Beiträge von FLIXE

    FLIXE und fulo: Ich bin voll eurer Meinung.

    Durch das halbschriftliche Verfahren bzw. Kopfrechnen, das Arbeiten am Rechenstrich und Zahlenstrahl oder auch am (Zehner/Zwanzigerfeld)/Hunderterfeld wird die Zahlenvorstellung entwickelt. Das kann das Stellenwertrechnen gar nicht leisten. Wenn man zu früh schriftliche Rechenverfahren einführt, dann leidet, wie schon geschrieben wurde, die Zahlenvorstellung, die dann übrigens auch eine Fehlerquelle bei den schriftlichen Verfahren werden kann.

    Wenn Schüler später zu mechanisch rechnen, sehen einige auch bei den schriftlichen Verfahren nicht, dass das Ergebnis gar nicht stimmen kann. Wichtig ist aber auch bei den schriftlichen Verfahren immer wieder das Überschlagen und das Einschätzen der Größenordnung der Ergebnisse.

    Im Alltag sollte man zudem die Größenordnung von Zahlen einschätzen können.

    Ich sehe aktuell gerade bei einem Schüler: Zahlenraum Million: Er hat sich angewöhnt, im Kopf "schriftlich" zu rechnen. Dabei entgehen ihm Fehler bezüglich der Größe der Zahlen. Außerdem meint er z.B, dass 350 000 + 750 000 eine Million ergäbe, weil er zu sehr auf die Stellen fixiert ist.


    Ich liebe es eine Stellenwerttafel an die Tafel zu zeichnen und dann die Mengen/Zahlen mit Magneten darzustellen. Besonders großen Spaß habe ich dann daran, einen Stellenwert bis 10 aufzufüllen und die Schüler dann mit Stellenwertmaterial die Zahl Zehnunddreißig 🤪 darzustellen. Meine Kids merken dann zwar, dass irgendetwas komisch klingt, aber sie haben keine Ahnung wo das Problem ist (Förderschule!).

    Tatsächlich ist es aber meines Wissens so, dass in anderen Ländern (z. B. südeuropäischen?) die schriftlichen Rechenverfahren deutlich früher gelernt werden als in Deutschland.

    Da hast du Recht. Das gilt vor allem auch für die USA.


    Die Pisa-Ergebnisse (von denen ich generell nicht sooo viel halte) in Mathematik in diesen Ländern zeigen allerdings dann doch deutlich, dass auch dieser Weg nicht für bessere mathematische Fähigkeiten sorgt, eben weil es nur auf Mechanik statt Verstehen baut.

    Mein Neffe ist z.B. hochbegabt und wird im Sommer eingeschult.


    Er hatte bereits im Kindergartenalter eine extrem gut ausgeprägte Mengenvorstellung und berechnet derzeit größte Zahlen (z.B. wie viele Tage er gerade alt ist) halbschriftlich im Kopf.


    Ihm könnte man schon zum Schulanfang die schriftliche Addition und Subtraktion zeigen, da er alle vorausgehenden Entwicklungsschritte bereits erfolgreich durchlaufen hat. Der richtige Zeitpunkt der Einführung hat für mich also nichts mit der Klassenstufe oder dem Alter zu tun, sondern ausschließlich mit der mathematischen Entwicklung eines Kindes.


    Meinen Förderschülern würde ich die schriftlichen Verfahren am liebsten gar nicht zeigen, weil sie da eben nur zählen. Ich würde lieber viel mehr Zeit mit den mathematischen Grundlagen (Pränumerik, Mengen, Stellenwertsystem) verbringen. Für das mechanische Rechnen benutzen sie später sowieso einen Taschenrechner. Eigentlich bräuchten sie die schriftlichen Verfahren nicht zwingend für ihre berufliche Zukunft. Ein mathematisches Verständnis finde ich da schon wichtiger…

    Es sind vor allem die Eltern der Kinder, die Schwierigkeiten in Mathematik haben, die das frühere Einführen des schriftlichen Rechnens wünschen.


    Halbschriftliches Rechnen in großen Zahlenräumen mit Stellenwertübergängen ist um ein Vielfaches schwieriger als die schriftlichen Rechenverfahren. Denn hierfür braucht es ein „echtes“ Verständnis von Mengen und dem Stellenwertsystem. Bei der schriftlichen Addition und Subtraktion muss man ja eigentlich (bis auf wenige Ausnahmen mit mehreren Summanden/Subtrahenden) nur bis 20 rechnen können.


    Als Folge dieses fehlenden Verständnisses können Förderschüler oft richtig schriftlich addieren, aber ihre Ergebnisse überhaupt nicht auf Plausibilitität überprüfen bzw. keine Fehlerkontrolle durchführen. Bei der schriftlichen Subtraktion wird es dann schon schwieriger, schriftliche Multiplikation geht kaum noch und schriftliche Division gar nicht.


    Übrigens verstehen genau diese Eltern unter dem schriftlichen Rechnen häufig nur die schriftliche Addition 🤷‍♀️.

    Ich habe es weiter vorne schon einmal geschrieben - ich glaube nicht, dass der Weg zum Erfolg (= weniger Wählerstimmen für die FD) der ist, den Menschen ins Gesicht zu sagen, dass sie zu „blöd“ zum Wählen sind und dass sie ja anders wählen würden, wenn man sie oft genug belehrt.


    Für mich persönlich ist das eine sehr herablassende Art mancher etablierter Altparteien-Politiker im Umgang mit uns Wahlberechtigten. Und obwohl ich selbst kein AFD-Wähler bin, empfinde ich diese Art des Miteinanders als gefährlich und unpassend.


