Schüler macht fast nie Hausaufgaben: Was tun?

  • Zitat

    Was kann man denn, sowohl in Bezug auf nicht gemachte Hausaufgaben und auch in Bezug auf das sonstige Verhalten schwieriger Schüler machen, außer Sanktionen zu geben?


    Pauschal, im Sinne von Rezepten kann ich dir diese Frage leider nicht beantworten. Da kommt es immer ein wenig auf die konkrete Problematik, auf die konkrete Klasse an.


    Generell fahre ich ganz gut damit, den Schülern transparent zu machen, warum sie das lernen. Wenn eine verbale Erläuterung nicht ausreicht, was in den meisten Fällen so ist, dann versuche ich konkrete Situationen zu schaffen. In meinen Fächern, Deutsch und Erdkunde, funktioniert das ganz gut.
    Ein Beispiel für den Deutschunterricht: Das ganze formelle Schreiben, wird nicht einfach so mal ohne irgendeinen konkreten Zusammenhang geübt, sondern in realen Situationen. Das kann z.B. Briefverkehr sein, den die Schüler wegen Praktika o.ä. führen müssen oder wir üben gerade Lebensläufe, weil einige Schüler eine Schulzeitverlängerung beantragen müssen (auch hier kommt auch wieder sonstiger Papierkram hinzu), Protokolle müssen für Fachlehrer geschrieben werden, damit diese wissen, was gemacht wurde (praktiziere ich gerade mit einer Arbeitslehrelehrerin, weil sich Deutsch und AL thematisch überschneiden) und so weiter.


    Dadurch unterrichte ich oft nicht in thematischen Einheiten, wie ich das im Ref. machen musste, sondern ich orientiere mich daran, was gerade anfällt.
    Das klingt vielleicht erstmal nach mehr Arbeit, weil man vieles von heute auf morgen planen muss, ist es aber nicht, weil die Schüler vieles selbst machen, was ich ansonsten für sie erledigen müsste (Bsp. Schulzeitverlängerungen oder Absprachen mit AL-Lehrerin) - Sehr praktisch. :D


    Ansonsten baue ich meinen Deutschunterricht immer sehr berufsorieniert auf. Ich versuche meinen Schülern klar zu machen, dass sie Berichte nicht schreiben müssen, weil es nun mal im Lehrplan steht und die Frau XY nun mal gerade dieses Thema machen möchte, sondern weil sie übernächstes Jahr für jeden Tag im Ausbildungsbetrieb einen Bericht schreiben müssen. Sie kriegen gezeigt, wie das konkret aussieht (es gibt z.B. vorgedruckte Berufsschul-Protokoll-Hefte) und für die Schüler ist völlig klar, warum wir das also jetzt üben. Man will sich ja dann nicht unnötig blamieren.


    Das ist eine Sache, mit der ich sehr gute Erfahrungen gemacht habe, weil die Schüler durch das Thema selbst motiviert werden. Die Hausaufgaben beziehen sich immer konkret auf das, woran gerade gearbeitet wird, d.h. ich gebe nie HA um ihrer selbst willen auf. Wenn sich gerade nichts aus dem Thema ergibt, dann gibt es halt mal keine Hausaufgaben. Stumpfsinnige Übungen versuche ich zu vermeiden.


    Bei Grammtik- oder Rechtschreibthemen geht das natürlich oft nicht so gut. Dann arbeite ich gerne mit Verstärkern, also Belohnungen. (Allerdings versuche ich das nicht zur Regel zu machen: Sanktionen und Tokens sollten gleichermaßen eingesetzt werden.)
    Ein Beispiel für Hausaufgaben: Eine Liste mit den Namen aller Schüler mit z.B. 15 Feldern dahinter. Alle Schüler, die die HA gemacht haben, dürfen sich einen Punkt eintragen. Ist die Liste voll, bekommen alle mit komplett ausgefüllten Feldern einen HA-Gutschein (1xbrauchen HA nicht gemacht zu werden). Bei sowas kommt die Klasse meist recht schnell in Wettkampfstimmung und man hat eine Weile mal Ruhe mit nichtgemachten HA. ;)
    Ist aber natürlich nichts, was man das ganze Schuljahr über machen kann, weil der Reiz garantiert irgendwann verloren geht. Ich mache das vielleicht 2-3 mal im Jahr, je nachdem auch wieviele Fächer ich in der Klasse unterrichte.


