Beiträge von Maylin85

    Ich hatte letztes Jahr einen Schüler, der sukzessive erblindet ist und wo das Sehvermögen rapide schlechter geworden ist. Sowas ist doch gar kein Thema - dann kriegt er eben größere Kopien, Extrazeit, darf in Klausuren Laptop nutzen etc.

    Alles, was zielgleich ist und ein tragbares Sozialverhalten aufweist, MUSS irgendwie ermöglicht werden. Inwiefern das beim Hören an Grenzen stößt, weiß ich nicht, aber alles andere ist doch gar nicht ernsthaft Thema bei der Inklusionsdebatte.

    In der Oberstufe hat sich das eh erledigt. Sie konnen evtl. den Hauptschulabschluss nach Klasse 10 schaffen und darauf haben wir dann auch vorbereitet - so gut oder schlecht man das halt kann, wenn man in einem System gar nicht drinsteckt. Unter G8 hieß das, dass die Kinder irgendwo in der Sek I wiederholen mussten, da ihre Präsenzpflicht ein Jahr länger ging, als die Sek I der Mitschüler - ich erinnere mich an eine GE Schülerin, die mit dem Wechsel der Klassengemeinschaft extrem unglücklich war und sehr arg zu kämpfen hatte. Auch das ein Beispiel, warum das Ganze von vornherein nicht stimmig war.

    Solange wir eine Sonderpädagogin hatten, hat die sich auch um irgendeine Art von Anschluss bemüht. Ich weiß aber, was meine Freundin an der Förderschule alles mit den Schülern macht, um sie bei potentiellen Praktikumsstellen oder Arbeitgebern unterzubringen und langjährige Kontakte zu knüpfen - auch das kann Regelschule "nebenbei" überhaupt nicht leisten und findet nicht statt.

    Weil die Gesellschaft auf alle Schulformen verteilt ist. Die Schüller*innen, die zieldifferent Beschult werden, würden nach dem ursprünglichen System, alle zusammen nur die Förderschule besuchen können. Das ist keine gleichberechtigte Teilhabe aller Schüler*innen in allen Bereichen der Schule, unabhängig von der Behinderung.

    Inwiefern ist es Teilhabe, in einem Raum mit anderen Kindern zu sitzen, die einen anderen Abschluss anstreben? Und welchen Sinn hat das Ganze, außer dass es die Lernbedingungen für Mitschüler durch häufige Störungen (ES, aber auch LE hatte häufig ein interessantes Sozialverhalten) sowie natürlich für die Lehrkräfte verschlechtert? Teilhabe am Bildungssystem ist meines Erachtens mit dem Recht auf passende Beschulung erfüllt - und das hatten Kinder hier immer.

    Ich habe LE und GE Beschulung am Gymnasium (Klasse 5-9) und an der Realschule (Klasse 6 und 8 erlebt und am Gymnasium crashed es komplett mit dem notwendigen Tempo der Unterrichtsprogression. Man hat einfach keine Zeit, sich Studen durch Sozialverhalten zerschießen zu lassen oder ständig irgendwo zu unterstützen. An der Realschule was es auch nicht spaßig, ging aber irgendwie besser. Wir mussten übrigens am Ende auch schauen, ob wir die LE Kinder zum Hauptschulabschluss führen können und einige haben ihn auch geschafft. Dass es bei den Inklusionskindern von Anfang an nur um Dabeisitzen geht, ist also auch nicht richtig.


    Wenn ich es richtig rauslese, ist das Hauptargument gegen Verzicht auf zieldifferente Inklusion am Gymnasium, dass es dort bitte genauso schlecht laufen soll, wie woanders auch. Finde ich etwas problematisch unter dem Aspekt, dass diese Schulform (eigentlich) die Aufgabe hat, Studierfähigkeit zu vermitteln und die Leistungsträger von morgen zu generieren, die den ganzen sozialromantischen Luxus, den dieses Land sich leistet, gegenfinanzieren sollen. Es hat gesamtgesellschaftlich niemand was davon, hier durch noch mehr Heterogenität noch schlechtere Rahmenbedingungen zu schaffen, als wir sie sowieso schon haben. Es ist auch nicht falsch, wenigstens eine Schulform vorzuhalten, wo Kinder halbwegs ungestört lernen können. Diese ominöse Teilhabe übersetzt sich bisher nicht sonderlich beeindruckend in Teilhabe außerhalb der Schule - man sollte also auch berücksichtigen, was man diesem Ideal alles an Leistungspotential bei anderen Schülern opfert und ob die Schaden/Nutzen-Rechnung unterm Strich so gelungen ist.


