Beiträge von FLIXE

    Entschuldige Susannea. Vielleicht mache ich das wirklich ein bisschen absichtlich. Das tut mir Leid. Aber ich wollte wirklich mal ein echtes Beispiel haben, wie ich unter den gegebenen Bedingungen gute Förderung machen kann, ohne die I-Schüler aus dem Klassenraum zu nehmen und überwiegend in Kleingruppen zu unterrichten. Dein Beispiel ergibt nämlich auf Dauer keine optimale Förderung.


    Das Problem ist einfach, dass ich jeden Tag nach Hause gehe und weiß, dass meine mir anvertrauten Schüler ihre Potentiale nicht mal ansatzweise optimal ausschöpfen konnten. Und das liegt nur zu einem gewissen Teil an mir und an meinen Regelschulkollegen. Die I-Kinder sind die großen Verlierer und das jeden Tag aufs Neue. Dieses Gefühl ist für mich kaum auszuhalten und macht mich wütend.
    Ich weiß einfach, dass ich an einer Förderschule oder von mir aus auch in einer Förderklasse an einer Regelschule viel viel viel bessere Arbeit machen könnte. Die aktuelle Umsetzung von Inklusion bzw. Integration verhindert geradzu Förderung und das macht mich langsam aber sicher stinksauer. Diese Förderkinder sind uns Förderlehrern anvertraut und wir können nichts für sie tun. Aber hauptsache sie gehen in der Nachbarschaft auf die Schule. Hoffentlich weiß später auch mal jemand, wenn sie nämlich keinen Schulabschluss geschafft haben, dass sie ja aber wenigstens Spielkameraden in der Nachbarschaft hatten *sarkasmus*. Auch für L-Schüler gilt bis zu einem gewissen Grad das Leistungsprinzip oder gibt es den Hauptschulabschluss in Zukunft geschenkt?


    Und meine letzte Frage zur Kleingruppenförderung war wirklich ernst gemeint. Regelschuleltern begrüßen nämlich Kleingruppenflrderung. Förderschuleltern dagegen verfluchen sie oft und wollen, dass ihre Kinder auf Biegen und Brechen im Klassenverband bleiben. Das ist eine Realität, die ich hier täglich erlebe. Vielleicht war meine Frage einfach blöd formuliert. Aber sowas nervt mich einfach. Es wird uns Lehrern sooo schwer gemacht. In unserer heilen Förderschulwelt haben wir zwar diskriminiert aber wenigstens vernünftig arbeiten können...

    @ susanea: Natürlich finde ich immer irgendetwas, was irgendwie mit dem Thema der Regelschüler zu tun hat. Nur, was mache ich, wenn meine I-Kinder das vorangegangene Thema noch nicht abgeschlossen haben und die Regelschüler schon wieder bei einem neuen Thema sind??? Mathematische Basiskompetenzen müssen gut abgesichert sein, denn sonst entstehen immer wieder weitere Lernprobleme. Ich muss den I-Kindern daher einen strukturierten aufeinander aufbauenden Matheunterricht bieten und kann mich nicht immer an die vorgegebenen Zeiten und Themen der Regelschüler halten. In Deutsch stimme ich dir zu, da ist es etwas einfacher. Aber auch hier habe ich die Problematik, dass die I-Schüler häufig viel viel länger brauchen um ein Thema abzuschließen.


    Ganz provokativ gefragt, warum richten sich denn die Regelschüler nicht nach den Förderschülern? Die Antwort hierauf hat Mikael ja schon im ersten Beitrag gegeben.


    Ich habe durchaus ein Konzept im Kopf, wie inklusiver Unterricht gelingen KÖNNTE. Allerdings müsste sich hierfür das gesamte deutsche Schulsystem inklusive der Lehrerausbildung ändern. Solange die behinderten Kinder jedoch in der Unterzahl sind, glaube ich nicht, dass das passieren wird.


    @susanea: Heute Morgen kam mir da noch so eine Frage auf. Ist eigentlich Förderunterricht in Kleingruppen für Regelschüler mit Defiziten auch Diskriminierung oder nur für behinderte Kinder, die in speziellen Bereichen Unterricht außerhalb der großen Lerngruppe erhalten? Irgendwie ist das für mich ein Widerspruch in sich.

    @ mikael: Vielen vielen Dank für deine Sicht der Dinge. Sie hat mir nochmal die Bedürfnisse, Aufgaben und Nöte "meiner" Regelschullehrer vor Augen geführt. Ich habe also durchaus Verständnis dafür, dass ihr die Inhalte durchbekommen müsst, da die Schüler ein Recht darauf haben.
    Nur, die L und GE Schüler haben auch ein Recht auf ihren Lehrplan und der wird zur Zeit noch nicht mal ansatzweise erfüllt. Was ist damit? Ich habe immer das Gefühl, diese Kinder haben im System Inklusion nie und nimmer den gleichen Wert wie Regelschüler. Da heißt es immer, ach das macht doch nichts oder warten wir mal ab o.ä. Was aber passiert, wenn ihr Lehrplan nicht erfüllt wird? Dann heißt es eben, das hat er nicht geschafft. Ist ja auch nicht schlimm, er ist ja eh schon Sonderschüler.


