Beiträge von WillG

    Ohne im Detail Bescheid zu wissen behaupte ich mal, dass jemand, der z. B. Germanistik studiert *ohne* damit ins Lehramt zu wollen wohl kaum irgendwas aus irgendwelchen Nebenfächern vorzuweisen hat, aus dem sich unmittelbar ein Unterrichtsfach ableiten lässt, oder?

    Mir wird klar, dass ich eine andere Vorstellung von dem habe, was ihr mit "Wissen über dem Niveau der Schüler" meint. Zumindest habe ich den Eindruck, dass ihr immer von Inhalten sprecht, während es mir eher um fachliche Konpetenzen und Denkweisen geht. Vielleicht liegt das auch wirklich am Unterschied Geisteswissenschaften und Naturwissenschaften. Das ist gut möglich.
    So wie du das darstellst, dass das Fachwissen im "Zweitfach" eben auch abhängig davon ist, wie viel z.B. der Chemiker sich in seiner Masterarbeit oder Diss bzw. als Wahl im Hauptstudium beschäftigt, könnte man durchaus auch einen parallelen Fall für den Germanistik-MA konstruieren, der sich vielleicht vor allem mit literaturhistorischen Bezügen beschäftigt hat und dessen MA-Arbeit vielleicht besonders historisch ausgelegt war. Aber irgendwie kann ich mir trotzdem nicht vorstellen, dass dieser fiktive Germanist auf angemessenem Niveau auch Geschichte unterrichten könnte - auch schon in der Mittelstufe. Eben weil ihm eben die fachwissenschaftliche Grundlage trotzdem fehlen würde. Das würde dann wohl trotzdem eher darauf rauslaufen, Jahreszahlen runterzubeten und Quellen so zu analysieren, wie man eben in Deutsch Analysen durchführen. Aber ob das reicht?

    Tja, das kann ich eben schon leisten, weil ich zum einen wie geschrieben weniger Unterrichtsverpflichtung habe (22 Wochenlektionen bei einem 100 % Pensum) und weil wir zum anderen dank der niedrigen Maturitätsquote nicht inflationär viele Beratungsfälle haben.

    Und hier ist die Situation eben anders. Hier gibt es je nach Bundeland Unterrichtsdeputate von bis zu 29 Stunden. Ich nehme an, wenn du eine Umfrage machen würdest, ob sich die Kollegen lieber kleinere Klassen oder ein geringeres Deputat wünschen würden, dann würden die meisten das niedrigere Deputat wählen. Aber hier ging es ja um darum, ob Schüler von kleineren Klassen profitieren würden.

    Ich versuche meinen Beratungsfällen jedenfalls immer Lerntechniken an die Hand zu geben

    Das ist doch fachliche Beratung. Lerntechniken hängen ja vom Fach ab. Nachhilfe habe ich jedenfalls nicht gemeint.

    Beamten-Angstmeierei vom Feinsten

    Aha. Die Angst, dass ihr Vertrag von Seite der Schule aus schnell gekündigt werden kann, wurde von der TE geäußert. Ich habe das nur aufgegriffen. Wäre dann also eher "Angestellten-Angstmacherei".
    Die Kündigungsfristen, die sie anspricht, scheinen das allerdings zu unterstützen. Außerdem, hat sie denn geschrieben, dass sie unbefristet ist? Muss ich überlesen haben.

    Wäre es dann aber nicht günstiger, Beratungsstunden einzurichten, die von speziell hierfür ausgebildeten Kollegen angeboten werden?