    tibo

    Naja Pisa wird später erhoben und da schneiden Sachsen und Bayern ja auch sehr gut ab 😊

    Wieso ist der Besuch einer Schule, die den eigenen kogitiven Fähigkeiten entspricht, eine Ausgrenzung? Nach der Logik werden Schüler aller Schuformen irgendwo ausgegrenzt (je nachdem, wo man halt die Bezugsnorm setzt). Vielleicht ist es ja gar keine Ausgrenzung. sondern lediglich eine schnöde Abgrenzung.


    "Beide Seiten profitieren" halte ich für ein nettes Märchen. Durfte ich in der Praxis jedenfalls bisher nirgends feststellen.

    Alle anderen Schularten schaffen das doch auch und auch dort ist das kein Spaziergang. Warum also sollen die Gymnasien zieldifferente Beschulung per se qua Schulart nicht leisten (müssen), jede andere Schulart aber schon?

    Im Idealfall muss das natürlich keine Schule leisten, da es Förderschulen gibt.

    Basierend auf dem, was ich an Realschule und Gymnasium erlebt habe, finde ich es in Realschulen aber noch praktikabler. In Englisch z.B. fand ich auffällig, dass es in den Realschulmaterialien zu jeder neuen eingeführten Grammatik erheblich mehr Übungsaufgaben gab, für die man laut internem Curricilum auch Zeit hatte. Wenn man also regelmäßig ausgedehnte Übungsphasen hat, hat man evtl. auch etwas mehr Zeit, sich um Inklusion zu kümmern. Am Gymnasium war es unter G8 oft so, dass es zu neuen Strukturen 1-2 Übungsaufgaben gab, die ich im Unterricht gemacht habe, Rest in der Hausaufgabe, next. Wenn man in erheblich höherer Schlagzahl neuen Input gibt, fehlt einfach die Zeit, "nebenbei" noch was anderes zu machen und sich um Belange von zieldifferenten Kindern zu kümmern.

    Nenn mich naiv - aber es ist u.a. ein Ziel der Inklusion, dass genau das nach der Schule / in der Gesellschaft nicht passiert.

    In der Arbeitswelt findet Inklusion faktisch aber nunmal nur sehr rudimentär statt und ich persönlich glaube auch nicht, dass sich das ändert, solange Unternehmen primär Ziele der Gewinnmaximierung verfolgen. Das ist eine nette Vorstellung, die im Einzelfall vielleicht auch mal in einem Vorzeigeprojekt realisiert wird, aber für die breite Masse der Förderschwerpunkte GE, LE und ES endet die Rücksichtnahme und gesonderte Behandlung vermutlich nach der Schulzeit.

    und meine Grundschüler können ziemlich gut mit allen umgehen, auch wenn sie speziell sind. Ist es nicht auch wichtig, das zu lernen?

    Vergessen, dazu: warum genau ist das eigentlich wichtig? Ich denke gerade an eine spezielle Klassezurück mit einem Mädchen, das sich ständig von Nichtigkeiten angetriggert gefühlt hat und ausgerastet ist, während man der (wirklich eigentlich sehr netten und sozialen) Klasse erklärt hat, dafür müsse sie Verständnis haben, das Mädchen sei halt neurodivergent und könne das nicht so steuern etc. - funktionierte in den ersten paar Monaten, danach fühlte der Rest sich massiv ungerecht behandelt, wenn das eigene Verhalten mit völlig anderen Maßstäben beurteilt und ggf. sanktioniert wurde. Und ich kanns verstehen. Nenne mir nur einen einzigen Ort außerhalb der Schule, wo es geduldet werden muss, wenn sich jemand ständig nicht im Griff hat? Dieser Mensch wird von jedem Arbeitgeber, Verein, usw. früher oder später vor die Tür gesetzt. Und deswegen ist es eigentlich auch nur bedingt "wichtig" zu lernen, mit so etwas umzugehen, denn realistisch betrachtet hat die Mehrheit der Schüler nach Ende der Schulzeit keine Berührungspunkte mehr mit Menschen mit schwierigem Sozialverhalten (außer, man entscheidet sich aktiv dafür, z.B. im beruflichen Kontext).