    Ich hoffe, es ist ein bisschen deutlich geworden, wie ich mit der Sache umgehe. Sicherlich ist es auch nicht das Nonplusultra und ich habe auch immer mal wieder Schüler, die oft keine Hausaufgaben machen.
    Dann suche ich das Gespräch mit den betreffenden Schülern, versuche nachzuvollziehen, warum die HA nicht klappen und versuche Lösungen zu finden (z.B. Organisationshilfen für den Schüler, Hausaufgabenbetreuung, Nachhilfe, Gespräche mit den Eltern, ...)
    Auch das klappt nicht immer, aber wenn ich merke, dass ich persönlich als Lehrerin an meine Grenzen stoße, weil der Schüler andere Probleme hat, dann lasse ich die SAche mehr oder weniger auf sich beruhen. Ich beschränke mich darauf, der Familie Unterstützung in Form von Tipps zu geben (z.B. Verweis auf ERziehungsberatungen o.ä.) und versuche mich nicht an der Problematik aufzureiben.


    Ach ja, einen Lit. tipp hab ich auch noch:
    Kowalczyk, W./Ottich, K.: Hausaufgaben – so klappt’s besser. Hilfen und Anregungen für Schüler, Eltern und Lehrer, Reinbek bei Hamburg 1999


    Dabei finde ich ganz gut, dass es auch Tipps für Schüler und Eltern gibt. Die haben mir persönlich am meisten weitergeholfen.


    Lieben Gruß,
    Mia

    Man soll denken lehren, nicht Gedachtes.
    (Cornelius Gustav Gurlitt)

  • Hallo,


    das Thema Hausaufgaben ist in Hauptfächern nicht dasselbe Thema wie in Nebenfächern. Während die meisten Schüler für die Hauptfächer ihre Hausaufgaben machen (auch wenn sie diese teilweise nur abschreiben), sieht es in den Nebenfächern anders aus. Ich selbst unterrichte Chemie an einer Ganztagsschule und gebe nur selten HA auf, weil ich weiß wie belastet die Schüler schon durch die Hauptfächer sind. Trotzdem ist es immer wieder erschreckend, wie wenig Schüler diese HA machen. In der 10 sind es manchmal nur 3 - 5 pro Kurs. Natürlich führe ich eine Liste darüber und halte es denjenigen zu Gute, die ihre HA gemacht haben. ABer ansonsten......


    Gruß von der Sonne :)

  • Ich habe eine Frage, die etwas anders ist: ich habe eine Klasse bekommen, die sich bisher (in den paar Stunden, die ich sie kenne) sehr leistungsbereit zeigt. Wir habe auch über den Sinn von HA gesprochen, dass es auch eine Frage der Gerechtigkeit ist den Anderen gegenüber, seine HA zu machen etc. Ich frage mich nun, ob es pädagogisch sinnvoll und richtig ist, den Schüler einen Gutschein bzw. genauer gesagt einen Joker für 1x nicht HA machen auszuhändigen, den sie dann eben dieses eine Mal "frei" einsetzen können ...

  • Für Schüler, die keine Hausaufgaben machen, muss ich mir etwas einfallen lassen, damit sie sie machen. Ich schaffe durch den Hausaufgabengutschein einen Anreiz.


    Und für die, die die Hausaufgaben eh immer machen, ist doch so einmal Hausaufgabenfrei (ist ja nur eine Hausaufgabe in einem Fach, alle 2-3 Wochen) doch auch mal ganz schön, oder?
    Was soll daran pädagogisch "verwerflich" sein? ?(

  • Die Logik ist schon cool:
    Stellt euch vor, eure Schule erschafft Mehrarbeitsgutscheine. Für jede Woche, in der ihr zwei Stunden mehr arbeitet, bekommt ihr einen Gutschein. Für 10 Gutscheine bekommt ihr zwei Stunden Mehrarbeit erlassen. Ich bin mir sicher, ihr fahrt voll drauf ab. 8)

    Die Wälder wären sehr still, wenn nur die begabtesten Vögel sängen - HEnRy vAn dyKe

  • Na klar würd ich die Gutscheine nehmen - warum auch nicht?
    Die Stunden muss ich ja eh halten und dann mach ich doch lieber zwei Stunden weniger. Würdest du da sagen "Nein danke?" - Also ich kapier nicht worauf du hinauswillst.
    8o

  • Also, wenn ich keine Hausaufgaben machen würde, dann würde ich auch nicht für Gutscheine welche machen, selbst wenn ich durch die Gutscheine dann mal keine machen müsste. Wozu auch - ich mach ja schon keine, dazu brauche ich nicht erst Gutscheine...