    Einem AFD-Wähler immer wieder zu suggerieren, dass er ja eigentlich zu doof ist um die Wahrheit zu erkennen oder er einfach nur zu ungebildet ist, wird eine noch größere Wut auf die derzeitige Regierung und die Medien (die diese Aussagen ja überbringen) in ihm auslösen. Somit wird genau diese Wählergruppe die AFD erst recht und aus Prinzip wählen, allein um denen da oben mal zu zeigen, dass man so nicht mit den Wählern umgehen kann.


    Wenn die Wähler allerdings durch Taten (!) das Gefühl hätten, dass die Politiker sie hören, wahrnehmen und ihre Probleme und Sorgen ernst nehmen, dann könnten sie vielleicht ja doch nicht die AFD wählen. Dazu gehört auch, dass derzeitige Politiker mal ihre eigenen Fehler einsehen und dafür geradestehen. Stattdessen kleben sie alle nur noch an ihren Posten komme was da wolle!


    Und auch hier im Thread wird deutlich, dass gerade links- und geünorientierte Lehrer:innen genau diese Denkweise haben - AFD-Wähler haben keine Ahnung, kennen das Parteiprogramm nicht und sind nicht ausreichend interessiert/gebildet. Das mag sogar so sein, aber niemand lässt sich gerne öffentlich denunzieren. Solange man weiterhin so über „die Ostdeutschen“ öffentlich in den Medien und der Politik spricht, wird sich ein Teil „der Ostdeutschen“ weiterhin angegriffen und beleidigt fühlen und kein Vertrauen in unsere Medien und Politik haben und somit die für sie einzige Alternative, die AFD wählen.

    Ich wüsste aber gerne, ob die inklusiv Beschulten L-Kinder nicht tendenziell doch mehr mitnehmen, wenn sie im normalen Unterricht sitzen? Ähnlich jüngeren Geschwistern, die automatisch mehr gefordert werden, weil man z.B. immer Bücher für Ältere vorliest, Sprachvorbilder da sind etc. Ich weiß es nicht.


    Das kann ich mir grundsätzlich schon vorstellen. Aus meiner Berufserfahrung heraus denke ich aber eher, dass dies vor allem die Kinder mit einem Förderbedarf und schlechtem sozio-kulturellen Hintergrund betrifft, also Kinder, die z.B. einen Migrations- oder Flüchtlingshintergrund (schlechte Deutschkenntnisse) haben, von Kinderarmut (Bürgergeld) betroffen sind oder in Familien aufwachsen, in denen eine gute Bildung keine wichtige Rolle hat. Der Förderbedarf ist hier ja oft das Resultat aus einem oder mehrerer dieser Bedingungsfaktoren und nicht immer ist der IQ dieser Kinder unter 85. Trotzdem erreichen diese Kinder die Bildungsziele nicht, obwohl sie sie theoretisch erreichen müssten/könnten.

    Wenn der IQ-Test in diesen Fällen ein Ergebnis unter 85 zeigt, liegt es meistens nur knapp darunter.


    Kinder und Jugendliche, deren Lernbehinderung eine eindeutige körperliche Ursache hat (z.B. Gendefekte und Syndrome, FAS, schwere Erkrankungen mit schädigenden Behandlungsformen uvm.) bzw. bei denen sich keinerlei Ursachen, vor allem keine sozio-kulturellen Benachteiligungen, finden lassen, erreichen in IQ-Test in der Regel eher Ergebnisse, die deutlich unter 85, meist sogar unter 80 liegen. Diese Kinder schaffen auch bei intensivster Förderung in der Regel weder in der Inklusion noch an der Förderschule einen Schulabschluss, da ihre Lernbehinderung nicht an mangelnder frühkindlicher bzw. sprachlicher Förderung liegt. Diesen Jugendlichen in meiner Klasse geht es allerdings laut eigener Aussage in der extra Sonderklasse innerhalb der zielgleichen Förderschule zum ersten Mal richtig gut (wir dürfen diese Klassen erst seit wenigen Schuljahren führen, vorher waren diese Kinder in den Regelklassen).

    Relativ oft höre ich auf dem Heimweg im Auto den Deutschlandfunk im Radio, so auch gestern. Was ich dort allerdings gehört habe, hat mich als Sonderpädagogin ziemlich wütend gemacht.


    In einem Beitrag aus dem Bereich Bildung äußerte sich der Bildungsforscher Klaus Klemm zum Thema Inklusion. Dabei erklärte er, dass eine Studie ergeben habe, dass von inklusiv unterrichteten Schülern mit einem festgestellten sonderpädagogischen Förderbedarf 75% mindestens einen Hauptschulabschluss erreichen würden. Von Schülern, die an einem Förderzentrum unterrichtet werden, seien dies lediglich 50% die einen Schulabschluss erreichen. Daraus schlussfolgerte er, dass die Förderung von Kindern im inklusiven Setting weitaus erfolgreicher sei als an Förderschulen. Schließlich wolle man ja allen Schülern in Deutschland möglichst einen Schulabschluss ermöglichen.


    Zunächst habe ich überlegt, ob die Aussage für die Zuhörer und die daraus resultierende Wahrnehmung unabsichtlich oder absichtlich geschah. Mittlerweile bin ich mir sicher, dass es genau so gewollt war.


    Ich selbst halte die Behauptung eines kausalen Zusammenhangs zwischen der Abschlussquote an Regel- und Förderschulen für extrem unseriös, wenn dabei nicht die einzelnen Förderschwerpunkte und ihr Schüleranteil im inklusiven Setting bzw. an Förderschulen genau betrachtet werden.


