Umgang mit / Einstellungen zu Haupt-/Realschülern

  • Liebes Forum,
    seit gestern besuche ich für 4 Wochen die Haupt- und Realschule, um am Ende meines Referendariats auch wirklich ausgebildete Grund-, Haupt- und Realschullehrerin zu sein. *ironie off*
    Was die Schule von mir erwartet, schrieb ich in diesem Thread: http://www.lehrerforen.de/oldforum.php?topic=100778895087


    Gestern nun der erste Tag, Rektor krank, keiner konnte sich dran erinnern, dass ich komme. Naja, kein Problem, laufe ich also mit ein paar Lehrerinnen so mit. Gewohnt war ich aus meinem Grundschullehrerkollegium das Besprechen von Schülerleistungen unter einem durchaus besorgten und um Hilfe/Rat suchenden Aspekt. Was ich allerdings gestern und heute im Lehrerzimmer und in Klassenzimmern erlebte, da sträuben sich mir die Haare!


    Beobachtungen im Lehrerzimmer:
    Lehrer: "Und das können sie nicht... und das..." (nennt fachspezifische Einzelheiten)
    andere Lehrerin: "Singen können sie nicht."
    erster Lehrer kommentiert: "Nein, das musst du so sagen: auch Singen können sie nicht."
    dritte Lehrperson: "Eigentlich wollen die auch gar nichts mehr."
    vierte Lehrperson: "Wir sind hier nur noch da, weil wir ja den Vertrag haben. Ginge es nach den Schülern, würden wir alle Zuhause bleiben."
    Zustimmendes Nicken bei den Lehrern, es hat vor 7 Minuten zur Stunde geklingelt, die ersten Lehrer machen sich langsam ins Klassenzimmer auf.


    Beobachtungen im Unterricht:
    Medien: = Null. Nicht mal Tafel. Vorn sitzen, die Schüler lesen einen Text aus dem Buch vor. Eine Stunde.
    Unterrichtsstunden: schließen meist "offen" - dh, die Lehrer werden vom Klingelzeichen überrascht.
    Lehrer beschimpfen Einzelschüler (mehrmals) als "Penn-Nase", "Korinthenkacker", "Raucherarsch" und einiges mehr. Die Schüler nehmen's mit Humor.
    In allen Unterrichtsstunden ist ein wahnsinniger Lautstärkepegel, der nichts mit Unterricht zu tun hat.


    Dies alles führt mich zu folgenden Fragen:
    1) Ist der Umgangston mit Schülern und die Einstellungen zu Schülern im Allgemeinen härter, sodass auch Schimpfwörter zu Schülern durchaus üblich sind?
    2) Muss ich - sollte ich jemals mehr als 4 Wochen an einer weiterführenden Schule sein - mein "gluckenhaftes Grundschuldenken" (Zitat einer "Kollegin" meiner "Praktikumsschule") zugunsten einer schülerabwertenden Einstellung ablegen?
    3) Oder bin ich einfach nur an einer "schlechten Schule"?


    Zugegeben, die zweite Frage polarisiert sehr - aber wenn ich doch diesen Ratschlag schon am ersten Tag erhalte...


    Ich bin, ehrlich gesagt, von den Einstellungen und dem Verhalten der Lehrer entsetzt. Gut, das Lehrerkollegium ist schon einiges älter (Schnitt bei ca. 45 - 50 Jahren), aber heißt das automatisch, dass es zu den o.g. Ereignissen kommen darf? Oder sehe ich das alles zu "korinthenkackerisch"?


    LG, das_kaddl

  • Weia....!
    Jedenfalls würden AN mit so einer Einstellung in der freien Wirtschaft nicht sehr lange auf ihrem Arbeitsplatz verweilen.


    Aber hier geht es um Menschen, um Miteinander, um die Schüler (Kinder).


    Erwartet jemand ernsthaft, dass die Schüler bei so einer Vorbereitung des Lehrpersonals noch eine entsprechende Arbeitshaltung entwickeln?


    Die Schüler nehmen's mit Humor...- haben sie eine Wahl?
    Traurigerweise müsste man sagen: Wenigstens die...


    Wundert da noch jemand das PISA-Ergebnis?


