Welche Steuerklasse nehmen?

  • Hallo zusammen,


    ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob das hier das richtige Forum ist, aber ich versuche trotzdem mal mein Glück. :)


    Folgende Situation:


    Meine Frau und ich sind beide verbeamtete Lehrer*innen und haben beide die Besoldungsstufe A 12.

    Wir hatten bislang die Steuerklassenkombination 4/4 ohne Faktor. Nun haben wir am 20.01. Nachwuchs bekommen und meine Frau ist seit Mitte März in Elternzeit.

    Da meine Frau jetzt Elterngeld bezieht und deutlich weniger verdient als ich, stellt sich für uns die Frage, ob sich ein Steuerklassenwechsel lohnt. Ich 3 und meine Frau 5. Wir haben versucht im Internet und Bekanntenkreis eine Antwort dafür zu finden. Leider sind wir nicht fündig geworden. Anschließend haben wir unseren Steuerberater nach Rat gefragt. Er war überfragt und konnte uns nicht weiterhelfen. Wir haben mit einer netten Dame vom Finanzamt telefoniert und sie sagte man könne das pauschal so gar nicht sagen, allerdings gab sie zu Bedenken, dass -wenn man sich für die Variante 3/5 entscheidet- man unter Umständen mit hohen Nachzahlungen rechnen könne.

    Habt ihr Erfahrungen damit? Ich wäre sehr dankbar.


    Viele Grüße

  • Es gibt im Internet Rechner, wo ihr auch das Mutterschafts- und Elterngeld deiner Drau mit eingeben könnt, was ihr in diesem Jahr bekommt bzw. im nächsten und gucken könnt, ob es bei euch sinnvoll ist mit einem Steuerklassenwechsel. Wenn ihr unsicher seid und aktuell mit dem Geld auskommt und es nicht braucht, dann würde ich mir das eher über die Steuererklärung zurückholen.


    Übrigens haben wir schon immer 3/5 und trotz Elterngeld, ALGI, Mutterschaftsgeld usw. haben wir noch nie auch nur einen Cent nachgezahlt, sondern immer eine mindestens vierstellige Rückzahlung vom Finanzamt erhalten. Also es ist alles möglich.

  • Viele Ehepaare, in denen die Eheleute stark unterschiedlich verdienen, entscheiden sich für einen Wechsel in die Steuerklassen 3 (für die Person mit dem höheren Einkommen) und 5 (für die Person mit dem geringeren Einkommen). In Steuerklasse 5 werden die Einkommen wesentlich höher belastet als in Steuerklasse 3. Da die höhere elastung das niedrigere Einkommen trifft, sind die monatlichen Abzüge in Summe in diesem Fall geringer als bei 4/4. Allerdings muss einem bewusst sein, dass die grundsätzliche Steuerschuld bei der Kombination 3/5 und 4/4 dieselbe Höhe hat. Da bei 4/4 im oben beschriebenen Fall jedoch die bei der monatlichen Gehaltszahlung einbehaltene Lohnsteuer verhältnismäßig höher angesetzt wird, ist die jährliche Rückzahlung im Anschluss an die Steuererklärung bei 4/4 deutlich höher als bei 3/5 (hierbei kommt es sogar häufig zu Nachzahlungen).


    Kurzfassung: Unterm Strich ist es (fast) egal, ob Ihr 3/5 oder 4/4 wählt, die Einkommensteuer ist am Jahresende dieselbe. Der Unterschied ist nur, dass Ihr bei 3/5 monatlich ein höheres Nettoeinkommen hättet und bei 4/4 stattdessen eine höhere Rückzahlung durch das Finanzamt im Folgejahr stattfindet. Man könnte auch sagen, dass Ihr bei 4/4 dem Finanzamt einen zinslosen Kredit gebt, den selbiges erst nach der Steuererklärung im Folgejahr zurückzahlt.


    Hierfindet man einige weitere Infos zum Thema. Daher stammt auch folgendes Zitat:

    Zitat
    Die Höhe der geschuldeten Jahressteuer bleibt unabhängig von den gewählten Steuerklassen gleich – es ändert sich nur der monatlich ausgezahlte Nettobetrag und die Steuerpflichtigen müssen nicht erst bis zur Steuererstattung im nächsten Jahr warten, wenn die Einkommenssteuererklärung vom Finanzamt bearbeitet wurde.
  • Man könnte auch sagen, dass Ihr bei 4/4 dem Finanzamt einen zinslosen Kredit gebt, den selbiges erst nach der Steuererklärung im Folgejahr zurückzahlt.

    Was eben nicht der Fall sein muss bei Ihnen, da sie ja nur von einem Einkommen Steuern zahlen und die andere Person Zahlungen erhält, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen.