    Für meine eigene Schule kommen da nämlich ganz andere Quoten heraus. Ich selbst arbeite ja an einer Schule für Hörgeschädigte. Bei uns gibt es in der weiterführenden Schule die Bildungsgänge Lernen, Hauptschule, Werkrealschule, Realschule und gymnasiale Oberstufe (berufliches Gymnasium). Wir unterrichten ca. 200 Schüler im Bereich der Sekundarstufe 1 und 2 und betreuen ähnlich viele Schüler durch den mobilen sonderpädagogischen Dienst an Regelschulen. Die Statistik zeigt, dass Kinder, die irgendwann in ihrer Schullaufbahn die Ziele der Klassenstufe bzw. des Bildungsplans nicht erreichen können, immer (!) auf Elternwunsch zu uns ans Förderzentrum Hören wechseln und hier weiter beschult werden. Somit haben wir im inklusiven Teil unserer Schüler eine Abschlussquote von sogar 100% (vielleicht auch nur 99%).

    In unserer Förderschule selbst haben wir in den Bildungsgängen gymnasiale Oberstufe, Realschule, Werkrealschule und Hauptschule ebenfalls eine Abschlussquote mit mindestens einem Hauptschulabschluss von 99-100%.

    Nun haben wir aber auch einen Bildungsgang Lernen. Dieser wird von allen Kindern und Jugendlichen besucht, die trotz intensiver Förderung auch langfristig die Bildungsziele nicht erreichen können. In der Regel haben diese Schüler ALLE eine Mehrfachbehinderung mindestens aus den Bereichen Hören und Lernen, welche sie umfassend in ihrer kognitiven und somit schulischen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt. In diesem Bildungsgang haben wir daher eine Abschlussquote von 0%, da Schüler, die einen Abschluss erreichen können bei uns immer eine Abschluss-Regelklasse besuchen.

    Wenn wir aus diesen Werten nun einen Durchschnitt berechnen, müssen wir leider ebenfalls feststellen, dass die Förderung in der Inklusion erfolgreicher zu sein scheint.

    Hier muss ich jetzt aber laut STOP schreien. Keiner unserer hörgeschädigten Schüler in der Inklusion hat eine Mehrfachbehinderung, die ihn kognitiv beeinträchtigt! Wie aussagekräftig ist denn also die Behauptung, dass Inklusion und Abschlussquote kausal zusammenhängen???


    Natürlich ist meine Beobachtung anekdotisch. Wenn ich jetzt aber davon ausgehe, dass zwischen 50 und 75% der inklusiv geschulten Kinder einen Förderbedarf aus den Bereichen Hören, Sehen, körperliche motorische Entwicklung sowie sozial-emotionale Entwicklung OHNE eine kognitive Mehrfachbehinderung haben, erscheint es nur logisch, dass diese alle einen Schulabschluss erreichen, denn sonst hätten sie ja einen Förderbedarf Lernen oder geistige Entwicklung.

    Aus den Zahlen könnte man also auch Schlussfolgern, dass von den 25% inklusiv beschulten Schülern ohne Abschluss fast alle Kinder mindestens auch den Förderbedarf Lernen oder geistige Entwicklung alleine oder zusätzlich haben. Daraus ergibt sich die Frage, ob die 50% der Förderschüler an Förderschulen nicht eben auch mindestens den Förderbedarf Lernen oder geistige Entwicklung haben und daher keinen Hauptschulabschluss schaffen können. Da diese Gruppe der Förderschüler auch heute noch überwiegend an Förderschulen unterrichtet wird, ist also nur logisch, dass ihr Anteil ohne Abschluss in Förderschulen größer sein muss als in Regelschulen.

    Es mag durchaus Jugendliche mit dem Förderbedarf Lernen in Regelschulen geben, die den Hauptschulabschluss schaffen. Es ist dann jedoch davon auszugehen, dass die Ursache der Lernstörungen eher in der sozio-kulturellen Entwicklung zu finden ist, während die stärker betroffenen Kinder häufig von hirnorganischen Schäden (genetisch, krankheitsbedingt…) bzw. massiven Entwicklungsstörungen betroffen sind und sich dies auch nicht durch Förderung „wegzaubern“ lässt.


    Man könnte also vermuten dass die Abschlussquoten an den Förderzentren Hören, Sehen, körperliche und motorische Entwicklung und sozial-emotionale Entwicklung weit über 50%, an Förderzentren Lernen irgendwo zwischen 0 und 25% und an Förderzentren geistige Entwicklung bei 0% liegen. Der Durchschnitt unter Berücksichtigung der jeweiligen Schülerzahlen ergibt daher eben „nur“ eine Abschlussquote von 50% „dank“ der Schüler mit kognitiven Behinderungen, die hier einen deutlich größeren Anteil an der Gruppe der Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf einnehmen wie an Regelschulen, während die Schüler ohne kognitive Beeinträchtigung an den Förderschulen einen deutlich geringeren Anteil wie an Regelschulen einnehmen.


    Hier wird Eltern von Bildungsforschern vermittelt, dass auch kognitiv beeinträchtigte Kinder an Regelschulen einen Hauptschulabschluss schaffen könnten, während er an Förderschulen häufig quasi von vornherein ausgeschlossen sei. Dies begründete Herr Klemm unter anderem damit, dass die Sonderpädagogen an Förderschulen den Kindern bereits von Anfang an suggerieren würden, dass die ganze Klasse sowieso keinen Schulabschluss schaffen könne. Dies entspricht bis auf die Förderschule geistige Entwicklung NICHT den Tatsachen und auch dort sprechen die Lehrkräfte nicht auf diese Art und Weise mit ihren Schülern!!! An allen Förderschulen Lernen kann in einem 10. Schuljahr der Hauptschulabschluss abgelegt werden, wenn die Leistungsfähigkeiten der Schüler dies ermöglichen. Zumindest für BW ist dies im Schulgesetz festgeschrieben. Zudem sorgen die Förderzentren bei Schülern ohne Schulabschluss immer für einen gesicherten Anschluss (z.B. Ausbildung, Berufsbildungswerk, Berufsschulstufe…). Dies geschieht dagegen an Regelschulen für Förderschüler ohne Abschluss nicht durch die Schule. Hier werden Kinder aus schwierigen Verhältnissen also klar benachteiligt!


