weg vom zählenden Rechnen

  • Bis zu welcher Klasse ist es eigentlich "normal", dass Kinder zählend rechnen??? In meinem ersten Schuljahr rechnen noch viele Kinder mit den Fingern, obwohl ich den Zehnerübergang ausführlich behandelt habe und auch die Zerlegungsaufgaben immer wieder durchnehme. Vor den Ferien habe ich auch Analogieaufgaben gemacht, aber trotzdem benutzen viele Kinder noch die Finger. Soll ich das Fingerrechnen verhindern? Wenn ja, wie? Mit was für Fördermaterial? Gruß Tom

  • Ich beobachte im Vertretungsunterricht auch noch im 2. Schulj, dass Kinder die Finger zu Hilfe nehmen.
    Wenn die Kinder noch mit Material rechnen müssen (gewissermaßen zähle ich die Finger auch dazu : konkretes Anschauungsmaterial) und diese Ebene halt noch nicht verlassen haben, dann sollte man ihnen dieses auch nicht vorenthalten.
    Bei den Analogieaufgaben ist es halt wie bei vielen anderen "Rechentricks". Einige wenden sie an, weil es für sie eine große Hilfe ist. Andere blicken da erst mal nicht durch.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo ihr beiden,


    ich dachte immer, es wird nochmal unterschieden zwischen zählendem Rechnen mit Material und "mengenerfassendem" Rechnen mit Material. Bei letzterem kann ein Kind 3 Rechenstäbchen (oder Finger) als Menge erfassen und zu einer anderen Menge hinzufügen (addieren). Bei ersterem nicht, da wird jede Menge erneut durchgezählt. Das birgt die Gefahr des Verzählens. Viel mehr Ahnung habe ich auch nicht, ich habe lediglich schon eine Klasse begleitet, die zum Benutzen der Finger angehalten wurden, dabei fast nur zählten und viele der Kinder hatten dann beim Übergang in den Zahlenraum bis 100 keinen Plan, einige von ihnen zählten jede Aufgabe im Zahlenraum bis 100 mit den Fingern. Ich weiß nicht, ob das so gedacht ist...
    Aber vielleicht kann ja da jemand anders mehr zu sagen? *hoff*


    Grüße,
    Conni

  • Hallo!


    Das die Kinder noch Material brauchen ist gar kein Problem, aber das sie die Finger benutzen schon, besonders, wenn sie die "Struktur der Hände (2 mal 5)" nicht nutzen.
    Wichtig ist, dass die Kinder Anschauungsmaterial erhalten, dass sie vom zählenden Rechnene wegbringt, z.B. den Rechenrahmen, bei dem das durch die 5er- (rote und blaue Kugeln) bzw. 10er- Unterteilung (einzelne Reihen) gut funktioniert. Wollen die Kinder 12 + 3 rechnen, müssen sie eben die 12 nicht einzeln abzählen, sondern können die erste Reihe komplett, plus zwei Kugeln der zweiten Reihe nehmen.
    Da vor allen Dingen zu Hause nicht immer geeignetes Material zur Verfügung steht, sage ich immer, die Kinder dürfen die Finger nehmen, aber dann eben z.b. 6 nicht einzeln zählen, sondern direkt eine Hand und einen Finger nehmen.


    LG


    Sina

  • Hallo,
    meine Tochter geht in die dritte Klasse, ich muss dazu sagen, dass sie Dyskalkulie hat. Also sie ist noch immer zählender Rechner, dort wo es sich anbietet. Ob das nun gut oder schlecht ist, sei dahin gestellt. Auf jeden Fall hält sie so mittlerweile den Notendurchschnitt von 2.
    Das andere Problem, man kann sicher aufpassen, das die Kinder die Finger nicht zum zählen nehmen, dann wippt meine Tochter z.B. so oft mit dem Fuß, bis sie das Ergebnis hat, zählt am Lineal ab, zählt die Falten der Gardine ab, oder oder. Also es ist schwer zu unterbinden, und ich denke wenn die Kids es noch brauchen, dann sollte man es ihnen auch geben, besonders in der ersten Klasse.
    Sicher ist für dich der Zehnerübergang ausführlich behandelt, aber trotzdem hat es noch nicht jedes Kind verinnerlicht.


    LG Legata

  • Die Schwierigkeit ist nicht das Abzählen an den Fingern, sondern das Abzählen ohne Strategie, denn wenn deine Tochter 43-38 abzählt, wird sie zu langsam sein und sich leicht verzählen. Hat sie vielleicht in Klasse 3 schon Strategien entwickelt, so ist dies auch o.k. . Ich vermute, dass deine Tochter, liebe Legata entweder 2 steht, weil sie eine Strategie für sich erfunden hat oder weil im Moment in Klasse 3 wahrscheinlich schriftliche Rechenverfahren eingeführt wurden und man da mit einem Verfahren rechnen kann, das man auswendig lernen kann????
    flip

  • Hallo!