    Seltsam. Ich beschule gerade das 4. Kind mit Autismus (jeweils mit Schulbegleitung). 2 davon sind äußerst intelligent und davon profitieren auch Regelschulkinder. Das mit dem abweichenden Sozialverhalten stimmt, es ist aber bei Autisten mehr oder weniger stark ausgeprägt und meine Grundschüler können ziemlich gut mit allen umgehen, auch wenn sie speziell sind. Ist es nicht auch wichtig, das zu lernen?

    Es gibt aber in unseren (Grund)schulen genug Kinder mit massiven Verhaltensauffälligkeiten, spätestens wenn man davon 5 oder 6 in der Klasse hat, kommt man an seine Grenzen. Das sind aber in der Regel Kinder ohne Diagnose. Ich will sagen, nur weil man attestierter Autist ist, gehört man nicht automatisch auf eine Förderschule.

    Ich schrieb ja auch von Kindern mit "abweichendem, die Mehrheit beeinträchtigenden Verhalten". Ich hattte auch schon Autisten, mit denen es gut funktionierte, und andere Kinder, die ganze Klassen gesprengt haben. Mir ist die Diagnose ziemlich egal; was praktisch nicht funktioniert, müsste anders gelöst werden,und ansonsten sollte das Kriterium der Schulzuordnung allein das Leistungsvermögen sein.

    Irgendjemand schreib hier, dass auch Kinder mit probematischem Sozialverhalten sich nicht gut tun würden - das mag sein, aber ganz nüchtern betrachtet beeinträchtigen sie sich dann immerhin nur gegenseitig und damit in der Summe weniger Kinder, als wenn x verschiedene Klassen davon betroffen sind.

    Ich halte unregulierte Inklusion für einen Menschenrechtsverstoß. Die Lehrkräfte und der Rest der Klasse haben ein Recht auf funktionierenden Unterricht.

    Und die Inklusionskinder ebenfalls. Wenn meine Freundin von den Arbeitsbedingungen an ihrer Förderschule erzählt und das mit Regelschulbedingungen vergleicht, ist es ein Verbrechen, dass man betroffenen Kindern diese Förderung vorenthält.

    Gerade bei dir, Maylin85, fällt mir wiederholt auf, dass du gar nicht blind für diese Ungerechtigkeiten bist, sondern diese ganz bewusst verteidigst und noch verstärken willst zugunsten der Privilegierten. Das ist einfach nur Abschottung, die du bei deiner eigenen Karrierebiografie ja auch sehr offensiv vor dir her trägst.

    Jein. Ich halte ein System für erstrebenswert, dass stärker nach Leistung selektiert und somit möglichst homogene Bedingungen in den einzelnen Schulformen schafft, weil ich absolut davon überzeugt bin, dass man unter diesen Rahmenbedingungen allen Kindern, egal auf welchem Niveau, schlichtweg besser gerecht wird. Dort, wo Heterogenität zunimmt, beobachtet man oft ein allgemeines Abdriften in die Mittelmäßigkeit. Total anekdotische Evidenz, aber in dem Zusammenhang fand ich bemerkenswert, dass die Realschule, an der ich mal ein Halbjahr unterrichtet habe, ein höheres Niveau hatte, als mein späteres Gymnasium (mit sehr heterogener Schülerschaft und vielen Schülern ohne Gymnasialempfehlung, also eigentlich nur noch Gymnasium auf dem Papier). Unter den Bedingungen, die wir nunmal haben, gelingt Individualisierung eben nur begrenzt und je homogener die Ausgangslage ist, desto besser und unkomplizierter lässt sich punktuell und gezielt für einzelne Schüler differenzieren. Finde ich.