    Die Wälder wären sehr still, wenn nur die begabtesten Vögel sängen - HEnRy vAn dyKe

  • Hallo,


    das mit den Gutscheinen hat die Klassenlehrerin in Klasse 5 an der alten Schule meiner Tochter probiert, damit die notorischen "Verweigerer" auch einen Ansporn haben.


    Aber wie Remus Lupin so schön schreibt, warum HA für Gutscheine machen, die ein mal die Hausaufgaben erlassen, wenn ich sie einfach nie mache.


    Das Experiment wurde nach 6 Wochen eingestellt, da kein Erfolg.


    Da konnten selbst willig Eltern die Kinder nicht motivieren.


    Ich hätte da einige höchst unpädagogische Vorschläge gemacht, hielt mich aber zurück.


    Erfolg gab es nur bei den Verweigern, deren Eltern alle Vergünstigungen strichen. Ist zwar heftig, aber wenn jemand nur sein Pflicht so erledigt.


    Die Eltern, die es auf die Weichspültour mit Erklären und "Motivieren" versuchten (zusätzlich Ausflüge, Kinokarten ect...) hatten weniger Erfolg.


    Es funktioniert anscheinend bei vielen Kindern nur mit Konsequenzen, also der Streichung von angenehmen Beschäftigungen.


    Die hießige Realschule gibt auch schlechte Noten (Leistungsverweigerung), schreibt Briefe nach Hause und lässt nachsitzen.


    Finde ich ok, sollte Töchterlein mal Anwandlungen wie ihr Vater haben (der sammelte Verweise für nicht gemachte HA), würde ich zusätzliche Strafen verhängen.


    Eltern sollten die Lehrer da voll unterstützen und nicht in den Rücken fallen.


    Doris

  • Nachdem wir nun die Sinnlosigkeit des Vorschlages geklärt haben, können wir uns mit aussichtsreicheren Vorschlägen beschäftigen:


    Vorbeugen: Eltern frühzeitig informieren, bevor sich das Verhalten einschleift.


    Blockieren: Das Nichtanfertigen von Hausaufgaben komplett verhindern. Schüler ohne Hausaufgaben bleiben in den Pausen oder nach der regulären Schulzeit unter Aufsicht an der Schule, bis sie ihre Hausaufgaben nachgefertigt haben. Da meist einige Kollegen Nachmittagsunterrricht haben, kann man das sogar ohne Mehrarbeit durchführen. Noch besser ist es, wenn z.B. der Sportlehrer zwar den Schüler im Auge behält, seine nachgefertigten Arbeiten aber erst dann anschaut, wenn der Sportunterricht zu Ende ist. Dann hat der Delinquent möglicherweise eine längere Phase von Langweile zu überwinden - es sei denn, er macht die nächsten Hausaufgaben.
    Die Essenz: Wenn ich meine Hausaufgaben schon machen muss, dann lieber zeiteffizient daheim... :P


    Edit: Mit Rückendeckung der Eltern ist das Blockieren doppelt effektiv! :D

    Die Wälder wären sehr still, wenn nur die begabtesten Vögel sängen - HEnRy vAn dyKe

    Einmal editiert, zuletzt von Remus Lupin ()

  • Bei uns ist dieses Problem ganz gut gelöst (was nicht bedeutet, dass wir es immer im Griff hätten...). Es gibt Vordrucke für die Eltern, die nach 3maligen Vergessen der HA verschickt,bzw. an die Schüler weitergegeben werden. (Diese Zettel müssen unterschrieben zurück geschickt werden.) Dort wird vermerkt, welche Konsequenzen das Vergessen nach sich zieht (Einfluss auf die Note, Nachmachen der HA in der Mittagsfreizeit (da Gesamtschule) oder Dableiben bei Lehrerkonferenzen.....da LK regelmäßig stattfinden und die Schüler zu diesem Zeitpunkt ja eigentlich frei hätten, hat diese Drohung bisher ganz gut funktioniert....
    Man muss die Eltern genauso oft ansprechen wie den Schüler selbst!