    Und ja dieses friss oder stirb kratzt ziemlich an meinem Lehrerselbstverständnis als Förderschullehrer. Warum kann ich im Zeugnis nicht schreiben, dass Schüler X auf dem Niveau der Berufsreife eine 3 erhält und Schüler Y auf gymnasialem Niveau eine 4? Dann ist doch auch eine objektive Vergleichbarkeit gegeben und ich kann differenzierte Klassenarbeiten schreiben. Was bringt es einem Hauptschüler zwei Jahre 5 und 6 zu bekommen und dann in die Hauptschulklasse gesteckt zu werden, wo er eh weiß, dass da nur die Deppen hinmüssen? Natürlich ist er dann frustriert und in der Pubertät und macht gar nix mehr... In meiner letzten Vertretungsstunde in Mathe war die Lehrerin der Parallelklasse anwesend. Sie fragte mich, ob wir immer bei allen Schülern fragen würden, ob sie wirklich alles verstanden hätten und ob es irgendwo Schwierigkeiten gab. Ich musste leider sagen, nein, aber ich als Förderschullehrerin kann eben nicht aus meiner Haut.


    @ susanea: Wie soll ich die Zahlenräume immer variieren? Unsere normalen Schüler machen gerade Teilbarkeitsregeln, kgV und ggT. Meine Schüler haben aber noch nicht mal den Zahlenraum bis 100 in Addition und Subtraktion abgesichert. Die Einführung des kleinen 1x1 halte ich an dieser Stelle ohne abgesicherte Grundkenntnisse als studierte Mathelehrerin für einen absolut fatalen Schritt, nur damit alle am gemeinsamen Thema arbeiten. Ein guter Matheunterricht erfolgt aufeinander aufbauend und nicht nur am Thema der Regelschüler orientiert. Übrigens was ist deiner Meinung nach das GE-Pendant für funktionale Zuordnungen??? Meiner Schüler arbeiten derzeit an individuellen Kompetenzrastern und Checklisten parallel im frontalen Mathematikunterricht. Sobald ich aber nicht da bin, arbeiten sie gar nix mehr. Sie können sich auch immer schlecht konzentrieren, wenn die anderen Schüler etwas anderes arbeiten. Würden alle Schüler an Arbeitsplänen arbeiten, würden sie das bestimmt auch besser hinbekommen. Aber so ist dieses selbstständige Abarbeiten eben nur eine Notlösung, weil sonst gar nicht gefördert werden könnte.


    @ Meike: Toller Beitrag! Danke! Ja ich verstehe sehr wohl beide Seiten. Ich arbeite mit 7 verschiedenen Kollegen zusammen und bräuchte 7 Besprechungsstunden. Woher sollen die kommen??? Manchmal wünsche ich mir, dass die Förderlehrer in den I-Klassen als Klassen- und Fachlehrer arbeiten dürften (zumindes in Klasse 5/6 und danach in der Berufsreife und der Realschule). Vielleicht könnte ich dann beide Seiten zusammenbringen oder würde ein noch besseres Verständnis für die Regeschulseite bekommen. Dann müsste ich aber für mich sagen, die Inklusion ist gescheitert und wir sollten Förderklassen an den Regelschulen einrichten. Ich glaube auch tatsächlich, dass ich als Fachlehrer dann nicht unbedingt immer einen zweiten Lehrer im Raum bräuchte, sondern mir z.T. auch eine pädagogische Fachkraft reicht. Diese hat viel weniger Aufgaben und auch mehr Zeit für die Kinder und ggf. Besprechungen. Außerdem definiert sie ihren Beruf nicht als Lehrer und steht somit auch nicht in ständigem Konkurrenzkampf mit dem zweiten Erwachsenen im Raum. Somit wären die Aufgaben deutlicher verteilt. Und ein Förderlehrer in der Regelschule + pädagogische Fachkraft dürfte doch keinesfalls teurer werden als ein Regelschullehrer + Sonderschullehrer.
    P.S.: Auch ich habe Unterrichtsfächer bis Klasse 10 studiert und darf sie in allen Schulstufen unterrichten! Sonderschullehrer unterrichten mitnichten nur in L- und GE-Schulen. Das aber glauben meine Kollgen und trauen mir noch nicht mal Vertretungsunttericht zu. Das ist ein bisschen wie bei den Grundschulehrern. Die machen ja auch immer nur so leichten Kram *ironie off*.

    Da ich ja schon länger mitlese, habe ich mich heute mal hier angemeldet.


    Seit dem laufenden Schuljahr arbeite ich als Förderschullehrerin an einer kooperativen Gesamtschule / Schwerpunktschule (hier werden Förderschüler an einer Regelschule gesammelt). Seit der ersten Unterrichtswoche ist diese Arbeit nur frustrierend. Ach ja ich habe nur L-Schüler und ein K-Kind, dass aber sonst normal mitkommt.