    Das ist ja das, was angemerkt wurde, es ist sogar gut möglich, dass das Finanzamt ihnen einen zinslosen Kredit gewährt und man dann am Ende eben den zurückzahlen muss.

  • Eine Ergänzung noch, da es bei Euch ja auch um das Thema Elterngeld geht: Bei der Steuerklasse 5 sind ja, wie erwähnt, die Abzüge deutlich höher als bei der Steuerklasse 3. Da die Höhe des Elterngeldes vom Nettolohn in der Zeit vor der Geburt abhängt ergibt es häufig Sinn, dass die Person, die länger Elterngeld beziehen möchte, vorher in Steuerklasse 3 wechselt. Auf diese Weise erhöht man das persönliche Nettoeinkommen und somit die Berechnungsgrundlage des Elterngeldes. Allerdings dürfte dieser Tipp leider für Euch zu spät kommen, da Ihr ja bereits vor einigen Monaten Nachwuchs bekommen habt.

    Herzlichen Glückwunsch übrigens! ;)

  • Eine Ergänzung noch, da es bei Euch ja auch um das Thema Elterngeld geht: Bei der Steuerklasse 5 sind ja, wie erwähnt, die Abzüge deutlich höher als bei der Steuerklasse 3. Da die Höhe des Elterngeldes vom Nettolohn in der Zeit vor der Geburt abhängt ergibt es häufig Sinn, dass die Person, die länger Elterngeld beziehen möchte, vorher in Steuerklasse 3 wechselt. Auf diese Weise erhöht man das persönliche Nettoeinkommen und somit die Berechnungsgrundlage des Elterngeldes. Allerdings dürfte dieser Tipp leider für Euch zu spät kommen, da Ihr ja bereits vor einigen Monaten Nachwuchs bekommen habt.

    Herzlichen Glückwunsch übrigens! ;)

    Ist das bei A12 denn relevant beim 1. Kind? Mit A13 und Steuerklasse 4 in Vollzeit bekam ich schon vor 6 Jahren den Höchstbetrag und war da auch gut drüber. (Mein Mann bekam den mit A11 nicht.) Ist das bei A12 nicht der Fall?

    Aber beim 2. Kind ist das definitiv wichtig zu wissen. Ist aber auch nur relevant wenn einer deutlich länger Elterngeld bezieht als der andere.


    Steuerklassen sind glaube ich auch eine Lebenseinstellung und Planungssache. Wir waren (abgesehen von den paar Monaten vor der Geburt des 2. Kindes) immer 4/4.


    Für uns ist das Geld der Steuerrückzahlung einfach nicht da. Das kommt ungefähr in dem Zeitraum in dem wir sondertilgen dürfen und dann geht das direkt dafür weg.

    Only Robinson Crusoe had everything done by Friday.

  • Grundsätzlich ist die Höhe der zu zahlenden Lohnsteuer unabhängig von der gewählten Steuerklasse, sie ist einzig durch das Gehalt, die Freibeträge (Grund-, Kinderfreibetrag) und eventuell absetzbare Kosten festgelegt.

    Wählt man III/V oder IV/IV mit Faktor so hat man geringe monatliche Abzüge aber auch eine geringere/keine Steuerrückzahlung.

    Wählt man IV/IV ohne Faktor, so hat man höhere monatliche Abzüge aber auch eine größere Steuerrückzahlung.

    Wenn es nicht so genau darauf ankommt, wann das Geld kommt, was bei A12 + Elterngeld nicht unwahrscheinlich ist, belasst es bei IV/IV. Das Geld kommt zwar etwas später, aber genauso viel. Und vielleicht arbeitet deine Frau schon bald wieder und du reduzierst um die Care-Arbeit aufzuteilen und auch in den Genuss von ganz viel Kinderzeit zu kommen.

    Wenn es knapp ist mit dem monatlichen Geld, dann empfehle ich IV/IV mit Faktor. Das muss man genau wie III/V beim FA beantragen uns sorgt dafür, dass der Splittingvorteil schon beim Lohnsteuerabzug gerecht untereinander aufgeteilt wird. Ein nicht zu unterschätzendes psychologisches Element! Nicht selten wird sonst der vermeintlich niedrige Verdienst der Frau als „Zuverdienst“ betitelt, bei dem es sich eh nicht lohnt mehr zu arbeiten.

    Sobald eine weitere Phase der Lohnersatzleistung absehbar ist (Elterngeld), sollte derjenige der sie beziehen wird, in die Klasse III wechseln. Egal wie niedrig sein Bruttolohn. Wenn also deine Frau wieder in Elternzeit mit Elterngeld gehen würde, dann du in V und sie in III. Denn Lohnersatzleistungen richten sich nach dem Netto. Hättet ihr am besten schon vor dem ersten Kind gemacht, aber es ist müßig darüber nachzudenken, da bereits geschehen.

