "Behinderung" im weitesten Sinne zu sprechen.

  • Zitat

    Aktenklammer schrieb am 14.05.2006 15:24:


    Der Unterschied besteht für mich aber darin, dass ich mich, wenn ich hier Ansichten o.ä. präsentiere, mich der Kritik bewusst aussetze. Wenn ich einfach nur "bin" und jemandem gegenüber stehe und mich über etwas anderes unterhalte, dann bin ich nicht da, um über meine "Behinderung" im weitesten Sinne zu sprechen.


    Nein, nein! Ist mir schon klar. Ich meinte damit, dass man im persönlichen Gespräch den Anderen sieht und um ihn weiß. ABER HIER weiß man nur sehr wenig und spricht (ohne böse Absicht) vielleicht Dinge an, die den Anderen berühren oder gar verletzen.

  • Vorschlag, hier weiterzumachen, damit der Pommer-Schulen-thread bei sich selbst bleibt.

    • Offizieller Beitrag

    Also nochmal zum Thema "political correctness".


    Mein Verständnis zu diesem Thema ist folgendes:


    Die Verwendung beschönigender Begriffe, um einen peiorativen Begriff oder ein Begriff mit negativen Konnotationen zu vermeiden, obwohl man es ebenso "negativ" meint, ist heuchlerisch, wenngleich im ersten Moment auch weniger verletzend.


    Aus meiner Sicht hat das aber nichts mit PC zu tun sondern mit Taktgefühl und Einfühlungsvermögen. Wenn ich das Gefühl habe, mein Gegenüber hat ein Problem mit seinem "Dicksein", dann spreche ich ihn/sie auch nicht notwendigerweise darauf an.


    Für mich fallen unter PC eigentlich ganz andere Dinge, die ich anhand einiger amerikanischer Begriffe erläutern möchte:


    Es ist in den USA mittlerweile ok zu sagen "Black", wenn man einen Amerikaner afrikanischer Herkunft meint.
    Die pc Variante wäre: "Afro-American"
    Diese habe ich damals, als ich Austauschschüler in den USA war, auch häufiger gehört.
    Es ist in den USA ebenfalls pc zu sagen "White", wenn man einen Amerikaner europäischer Herkunft meint.
    Die pc Variante wäre: "Anglo-American"


    Ebenso gibt es die "Asian-Americans", die "Native-Americans" und die "Hispanics".


    Bis auf den letzten Begriff haben alle Begriffe eines gemeinsam: Sie betonen die genetische Herkunft und die nationale Zugehörigkeit gleichermaßen ohne zu werten.
    Das verstehe ich unter political correctness.
    Natürlich kann man immer "Nigger" denken, wenn man von "Afro-Americans" spricht, jedoch scheint der pc-Begriff nicht sofort negative Reaktionen hervorzurufen.


    Kommen wir noch einmal auf Bezeichnungen für Dicke zurück:
    Wir haben für "Dicke" auch Begriffe wie "vollschlank", "mollig", "XXL", "ein paar Kilo zuviel", "Rubensdame", "üppig" etc.
    Alle haben sie aber eines gemeinsam. Sie beziehen sich auf die Körperfülle eines Menschen.
    Hier schlage ich den Bogen zur Metakommunikation, die stattfinden muss, wenn man miteinander kommuniziert. Falls hier Sender und Empfänger zu unterschiedliche Ansichten haben und auf keinen gemeinsamen Nenner kommen, ist die Wortwahl im Grunde unerheblich.


    Gruß
    Bolzbold

  • Ich schließe mich Timm und Bolzbold an.


    Daraus ergibt sich aber eine weitere Frage: Wie vermeiden wir hier im Forum Streitigkeiten, die irgendwann eine Schließung nach sich ziehen und sich eigentlich NUR um derartige "Kleinigkeiten" drehen?


    WIE?


    EDIT: Nein, ich glaube, soweit sind wir noch nicht. Meiner Meinung nach werden solche "Kleinigkeiten" nur Streithähnen oder Streithühnern vorgeschoben, um den Anderen an solchen kleinen und nebensächlichen Dingen festzunageln, vom Thema abzulenken usw. , wenn der Streithammel mit eigenen Argumenten am Ende ist.

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    row-k schrieb am 14.05.2006 17:28:
    EDIT: Nein, ich glaube, soweit sind wir noch nicht. Meiner Meinung nach werden solche "Kleinigkeiten" nur Streithähnen oder Streithühnern vorgeschoben, um den Anderen an solchen kleinen und nebensächlichen Dingen festzunageln, vom Thema abzulenken usw. , wenn der Streithammel mit eigenen Argumenten am Ende ist.


    Lieber row-k,


    da bin ich anderer Meinung.
    Es ist mitunter zu leicht, einem solchen User einen Mangel an Argumenten zum Hauptthema zu unterstellen. Manchmal kommt es vor, dass man sich eben mehr an solchen Nebensächlichkeiten stört und diese in dem Moment als wichtiger betrachtet als auf die Hauptargumentation einzugehen.