    Versteht mich nicht falsch. Es gibt viele Kinder und Jugendliche, die sehr erfolgreich inklusiv beschult werden und problemlos die verschiedensten Schulabschlüsse erreichen. Dies liegt aber in der Regel weniger an der tollen Inklusion, als viel mehr an ihren individuellen kognitiven Voraussetzungen und dem jeweiligen Förderbedarf.

    Eine solche öffentliche Falschdarstellung unserer Arbeit in den Förderschulen macht mich nicht nur immer wieder fassungslos, sondern auch wütend. Da werden ideologisierte Falschaussagen mit fadenscheinigen wissenschaftlichen Studien begründet, Eltern damit belogen und verunsichert und Sonderpädagogen diffamiert!!!

    Das mag ja sein, dennoch ist es klarer Stand der Forschung. In meinem Ref (BW, SEK.I, ab 2018) wurde das auch genau so thematisiert, gerade weil die Bildungspläne interpretationsbedürftig sind bzw. manche Vorgaben darin (ich denke dabei insbesondere an bestimmte methodische Vorgaben für GMS) durchaus im klaren Widerspruch dazu stehen.


    Das war jetzt nicht ganz ernst gemeint von mir. Natürlich weiß auch ich das und kenne auch vielfältige Untersuchungen dazu. Genaus deswegen mache ich ja viel von dem Quatsch nicht mit und die Ergebnisse zeigen mir deutlich, dass dieser Weg für meine Schularten nicht ganz in die falsche Richtung geht.


    Mit dieser Haltung sollte man allerdings vielen Fortbildungen besser fernbleiben oder Spaß am Diskutieren haben 😬. Ab Dienstag habe ich meine erste Referendarin. Ich übe mich dann schon mal im Schweigen an den richtigen Stellen…Nicht, dass sie wegen mir noch Probleme mit ihren Ausbildern bekommt.

    Eine meiner Schülerinnen arbeitet in Mathe nicht mit Buch, sondern mit speziellen Arbeitsheften. Diese wären für mich (!) als Schüler extrem ätzend gewesen, weil ich selbst gut in Mathe war.


    Meine Schülerin liebt diese Hefte, weil jedes Kapitel (GENT-Niveau) immer gleich aufgebaut ist, die Aufgabentypen gleich bleiben und sie mit jedem Kapitel mehr, besser, selbstständiger und erfolgreicher voran kommt.


    CDL: Komisch, obwohl ich mein Referendariat in der Förderschule gemacht habe, wollte davon kaum ein Seminarleiter etwas hören und auch in verschiedensten Fortbildungen geht es immer um selbstentdeckendes Lernen. Auch das ist ein Grund, warum ich kaum mehr Fortbildungen zur Unterrichtsgestaltung besuche. Die aktuellen Bildungspläne in BW scheinen das auch anders zu sehen…

    Ich sage es mal so (unabhängig von meiner eigenen politischen Haltung), die NPD war offensichtlich „rechtsextrem genug“, da ein Verbotsverfahren mit Erfolg durchgeführt werden konnte.


    So lange die AfD nicht verboten wurde, kann sie nicht insgesamt (!) als rechtsextrem eingestuft werden, auch wenn einzelne (viele?) Mitglieder rechtsextreme Positionen vertreten. Ich bin mir immer noch sicher, dass anfangs viele Menschen der AfD beigetreten sind, weil sie etwas verändern wollten und eine Alternative gesucht haben. Leider haben sich die falschen Personen nach oben gearbeitet und wurden nicht aufgehalten.


    Eigentlich gibt es nur zwei Möglichkeiten. Entweder ist die AfD rechtsextrem, dann sollten aber die andern Parteien auch den Mut haben, ein Verbotsverfahren anzustrengen und zu riskieren. Würde dieses Verbotsverfahren vor dem Verfassungsgericht scheitern oder von den Parteien gescheut werden, dann muss man auch akzeptieren, dass diese Partei derzeit demokratisch gewählt werden kann und das Wahlergebnis dann auch zu akzeptieren ist. Das derzeitige Gerede und die Schuldzuweisung der Wahlergebnisse ausschließlich an die Wähler wird die derzeitige Situation nicht verbessern bzw. verändern.

    Seit dem Ende meines Referendariats weigere ich mich, die ein oder andere didaktische Neuerung mitzumachen.


    In meinem Matheunterricht (Förder- und Hauptschule) üben und arbeiten wir die bis zum Klingeln. Ich werde nicht noch einmal Unterrichtszeit in schwachen Klassen damit verschwenden, zu reflektieren, was wir heute nun gelernt haben und mir dann nacheinander die Antwort „Ich habe das Gleiche wie XY gelernt.“ anhören. Gerne benutze ich dagegen differenzierte Lerntheken, die jeder in seinem Tempo bearbeiten kann. Währenddessen unterstütze ich einzelne Schüler oder korrigiere auch mal einen Kurztest.

    Ich lege extremen Wert auf eine ruhige und konzentrierte Arbeitsatmosphäre. Dafür verzichte ich häufig auf Partner- und Gruppenarbeit, damit jeder etwas arbeiten MUSS. Auch verbringe ich wesentlich mehr Zeit zur Sicherung der Grundlagen. Leider erreichen wir damit nicht immer die geforderten Kompetenzen, können aber akzeptable Grundfertigkeiten vorweisen.


    Ich behaupte, dass vor allem schwache Schüler auch heute noch von einem eher konservativen Unterricht mit direkter Instruktion profitieren. Ob sie dann mit einem Schulbuch üben oder bunt laminierte Karten nutzen, macht bei mir bisher keinen Unterschied. Je nach verfügbarer Vorbereitungszeit nutze ich vielfältige Materialien, allerdings seit jeher mit ähnlichen Endergebnissen.