    Schulanfänger jedenfalls, meist auch noch Grundschüler, gehen mit großem Engagement zur Schule.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Kaddl,
    ich kann hier nur fürs Gym sprechen, aber das, was du geschrieben hast, erschreckt mich zutiefst und widerspricht auch jeglichen im Ref gelernten Regeln. (Ich krieg schon ein schlechtes Gewissen, wenn mir bei einem Schüler: "Halt halt endlich die Klappe" rausrutscht...)
    Ehrlich gesagt: Als Schülerin wäre ich bei so einem Unterricht auch richtig frustriert- und könnte dementsprechend auch gar nichts- die Lehrer bemühen sich nicht, warum sollten das die Schüler tun?
    Grausig, sowas!
    Aber umso begeisterter müssten sie doch von deinen Unterrichtsstunden sein, oder nicht? Die Frage ist doch: Was ist dein "gluckenhaftes Grundschulgehabe?"
    Ein normaler, freundlicher Umgangston im Klassenzimmer, abwechslungsreicher Medieneinsatz und Eingehen auf die Schüler hat doch nichts mit gluckenhaftem Gehabe zu tun?
    Bei uns ist einfach das Tempo schneller und deswegen kann man auch nicht ganz so viele Methoden einsetzen- aber sonst sehe ich keinen so großen Unterschied- vor allem nicht in der Arbeitshaltung der Lehrer!
    Ich fürchte nur, du wirst die Schule nicht umkrempeln können, also zieh dein Ding so gut wie möglich durch und dann nix wie weg.
    Lg, Hermine

    • Offizieller Beitrag

    Au Backe, kaddl.
    Das klingt ja nach der Schule aus der Hölle, respektive dem Kollegium aus der Hölle ... ich tendiere da aber zu Erklärungsansatz 3).


    Ich habe vor nicht allzulanger Zeit in einer HS hospitiert, weil das Teil der Fortbildung zur Mediation war. Ich war sehr beeindruckt, wie gut und engagiert das (auch nicht jüngere) Kollegium in Teams zugunsten der Schüler gearbeitet hat, wie in jedem noch so vertrackten "Fall" ein Versuch eines ihm/ihr gemäßen Lösungsansatzes gefunden werden sollte.


    Mir wurde auch von anderen Teilnehmern der Mediationsfortbildung berichtet, dass solche Teamarbeit und die Suche nach pädagogischen statt juristischen Wegen im Sinne der Kinder an ihren (Haupt-)Schulen lebenswichtig und gängig sei.


    Ich gehe aber auch davon aus (so fühlte ich bei Anschauung der Verhältnisse in einigen Klassen zumindest), dass das ein derart nervenaufreibender und psychisch anstrengender Job ist, wie kaum ein zweiter in diesem Lande. Ich für meinen Teil könnte ihn keinen Tag machen - solch einen Umgang miteinander (Schüler-Schüler, Schüler-Lehrer, Eltern-Schüler) kenne ich einfach nicht und kann schlecht damit umgehen - es würde mich in den Wahn treiben.


    Daher kann ich mir schon vorstellen, dass da - gerade bei Idealisten - ganz schnell eine Frustrationsgrenze erreicht ist, die zu solchen Aussagen führt, wie die, die dich so schockiert haben. Wenn du täglich x-hundert Mal verbaler und körperlicher Gewalt begegnest, egal wie akademisch gebildet du bist, stumpft das ab - und führt, wenn im Kollegium kein sehr guter Rückhalt herrscht, wohl auch zur eigenen verbalen Unachtsamkeit oder Gewalt.


    Eben dieser Rückhalt herrschte aber an der Schule, an der ich war - und die Lehrer berichteten, wie essentiell wichtig das sei, dass man sich bei Kollegen immer wieder über Grenzverletzungen durch Schüler, das Mitansehen von sozialem Elend und andere Attacken auf die Seele ausheulen und guten Rat holen könne: sonst, so berichteten sie, könne man den Job nicht dauerhaft gut machen.
    Supervision ist dort selbstverständlich und wöchentlich.


    Ganz ehrlich: mich wundert deine Beschreibung nicht. Und ich bin nicht so vermessen zu sagen, dass mir das NIE passieren könnte, wenn ich unter solchen Bedingungen unterrichten müsste.