    Die angeprangerten Ungerechtigkeiten ergeben sich meines Erachtens auch nicht per se aus der Selektion, sondern aus der noch immer nicht optimalen Durchlässigkeit zwischen den Schulformen. DAS wäre ein Punkt, den ich viel stärker in den Fokus rücken würde und wo man nachdenken könnte/sollte, wie man an neuralgischen Punkten (Ende Orientierungsstufe, Oberstufe) funktionale Gelenkstellen schafft, die den Übertritt erleichtern, wenn es Schülern gelingt, in den oberen 10-20% ihrer jeweiligen Schulform zu performen und sich für einen Wechsel zu qualifizieren. Weiterhin sollte irgendwo Berücksichtigung finden, dass einige Kinder einfach länger brauchen oder durch Schicksalsschläge zurückgeworfen werden etc., spricht es braucht weiterhin und niederschwellig zugänglich "zweite Bildungsschancen".

    Ich bin überhaupt kein Vertreter von Elitenförderung und der Rest fällt halt irgendwie hinten über, sonst hätte ich mir keine Schulform ausgesucht, in der man ausschließlich auf Schüler mit gebrochener Bilungsbiographie und vielschichtigen Lernproblemen trifft. Ich lehne nur den Ansatz der "einen" Schule für alle ab, denn das resultiert in der Praxis nunmal überwiegend in (ja, auch sozialem) Chaos und Leistungsverlust. Dass man die Abgehängten mitnehmen und besser qualifizieren muss, ist richtig, aber dafür sollte man die Leistungsspitze nicht "opfern", sondern auch dieser Klientel systemisch ermöglichen, sich bestmöglich zu entwickeln. Dazu braucht es Selektion.

    Mir ist unbegreiflich, wie Lehrkräfte, die nennenswert Zeit an deutschen Schulen verbracht und praktische Erfahrungen gemacht haben, Inklusion oder unzureichende Selektion für irgendwie gewinnbringend halten können. Dass auf Bundeslandebene mit Bayern und Sachsen Bundesländer vorne liegen, die noch strikter selektieren, ist null verwunderlich.

    Es ist für mich als chronischer auf-den-letzten-Drücker Mensch schon stressig, wenn eine Klausur x Wochen vorher fertig sein soll. Das engt ja auch die Unterrichtsgestaltung total ein - mal länger bei einem interessanten Thema hängen bleiben und dann ggf. spontan einen anderen passenden Klausurschwerpunkt setzen, als ursprünglich grob angedacht, ist ja dann eher nicht möglich.


    Zum Thema: an Vergleichsarbeiten oder wer welche Art von Klassenarbeit schreibt, würde ich mich nicht aufreiben. Bei der Fahrt sieht das anders aus. Gestaltung ok, soll er sich halt ausklinken und mit seinen Leuten was anderes machen. Aber es kann nicht sein, dass eine Klasse andere Regeln hat, als der Rest - da ist Stress und Gequengel ja quasi vorprogrammiert und hier würde ich wohl auf eine gemeinsame Linie pochen, glaube ich.

    Ich sehe auch wenig Mehrwert in Vergleichsarbeiten und mir ging die Notwendigkeit, sich abzusprechen, immer ziemlich auf den Keks. Vergleichbare Rahmenparameter können in der Fachkonferenz abgesteckt werden, das reicht meines Erachtens völlig.


    Den Kollegen, der grundsätzlich sein eigenes Ding gemacht und sich nicht an Absprachen gehalten hat, kenne ich auch. Für Schüler war er auch oft schwierig, da ziemlich straight seinen Stiefel durchziehend. Aber: hat man zur Oberstufe hin Schüler von ihm übernommen, waren die fachlich top... also soll man den Mann doch einfach machen lassen. Vergleichsarbeiten hätte man mit ihm vermutlich auch nicht schreiben können, weil er das Englischbuch und die dort angelegte Progression großzügigig ignoriert hat, während das für alle anderen in der Sek I klarer Leitfaden war.

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