    FLIXE: Ich glaube ein großes Problem ist, dass es einfach keine einfachen Lösungen gibt. Wir haben global wirtschaftliche Probleme. Wir kämpfen gegen die ersten Auswirkungen des Klimawandels. Wir leiden in Deutschland massiv unter den Fachkräftemangel gepaart mit dem wirtschaftlichen Aufstieg der Schwellenländer. Wir haben ein demografisches Problem.

    Ich fürchte, dass die Politik vor allem nicht bereit ist, zuzugeben, wie schlecht die Lage wirklich ist.


    Ich hätte enorm großen Respekt vor einem Politiker, der sich traut, die Probleme laut und klar zu benennen, auch wenn er dafür eventuell die Konsequenzen tragen muss.


    Ich erwarte keine einfachen und sofortigen Lösungen, aber ich erwarte ein sichtbares Anpacken!!!


    Ein Beispiel hier aus BW. Nach den schlechten Ergebnissen und er Pisa-Studie hat man für 48 Stunden über die Wiedereinführung von G9 geplaudert. Jedem halbwegs gebildeten Elternteil in BW war sofort klar, dass dies, unabhängig von einer Sinnhaftigkeit, nicht passieren wird, da es zu viel Geld kosten würde. Was soll denn dann dieses Geschwätz? So wird das Vertrauen in die Landesregierung nicht größer. Es entsteht aber erneut das Gefühl, dass man zwar um die Probleme weiß, auch Lösungsideen hätte, aber einfach nicht wirklich etwas in Sachen Bildung tun WILL! Besser hätte man gleich den Mund gehalten.


    Egal ob es um die Bekämpfung von Antisemitismus/Rechtsextremität/Linksextremität, eine Arbeitspflicht für Bürgergeldempfänger, den Doppelwumms bei der Bundeswehr, die Pisa-Ergebnisse und vieles andere geht, es wird nur geredet und wenn ausreichend Zeit ins Land gegangen ist, gehofft, dass der Bürger die Versprechungen vergessen hat. Zumindest wirkt es so… Auch wundere ich mich oft über die Prioritätensetzung in unserer aktuellen Regierung.

    Ich habe mich bei der Wahl des ersten AfD-Landrats sehr über das Verhalten ALLER etablierten Parteien geärgert.


    Kein Politiker hat für den Wahlerfolg der AfD eigene Fehler auch nur ansatzweise in Betracht gezogen. Stattdessen hat man nicht gezögert, dem Wähler als „dumm“ zu bezeichnen, dass er eine rechtsextreme Partei gewählt hat. Auch wurde laut geäußert, dass man niemals die AfD wählen dürfe, egal wie unzufrieden man mit der Politik sei. Übersetz hieß das für mich, dass man die aktuelle Politik eben so hinnehmen muss, weil es aber keine andere Möglichkeit für den Wähler gibt.


    Im Grunde ist das natürlich absolut richtig, aber es gibt zunehmend eine immer größer werdende Zahl an Wählern, die das Gefühl haben, dass in Deutschland keine Politik für die Menschen, sondern für das eigene Ego gemacht wird. Diese Menschen wollen also nicht die AfD wegen ihrem Parteiprogramm wählen, sondern haben die Hoffnung, dass die etablierten Parteien endlich aufwachen. Aber statt aufzuwachen und zu handeln, passiert, trotz Gewinnen der AfD, keine sichtbare Veränderung und Verbesserung von Problemen. Das frustriert die Wähler.


    Ich wünsche mir endlich eine Regierung, die Probleme klar benennt und nicht dauernd ideologisch herum eiert. Dazu möchte ich endlich Taten sehen und nicht nur warme Worte hören. Auch stört es mich massiv, wie sorglos mit unseren Steuergeldern umgegangen wird und geltendes Recht immer wieder nach dem eigenen Parteibuch ausgelegt wird. Korruptionsaffären, Personalmauscheleien und die Suche nach „verlorenen Milliarden“ stärkt mein Vertrauen in die Altparteien auch nicht unbedingt. Dazu kommt ein überforderter Kanzler.


    Ich persönlich war, bin und werde nie ein AfD-Wähler sein, aber so langsam überkommt auch mich die Verzweiflung, wenn mal wieder eine Wahlbenachrichtigung im Briefkasten liegt. Momentan hätte ich (eher konservativ) mit Söder oder Merz noch ein klein wenig Hoffnung, viel ist es aber nicht mehr.

    Ich habe zum Thema Teilzeit auf Grund der Belastungen im Lehrerberuf schon einmal etwas in einem anderen Thread geschrieben und ich wiederhole mich hier gerne.


    Ich unterrichte seit 8 Jahren in Vollzeit und bin alleinerziehend. Ich kann es mir weder aktuell noch für meine Pension leisten, nur wegen der Belastung in Teilzeit zu arbeiten. Auch der Richter beim Scheidungstermin war dieser Ansicht.

    Aber ich gebe auch ehrlich zu, dass ich schon auch oft denke, dass es nicht verkehrt wäre, wenn es für die Kindererziehung z.B. Eine Berücksichtigung bei den Besoldungsstufen und der Pensionsberechnung für den Elternteil geben würde, der eben für die Kindererziehung zurücksteckt (egal ob Mutter oder Vater). Und auch in der Wirtschaft sollte es so etwas geben.

    Ich weiß natürlich, dass es eine Menge ungewollt Kinderloser gibt, aber diese haben weniger finanzielle und Teilzeitnachteile. Also ich bin weniger für eine „Bestrafung“ kinderloser Menschen, sondern eher für eine Unterstützung von Familien.