    Folgende Situation finde ich vor:
    - In der schulformübergreifenden Orientierungsstufe wird schon für die Regelschüler nicht differenziert. Es heißt friss oder stirb. Wer nach zwei Jahren nur 5 und 6 im Zeugnis hat, wird dann in den Hauptschulzweig einsortiert.
    - Die Schulleitung baut gerade eine Oberstufe auf und ist damit völlig ausgefüllt und zufrieden. Die Schwerpunktschule wollte der vorherige Schulleiter, die jetzige Schulleitung hat kein Interesse an Schülern mit aller Art von Schwierigkeiten (z.B. auch Legasthenie). Die Außenwirkung einer Oberstufe ist als Gesamtschule in Konkurrenz mit dem örtlichen Gymnasium einfach besser als bei Förderkindern...
    - In den Klassen, in denen ich fördern soll, wird ausschließlich frontal gearbeitet. Selten findet Partnerarbeit statt.
    - Ich bin mit 8 Stunden (Mathe und Deutsch) in zwei Klassen (davon eine Hauptschulklasse) und mit 4 Stunden (Englisch) in einer anderen Hauptschulklasse. In den Nebenfächern gibt es grundsätzlich keine Förderung. Hier steht auch auf dem Zeugnis, dass der Schüler zielgleich unterrichtet wurde und eben die Note 5 erhält.
    - Die Regelschullehrer wissen grundsätzlich alles besser. Sie entscheiden die Themen und auch deren Dauer und deren Umsetzung. Das ist ja auch grundsätzlich ganz richtig so, aber meine Schüler bräuchten oftmals länger und eine andere Schwerpunktsetzung.
    - Ich darf die Schüler nicht bzw. nur unter großem Protest in Kleingruppen außerhalb des Klassenraumes fördern. Dabei spielt es keine Rolle, was ich als Sonderschullehrer in dem Moment für angebracht halte.
    - L-Schüler haben an der Förderschule in der Regel mehr Deutsch- und Mathematikunterricht. Diesen gibt es bei uns nicht. Daher reicht die Zeit nicht mal ansatzweise aus, um an ihren Schwierigkeiten zu arbeiten. An Themen wie Rechtschreibung, Satzbau, Kopfrechenfähigkeiten u.ä. kann ich mit den Schülern nicht arbeiten, da die Zeit fehlt. Am freiwilligen Förderunterricht wollen die I-Kinder nicht teilnehmen und laut Schule kann man sie dazu auch nicht zwingen, da sie ihre Wochenstundenzahl erfüllt hätten.
    - Ich werde von der Mehrheit der beteiligten Lehrer noch nicht mal rechtzeitig über die Unterrichtsinhalte informiert und "fördere" daher überwiegend spontan, d.h. als bestbezahlter Nachhilfelehrer. Ich habe bei einigen das Gefühl, dass sie ihren Unterricht oft gar nicht wirklich vorbereiten und nur mal eben so aus dem Buch machen.
    - Die I-Kinder sind zwar formal "integriert" in ihren Klassen, aber sie suchen sich ihre Freunde fast ausschließlich unter ihresgleichen (Haupt- und andere I-Schüler). Echte Freundschaften gibt es nur selten.
    - Das körperbehinderte I-Kind erhält keinen Sportunterricht, dafür steht auf dem Zeugnis Attest. Die Sportlehrer können ihr keinen Sportunterricht bieten (scheitert schon an der Barrierefreiheit) und die Förderlehrerstunden werden für andere Fächer gebraucht. Das kanns doch auch nicht sein. An der K-Schule müsste sie immer am Sportunterricht teilnehmen! Na ja dafür hat sie eben zwei Freistunden...
    - Last but not least: Jegliche fachliche "Beratung" meinerseits wird als persönliche Kritik aufgefasst. Man müsse außerdem an die Regelschüler denken, die ja in der Mehrheit in der Klasse sind und daher auch mehr Rechte haben. Die I-Kinder müssen da einfach das Nachsehen haben. Wenn ihnen das nicht passt, sollten sie bitte auf die L-Schule gehen, die Schulleitung hat da wohl nicht wirklich ein Problem mit wechselwilligen Schülern. Leider sind die Eltern in der Regel nicht so wechselwillig.


    Sorry, für das Chaos meiner Gedanken. Aber ich könnte grad so kotzen. Ich bin jung, ambitioniert und habe auch gute Ideen. Aber so WILL und KANN ich nicht noch 30 Jahre oder mehr arbeiten.


    Und an die Inkulions-Verfechter: Bitte beschreibt mir mal ganz konkret ein Beispiel, wie inklusiver Unterricht ALLEN gerecht werden kann (auch den Lehrern!) und wie so eine Mathestunde auf unterschiedlichen Niveaus konkret aussehen soll!!!


    Danke und liebe Grüße.

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