    In Bayern läuft das so, dass es (zumindest am Gymnasium) die Funktionsstelle des Beratungslehrers gibt, die mit A15 vergütet wird. Dafür muss man relativ aufwendige Fortbildungen und meines Wissens auch eine Abschlussprüfung ablegen. Seine Aufgabge ist die Schullaufbahnberatung, die Suchtberatung, der Kontakt zu Schulpsychologen und anderen Beratungsstellen etc. So etwas gibt es hier also.
    Wenn es allerdings um die fachlich-inhaltliche Beratung geht, muss das zweckmäßigerweise der Fachlehrer machen. Also, wenn Marie-Louise Schwierigkeiten in Englisch hat, dann kann ihr der Beratungslehrer kaum helfen, außer externe Faktoren (Krankheit, familiäre Situation etc.) spielen eine Rolle. Und so eine fachliche Beratung findet eben häufig - wenn überhaupt - in Tür-und-Angel-Gesprächen statt, oder in 5-min-Gesprächsblöcken in enger Taktung auf dem Elternsprechtag oder in den sehr vereinzelten Sprechstundenterminen. Oder eben halt gar nicht. Das könnte sicherlich besser laufen, wenn die Klassen kleiner wären und man mehr Möglichkeiten für so eine Beratung hätte, wobei man diese Möglichkeiten sicherlich auch anders herstellen könnte.
    An meiner Schule gibt es neben den Elternsprechtagen auch pro Halbjahr einen Schülersprechtag. Da kann man so etwas auch machen. Aber auch hier ist die Taktung eng und die Einrichtung eines Schülersprechtags geht entweder zu Lasten der Lehrerarbeitszeit, weil nachmittags, oder zu Lasten der Unterrichtszeit, weil vormittags. Beides ist in unserem Kollegium zurecht sehr umstritten und immer wieder Thema auf Gesamtkonferenzen.
    Aber wie gesagt, das bayersiche (gymnasiale) Schulsystem ist eher auf Selektion als auf Beratung ausgelet.
    Wie der aktuelle Stand in anderen Bundesländern ist, kann ich nicht beurteilen.

    Bei den Kollegen, die am Gymnasium unterrichten frage ich mich auch ernsthaft, wie das sein kann, dass ihr immer mit allen SuS in der Klasse mal reden müsst. Warum müsst ihr das denn? Sind die alle immer "hilfebedürftig" oder wie? Also entweder sind diese SuS dann an der falschen Schulform gelandet oder - was für mich wahrscheinlicher ist - die Aussage "man müsse immer mal mit allen reden" ist ganz einfach masslos übertrieben.

    Keine Ahnung, wie das bei euch in der Schweiz läuft. Für Deutschland kann ich dir das erklären: Du hast in Bayern Abitur gemacht, da ist die ganze Herangehensweise anders.
    Ich habe nach meinem Abi und Studium in Bayern erstmal ein paar Jahre in zwei anderen Bundesländern unterrichtet, bevor ich wieder nach Bayern zurück bin und es ist tatsächlich so, dass in beiden Bundesländern (und vermutlich auch in vielen anderen) sehr viel mehr Bemühungen stattgefunden haben, Schüler auf dem Gymnasium zu halten. Das soll heißen, dass es für solche Schüler, von denen du sagst, sie seien "an der falschen Schulform gelandet" eben Bertungsgespräche, Eltergespräche, Förderpläne, Klassenkonferenzen etc. gab, während das meiner (akutellen) Erfahrung nach in Bayern ganz schnell in der Notenkonferenz mit "Empfehlung: Übertritt an die Realschule" abgehandelt wird. Ich will diesen Unterschied hier ausdrücklich nicht werten, weder in die eine noch in die andere Richtung, ich möchte nur erklären, warum auch die Gymnasialkollegen in vielen Bundesländern enorm viel Zeit in Beratun stecken, was bei kleineren Klassen natürlich besser geht.

    Check-out / Check-in / Check-out. [...] Was herauskam, war jedoch 3 und 4. [...] Ergo sind die vorhandenen Auszubildenden künstlich schlecht. [...] Dies scheint kein Einzelfall zu sein. [...]


    Das Ranking ist wirklich ein Spielzeug für die technischen Leiter? Este - vermisst du eins?

    So klingt es wie ein Rätsel aus einer Folge "Drei Fragezeichen" ;)
    Wirklich ein spezial gelagerter Sonderfall!

    An wen kann ich mich nun wenden? Ist direkt der Hauptpersonalrat meiner Gewerkschaft der Ansprechpartner? Falls ja, wie läuft das dann? Wendet sich der Personalrat dann an meine Schulleitung? Falls ja, kann ich dabei anonym bleiben? - meine Probezeit ist nämlich noch nicht zu ende und ich möchte meine Lebenszeitverbeamtung nicht gefährden.