    Ich finde es nicht gut, dass viele Kinder 10 Stunden pro Tag außer Haus sind. Was aus diesen Kindern nicht selten wird, erlebe ich jeden Vormittag. Eine Reduzierung der Arbeitszeit zur Kindererziehung sollte für ALLE Eltern durch Ausgleiche ermöglicht/eingefordert werden.


    Trotzdem habe ich mich in meinen ersten Berufsjahren fast bis in den Burn-Out gearbeitet, auch weil ich bei jeder Anfrage nach Zusatzarbeit durch unser Leitungsteam gerne „HIER“ gerufen habe.


    Nun habe ich seit 10 Monaten eine Diagnose, die mich zum Umdenken zwingt und bin nach vielen vielen schwierigen Jahren endlich in Behandlung. In der Therapie habe ich mühevoll gelernt, dass man zu allererst nach der eigenen Gesundheit schauen muss. Das Wohl und die Bildung der uns anvertrauten Kinder und Jugendlichen kommt erst nach meinem eigenen und dem Wohl meines Kindes. Ich übernehme immer noch zu viele Aufgaben, aber es werden immer weniger. Und wisst ihr was? Meine Schule steht noch…

    Zudem habe ich nun vielfältige Maßnahmen getroffen, um meine Gesundheit und meine Familie zu schützen und meinen Beruf angemessen auszuführen. Nein, ich machen meinen Job weder perfekt noch optimal, aber die immer mehr werdenden Anforderungen an mich durch meinen Dienstherr führen nun einmal dazu. Da hilft auch mehr Gehalt nicht. Ich habe einen guten Weg zwischen Selbstaufgabe und Faulheit gefunden, manchmal leider zu Lasten meiner Schüler. Aber ich wiederhole mich: Das ist weder meine Schuld noch mein Problem!


    So lange wir Lehrer den Laden weiterhin durch Selbstaufgabe am Leben halten, wird sich nichts ändern. Ich habe es hart lernen müssen, auf mich zu achten und hätte mir gewünscht, ich wäre schon vorher selbst auf die Idee gekommen!

    Aber dass alle Kinder mit Down-Syndrom dieselben Interessen haben uns alle mit einem IQ von 65 Freunde werden ist halt genauso verkürzt.


    ... zwischen wem und wem genau?

    Aber genau das sage ich doch. Die beeinträchtigten Kinder wollen eben auch eine Auswahl haben, wen sie als Freunde haben wollen. Im inklusiven Setting mit wenigen ähnlichen Mitschülern, haben sie eben kaum eine Wahl. Sie finden sich immer zwangsweise zusammen.

    Aber dass, überspitzt gesagt, das Ärzte- Anwalts- oder Lehrerkind eine Freundschaft auf Augenhöhe mit dem inklusiven geistig behinderten oder auch nur lernbehinderten Kind führt, ist doch einfach eine Utopie. Das hat auch meiner Meinung nach nicht damit zu tun, ob diese Kinder sichtbar in der Mitte der Gesellschaft sind, sondern damit, dass wir Menschen uns einfach am liebsten mit uns ähnlichen Menschen umgeben.


    An meiner Schule gibt es mehr als 300 hörgeschädigte Schüler aller Art, auch mit zusätzlichen Beeinträchtigungen. Da ist die Chance, gleichgesinnte Freunde zu finden, die das eigene Leben nachvollziehen und verstehen können, eben doch größer.


    Ich habe in der Realität noch keine echte und ehrliche Freundschaft zwischen nicht kognitiv beeinträchtigten und kognitiv beeinträchtigen Menschen erlebt und schon gar keine Partnerschaft. Bei rein körperlichen Behinderungen sehe ich das anders und erlebe dies auch in meinem Umfeld sehr unproblematisch. Und unsere gehörlosen Schüler bewegen sich quasi ausschließlich in der „Gehörlosenwelt“.


    Ich bleibe dabei, dass Einzelinklusion oder Einzelintegration irgendwann einsam macht. Man kann eben trotz aller Konventionen niemanden zu Freundschaften und Partnerschaften zwingen, nur weil es so sein soll.


    Palim und Quittengelee: Führt ihr ehrliche Freundschaften auf Augenhöhe mit kognitiv beeinträchtigten Menschen?

    Also ich kann jetzt nur für meine Förderschule sprechen, an der ich arbeite. Bei uns gibt es in einem Gebäudekomplex alle Bildungsgänge vom Kindergarten, der Grundschule, der Werkrealschule, der Realschule bis hin zu einer gymnasialen Oberstufe. Seit wenigen Jahren gibt es zusätzlich den Bildungsgang Lernen, für Kinder mit einer Hörschädigung und dem Förderbedarf Lernen.


    In der Realität heißt das aber, dass in den Förderklassen aber eigentlich alle Kinder sitzen, die den zielgleich Bildungsplan nicht erfüllen können. Die Gründe dafür sind vielfältig und haben oft erst sekundär zu Lernstörungen geführt.


    Unsere „Regelklassen“ haben maximal 11 Schüler. Gelegentlich werden die Lehrer durch Dolmetscher unterstützt. Vereinzelt gibt es auch Schüler mit einem I-Helfer (i.d.R. Autisten).


    Die „Spezialklassen“ haben wir ab Klasse 5, wenn die Schüler extrem große Sprach- und Lernrückstände haben, so dass ihr Unterricht eher wie an einer GENT-Schule aussieht oder ab Klasse 7, wenn es langsam in Richtung Prüfung geht. In den letzten Jahren mussten wir zunehmend merken, dass die zieldifferenten Kinder immer mehr hinten herunter fallen, je mehr es Richtung Abschluss geht. Außerdem kämpfen sehr viele dieser Kinder damit, dass sie (in ihren eigenen Augen) nie gut genug sind.