    Es muss somit nicht notwendigerweise ein Mangel an Argumenten vorliegen sondern möglicherweise eine andere "Schwerpunktsetzung".


    Beispielsweise könnte jemand sich an dem Begriff "Dicke" oder "Neger" so stören, dass er eine Diskussion über die angebrachte oder unangebrachte Verwendung führt, obwohl er/sie noch Argumente für das eigentliche Hauptthema hätte.


    Fazit:
    Es mag die von Dir erwähnten Leute geben - keine Frage.
    Die Gründe für das von Dir erwähnte Verhalten halte ich aber für vielfältiger.


    Gruß
    Bolzbold

  • WIE?


    Ganz bestimt nicht, indem solche Dinge nicht mehr angesprochen werden. Ich werde mich jedenfalls nicht daran hindern lassen. Das heißt nicht, dass man sich nicht mal auf die Zunge (vielmehr in den Finger) beissen sollte, aber grundsätzlich ist es mein gutes Recht, Aussagen eines anderen zu hinterfragen und Begrifflichkeiten in Frage zu stellen.


    Es ist mir auch schon so gegangen, dass ich persönlich eins auf den Deckel bekommen habe, weil ich mich mißverständlich ausgedrückt hatte (genaugenommen habe ich immer von "uns" und "wir" gesprochen, obwohl ich eigentlich nur für mich selbst gesprochen habe, was einige Leute genervt hat).


    Diese "Kleinigkeiten" allein haben aber, solange ich hier bin, auch noch nie zu einer Threadschließung geführt (soweit ich weiß).


    ***huhn

  • Hmm. Das nehme ich einfach mal so hin und denk darüber nach, lieber Bolzbold und liebes Dudelhuhn. (Es gibt hier wohl nur EIN ***huhn, aber zwei sehr ähnliche "***ine").
    Wenn ich so an Treffen und Diskussionen mit Freunden denke, kommt man auch schnell vom Hundertsten in's Tausendste.


    Ergänzend zu allem: Merkt Ihr, dass auch bei diesem brisanten Thema nur ein paar Leute diskutieren, nämlich die, die auch sonst in ähnlichen Grundsatzthemen diskutieren?!
    Die Anzahl der Zugriffe (ca. 2600) zeigt, dass es schon interessant für viel mehr ist. Nur warten die anderen User wohl eher nur auf einen der üblichen Streite...

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    row-k schrieb am 14.05.2006 18:11:
    Ergänzend zu allem: Merkt Ihr, dass auch bei diesem brisanten Thema nur ein paar Leute diskutieren, nämlich die, die auch sonst in ähnlichen Grundsatzthemen diskutieren?!
    Die Anzahl der Zugriffe (ca. 2000) zeigt, dass es schon interessant für viel mehr ist. Nur warten die anderen User wohl eher nur auf einen der üblichen Streite...


    Das wiederum könnte aber auch für die Selbstdisziplin, die Geduld, die Genervtheit, die Langeweile oder was auch immer der von Dir angesprochenen unbekannten User hindeuten.
    Vielleicht sind WIR ja so blöde und diskutieren ständig über Klima und Gesprächskultur, während die anderen ihre Haltung durch Schweigen zum Ausdruck bringen.


    Gruß
    Bolzbold

  • Ich kann nur für mich sprechen, und ich warte auf keinen Streit, sondern lese mir die Meinungen durch,und habe Interesse daran -- schließlich will ich wissen, was im Forum passiert, und mich dementsprechend anpassen. Solch eine Diskussion hat tatsächlich für mich persönlich einen Nährwert.


    Nur leider habe ich weder die Zeit noch die Muße im Moment mich aktiv in diese Diskussion einzuklinken.


    Damit bin ich einer der häufigen Zugreifer auf diese Diskussion, die keineswegs auf STreit aus sind, sondern lediglich "interessiert"


    LG
    Tina

  • Wenn ich mir im Fernsehen Diskussionen mit Maybrit oder ***ine anhöre ohne mich aktiv einzuklinken, tue ich das schließlich auch nicht, weil ich auf einen Streit warte. Vielmehr tue ich das als interessierte Zeitgenossin, interessiert an der Meinung anderer, auch wo ich durchaus schon eine dezidierte meinung habe.


    Bablin

    Wer hohe Türme bauen will,
    muss lange beim Fundament verweilen.
    Anton Bruckner

  • Ich kann mich klar Timms Standpunkt anschließen.

    Zitat

    Political Correctness ist in ihrer Absolutheit intolerant und hat die Zeichnung totalitärer Ideologie. Nicht nur dass sie Gedanken und Wörter verbietet, nein sie diskriminiert alle, die verbotene Wörter und Gedanken benutzen. Statt zu diskutieren, sich auf das Gegenüber einzulassen, werden Menschen über Oberflächlichkeiten wie Sprachwahl be- und vorverurteilt.


