Beiträge von FLIXE

    tina40: Ja, ich habe auch schon öfter gehört, dass diese Kooperationsklassen teilweise sehr erfolgreich arbeiten. Schade, dass dies in der Politik nicht gesehen werden will!

    Ich bin mir auch durchaus im Klaren darüber, dass diese Form von gemeinsamem Lernen nicht ins Konzept der Herren in ihren Türmchen passt. Aber ich halte es für eine der wenigen Möglichkeiten, wie alle Seiten profitieren können, auch wenn es nicht dem Ideal entspricht. Denn wie heißt es so schön. Die Freiheit des Einen hört da auf, wo die des Anderen beginnt. Und dieser Satz gilt für MICH auch beim gemeinsamen Lernen von behinderten und nicht behinderten Kindern.
    Auch hätte ich kein Problem, ein fittes geistig behindertes Kind, welches sich einigermaßen in eine Gruppe einfügen kann, auch am Anfang ausschließlich im Regelunterricht zu beschulen. Man müsste eben sehen, wie lange das gut funktioniert und immer wieder neu und individuell entscheiden.
    Aber die Inklusion eines Kindes was ständig relativ laut lautiert oder schreit o.ä. (gilt auch für V-Kinder ohne festgestellten Förderbedarf), verhindert eine ruhige Arbeitsatmosphäre für alle anderen Kinder und auch diese haben ein Recht auf gutes Lernen. Und einen I-Helfer, der die Kinder die ganze Zeit krampfhaft ruhig zu halten versucht, kann es ja auch nicht sein. Das ist ja auch für die betroffenen Kinder nicht gut.

    Fazit: Behinderte Kinder haben Rechte! Nichtbehinderte Kinder haben auch Rechte! Soviel Inklusion wie möglich und soviel Segregation wie nötig, wäre wohl ein guter Kompromiss. Zudem denke ich, dass so ein System eher finanzierbar wäre, als eine komplette Einzelinklusion in jeder Schule nach Wunsch.
    Eltern die demgegenüber eine Einzelinklusion in ihrer Wunschschule fordern, könnten diese ggf. bekommen, müssten dann aber an dieser Schule mit minderwertigerer Förderung leben.

    Vielen Dank für eure zahlreichen Antworten. Nach einem Familienwochenende ist mein Frust mal wieder für kurze Zeit etwas besser geworden. Bis dann die Ferien zu Ende sind...

    Ich habe mich in den letzten Tagen viel informiert, wie behinderte (oder wie auch immer genannte) Schüler in anderen Ländern beschult werden. Wenn man einmal die polemischen ersten Google-Seiten hinter sich gelassen hat, findet man da sehr erhellende Informationen. Nach und nach habe ich nun einzelne Ideen im Kopf, was in Zukunft nach meiner Meinung als Sonderschullehrerin umgesetzt werden KÖNNTE.

    Fakt ist, die totale Integration aller Schüler gibt es nirgendwo auf der Welt. Länder die gar keine Sonderschulen mehr haben (z.B. Italien), haben in der Regel keine Schulpflicht (Italien!) und können schwer behinderte (sowohl geistig wie auch im Verhalten) Kinder einfach ausschulen. Schöne heile Welt ohne Sonderschulen... Dieses Modell ist für mich NICHT nachahmungswürdig und ist auch keine ehrliche Inklusion. Zumal die Förderung in Italien in den Regelschulen überwiegend als desaströs bezeichnet wird.
    Andere europäische Länder (Frankreich, Schweden, Finnland) beschulen zwar fast alle Kinder unter einem Dach, aber nicht ausschließlich in einer Klasse. Und genau dieses Modell scheint für mich ein möglicher Weg sein. Hinzu kommt in Finnland z.B. die sofortige intensive Einzel- und Kleingruppenförderung durch Sonderpädagogen ab dem Vorschulalter bzw. der 1. Klasse.