    Ich habe in diesem Schuljahr 4 Schüler, letztes Jahr waren es 7. Es sind immer frühkindliche Autisten, Lernstörungen bis hin zur geistigen Behinderung, psychische Probleme mit starken Auswirkungen auf die Lernfähigkeit und Körperbehinderungen mit Lernstörungen dabei. Allen meinem Kids ist dabei gemein, dass sie nie oder momentan keinen Hauptschulabschluss schaffen können. Ich muss und will sie gar nicht weiter separieren. Ich will nur keine zielgleichen Schüler dazu.


    Übrigens, ALLE meine Schüler und ihre Eltern sind sehr glücklich, seit sie in meiner Förderklasse sind und melden das auch zurück. Zwei Schüler waren vorher auch bei mir in einer gemischten Regelklasse mit Differenzierung. Sie sagen einstimmig, dass es jetzt einfach viel viel besser ist. Ob das also ausschließlich an meiner Unterrichtsqualität liegen kann?

    Zur Ergänzung, dass nur behinderte und nicht-behinderte Menschen zusammenpassen:


    In meiner Schule arbeiten mehrere hörgeschädigte Lehrer und obwohl wir alle gut miteinander auskommen, bevorzugen alle von ihnen in ihrer Freizeit überwiegend Aktivitäten mit anderen hörgeschädigten Menschen.


    Es gibt ja auch nicht DIE Behinderten. Aber seien wir doch mal ehrlich, wer von euch hat Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung in seinem Freundeskreis, also nicht nur als Mitglieder Familie oder als Geschwister von Freunden, sondern so richtig als eigene echte Freunde? Das ist doch unrealistisch.


    Auch behinderte Menschen wollen nicht automatisch mit jedem behinderten Menschen befreundet sein, nur weil man eben behindert ist. Sie wollen aber auch wählen können aus einer Gruppe Menschen mit ähnlichen Einstellungen, Interessen, Werten usw… Sie wollen echte Freundschaften finden.


    Zu hoffen, dass irgendwann jeder mit jedem befreundet ist, egal was die andere Person mitbringt, ist doch eine Utopie, die nie eintreten wird. Würde ich selbst heute bewusst eine Freundschaft mit einem stark kognitiv beeinträchtigten Menschen suchen, dann wäre das einfach nicht ehrlich und eigentlich nur für mein Gewissen gut. Und genauso läuft es auch in inklusiven Klassen. Es entstehen eben keine echten Freundschaften.

    In meinen Augen gibt es nicht zwei Gruppen von Menschen, die Behinderten und die Nicht-Behinderten. Für mich gibt es ganz viele verschiedene Gruppen von Menschen.


    Seid ihr alle nicht auch lieber mit Menschen zusammen, die euch ähnlich sind, ähnliche Interessen haben, ähnliche Werte haben, euch gut verstehen können usw…? Ich bin unglaublich gern mit meinen Freunden aus meinem Musikverein zusammen. In einer Gruppe Extremsportler würde ich unglücklich werden, egal wie nett diese zu mir wären. Ich hätte auch keinerlei Spaß daran, diesen immer hinterher zu rennen. Da würde ich mich garantiert sportlich auch nicht verbessern, sondern wäre eher extrem frustriert. Und genauso fühlen meine kognitiv und körperlich eingeschränkten Schüler.

    Auch Auswanderer/Expats (völlig egal welcher Herkunft) oder Flüchtlinge/Migranten haben gerne Kontakt zu Menschen mit der gleichen Herkunft. Hier fühlen sie sich oft verstandener und müssen sich ggf. mal nicht anpassen (bitte nicht falsch verstehen!).

    Oft geschieht die Wahl der Freunde/Bekannten eher unbewusst, aber wenn wir alle mal ehrlich zu uns selbst sind, erfüllen unsere Freunde und Bekannte jeweils ganz spezifische Kriterien.

    Ich mag nicht mit jedem Menschen befreundet (aber bestimmt nicht wegen einer Behinderung!) sein und trotzdem bin ich in der Regel zu jedem höflich, freundlich und respektvoll.


    Wenn also nur ein geistig behindertes Kind in einer Klasse lernt, dann wird es irgendwann einsam werden. Während die Interessen und die Entwicklung in der Grundschule vielleicht noch nicht so eine große Rolle spielen, geht es spätestens in der Pubertät immer weiter auseinander. Da können die anderen Jugendlichen in der Klasse noch so respektvoll, freundlich und höflich sein, es wir sehr schwer werden eine wirklich enge und ehrliche Freundschaft zu finden und aufzubauen (Ausnahmen bestätigen die Regel). Denn die anderen Kinder haben eine weit größere Auswahl an „passenden“ Kindern. Es liegt einfach in der Natur der Menschen, sich mit ähnlich tickenden Menschen zu umgeben.


    Wenn es also um eine positive gesamtgesellschaftliche Entwicklung geht, in dem jeder Schüler zu seinem Recht kommt, gibt es für mich nur noch zwei Wege. Entweder gibt es weiterhin ein mehrgliedriges Schulsystem, dann aber auch bitte mit Förderschulen für behinderte und hochbegabte Kinder oder ein Gesamtschulsystem mit einem strengen Kurssystem. Da aber nicht jede Schule einzelne Kurse für kleinere Gruppen anbieten kann, müsste es dann eben Schwerpunktschulen mit Kursangeboten für Kinder mit Lern- oder geistigen Beeinträchtigungen, Sinnesbeeinträchtigungen, Hochbegabungen usw… geben.

    Das Schulleben mit Feiern, Mittagessen, ggf. AGs findet dann eben gemeinsam statt. Dann sind die Kinder mit Förderbedarf eben sichtbar im Leben der Gesellschaft dabei und könnten trotzdem nach ihren Bedürfnissen lernen. Es bräuchte dann auch weit weniger Förderschullehrer als bei Einzelinklusion. Zusätzlich hätten ALLE Kinder einen größeren Pool, aus denen sie ihre Freundschaften wählen und aufbauen können. Den respektvollen Umgang miteinander müsste man dann innerhalb eines Gebäudes trotzdem noch genug lernen.

