Gastarbeiter-/Migrantenliteratur, Schulsituationen

  • Liebe belesene Kolleg*innen,
    Ich bin auf der Suche nach Literatur (Belletristik, aber ich nehme auch gerne Sachbuchempfehlungen an..), die sich mit "interkulturellen" Schulsituationen auseinandersetzt.
    Also konkret: Beschulung der Gastarbeiterkinder, bis hin zu heute.

    Kennt ihr da Romane, Theaterstücke, Erzählungen, Gedichte, Romanpassagen (wahrscheinlicher) und könnt mir Tipps suchen? Auch gerne Kinder-/Jugendliteratur!
    Herkunft der Autor*innen ist egal (ob selbst Migrant*innen oder deutsch), es muss sich aber um deutsche Schulsituationen handeln (also keine Migranten in den USA.)

    Ich freue mich auf Ideen und Tipps,
    Vielen Dank im Voraus,
    Chili

  • Danke!
    Nein, natürlich war ich noch nicht auf die Idee gekommen. Was aber auch stark damit zu tun hat, dass ich im wissenschaftlichen Kontext, trotz passendem Prompt (mit Bitte um Quelle mit Autor/Titel/ISBN) oft Quatsch rauskommt UND weil ich hier Sachen suche, die oft nicht im Titel explizit sind.

    Die Suche mit dem obigem Text als Prompt gibt mir erste Sachen, die vielleicht nicht komplett schlecht sind.
    Danke!

    Ich freue mich trotzdem auf menschliche Erfahrungen und Erinnerungen, werde aber in medimops erstmal mit den Vorschlägen von ChatGPT stöbern.

  • Also ich erinnere mich noch an "Benvenuto heißt willkommen" von Hans-Georg Noack.
    Im Fernsehen gab es vor 40 Jahren die Serie "Peppino", die von einem sizilianischen Jungen handelt, der in die Schweiz geht und dort zur Schule geht.

    Gruß
    #TheRealBolzbold

    Ceterum censeo factionem AfD non esse eligendam.

  • Ich empfehle "Streulicht" von Deniz Ohde, wo das Mädchen, deren Mutter Türkin ist und der Vater einfacher Arbeiter in einem Chemiewerk ihre ganze Sek 1 über ständig von Lehrern diskriminiert wird, so dass sie ohne Abschluss abbricht, später an der Abendrealschule endlich gefördert wird und dann an einem Oberstufengymnasium indirekt diskriminiert wird.
    Ein hervorragendes Buch mit mehreren Schulsituationen; basiert auf den Erlebnissen der Autorin, die ihre eigene Situation nur sehr leicht verfremdet.

    In "Dschinns" von Fatma Aydemir gibt es indirekte Schulsituationen, aber wohl nicht das, was du suchst. Ümit, der 15-jährige Sohn eines türkischen Gastarbeiters, entdeckt, dass er homosexuell ist und Gefühle für seinen besten Freund entwickelt. Er wird dann von Mitschülern gemobbt und der (deutsche/christliche!) Trainer drängt ihn zur Konversionstherapie. Obwohl, ich bin mir gar nicht sicher, ob das schulischer Kontext ist oder "nur" der Fußballverein.
    Im gleichen Roman gibt es ein Kapitel über Ümits ältere Schwester Perihan, die als einzige in der Familie studiert und es gibt verschiedene kürzere Situationen, in denen sie ihr Unbehagen zwischen den (deutschen/mittelständischen) Mitstudenten in den Vorlesungen zu Nietzsche und Adorno beschreibt. Nicht direkt Schule, aber Uni.

    Ich bin mir gerade nicht sicher, aber in "Ellbogen", auch von Fatma Aydemir, könnte durchaus auch sein, dass auf den ersten Seiten Schulsituationen beschrieben werden, da hier die ständige Diskriminierung und das ständige "Othering", dem die Protagonistin "Hazel" begegnet, beschrieben wird.

  • Mir fällt eben noch Sasa Stanisic ein: "Möchte die Witwe angesprochen werden, platziert sie auf dem Grab die Gießkanne mit dem Ausguss nach vorne". Der Autor schreibt sein Alter Ego in die Handlung einer Kurzgeschichte darin ein und beschreibt - allerdings nur knapp - wie er im Deutschunterricht auf Heinrich Heine gestoßen ist. Ich weiß gerade nicht, ob da mehr zum Unterricht erzählt wird, obwohl ich es erst dieses Jahr gelesen habe, aber da könnte man mal sehen.

    Ein Buch, das ich nicht gelesen habe, das aber evtl. etwas haben könnte, wäre Iojma Mangold: "Das deutsche Krokodil".

  • Ich strebe zwar eine "Zweitverwertung" in meinem Deutschunterricht ("Wer bin ich? Identität in literarischen Texten, in der Sprache und in sozialen Medien") an, aber grundsätzlich suche ich nach dem Potenzial einer literatursoziologischen Analyse von Machtverhältnissen in Kontext von Migration (grob), aber halt nicht nur heute sondern auch älter. Ich habe jetzt Reich-Ranicki und Elias Canetti (wenn auch nicht deutsch, ich fand es nebenbei interessant).
    Deswegen fände ich es aber auch spannend, "deutsche" Sichtweisen zu lesen.
    Und hinter diesem Überbau: Ich fange wieder an, mehr zu lesen, habe gerade einiges an interessanter Jugendliteratur entdeckt und das tut meinem Kopf gut.

    Also ein Dreifachprojekt, erstmal der Spass und die Gehirnaktivität. (Okay, ist dasselbe.)

  • Ich habe gerade "Kanak Kids" (Anna Dimitrova, 2024) angefangen, habe aber sonst "Tayo bleibt" (Irene Margil, Andreas Schlüter, 2016) auf dem Schreibtisch.
    Bei Kanak Kids geht es um den Spagat zwischen zwei Kulturen, 2. Generation, bei Tayo bleibt um einen aus Nigeria angekommenen Jugendlichen.
    Aus der Stadtbibliothek habe ich noch weitere fotografiert, ich hoffe, mein Lesesommer wird erfolgreich.
    Mal sehen, was sich als "überpädagogisiert" und was nicht ergibt, ich fand auf jeden Fall, dass viele Jugendbücher auf dem Regal "Erzählungen" echt spannend klangen (also auch mit Themen von Jugendlichen wie Mobbing, Mentalen Problemen, usw..)
    Ich ergänze gerne hier die Liste, wenn ich mehr lese und gerne hier auch ergänzen, wenn ihr euch an eure Jugendliteratur erinnert (nicht, dass ihr alt seid, natürlich ;) ).

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