    Was bin ich da immer dankbar über meine doch recht heile Gymnasialwelt (in der es, wie ich finde, schon genug Schlaflosigkeitsverursacher gibt! Nur sind die nicht täglich Brot!)


    Lieber Gruß an dich
    Heike

  • Wenn's doch wenigstens Problemklientel wäre dort an der Schule - aber es sind die "ganz normalen" Dorfkinder und -jugendlichen, die einen Steinwurf weiter wohnen. Gewalttätig waren die Schüler bisher wohl nicht (es blieb im Rahmen - eingeschossene Fensterscheiben mit Fußball, umgetretener Mülleimer).


    Mich erschreckt einfach diese Einstellung zu Schülern, dass sie "nichts wollen" - letztlich beeinflusst eine solche Einstellung doch auch das Lehrerhandeln, oder? Und wenn ein Realschulklassenleiter voller Stolz im Lehrerzimmer herumtönt er hätte "wieder mal 10 nach unten abgegeben", dann stimmt doch was nicht, oder? ("10 nach unten abgeben" bedeutet, zehn Realschüler zum Halbjahr in den Hauptschulzweig "geschickt" zu haben. Das entspricht etwa einem Drittel der Klasse 8o )


    Selbst unterrichtet habe ich erst heute morgen das erste Mal, aber so richtiger Unterricht war das auch nicht - Wahlpflichtkurs Gitarre mit drei Mädels, die zwar arg endpubertierend, aber dahinter doch ziemlich nett waren. Mal sehen, was in den nächsten Wochen noch auf mich zukommt. Ich "muss" Musik übrigens doch nicht von 5 bis 10 unterrichten; irgendeinem Kollegen ist auf meine Nachfrage eingefallen, dass ja nur die Klassen 5, 6, eine 7 und eine 9 Musik haben. Die 9 ist im Praktikum, so begrenzt sich mein Unterricht auf 5, 6, und eine Realschul-7.


    Klar kann ich die Schule nicht umkrempeln, aber ich bin doch vollkommen (negativ) überwältigt vom Lehrersein. SO kannte ich das bisher nicht aus dem Referendariat.


    LG,das_kaddl

  • Hallo,


    Zitat

    Die Schüler nehmen's mit Humor...- haben sie eine Wahl?


    Klar, sie können sagen: "Du, ich kann Dir auch die Nase brechen, wenn Du hier frech wirst." So gerade einem Kollegen von mir geschehen, der an der Hauptschule Praktikum machte :D .


    Aber, Kaddl, wenn ich Dich richtig verstehe, gibts solche Probleme an der Schule nicht, sondern die Schwierigkeiten liegen klar auf Kollegiumsseite. Wenn das heute der erste Tag war, hilft es vielleicht, noch ein bisschen zu beobachten? Vielleicht sind doch nicht alle Lehrer gleich. Und wenn doch, ist es vielleicht gut, dass die Schule Dir so viel aufbürden will, wie Du beschrieben hast. Vielleicht hast Du ja eine Chance, Dein eigenes Ding zu machen (wenn die Schüler mitziehn). Das wär doch schon etwas. Die Schule zu verändern, dürfte eher ein illusorisches Projekt sein, wenn die so funktioniert wie beschrieben :( .


    Viel Glück und gute Nerven!


    LG
    Unter uns

  • Zitat

    unter uns schrieb am 05.04.2005 20:27:
    Aber, Kaddl, wenn ich Dich richtig verstehe, gibts solche Probleme an der Schule nicht, sondern die Schwierigkeiten liegen klar auf Kollegiumsseite. Wenn das heute der erste Tag war, hilft es vielleicht, noch ein bisschen zu beobachten? Vielleicht sind doch nicht alle Lehrer gleich.


    Natürlich werden nicht alle Lehrer gleich sein. Aber das zustimmende Nicken auf die oben zitierten Gesprächsfetzen der Kollegen im Lehrerzimmer stimmte mich doch bedenklich. Den Anspruch, Welt oder Schule in 4 Wochen zu verändern, habe ich nicht. Ich denke nur (ganz vorsichtig), dass eine "schülerorientiertere Einstellung" auch zu einer höheren Zufriedenheit der zitierten Kollegen mit ihrem Job und den Schülern führen könnte . Das würde Schülern und Lehrern gleichermaßen guttun.


    LG, das_kaddl.