    Folglich halte ich ein System in Form von Schulzentren für realistisch. D.h. Schwer mehrfach behinderte und geistig behinderte Schüler werden an Schwerpunktschulen in sogenannten Kooperationsklassen unterrichtet. Soziale Inklusion findet auf dem Pausenhof, in der Mittagspause und durch gemeinsame Projekte und Vorhaben statt. Gleiches gilt für Schüler mit massiven Verhaltensauffälligkeiten.
    Ich kann mir jedoch durchaus vorstellen dass vor allem Grundschulen mit ausreichend Sonderpädagogen versorgt werden und Kinder mit L-, V- und S-Bedarf erst mal regulär ein erstes Schuljahr besuchen. Der Förderschullehrer beobachtet von Anfang an intensiv ALLE Schüler und interveniert sofort bei auftauchenden Lern-, Verhaltens- und Sprachproblemen. Diese Intensivmaßnahme kann dann innerhalb des Klassenraums, als Einzel- oder auch als Gruppenförderung in äußerer Differenzierung stattfinden. Sobald ein betroffener Schüler seine Lücken geschlossen hat, geht er im betroffenen Fach wieder in den normalen Unterricht zurück. Diese Form von kurzzeitiger Intensivförderung steht allen Kindern offen. So können sich m.M.n. viele "Lernbehinderungen" verhindert werden. Schüler bei denen diese kurzzeitigen Maßnahmen nicht zum erfolg führen, werden weiterhin sonderpädagogisch überprüft. Bei Zuweisung eines Förderbedarfs erfolgt ggf. zieldifferenter Unterricht, der z.T. im Klassenverband aber auch in kleinen Förderklassen parallel stattfinden kann. Durch die ggf. notwendige Bildung von Förderklassen können dann auch die Regelschüler ungestört von v.a. verhaltensgestörten Kinder gut und konzentriert lernen. Dem Förderlehrer kommt dann die Aufgabe zu, in Zusammenarbeit mit der Jugendhilfe und Psychologen bei diesen Kindern evtl. ein Verhaltenstraining durchzuführen. Durch diese extrem frühe und sehr intensive Förderung könnten wahrscheinlich einige "behinderte" Schüler im Laufe der Grundschulzeit wieder ihre normale Klasse besuchen. Die Kosten für die Sonderpädagogen in den Grundschulen sollten sich auf Dauer gesehen dann rechnen.
    Sekundarschulen (hier v.a. integrierte Gesamtschulen) sollten jedoch ebenfalls Förderstunden erhalten, aber vielleicht nicht mehr im ganzen Umfang der Grundschulen. Schwer mehrfach behinderte, geistig behinderte und stark lern- und verhaltensbehinderte sollten jedoch auch hier weiterhin an Schwerpunktschulen wenigstens z.T. in Förderklassen unterrichtet werden. Inklusion sollte wiederum durch gemeinsame Aktivitäten geschehen.
    Wenn Förderschulen in Schulzentren integriert werden, aber weiterhin "separierend" arbeiten dürfen, wäre allen Kindern geholfen.

    Dieses System von Inklusion halte ich für praktizierbar, da die behinderten Kinder sozial in einer Gemeinschaft integriert werden, aber auch individuell nach ihren Bedürfnissen lernen können. Geschützte Räume bleiben vorhanden, aber es wäre mehr Durchlässigkeit gegeben. Ob man mit einem reinen Schwerpunktschulsystem arbeitet oder auch mit Einzelinklusion an jeder noch so kleinen Schule, bleibt letztendlich eine Frage der Finanzierbarkeit.
    Ach ja, Gymnasien und gymnasiale Zweite sollten weiterhin Gymnasiasten und leistungsfähigen Schülern mit Beeinträchtigungen vorbehalten bleiben. Alles andere wäre eine Farce, bei der letztendlich auch noch die Haupt- und Realschüler diskriminiert würden.

    Und noch eine essentielle Frage tauchen bei mir immer mehr auf.

    Wenn Förderschüler an das Gymnasium ihrer Wahl gehen dürfen, dürfen dies dann auch Haupt- und Realschüler? Wenn nicht, werden diese nämlich plötzlich diskriminiert. Und wenn sie auf ein Gymnasium gehen dürfen und dort nicht mitkommen, werden sie zwangsweise abgeschult. Was wenn diese Schüler am Gymnasium auch einen individuellen Förderplan wollen. Schließlich haben sie auf dem Gymnasium im Vergleich auch eine Lernbehinderung... Wenn da mal die ersten Klagen kommen...

    Dumm, da hat unsere Regierung wohl mal wieder nicht mitgedacht.

    So, da es ja in Finnland angeblich die totale Inklusion gibt, habe ich mal etwas gegoogelt und diesen Beitrag sage und schreibe auf einer SPD-Homepage!!! gefunden.