    Bei uns benutzen die Kinder in der ersten Klasse Rechenraupen, die sie selbst "bauen": eine Perlenkette, vorne eine dicke, festgebundene Perle als Kopf, dahinter 20 bewegliche Perlen. Die beweglichen Perlen sind immer im Fünferpack gruppiert, also 5 rote, 5 blaue, dann wieder 5 rote, dann wieder 5 blaue. So zählen sie nicht immer jede einzelne Perle, sonder schieben, wenn sie z.B. 6 haben wollen, erst 5 und dann noch eine.
    war das verständlich erklärt? Naja, und diese Raupen können sie natürlich sowohl in der Schule als auch zuhause benutzen.
    Natürlich zählen am Anfang die meisten Kinder trotzdem die perlen einzeln ab, aber sehr schnell haben sie das System erkannt und nutzen es, weil sie dann schneller sind.


    LG
    Dana

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Legata,


    wenn du es so sagst, ich zähle auch ab und zu, wenn ich im Kopf ausrechne. Wobei ich eben dann Zehner oder Hunderter oder auf der ersten Nachkommastelle zähle, wobei ich dabei auch eine bildliche Vorstellung im Kopf habe, auch wenn ich die Finger nicht verwende. Und es geht im Kopf und sehr fix.


    Das Problem was ich zumindest meinte ist, dass Kinder von 1 anfangen zu zählen und jeden Einerschritt zählen.
    Ich hatte einige Kinder in meiner 3. Klasse, die zu Beginn des Halbjahres die Aufgaben des kleinen 1x1 sichtbar so rechneten. Und das Problem war dann das Tempo und das Verzählen. Dann war eben 3x8 = 28.
    Das ist auch das, was flip meint, oder?


    Grüße,
    Conni

  • Um zur Anfangsfrage zurückzukehren: Ja, du solltest das zählende Rechnen unbedingt verhindern. Wie, das lässt sich nicht mit wenigen Worten erklären. Wenn du dich nicht auf ein bestimmtes Material festlegen willst, wäre eine lohnende Lektüre dazu z. B. "Neues Denken, neues Rechnen" von Christina Buchner.


    Bablin

    Wer hohe Türme bauen will,
    muss lange beim Fundament verweilen.
    Anton Bruckner

  • Hallo
    Genau wie Legata hat auch mein Kind (2.Kl.) Dyskalkulie. Erst heute war schon wieder großes Geheule, Geschreie und Sätze wie: Ich bin ja sowieso doof und Ich kann ja garnichts und Die Anderen lachen immer über ich und Ich will kein Mathe mehr machen, dass kapiere ich sowieso nicht und ....
    Der letzte Test wurde vom Mathelehrer zurückgegeben und vor allen Kindern sagte er: Das ist eine 5. Dafür könnte ich ihm die Augen auskratzen, mein Kind so vor den Anderen zu "denunzieren". Ich habe eine Stinkwut und mein Kind erfährt so auch kein Selbstwertgefühl. (Mühevoller Aufbau dann zu Haus.)
    Es ist jedesmal sooooo zermürbend und frustrierend für mein Kind und mich. Wie soll ich meinem Kind helfen, wenn es derzeit gerade erst durch die Therapeutin (mit Methode Kieler Zahlenhaus) die Zahlenzerlegung lernt, aber derzeit sich mit dem 1x1 auseinandersetzten muss ??????
    Manchmal verzweifle ich so sehr und mir fehlt der Mut, dass ich heule.

  • @flip


    Zitat

    Bablin: Könntest du noch etwas genauer beschreiben, worum es in dem empfohlenen Buch ging, welche Methoden die Autorin beschreibt???


    Etwas genauer ja, viel genauer nein.


    Buchners Ansatz ist vielseitiger als der von Christel Rosenkranz mit ihren Kieler Zahlenbildern oder der von Rainer Dürre mit seinen Rechenstäben.


    Die Autorin, langjährige Grundschullehrerin, jetzt Rektorin, vermittelt Grundlagen und methodische Anleitungen für Mathe in den Klassen 1 und 2.


    Sie setzt beim körperlichen und räumlichen Begreifen und Verinnerlichen von Mengen und Zahlräumen ein, lässt ausgiebig mit Mengen und Zahlen handeln, bevor sie zum Bild geht (Kinder sollen viel selber zeichnen), zum Symbol der Ziffer in Astdiagrammen, Rechenhäusern, Tabellen, zu Rechenzeichen, zu Rechenverfahren und deren Automatisierung.


