Deutsch als Zweitsprache - neuer Erlass

  • In Niedersachsen gibt es einen neuen Erlass, der besagt, dass SuS erst mit Zeugnisnoten bewertet werden sollen, wenn sie das Sprachniveau B1 erreicht haben. Bisher galt dieser Notenschutz für zwei Jahre. Ich habe etwas die Befürchtung, dass sich die SuS noch mehr darauf ausruhen werden. Sie haben jetzt quasi so viel Zeit, wie sie brauchen.

    Verstehe ich im neuen Erlass etwas falsch?

    Wie geht ihr an euren Schulen damit um?

  • Ja, das ist so gemeint,

    wobei dazu noch gefordert ist, dass man sich mit den Erziehungsberechtigten ins Benehmen setzt.


    Der Erlass ist wohl mit heißer Nadel gestrickt,

    es gab viele Nachfragen.


    Bei uns (regional) erhalten die SL in der kommenden Woche in DB Antworten.

    Frag mich nächste Woche Freitag noch mal, ggf. weiß ich dann mehr.

  • Nachtrag:

    Die vorherigen 2 Jahre waren schwierig, wenn die SuS nicht alphabetisiert waren.

    Dann war es für viele nicht zu schaffen und es griffen die Vorgaben zu Wiederholungen oder FöS-Gutachten.

  • In den weiterführenden Schulen kann der relativ neue Erlass zu Problemen führen. SuS sind vielleicht zu Beginn in der 7. Klasse, werden über mehrere Jahre einfach "weitergeschoben", sehen keine Motivation zum Spracherwerb. Irgendwann sind sie zu alt, haben inhaltlich den Anschluss verloren (wenn sie in ihrem Heimatland zuvor eigentlich die entsprechenden Inhalte der vorherigen Jahrgangsstufen erlernt hatten).


    Der neue Erlass benennt für die *Aufnahme* an einer allgemeinbildenden Schule das Alter von max. 15 Jahren (danach soll an das berufsbildende System verwiesen werden). Daraus kann man evtl. indirekt ein Alter ableiten, ab dem vielleicht wie früher eine (wie auch immer sinnvoll gestaltete) "Frist" anfängt zu laufen. Hat man diese nämlich nicht, würde man vielleicht nach 10 Jahren immer noch jemanden haben, der in der Dauerschleife den 10. Jahrgang wiederholt...


    (Falls es in Palim 's DB in der Richtung Hinweise geben sollte, würde mich das ebenfalls interessieren - ich weiß, wir sind an unterschiedlichen Schulformen.)

  • Ich kann weitergeben, was ich erfahre, angesetzt ist die SL-DB und ein DaZ-Treffen, bei dem die Sprachkoordinator:in informiert (die in der Vergangenheit auch in der SL-DB selbst referiert hat).


    Im Winter gab es schon den Hinweis, dass man zum Halbjahreszeugnis aufpassen muss: Sind dort keine Noten vergeben, kann man wohl auch zum Ende des Jahres keinen Abschluss verteilen, weil sich die Noten auf ein ganzes Jahr beziehen müssen.


    In den Grundschulen nimmt es den Druck raus,

    aber auch ich habe Sorge, dass sich manche Schüler:innen noch mehr als sonst hängen lassen.

    Ohnehin ist es schwierig, das Schulsystem und dazu die Ausnahmen zu kommunizieren.


    Zum "Benehmen" habe ich in der letzten Sitzung angemerkt, dass es hilfreich wäre, dass es entsprechende Briefvorlagen samt Übersetzung in den häufigeren Sprachen geben sollte ... so muss wieder jede Schule selbst sehen, wie es organisiert werden kann.


    Auch ist mir unklar, wie man ein Benehmen herstellen soll, wenn das Sprachvermögen nicht B1 abbildet oder wenn das Sprachvermögen über längere Zeit bei A1 (oder weniger, da fehlende Alphabetisierung) verbleibt.

    Da hätte ich mir auch andere Zeugnisbestimmungen vorstellen können.

  • Irgendwann sind sie zu alt, haben inhaltlich den Anschluss verloren

    Das Problem, dass sie inhaltlich den Anschluss nicht halten oder nie bekommen, gibt es in den Grundschulen auch, gerade weil sie nicht alphabetisiert sind oder gar keine Schule besucht haben.


    Wer nicht rechnen kann, kann auch nicht in Klasse 2-4 mitarbeiten, sondern wird den Zahlraum erarbeiten müssen, dazu besteht Mathematik nicht allein aus Päckchenrechnen.

    Es gibt SuS, die das aufholen, und andere, die nur sehr langsam voran kommen.


    Man spart sich die FöS-Gutachten, wird dadurch die Zahlen der FöS-Schüler:innen reduzieren, zumal ja nun ein Wechsel auf eine FöS-LE in der SekI auch nicht länger möglich ist.


    Aber am Ende gehen die SuS dann ohne Abschluss weiter ... in die BBS, und dann?