    Ich wollte mit meinem Beitrag auch zum Ausdruck bringen, dass die Inklusion von lernzieldifferenten Kindern in einer ansonsten lernzielgleichen Klassen schon nicht bei einer Gruppengröße von 8-10 Schülern klappt. Das liegt dann aber nicht an der Klassengröße (die ist ja klein), der fehlenden Differenzierung (machen wir) oder dem fehlenden Personal (wir haben sogar in manchen Klassen Unterstützungspersonal).


    Es liegt einzig und allein an den sozial-emotionalen Folgen für die behinderten Kinder. In einer Klassengruppe, in der alle Kinder der Gruppe so mehrere Beeinträchtigungen haben, fällt man nicht mehr auf. Man ist nicht mehr besonders. Aber man ist auch nicht mehr ständig das Schlusslicht. Man muss nicht mehr etwas hinterher rennen, was alle anderen schaffen, aber man selbst nicht! Man muss sich nicht mehr verstecken oder anpassen. Man darf einfach sein.


    Es gibt übrigens einen Blog im Internet von einem Mädchen mit Down-Syndrom, welches eine inklusive Waldorf-Schule besucht. Ich lese diesen Blog schon seit Jahren. Je älter das Mädchen wird, desto öfter liest man, wie unglückliches sie oft ist. Sie fühlt sich nicht akzeptiert, nicht gesehen, eben einfach anders als alle anderen. Sie wird zu Geburtstagen eingeladen, hat Freundinnen in der Klasse und merkt doch jeden Tag, dass bei ihr viele Dinge doch anders sind. Oft weint sie abends im Bett heimlich oder wird vor lauter Frust über sich selbst extrem wütend. Die Schule hat ein tolles Konzept für die besonderen Kinder, aber es reicht scheinbar nicht aus.


    Dann brachte die Mama sie in einen Jugendtreff für geistig behinderte Jugendliche und das Mädchen blühte auf und man sah ihr an, wie sie sich plötzlich gänzlich unbefangen verhielt, einfach genau so wie sie war. Alle anderen waren genau so wie sie und ihre Mutter fühlte, wie die Last der Anpassung von ihr abfiel.

    Ich halte die Inklusion von nicht zielgleich unterrichteten Schülern mittlerweile für bedenklich, zumindest ab Klasse 4 bzw. der Sekundarstufe. Dabei geht es mir vorrangig um die sozial-emotionale Entwicklung der behinderten Kinder.


    Ich selbst arbeite an einer reinen Förderschule, die jedoch bis vor 2 Jahren auf dem Papier nur zielgleich unterrichten durfte. Natürlich hatten wir auch mehrfachbeeinträchtigte Schüler, die haben wir dann einfach mit dem Einverständnis der Eltern zieldifferent und individuell gefördert, auf dem Zeugnis gab es dann halt eine Bemerkung zur individuellen Förderung. Bei uns gingen sie dann ohne Abschluss an ein BBW. Da der nachschulische Weg immer gesichert war, störte das niemanden.


    Für die lernbehinderten Kinder wurde der binnendifferenzierte Unterricht zunehmend zur Qual, je höher die Klassenstufe war. Daran änderten auch die kleinen Klassen und die extreme Differenzierung nichts. Ihr Selbstwertgefühl wurde immer schlechter je näher die Klasse dem Schulabschluss kam. Während die anderen Schüler auf den Abschluss vorbereitet wurden, war ihnen klar, dass sie das nicht/nie schaffen werden. Dazu mussten sie immer öfter Rücksicht nehmen, je mehr sich die Lehrer den Abschlussschülern verpflichtet fühlten und in diese mehr Kräfte investierten, da man ihnen ja nichts verbauen wollte. Die lernbehinderten Kinder kamen dann eben zu kurz, aber das war ja nicht so schlimm…



    Seit zwei Jahren führen wir eigene Förderklassen neben den Regelklassen. Weitgehend alle Kinder UND Eltern sind mittlerweile glücklich, dass es diese Klassen gibt. Da ich selbst die Klasse 9/10 habe, weiß ich wovon ich rede. Nein, auch durch noch individuellere Förderung werden manche von ihnen niemals einen Schulabschluss schaffen, aber es geht ihnen endlich gut. Sie dürfen stressfrei in ihrem Tempo lernen und haben nicht die ganze Zeit vor Augen, dass sie immer das Schlusslicht sind. Sie können sich Pausen erlauben ohne von den anderen Mitschülern blöd angequatscht zu werden. Meine Autisten tauen plötzlich auf und entwickeln sich extrem positiv. Als Lehrerin habe ich nun endlich genügend Zeit, auf alle Besonderheiten einzugehen. Für die Schüler meiner Klasse, die Eltern und mich ist es ein Traum so zu arbeiten. Sozial-emotional geht es ALLEN meinen Schülern in der Sonderklasse besser als vorher in der Regelklasse. Keiner von ihnen will es je wieder anders haben.


    Ich habe nur 4 Schüler. Neben ihrer Hörschädigung haben sie Lernbeeinträchtigungen, geistige Beeinträchtigungen, massiv psychische Probleme oder Autismus: Würde ich dazu auch nur einen Regelschüler mit Abschlussperspektive bekommen, würde sich die Situation verschlechtern. noch 2 oder 3 mehrfach beeinträchtigte Schüler könnte ich dagegen problemlos noch dazu nehmen.


    Hat eigentlich schonmal jemand die betroffenen „Inklusionsschüler“ gefragt, wie sie sich dabei fühlen?

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