    Sonderförderung

    In Finnland gibt es nahezu keine Sonderschulen (wenige Ausnahmen etwa für Gehörlose und geistig Behinderte). Schüler mit Lernschwierigkeiten, Teilleistungsstörungen (z.B. Dysphasien, LRS etc.) Verhaltensauffälligkeiten werden in den normalen Schulen gesondert oder durch Zusatzprogramme gefördert. Diese Förderung geschieht in Kleingruppen oder in Einzelförderung und zwar in unterschiedlichem zeitlichem Umfang – je nach Bedarf. Die sonderpädagogischen Maßnahmen finden statt nach Feststellung einer Indikation seitens der Lehrer oder eines Arztes/Psychologen (jährliche Untersuchung der Kinder!) und nach Zustimmung der Eltern. Die betroffenen Schüler erleben die Sonderbetreuung in der Regel als sehr positiv und als besondere Zuwendung. Sie werden zu den Sonderbetreuungsmaßnahmen aus dem Klassenverband herausgenommen, an dem sie ansonsten teilnehmen. In Einzelfällen gehen Sonderpädagogen mit ihren Schülern auch in den Fachunterricht und begleiten sie dort. Teilweise werden Schüler mit Defiziten oder Verhaltensauffälligkeiten in einzelnen Fächern zu Sonderklassen zusammengefasst und von Lehrern mit Spezialausbildung unterrichtet.

    Interessant, interessant... Das scheint also mit der UN-Konvention in Ordnung zu sein. Aber wie immer, andere Länder haben ein sehr gutes System und gehen eher bedacht vor, aber wir Deutschen können alles eben immer noch viel besser als die ganze restliche Welt. Wie war das früher: Deutschland, Deutschland, über ... Falls dieser Satz hier im Forum nicht geht, werde ich ihn selbstverständlich wieder löschen, da ich alles andere als rechts eingestellt bin! Diese elendige Besserwisserei der deutschen Bildungspolitik geht mir langsam auf den Senkel. Ich bin ja geradezu erleichtert, dass es die Finnen auch nicht besser hinkriegen.

    Hier der Link zum kompletten Beitrag. Der ist sehr interessant. Aber ihr werdet alle merken, das finnische Bildungssystem scheint viel Geld zu kosten: http://www.renate-hendricks.de/index.php?seite=3071&s=1&menu=1

    @ elternschreck: Dummerweise bin ich in der ganzen Nummer aber der Förderschullehrer, der am vernünftigen Arbeiten gehindert wird. Was also soll ich deiner Meinung nach tun? Die mir anvertrauten Schüler am System und den Rahmenbedingungen scheitern lassen?

    Ich würde die L-Schüler ja überwiegend lieber innerhalb einer Förderklasse unterrichten, zumindest in Mathe, Deutsch, Englisch, NaWi und Gesellschaftslehre. Allerdings verbietet mir das die Regelshulleitung. Denn sie weiß ja am allerbesten, was gut für behinderte Kinder ist. Das hat sie ja gelernt und an Erfahrung mangelt es ihr auch nicht. So kommt es zumindest jeden Tag bei mir an.

    Entschuldige Susannea. Vielleicht mache ich das wirklich ein bisschen absichtlich. Das tut mir Leid. Aber ich wollte wirklich mal ein echtes Beispiel haben, wie ich unter den gegebenen Bedingungen gute Förderung machen kann, ohne die I-Schüler aus dem Klassenraum zu nehmen und überwiegend in Kleingruppen zu unterrichten. Dein Beispiel ergibt nämlich auf Dauer keine optimale Förderung.

    Das Problem ist einfach, dass ich jeden Tag nach Hause gehe und weiß, dass meine mir anvertrauten Schüler ihre Potentiale nicht mal ansatzweise optimal ausschöpfen konnten. Und das liegt nur zu einem gewissen Teil an mir und an meinen Regelschulkollegen. Die I-Kinder sind die großen Verlierer und das jeden Tag aufs Neue. Dieses Gefühl ist für mich kaum auszuhalten und macht mich wütend.
    Ich weiß einfach, dass ich an einer Förderschule oder von mir aus auch in einer Förderklasse an einer Regelschule viel viel viel bessere Arbeit machen könnte. Die aktuelle Umsetzung von Inklusion bzw. Integration verhindert geradzu Förderung und das macht mich langsam aber sicher stinksauer. Diese Förderkinder sind uns Förderlehrern anvertraut und wir können nichts für sie tun. Aber hauptsache sie gehen in der Nachbarschaft auf die Schule. Hoffentlich weiß später auch mal jemand, wenn sie nämlich keinen Schulabschluss geschafft haben, dass sie ja aber wenigstens Spielkameraden in der Nachbarschaft hatten *sarkasmus*. Auch für L-Schüler gilt bis zu einem gewissen Grad das Leistungsprinzip oder gibt es den Hauptschulabschluss in Zukunft geschenkt?