  • dass man zum Halbjahreszeugnis aufpassen muss: Sind dort keine Noten vergeben, kann man wohl auch zum Ende des Jahres keinen Abschluss verteilen, weil sich die Noten auf ein ganzes Jahr beziehen müssen.

    Das steht so im Erlass - und widerspricht einer anderen Praxis an weiterführenden Schulen (nur Gymnasien?). Sind SuS z.B. für einen Austausch im 1. Halbjahr im Ausland (haben also in Deutschland keine Bewertung), sind aber im 2. Halbjahr im bewerteten Unterricht, dann können sie problemlos in den nächsthöheren Jahrgang versetzt werden. Bzgl. Abschluss betrifft das insbesondere den Jahrgang 11 (Versetzung in die Qualifikationsphase) und 10 ("erweiterter Realschulabschluss").


    wenn das Sprachvermögen nicht B1

    Das stelle ich mir an Grundschulen insgesamt schwierig vor. Je höher das Sprachniveau, desto mehr ist ja auch eine kompetente schriftliche Verwendung der Sprache impliziert. Genauso wie mündlich. Mit A2 spricht man "irgendwie" und kann sich "durchwurschteln". Mit B2 sind gut strukturierte Aufsätze und Vorträge bereits möglich (was man ab Klasse 7 schrittweise in der Muttersprache lernt). Aus der Erinnerung: Für die Einbürgerung wird entweder A2 oder ein Schulabschluss in Deutschland (also mindestens Hauptschulabschluss?) erwartet. Damit wäre B1 höher gewichtet als der Hauptschulabschluss?


    In Englisch sollen SuS am Ende der 10. Klasse (Gymnasium) übrigens das Niveau B1+ erreicht haben. Das sind 6 Jahre Unterricht am Gymnasium (zzgl. Grundschule) in der Fremdsprache auf relativ hohem Niveau. Natürlich erlernt man da die Fremdsprache Englisch "im Ausland" (also in Niedersachsen). Das ist was anderes als das "Sprachbad", das man in Deutschland für die deutsche Sprache erhält. Trotzdem halte ich B1 für die Grundschule (insbesondere die jüngeren Jahrgänge) für "sportlich". (Aber vielleicht fehlt mir da der intensive Einblick in die Schulform.)

  • Ist das negativ?

    Idealerweise sollte doch jeder Schüler so viel Zeit haben, wie er benötigt?

    Grundsätzlich stimme ich dir zu. In der Praxis hast du aber Schüler, die sehr lernfaul sind und sich schon jetzt auf ihren zweijährigen Notenschutz ausruhen. Wenn der Notenschutz mit zeitlicher Begrenzung wegfällt und eine Grenze gesetzt wird, die individuell verschoben werden kann, fällt ein gewaltiges Druckmittel weg.

    Eine Verlängerung des Notenschutzes mit Ziel A2 wäre hier vielleicht die bessere Entscheidung gewesen.


    Mir fehlt auch die Alternative. Es „kann“ auf der Klassenkonferenz bestimmt werden, dass sie bis B1 Zeit haben. Und wenn sich die Klassenkonferenz dagegen entscheidet? Welche Konsequenz hat das? Gibt es dann direkt Noten? Gilt dann wieder Notenschutz nur für zwei Jahre?


    Bei 60 von 600 Schülern (bei uns), die weniger als zwei Jahre in Deutschland sind, sind das echt entscheidende Fragen.

  • Wenn ich an die meisten Kinder an unserer Schule denke, die solch eine Regelung beträfe, ist die Faulheit eigentlich Perspektivlosigkeit und mangelnde Untertützung und Förderung von zuhause. Grund dafür ist in manchen Fällen einfach die Haltung zu Bildung sein und in anderen die Annahme / Hoffnung, sowieso bald wieder ins Heimatland zu können. Ein Notenschutz ist glaube ich nichtmal den Eltern einiger Kinder explizit bekannt geschweige denn den Kindern selbst, obwohl es natürlich besprochen und auf dem Zeugnis deutlich wird.


    Anekdotische These meinerseits also: Kinder lernen Deutsch nicht schlechter oder langsamer, weil sie faul sind, sondern weil der Anreiz die Kosten nicht überbietet und es damit subjektiv gar nicht sinnvoll für sie ist.

    Am I out of touch? :/ No, it's the children who are wrong. :musik:

  • Das stelle ich mir an Grundschulen insgesamt schwierig vor. Je höher das Sprachniveau, desto mehr ist ja auch eine kompetente schriftliche Verwendung der Sprache impliziert.

    Ja, das ist an Grundschulen schwierig.

    Auch sonst bildet der Erlass eher Bestimmungen für den Abschluss der SekI und weitere Schulformen ab, als Grundschullehrkraft finde ich mich da nicht wieder.


    Bisher war es aber auch so, dass man die Fähigkeiten der SuS anhand vorgeschlagener Aspekte einschätzen sollte, die jedoch ebenfalls nicht zu den Grundschüler:innen passten. Da ging es u.a. um Medien und anderes, das man in der Grundschule weder unterrichtet noch verlangt.


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