    Gruß,
    Heli

  • @ Remus Lupin


    Genau so mach ich’s auch + Hausaufgabengutscheine!!
    Seit 4 Jahren und es funktioniert super!


    Jede Hausaufgabe, die ich aufgebe wird bei mir gemacht. Schonfrist zum NAchliefern ist bis zum nächsten Tag und dann, wie du schon schreibst, halt in der Pause, im Computerunterricht (wenn wir wie zufällig mal im Internet surfen oder spielen :D ) und notfalls nach der Schule. Das ist extrem unbeliebt bei unseren Schülern, weil wir keinen Nachmittagsunterricht haben.
    Ich habe eine Liste, und da entgeht mir nix.


    Schüler muss also sowieso Hausaufgaben machen (bei mir 3 am Tag - Ich arbeite an einer Förderschule und unterrichte die meisten Fächer).
    Und wenn er sie pünktlich und ordentlich gemacht hat, gibt’s einen Belohnungspunkt. Und für gutes Benehmen am Tag gibt’s noch einen Punkt.
    Schüler lernt also: "Ich muss eh jede Hausaufgabe machen" also bin ich schlau und mach sie gleich , denn nur dann gibts einen Belohnungspunkt.


    Und für 20 Punkte gibt’s dann einmal Hausaufgabenfrei.
    Und die Schüler "geiern" nach ihren Hausaufgabengutscheinen.
    8)

  • Hausaufgaben, so klappts besser. (ISBN:3499604914)
    Kowalczyk, Walter (Hrsg.)


    hier als antiquarisches Exemplar für
    EUR 4.75
    Detailsuche: Autor:Kowalczyk, Titel: Hausaufgaben


    http://partners.webmasterplan.…site=1300&type=text&tnb=1
    (nicht über den Link wundern... kleiner Nebenverdienst :O Falls jemand das Buch kauft, bekomm' ich 5 Prozente....Könnt ja eure Schüler ausrechnen lassen, was ich mir davon kaufen kann....) :D

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

    Einmal editiert, zuletzt von alias ()

    • Offizieller Beitrag

    Ich hatte letztes Jahr eine 7 und eine 8. Besonders diese Jahrgänge testen dich als Referendarin aus, wie weit du gehst und wie streng du bist. Da du, wie du geschrieben hast, ja neu in der Klasse bist, solltest du Grenzen setzen und deutlich zeigen, dass die Schüler, wenn sie dauernd stören, eben die Konsequenzen tragen müssen. Ich habe genau das letztes Jahr auch erlebt: Zusätzliche Hausaufgaben wurden nicht gemacht, Schüler kamen nicht zum Nacharbeiten etc. Am Anfang war ich noch nicht so streng, da lief das ziemlich schlecht. Als ich dann strenger reagiert habe (Tadel wegen mehrmaligem Nicht-zum-Nacharbeiten-Erscheinen, etc.) haben sich die Disziplinschwierigkeiten schnell abgeschwächt. Der Unterricht war wieder ruhiger und mein Verhältnis zur Klasse hat sich langfristig deutlich verbessert.
    Mein Tipp wäre: Lass sie nacharbeiten. Wenn du jetzt inkonsequent bist, hast du es in Zukunft schwerer in der Klasse und wenn du jetzt einmal streng bist, beugst du in Zukunft solchen Problemen vor und es wird ein wesentlich entspannteres Arbeiten möglich.

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Die Frage ist nur wie? Die Ballade zusätzlich abschreiben lassen??


    Ich bin mir nicht ganz sicher, worauf sich deine Frage bezieht: Darauf, was man als Zusatzaufgabe aufgibt oder darauf, was sie in der Nacharbeitszeit machen sollen?
    Ich würde die Ballade nicht abschreiben lassen; ich finde es sinnvoller, eine ausführliche Inhaltsangabe oder sogar Interpretation der Ballade schreiben zu lassen, falls ihr das in der Unterrichsstunde besprochen habt, in der sie gestört haben.

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