  • Zitat

    Ich denke nur (ganz vorsichtig), dass eine "schülerorientiertere Einstellung" auch zu einer höheren Zufriedenheit der zitierten Kollegen mit ihrem Job und den Schülern führen könnte . Das würde Schülern und Lehrern gleichermaßen guttun.


    Ja, klar, ich denke, da stimmen hier alle zu. Ich wollte Dir auch keine "Weltverbesserungsideen" unterstellen ;) . Trotzdem hoffe ich mal, dass dieser furchtbare Eindruck vom ersten Tag sich noch etwas relativiert ?( ? Ich drück die Daumen!

  • 8o


    Ich unterrichte schon einige Jahre an Hauptschulen - was du schilderst ist schon krass. An den Schulen, an denen ich unterrichtet habe, war immer das Bemühen um einen freundlichen Umgang zentral.


    Ich habe auch schon von anderen Hauptschulen gehört, an denen eher Kasernenhof- oder Gefängnisklima herrscht: Räume kahl, alles verschlossen, Gangs (bzw. bestimmte Nationalitäten), die den Hof beherrschen.


    Wir können uns als Lehrer an solche Strukturen anpassen (und auf Dauer zerbrechen) oder mutige Schritte des Vertrauens, der freundlichen Gestaltung und des freundlichen (vorbildhaften) Miteinanders tun. Die Schüler danken es.


    kaddl
    Nicht verzweifeln. Die meisten Hauptschulen sind anders.


    Zu den Gesprächsfetzen:
    "Schimpfen g'hört zum G'schäft" :D
    Im Unterricht läuft nie alles so, wie man es gerne hätte - und da tut es im Lehrerzimmer manchmal gut, etwas Dampf abzulassen und sich zu versichern, dass auch die anderen Kollegen Problemschüler und Probleme haben.
    Leg' nicht alle Worte, die im Lehrerkollegium gesprochen werden auf die Goldwaage.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

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  • Meine Hauptschulerfahrungen waren auch eher so "mittendrin" - teilweise sehr gute, sehr kompetente Lehrer, aber auch einige Frustrierte, Aufgegebene. Die Zuordnung von Galgenhumor find ich immer schwierig - es wird einem erst nach einer Weile klar, ob das reine Frustabfuhr oder tatsächlicher Zynismus ist. Als ich mit kriegsverletzten (und psychisch gestörten, hyperaggressiven etc.) Kindern gearbeitet habe, hätte den Zivis und mir abends beim Bier auch keiner zuhören dürfen; trotzdem sind wir sehr liebevoll mit den Kindern umgegangen. Mich haut dann fast mehr der Dünkel der Gymnasiallehrer um, die selbstverständlich "Und du landest auch noch an der Hauptschule" in die Klasse trompeten... finanzielle Gleichstellung aller Lehrer und verpflichtende halbjährige Schulpraktika an allen Schularten wären der einzige sinnvolle Ausweg, aber dat hattemer schon woanners...


    @ kaddl: Nicht kirre machen lassen. Wenn die Schüler ok sind, kriegst du das hin, und sie werden sich über dich freuen!


    w.

    Frölich zärtlich lieplich und klärlich lustlich stille leysejn senffter süsser keuscher sainer weysewach du minnikliches schönes weib

    Einmal editiert, zuletzt von wolkenstein ()

  • " Mich erschreckt einfach diese Einstellung zu Schülern, dass sie "nichts wollen" - letztlich beeinflusst eine solche Einstellung doch auch das Lehrerhandeln, oder? Und wenn ein Realschulklassenleiter voller Stolz im Lehrerzimmer herumtönt er hätte "wieder mal 10 nach unten abgegeben", dann stimmt doch was nicht, oder? ("10 nach unten abgeben" bedeutet, zehn Realschüler zum Halbjahr in den Hauptschulzweig "geschickt" zu haben. Das entspricht etwa einem Drittel der Klasse"


    "Mich haut dann fast mehr, der Dünkel der Gymnasiallehrer um, die selbstverständlich "Und du landest auch noch an der Hauptschule" in die Klasse trompeten... "



    Beides ist nicht zu tolerieren!!!