    Und meine letzte Frage zur Kleingruppenförderung war wirklich ernst gemeint. Regelschuleltern begrüßen nämlich Kleingruppenflrderung. Förderschuleltern dagegen verfluchen sie oft und wollen, dass ihre Kinder auf Biegen und Brechen im Klassenverband bleiben. Das ist eine Realität, die ich hier täglich erlebe. Vielleicht war meine Frage einfach blöd formuliert. Aber sowas nervt mich einfach. Es wird uns Lehrern sooo schwer gemacht. In unserer heilen Förderschulwelt haben wir zwar diskriminiert aber wenigstens vernünftig arbeiten können...

    @ susanea: Natürlich finde ich immer irgendetwas, was irgendwie mit dem Thema der Regelschüler zu tun hat. Nur, was mache ich, wenn meine I-Kinder das vorangegangene Thema noch nicht abgeschlossen haben und die Regelschüler schon wieder bei einem neuen Thema sind??? Mathematische Basiskompetenzen müssen gut abgesichert sein, denn sonst entstehen immer wieder weitere Lernprobleme. Ich muss den I-Kindern daher einen strukturierten aufeinander aufbauenden Matheunterricht bieten und kann mich nicht immer an die vorgegebenen Zeiten und Themen der Regelschüler halten. In Deutsch stimme ich dir zu, da ist es etwas einfacher. Aber auch hier habe ich die Problematik, dass die I-Schüler häufig viel viel länger brauchen um ein Thema abzuschließen.

    Ganz provokativ gefragt, warum richten sich denn die Regelschüler nicht nach den Förderschülern? Die Antwort hierauf hat Mikael ja schon im ersten Beitrag gegeben.

    Ich habe durchaus ein Konzept im Kopf, wie inklusiver Unterricht gelingen KÖNNTE. Allerdings müsste sich hierfür das gesamte deutsche Schulsystem inklusive der Lehrerausbildung ändern. Solange die behinderten Kinder jedoch in der Unterzahl sind, glaube ich nicht, dass das passieren wird.

    @susanea: Heute Morgen kam mir da noch so eine Frage auf. Ist eigentlich Förderunterricht in Kleingruppen für Regelschüler mit Defiziten auch Diskriminierung oder nur für behinderte Kinder, die in speziellen Bereichen Unterricht außerhalb der großen Lerngruppe erhalten? Irgendwie ist das für mich ein Widerspruch in sich.

    @ mikael: Vielen vielen Dank für deine Sicht der Dinge. Sie hat mir nochmal die Bedürfnisse, Aufgaben und Nöte "meiner" Regelschullehrer vor Augen geführt. Ich habe also durchaus Verständnis dafür, dass ihr die Inhalte durchbekommen müsst, da die Schüler ein Recht darauf haben.
    Nur, die L und GE Schüler haben auch ein Recht auf ihren Lehrplan und der wird zur Zeit noch nicht mal ansatzweise erfüllt. Was ist damit? Ich habe immer das Gefühl, diese Kinder haben im System Inklusion nie und nimmer den gleichen Wert wie Regelschüler. Da heißt es immer, ach das macht doch nichts oder warten wir mal ab o.ä. Was aber passiert, wenn ihr Lehrplan nicht erfüllt wird? Dann heißt es eben, das hat er nicht geschafft. Ist ja auch nicht schlimm, er ist ja eh schon Sonderschüler.

    Und ja dieses friss oder stirb kratzt ziemlich an meinem Lehrerselbstverständnis als Förderschullehrer. Warum kann ich im Zeugnis nicht schreiben, dass Schüler X auf dem Niveau der Berufsreife eine 3 erhält und Schüler Y auf gymnasialem Niveau eine 4? Dann ist doch auch eine objektive Vergleichbarkeit gegeben und ich kann differenzierte Klassenarbeiten schreiben. Was bringt es einem Hauptschüler zwei Jahre 5 und 6 zu bekommen und dann in die Hauptschulklasse gesteckt zu werden, wo er eh weiß, dass da nur die Deppen hinmüssen? Natürlich ist er dann frustriert und in der Pubertät und macht gar nix mehr... In meiner letzten Vertretungsstunde in Mathe war die Lehrerin der Parallelklasse anwesend. Sie fragte mich, ob wir immer bei allen Schülern fragen würden, ob sie wirklich alles verstanden hätten und ob es irgendwo Schwierigkeiten gab. Ich musste leider sagen, nein, aber ich als Förderschullehrerin kann eben nicht aus meiner Haut.