    Die Höhe der Nachzahlung aufgrund des unter Progressionsvorbehalt stehenden Elterngelds könnt ihr, wie Susannea beschrieb, leicht googeln. Sie ist also kein Argument für die Steuerklassenwahl, da es ein leichtes ist, das Geld selber zurückzulegen. Das ist ja nichts, was einen überrascht. Grob gerechnet entspricht die Nachzahlung etwa einem Monat Elterngeldbezug.

  • Sie ist also kein Argument für die Steuerklassenwahl, da es ein leichtes ist, das Geld selber zurückzulegen. Das ist ja nichts, was einen überrascht. Grob gerechnet entspricht die Nachzahlung etwa einem Monat Elterngeldbezug.

    Das sind ja mutige Aussagen.


    Also für viele ist es ein Problem Geld selber zurückzulegen.


    Und das die Nachzahlung etwa einem Monat Elterngeldbezug entspricht, das ist eine sehr gewagte These, denn das hängt von so vielen Faktoren ab, dass man das selbst in der Glaskugel nicht lesen kann!

  • Anschließend haben wir unseren Steuerberater nach Rat gefragt. Er war überfragt und konnte uns nicht weiterhelfen.

    ...dazu fällt mir ehrlich gesagt nichts mehr ein, außer vlt. die Suche nach einem neuen Steuerberater.


    Zum Thema: Ein Wechsel kann ggf. dann sinnvoll sein, wenn in Zukunft weiterer Nachwuchs geplant ist. Den Grund hat Mueller Luedenscheidt bereits erläutert. Für die aktuelle Elternzeit bringt das allerdings nichts mehr. Ansonsten ist die Wahl der Steuerklasse wirklich nur die Frage, wann man wieviel Steuern zahlt, die Höhe der Steuerschuld ist davon unabhängig.

  • Das sind ja mutige Aussagen.


    Also für viele ist es ein Problem Geld selber zurückzulegen.


    Und das die Nachzahlung etwa einem Monat Elterngeldbezug entspricht, das ist eine sehr gewagte These, denn das hängt von so vielen Faktoren ab, dass man das selbst in der Glaskugel nicht lesen kann!


    Bei zwei Erwachsenen, die gut verdienen, Verantwortung für eine Familie und darüber hinaus viel Verantwortung im Job haben, kann man annehmen, dass es für sie ein leichtes ist.


    Die aus dem Progressionsvorbehalt resultierende Nachzahlung hängt nur vom steuerpflichtigem Brutto und der Höhe des Elterngeldbezugs ab. Zwei durchaus überschaubare Faktoren für eine grobe Kalkulation.

  • Die aus dem Progressionsvorbehalt resultierende Nachzahlung hängt nur vom steuerpflichtigem Brutto und der Höhe des Elterngeldbezugs ab. Zwei durchaus überschaubare Faktoren für eine grobe Kalkulation.

    Wie du meinst, da ja nicht das ursprüngliche Brutto, sondern das Steuerbrutto dafür entscheidend ist würde ich ja behaupten wollen, dass das auch viel abhängig ist von Arbeitswegen, Werbungskosten, Versicherungen usw. Aber vermutlich habe ich das all die Jahre falsch gerechnet und falsch verstanden

  • Wie du meinst, da ja nicht das ursprüngliche Brutto, sondern das Steuerbrutto dafür entscheidend ist würde ich ja behaupten wollen, dass das auch viel abhängig ist von Arbeitswegen, Werbungskosten, Versicherungen usw. Aber vermutlich habe ich das all die Jahre falsch gerechnet und falsch verstanden

    Ich denke die beiden dürften den Unterschied zwischen ihrem Brutto und ihrem steuerpflichtigen Brutto kennen und aus der Elternzeit resultierende Änderungen (Wegfall von Fahrtkosten etc.) abschätzen können.

    Bei einer A12- Stelle erhöht sich der Durchschnittssteuersatz bei vollem Elterngeldbezug um ca. 4%, unabhängig von den Werbungskosten, da der Steuertarif in dem Bereich linear ist. Die Progession von 4% führt je nach Steuerbrutto zu einer dem Elterngeldbezug zuzuordnenden Nachzahlung von grob 1800€, also ein Monat Elterngeld. Da müsste man schon Werbungskosten jenseits von 10.000€ haben um aus diesem Bereich deutlich rauszukommen.

    Niedrigere Elterngeldbezüge führen zu geringeren Erhöhungen des Durchschnittssteuersatzes, damit zu niederigeren elterngeldverursachten Nachzahlungen, die wiederum dem niedrigeren monatlichen Elterngeldbezug eines Monats in etwa entsprechen.

    3 Mal editiert, zuletzt von paxson5 () aus folgendem Grund: Klarer formuliert

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