    Und glaubt mir, weder Eltern noch Schülern bleibt so eine Einstellung unverborgen.
    Und unterm Strich schadet es allen Lehrern - DAS ist es, was das Ansehen des Lehrerberufs so in den Keller gehen lässt.



    finanzielle Gleichstellung aller Lehrer ... gerne, aber dann auch weg von der Unkündbarkeit (für alle Beamten).

  • Hallo,


    an unserer Hauptschule hier ist das nicht so. Die Lehrer, die dort unterrichten, sind die engagiertesten Leute, die ich kenne. Ihr Tun ist häufig nicht wirklich von Erfolg gekrönt, aber sie lassen nicht locker.


    Ich bewundere das sehr.


    Grüße Enja

  • Willo hat doch recht: beides ist nicht zu tolerieren!


    Und hier zeigt er sich auch wieder, der unsichtbare "Corps-Geist", der sich irgendwo unsichtbar in der Vereidigungsformel versteckt haben muss: warum nicken denn alle im Kollegium und fahren mit dem gleichen Zug, der an den Schülern im Eiltempo vorbeirauscht?


    Ich zweifle, dass derart berufene Lehrer durch gleiches Gehalt eine andere Einstellung gewinnen würden.
    Da müsste es noch eine Stufe mehr geben, die alle Lehrergruppen einbezieht:


    Bezahlung nach Erfolg! Ein Lehrer müsste wie jeder „Dienstleister“ im Wettbewerb nach Leistung, d.h. nach der Anzahl und der Qualität der erzielten Abschlüsse honoriert werden. Und wenn sich Kinder und deren Eltern abwenden, wenn die Qualität gar zu schlecht wird, wäre dies ein Regulativ bei dem die „Abschiebung“, der „Verlust“ von 10 Schülern keine Erfolgsmeldung ist.


    Honoriert werden dürfte also ausschließlich ein erfolgreicher guter, hoher und weiterführender Abschluss eines jeden Schülers (auch erforderliche Zwischenschritte zu diesem Abschluss), nicht das Abhalten von Unterricht oder „so was“.
    Wäre möglicherweise dann auch mit dem Charme verbunden, dass es nicht länger nur den Eltern und Schülern peinlich ist, wenn sie querversetzt und abgestuft werden, sondern auch der Institution, die dies verursacht!


    Gruß
    VanderWolke

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,
    Bezahlung nach Dienstleistung bzw. Erfolg fände ich auch gut, bzw. ist ja auch im Gespräch.
    Und die Einstellungen, die hier angesprochen worden sind, kann man ebenfalls nicht tolerieren. Die Frage bei der Besoldung nach Leistung ist:
    Wer beurteilt? (jedenfalls bis zum Abschluss = Erreichen des Jahrgangsziels?)
    Der Direktor wohl nicht- der ist ja mit im Kollektivkorps und würde dann wohl immer zu Gunsten des Lehrers beurteilen. Die Eltern? Sofern die nicht im Unterricht hospitieren, ist es doch schwer, diesen abzuschätzen- oder bringt jemand, der einen interessanten und abwechslungsreichen Unterricht macht, aber schwierigere Klausuren entwirft, weniger Leistung als jemand, der den Schülern die guten Noten "hinterher wirft"?
    Die Schüler? Sie können sicher nicht so schlecht einschätzen, wie manch Erwachsener denkt- aber es ist doch sehr subjektiv.
    Finde ich sehr schwer- aber wenn jemand das perfekte Evaluationsschema dafür bereits parat hat, möge er es doch bitte hier posten- und dann gleich an die KMK weiterleiten.
    Liebe Grüße,
    Hermine


  • In meinen 1,5 refjahren war ich an einer Brennpunktschule, an der nicht mal Pflanzen vor den Zugriffen der Schüler mehr verwehrt blieben. Schöne mit BIldern dekorierte Wände waren im Nu wieder hin. Klos wurden mit KLorrollen verstopft, Seife wurde wahllos in die Waschbecken getropft. Letzen Endes hatten wir ein fast kahles Schulhaus ohne Seife und Tücher auf den Schülertoiletten. Traurig, aber wahr.

  • Die Vorstellung, "Marktwirtschaft" in den Unterricht einzuführen, halte ich für ziemlich abenteuerlich. Abgesehen davon, dass ich den Verdacht habe, dass es in der "freien Wirtschaft" alle Probleme gibt, die es in der Schule auch gibt (inklusive Corps-Geist usw.), sehe ich nicht, wer die erbrachten "Leistungen" beurteilen soll.