    @ susanea: Wie soll ich die Zahlenräume immer variieren? Unsere normalen Schüler machen gerade Teilbarkeitsregeln, kgV und ggT. Meine Schüler haben aber noch nicht mal den Zahlenraum bis 100 in Addition und Subtraktion abgesichert. Die Einführung des kleinen 1x1 halte ich an dieser Stelle ohne abgesicherte Grundkenntnisse als studierte Mathelehrerin für einen absolut fatalen Schritt, nur damit alle am gemeinsamen Thema arbeiten. Ein guter Matheunterricht erfolgt aufeinander aufbauend und nicht nur am Thema der Regelschüler orientiert. Übrigens was ist deiner Meinung nach das GE-Pendant für funktionale Zuordnungen??? Meiner Schüler arbeiten derzeit an individuellen Kompetenzrastern und Checklisten parallel im frontalen Mathematikunterricht. Sobald ich aber nicht da bin, arbeiten sie gar nix mehr. Sie können sich auch immer schlecht konzentrieren, wenn die anderen Schüler etwas anderes arbeiten. Würden alle Schüler an Arbeitsplänen arbeiten, würden sie das bestimmt auch besser hinbekommen. Aber so ist dieses selbstständige Abarbeiten eben nur eine Notlösung, weil sonst gar nicht gefördert werden könnte.

    @ Meike: Toller Beitrag! Danke! Ja ich verstehe sehr wohl beide Seiten. Ich arbeite mit 7 verschiedenen Kollegen zusammen und bräuchte 7 Besprechungsstunden. Woher sollen die kommen??? Manchmal wünsche ich mir, dass die Förderlehrer in den I-Klassen als Klassen- und Fachlehrer arbeiten dürften (zumindes in Klasse 5/6 und danach in der Berufsreife und der Realschule). Vielleicht könnte ich dann beide Seiten zusammenbringen oder würde ein noch besseres Verständnis für die Regeschulseite bekommen. Dann müsste ich aber für mich sagen, die Inklusion ist gescheitert und wir sollten Förderklassen an den Regelschulen einrichten. Ich glaube auch tatsächlich, dass ich als Fachlehrer dann nicht unbedingt immer einen zweiten Lehrer im Raum bräuchte, sondern mir z.T. auch eine pädagogische Fachkraft reicht. Diese hat viel weniger Aufgaben und auch mehr Zeit für die Kinder und ggf. Besprechungen. Außerdem definiert sie ihren Beruf nicht als Lehrer und steht somit auch nicht in ständigem Konkurrenzkampf mit dem zweiten Erwachsenen im Raum. Somit wären die Aufgaben deutlicher verteilt. Und ein Förderlehrer in der Regelschule + pädagogische Fachkraft dürfte doch keinesfalls teurer werden als ein Regelschullehrer + Sonderschullehrer.
    P.S.: Auch ich habe Unterrichtsfächer bis Klasse 10 studiert und darf sie in allen Schulstufen unterrichten! Sonderschullehrer unterrichten mitnichten nur in L- und GE-Schulen. Das aber glauben meine Kollgen und trauen mir noch nicht mal Vertretungsunttericht zu. Das ist ein bisschen wie bei den Grundschulehrern. Die machen ja auch immer nur so leichten Kram *ironie off*.

    Da ich ja schon länger mitlese, habe ich mich heute mal hier angemeldet.

    Seit dem laufenden Schuljahr arbeite ich als Förderschullehrerin an einer kooperativen Gesamtschule / Schwerpunktschule (hier werden Förderschüler an einer Regelschule gesammelt). Seit der ersten Unterrichtswoche ist diese Arbeit nur frustrierend. Ach ja ich habe nur L-Schüler und ein K-Kind, dass aber sonst normal mitkommt.