    Es ist mitunter sehr schwer, die angemessene Grenze zu ziehen. In Deutschland haben wir Jahrzehnte lang eine nahezu komplette Tabuisierung einiger Themen erlebt. Ich bin mir nicht sicher, ob alle Entscheidungen diesbezüglich richtig sind. Selbst darüber zu sprechen ist ein z.T. ein Tabu. Ich habe neulich ein Modell des Luftschiffes Hindenburg gesehen. Irgendwas historisch recht signifikantes fehlte an der Heckflosse. Und in der Tat, auf einem historischen Photo war das "etwas" da. Was soll so etwas? Das kommt mir vor wie in "1984", wo man auch Geschichtsbücher und Medien ständig "aktualisiert" hat. Ich halte das für die Ausblendung der Wahrheit. Dafür mag es ja Gründe geben, aber können das letzlich gute Gründe sein? Der Rest der Welt kommt ohne diese Retusche klar...


    Gruß,
    Remus


    Edit:Typo

    Die Wälder wären sehr still, wenn nur die begabtesten Vögel sängen - HEnRy vAn dyKe

    Einmal editiert, zuletzt von Remus Lupin ()

  • Diese Unterscheidung zwischen P.C. und Taktgefühl, die Bolzbold eben getroffen hat, finde ich wichtig.


    Es geht doch hier gar nicht darum, Dinge zu verschweigen, wie das Hakenkreuz auf der Hindenburg.


    Haben die Menschen, die sich am Klartext stoßen und die Dinge lieber ein bißchen verpacken, nicht auch ein Recht auf ihre Meinung? Oder nur die, die sagen wollen, was der Fall ist?

  • Zitat

    Dudelhuhn schrieb am 14.05.2006 19:40:
    Dudelhuhn schrieb am 14.05.2006 19:40:
    Diese Unterscheidung zwischen P.C. und Taktgefühl, die Bolzbold eben getroffen hat, finde ich wichtig.


    Es geht doch hier gar nicht darum, Dinge zu verschweigen, wie das Hakenkreuz auf der Hindenburg.


    Haben die Menschen, die sich am Klartext stoßen und die Dinge lieber ein bißchen verpacken, nicht auch ein Recht auf ihre Meinung? Oder nur die, die sagen wollen, was der Fall ist?


    Natürlich haben sie ein Recht, ihre Worte nach ihrem Taktegefühl zu wählen.


    Ein Problem habe ich aber mit solchen Äußerungen:


    Zitat


    Wenn ich Bekannten erzähle, dass ich an einer Förderschule unterrichte, werde ich oft gefragt: "Du unterrichtest also behinderte Kinder?" Dann antworte ich immer leicht provokativ, aber ganz sachlich: "Nein, keine behinderten Kinder, sondern Kinder, die .... (Art der Behinderungen) sind." Dieser leichte Widerspruch bewirkt bei vielen schon ein Nach- und manchmal sogar auch ein Umdenken.


    Da unterstellt doch powerflower, man müsse Menschen aufgrund einer bestimmten Wortwahl zum Nach- und Umdenken bringen. Dem liegt nichts anderes als ein Vorurteil zugrunde, dass Menschen aufgrund einer(!) Äußerung schon Vorurteile hätten. Mag sein, dass powerflower ihre Vorurteile bestätigt sehen musste. Trotz allem ist es m.E. nicht gut, anderen so zu begegnen.
    Ich finde Menschen sind viel zu komplex und in der Regel auch interessant, um ihnen aufgrund von Oberflächlichkeiten Etiketten anzuhängen. Nur im offenen, möglichst herrschaftsfreien Diskurs können wir ein bisschen Einblick in die Welt des anderen nehmen. Denk- und Sprechverbote erlauben aber keinen herrschaftsfreien Diskurs. So lange ein Wort nicht von der breiten Allgemeinheit für beleidigend angesehen wird, unterstelle ich deshalb erstmal meinem Gesprächspartner keine bösen Absichten. Ggf. kann ich einfach nachhaken, wie etwas gemeint ist.

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

  • Zitat

    Dudelhuhn schrieb am 14.05.2006 19:40:
    Haben die Menschen, die sich am Klartext stoßen und die Dinge lieber ein bißchen verpacken, nicht auch ein Recht auf ihre Meinung?


    Vor allem Menschen, die direkt davon betroffen sind.


    Wobei ich es nicht ausschließe, dass andere Betroffene sich am Klartext nicht stören.

  • Zitat


    Natürlich haben sie ein Recht, ihre Worte nach ihrem Taktegefühl zu wählen.


    Wie ich finde, haben sie auch ein Recht zu artikulieren, wenn ihr Taktgefühl verletzt wurde. Ob der Gesprächspartner wiederum diese Kritik annimmt und sein Verhalten ändert, bleibt ihm überlassen.

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