    Versuche, "Leistungen" wie


    Zitat

    Honoriert werden dürfte also ausschließlich ein erfolgreicher guter, hoher und weiterführender Abschluss eines jeden Schülers (auch erforderliche Zwischenschritte zu diesem Abschluss), nicht das Abhalten von Unterricht oder „so was“.


    zu honorieren, können nur dazu führen, dass die Leistungen FORMAL immer besser werden. Was ihren Wert letztlich nicht erhöht, sondern verringert.


  • [Satire an]
    Dann aber bitte gleiches Recht für alle.
    Soll heißen: Evaluation der Erziehungsarbeit der Eltern - und zur Not Bestrafung durch Kürzung des Kindergeldes, falls Eltern ihre Erziehungsaufgabe nicht wahrnehmen. Die Erziehungsevaluatoren tigern durch Kinder- und Klassenzimmer und legen fest, weshalb und von wem ein Kind daran gehindert wird, mit 16 Jahren Professor zu sein. Allen Schuldigen wird das Gehalt gekürzt. [Satire off]


    Heute habe ich festgestellt, dass von meinen 30 Schülern gerade mal 9 ein verkehrstüchtiges Fahrrad besitzen, aber 22 eine Playstation. 5 lesen regelmäßig Bücher, einigen musste ich in der 5.Klasse halbwegs passabel das Lesen beibringen, damit sie dem Unterricht folgen können - und wer sowas nur dem Versagen der Grundschule anlastet, erwartet von den 4 Stunden am Vormittag zu viel, da hat auch das Elternhaus massiv versagt.


    Die Elegien von Vanderwolke und EMGS und anderen auf die "Leistung" der Kollegen kennen wir zur Genüge. Die Arbeitsleistungen von Lehrern sind jedoch nie vergleichbar.Je nach Fach, Schulart, sozialer und intelektueller Zusammensetzung der Klasse und Einzugsgebiet sind die Grundvoraussetzungen so verschieden, dass sich die "Leistung" der vergleichenden Messbarkeit entzieht.


    Dieser Evaluations-Hype führt am Ende noch zu der folgenreichen Entwicklung, die in England passiert ist:


    Schulen mit schlechter Bewertung werden zur Strafe die Mittel gekürzt, Schulen, die gut abschnitten, wurden gefördert. Eigentlich hätte es ja genau umgekehrt sein müssen.
    Aber so werden Schulen mit Einzugsgebiet Nobelvorort prächtig ausgestattet und Schulen im Slum bekommen nochmal eins auf den Deckel.


    Ist das nicht prächtig?

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

    Einmal editiert, zuletzt von alias ()

  • Wenn die Bildungsstandards in den zu erzielenden Kompetenz- und Leistungsstufenstufen einheitlich ausformuliert würden ( ohne Schulformtrennung), wäre eine Überprüfung durch ein "neutrales " Institut zur Qualitätssicherung kein Problem.

    unter uns:


    wenn Eltern und Schüler dann jederzeit freie Wahl der "Institution" erhalten, werden die nur "formal besseren Leistungen" schnell entlarvt!


    Gruß
    VanderWolke


  • Eine derartige Sicht geht davon aus, dass Kinder Konservendosen sind, die nur richtig gefüllt und ansprechend verpackt werden müssten und der Lehrer (als Produzent) die Maschinerie nur richtig bedienen muss - (oder dies eben nicht beherrscht) damit alle schön aus der Fabrikhalle ausgeliefert werden.


    Falsche Sichtweise, falsche Philosophie, hat mit der Wirklichkeit nix zu tun.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Hallo alias,


    deine auch durchaus berechtigten kritischen Anmerkungen hast du ja nun gebracht ( auch ich sehe die negativen Auswüchse, aber eben auch die in der jetzigen Situation!).

    Mach doch mal Vorschläge, wie du das von Kaddl beschriebene Kollegium zur Verhältensänderung bringen würdest! Vielleicht auch mit einer Allgemeingültigkeit, damit solche Negativbeispiele verhindert werden können.


    Warten, glauben, auf ein Wunder hoffen oder eben :WIE?


    Gruß VanderWolke

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