    „Wenn Kinder nicht hüpfen können, hat es gar keinen Zweck, ihnen Zahlen beizubringen.“ Sie sieht das ganze Kind, zeigt, welche Körperkompetenzen mit mathematischem denken in Zusammenhang stehen, weist auf die Bedeutung von Körperschema (Training des Innenohrs, Gleichgewicht, rhythmische Grunderfahrungen, Kinderverse, Hüpfen, Singen) hin und beschreibt konkrete Übungen, um bestehende Defizite aufzuholen.


    Sie weiß, wie man Kinder beim Zählen „erwischt“ und zeigt, wie man die Aufgabe so darstellen lässt, dass die Kinder zum Verständnisvollen Umgang mit der Aufgabe geführt werden und nicht zählen.


    Wenn du den Titel bei google eingibst, kommst du zu vielen Online-Buchhandlungen, die das Buch beschreiben; parallel gibt es eine Mappe mit Kopiervorlagen, mit gleichem Titel.


    Bablin

    Wer hohe Türme bauen will,
    muss lange beim Fundament verweilen.
    Anton Bruckner

  • Hallo Schulkind,


    nicht verzweifeln, nicht heulen, das bringt ja doch nichts. Ich weis, das ist gut gesagt, aber glaube mir ich hätte schon lange keine Träne mehr wenn ich immer heulen möchte.
    Nun weis ich nicht, wie es mit der Arbeitszeit bei dir klappt, wie weit die Schule entfern ist, aber ich würde zu dem Lehrer gehen und ihm mal was von Datenschutz erklären, wegen dem öffentlich machen der 5 und natürlich auch etwas sagen über die verletzte Seele des Kindes. Manchmal versteht er es ja. Ich habe bei meiner Jüngsten in der ersten Klasse lesen müssen "Du kannst es besser." Ich habe mir bei meinem Großen geschworen so was nie wieder zu lesen. Zum Glück wohnt die Lehrerin drei Häuser von mir entfern, mein Glück - ihrs wohl eher nicht. Jedenfalls war ich umgehend dort und habe sie gefragt, was ein Kind in der ersten Klasse wohl davon abhalten sollte so gut wie möglich zu arbeiten. Ich habe gesagt sie kann drunter schreiben, "Das ist eine Sauklaue." oder so was, das ist ja die Wahrheit, aber das mein Kind in dem Moment besser hätte sein können ist nicht die Wahrheit. Vielleicht wären die Leistungen eine Stunde vorher oder nachher, oder an einem anderen Tag besser. Habe ihr erklärt wie wechselhaft Kinder mit Lega. Dysk. und ADS sind.
    Seit dem stehen die Bewertungen anders drunter.


    Hat dein Kind eine Ahnung davon was Dysk. ist und das es davon betroffen ist? Meiner Tochter habe ich gleich nachdem ich es bemerkte ( nein, die Lehrer bemerkten es nicht)gesagt was los ist und auch gesagt, dass sie andere Dinge dafür sehr gut kann. Dann haben wir noch eine IQ Test machen lassen ( ist ja oft beredet ob es sinnvoll ist) für uns war es sinnvoll, weil mit einem IQ von 120 sind wir von der Förderschuleinweisung weg gerutscht. Und ich konnte meiner Tochter sozusagen beweisen, dass sie nicht dumm ist.
    Seit sie durch das ADS bedingt Concerta bekommt, ist auch das Geheule, und das stundenlange HA machen beendet.


    Die Kinder müssen von unten anfangen die Zahlen neu zu erleben, dazu muss dahin zurück gegangen werden, wo es Probleme gibt. Du kannst nur ab und zu den Spagat wagen auch die Mal Aufgaben etwas zu üben. Ansonsten vertraue darauf, dass dein Kind schnell nachholt, wenn es erst mal den Zahlenaufbau bis 10 verstanden hat.


    Wenn du magst kannst auch privat mailen.



    LG Birgit

  • Nach dem ich einen Vortrag von Herrn Lorenz zu diesem Thema gehört habe, bin ich noch mehr verunsichert. Dieser machte nämlich deutlich, dass gerade rechenschwache Schüler mit Hilfsmaterialien nichts anfangen können, da sie die Struktur dessen nicht verstehen, sondern nur daran statt an den Fingern zählen, was nicht weiter hilft.
    Auch war er der Meinung, dass die Probleme in der fehlenden Raumvorstellung liegen, weshalb ich mir das Buch von Frau Buchner auf jeden Fall kaufen werde, weil es sehr interessant klingt.
    Danke für den Tipp!

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