Vor dem Hintergrund meiner Aussagen im anderen Thread, dass nämlich das Fachstudium für das Lehramt notwendig ist, um das zu unterrichtende Fach umfassend durchdrungen zu haben, finde ich das ein spannendes Thema. Es geht mir dabei ausdrücklich nicht darum, in irgendeiner Weise über die Eignung von Seiteneinsteigern zu diskutieren oder die Sinnhaftigkeit dieses Programms in Frage zu stellen. Also bitte hier diesen theoretischen Austauch und meine Fragen nicht falsch verstehen.
Also, ich versuche, meine Gedanken deutlich zu machen:
Ich behaupte also, dass das Lehreramtsstudium, egal für welche Schulart, nicht darauf ausgerichtet ist, die fachlichen Inhalte des Lehrplans zu vermitteln. Vielmehr geht es um eine vertiefte, wissenschaftle Auseinandersetzung mit dem Fach, um die Hintergründe, Fragestellungen, Problemstellungen etc. zu verstehen. Im anderen Thread habe ich das "verstehen, wie das Fach funktioniert" genannt. Dies braucht man dann, um bei der Unterrichtsvorbereitung und im Unterricht selbst einen Überblick über Zusammenhänge und mögliche Fallstricke zu haben, die entsprechend berücksichtigt werden müssen. Die rein inhaltliche Erarbeitung muss dann häufig darüber hinaus geschehen, weil eben die Lehrplaninhalte nicht Bestandteil des Studiums waren. In meinen Fächern wären hier verschiedene Aufsatzarten ein Beispiel, oder konkrete Lektüren etc. Das ist aber kein Problem, weil ich mir durch mein vertieftes Verständnis vom Fach und durch meine professionelle Sichtweise diese Inhalte sehr schnell und unkompliziert erarbeiten kann.
Die Anwendungen von Mathe in der Elektrotechnik sind sehr umfangreich, wenn man mal von komplexen Beweisen absieht. Es umfasst (mit Ausnahme von Teilen der Stochastik) tatsächlich alles, was ich son in der SEK II unterrichte. Was ich mir allerdings nicht (ohne sehr viel Arbeit) zutraue ist Unterricht im Fach Physik. Dazu fehlen mir einfach die breiten wissenschaftlichen Kenntnisse aus dem Studium.
Deine Aussage klingt nun so, als hätte diese fachtheoretische Auseinandersetzung in beiden Fächern nicht stattgefunden, weil du ja konkret von "Anwendungen von Mathe in der Elektrotechnik" sprichst. Oder habe ich dich da falsch verstanden?
Vielleicht nur kurz als Hintergrund, warum ich hier so nachbohre: Ich stehe dem Thema "Seiteneinsteiger" sehr leidenschaftslos gegenüber. Seiteneinstieg wird in Fächern benötigt, für die man keine Lehrer findet - also Mangelfächer. Da ist - egal ob ich mit meiner Frage oben richtig liege - jemand, der im Studium und im Beruf mit Mathe und Physik zu tun hatte, in jedem Fall besser geeignet als jemand, der damit gar keine Berühungspunkte hatte. Ich interessiere mich dafür, da die Diskussion über den Sinn des Fachstudiums immer wieder auch unter "reinen" Lehrämtlern aufkommt und ich hier tatsächlich überhaupt nicht leidenschaftslos bin. Außerdem verstehe ich Kollegen, die sich darüber aufregen, dass in der Gesellschaft oft das Bild vorherrscht, Lehrer könne jeder machen. Ich kann dann auch ein Stück weit die Angst nachvollziehen, dass die Existenz von Seiteneinsteigern dieses Gerücht verhärtet, wenn SEs ja nun eben gerade NICHT "jeder" sind.