    Folgende Situation finde ich vor:
    - In der schulformübergreifenden Orientierungsstufe wird schon für die Regelschüler nicht differenziert. Es heißt friss oder stirb. Wer nach zwei Jahren nur 5 und 6 im Zeugnis hat, wird dann in den Hauptschulzweig einsortiert.
    - Die Schulleitung baut gerade eine Oberstufe auf und ist damit völlig ausgefüllt und zufrieden. Die Schwerpunktschule wollte der vorherige Schulleiter, die jetzige Schulleitung hat kein Interesse an Schülern mit aller Art von Schwierigkeiten (z.B. auch Legasthenie). Die Außenwirkung einer Oberstufe ist als Gesamtschule in Konkurrenz mit dem örtlichen Gymnasium einfach besser als bei Förderkindern...
    - In den Klassen, in denen ich fördern soll, wird ausschließlich frontal gearbeitet. Selten findet Partnerarbeit statt.
    - Ich bin mit 8 Stunden (Mathe und Deutsch) in zwei Klassen (davon eine Hauptschulklasse) und mit 4 Stunden (Englisch) in einer anderen Hauptschulklasse. In den Nebenfächern gibt es grundsätzlich keine Förderung. Hier steht auch auf dem Zeugnis, dass der Schüler zielgleich unterrichtet wurde und eben die Note 5 erhält.
    - Die Regelschullehrer wissen grundsätzlich alles besser. Sie entscheiden die Themen und auch deren Dauer und deren Umsetzung. Das ist ja auch grundsätzlich ganz richtig so, aber meine Schüler bräuchten oftmals länger und eine andere Schwerpunktsetzung.
    - Ich darf die Schüler nicht bzw. nur unter großem Protest in Kleingruppen außerhalb des Klassenraumes fördern. Dabei spielt es keine Rolle, was ich als Sonderschullehrer in dem Moment für angebracht halte.
    - L-Schüler haben an der Förderschule in der Regel mehr Deutsch- und Mathematikunterricht. Diesen gibt es bei uns nicht. Daher reicht die Zeit nicht mal ansatzweise aus, um an ihren Schwierigkeiten zu arbeiten. An Themen wie Rechtschreibung, Satzbau, Kopfrechenfähigkeiten u.ä. kann ich mit den Schülern nicht arbeiten, da die Zeit fehlt. Am freiwilligen Förderunterricht wollen die I-Kinder nicht teilnehmen und laut Schule kann man sie dazu auch nicht zwingen, da sie ihre Wochenstundenzahl erfüllt hätten.
    - Ich werde von der Mehrheit der beteiligten Lehrer noch nicht mal rechtzeitig über die Unterrichtsinhalte informiert und "fördere" daher überwiegend spontan, d.h. als bestbezahlter Nachhilfelehrer. Ich habe bei einigen das Gefühl, dass sie ihren Unterricht oft gar nicht wirklich vorbereiten und nur mal eben so aus dem Buch machen.
    - Die I-Kinder sind zwar formal "integriert" in ihren Klassen, aber sie suchen sich ihre Freunde fast ausschließlich unter ihresgleichen (Haupt- und andere I-Schüler). Echte Freundschaften gibt es nur selten.
    - Das körperbehinderte I-Kind erhält keinen Sportunterricht, dafür steht auf dem Zeugnis Attest. Die Sportlehrer können ihr keinen Sportunterricht bieten (scheitert schon an der Barrierefreiheit) und die Förderlehrerstunden werden für andere Fächer gebraucht. Das kanns doch auch nicht sein. An der K-Schule müsste sie immer am Sportunterricht teilnehmen! Na ja dafür hat sie eben zwei Freistunden...
    - Last but not least: Jegliche fachliche "Beratung" meinerseits wird als persönliche Kritik aufgefasst. Man müsse außerdem an die Regelschüler denken, die ja in der Mehrheit in der Klasse sind und daher auch mehr Rechte haben. Die I-Kinder müssen da einfach das Nachsehen haben. Wenn ihnen das nicht passt, sollten sie bitte auf die L-Schule gehen, die Schulleitung hat da wohl nicht wirklich ein Problem mit wechselwilligen Schülern. Leider sind die Eltern in der Regel nicht so wechselwillig.

    Sorry, für das Chaos meiner Gedanken. Aber ich könnte grad so kotzen. Ich bin jung, ambitioniert und habe auch gute Ideen. Aber so WILL und KANN ich nicht noch 30 Jahre oder mehr arbeiten.

    Und an die Inkulions-Verfechter: Bitte beschreibt mir mal ganz konkret ein Beispiel, wie inklusiver Unterricht ALLEN gerecht werden kann (auch den Lehrern!) und wie so eine Mathestunde auf unterschiedlichen Niveaus konkret aussehen soll!!!

    Danke und liebe Grüße.

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