    Ich bin nicht (mehr) aus NRW, deshalb kann ich keine ganz klaren Aussagen über Strukturen machen.
    Anonym bleiben könntest du, wenn du den Lehrerrart dazu bringen könntest, sich der Sache anzunehmen. Dann müsste der das im Monatsgespräch mit der SL (inkl. Gesetzestexte) auf den Tisch bringen bzw. ggf. in der Konferenz einen entsprechenden Antrag stellen, der dann hoffentlich vom Kollegium angenommen wird. Im Zweifelsfall könnte man auch den GK mit einer PV vorbereiten, um den Kollegen deutlich zu machen, wie sie hier seit Jahren vera****t werden. Falls sich die SL dann immer noch weigert, sich gesetzeskonform zu verhalten, müsste der Lehrerrat eine dienstliche Beschwerde über das Vorgehen beim Schulamt einreichen.


    Falls sich der Lehrerrat dem aber verweigert, muss es ein einzelner Kollege machen - du oder eben ein anderer: Also Antrag in der GK, bei Verweigerung Dienstaufsichtsbeschwerde am Schulamt. Selbst falls der Antrag von der Konferenz abgelehnt würde, könnte man sich immer noch am Schulamt beschweren, da Konferenzbeschlüsse geltendes Recht nicht aushebeln können, wie oben schon jemand angemerkt hat.


    In jedem Fall würde ich so eine Sauerei keinen Tag lang mitmachen, ohne massiv auf die Barrikaden zu gehen. Und einen Lehrerrat, der bei so etwas nicht sofort rot sieht, sondern nur mit den Schultern zuckt, muss man schnellstmöglichst abwählen.

    Vor dem Hintergrund meiner Aussagen im anderen Thread, dass nämlich das Fachstudium für das Lehramt notwendig ist, um das zu unterrichtende Fach umfassend durchdrungen zu haben, finde ich das ein spannendes Thema. Es geht mir dabei ausdrücklich nicht darum, in irgendeiner Weise über die Eignung von Seiteneinsteigern zu diskutieren oder die Sinnhaftigkeit dieses Programms in Frage zu stellen. Also bitte hier diesen theoretischen Austauch und meine Fragen nicht falsch verstehen.
    Also, ich versuche, meine Gedanken deutlich zu machen:
    Ich behaupte also, dass das Lehreramtsstudium, egal für welche Schulart, nicht darauf ausgerichtet ist, die fachlichen Inhalte des Lehrplans zu vermitteln. Vielmehr geht es um eine vertiefte, wissenschaftle Auseinandersetzung mit dem Fach, um die Hintergründe, Fragestellungen, Problemstellungen etc. zu verstehen. Im anderen Thread habe ich das "verstehen, wie das Fach funktioniert" genannt. Dies braucht man dann, um bei der Unterrichtsvorbereitung und im Unterricht selbst einen Überblick über Zusammenhänge und mögliche Fallstricke zu haben, die entsprechend berücksichtigt werden müssen. Die rein inhaltliche Erarbeitung muss dann häufig darüber hinaus geschehen, weil eben die Lehrplaninhalte nicht Bestandteil des Studiums waren. In meinen Fächern wären hier verschiedene Aufsatzarten ein Beispiel, oder konkrete Lektüren etc. Das ist aber kein Problem, weil ich mir durch mein vertieftes Verständnis vom Fach und durch meine professionelle Sichtweise diese Inhalte sehr schnell und unkompliziert erarbeiten kann.



    Die Anwendungen von Mathe in der Elektrotechnik sind sehr umfangreich, wenn man mal von komplexen Beweisen absieht. Es umfasst (mit Ausnahme von Teilen der Stochastik) tatsächlich alles, was ich son in der SEK II unterrichte. Was ich mir allerdings nicht (ohne sehr viel Arbeit) zutraue ist Unterricht im Fach Physik. Dazu fehlen mir einfach die breiten wissenschaftlichen Kenntnisse aus dem Studium.

    Deine Aussage klingt nun so, als hätte diese fachtheoretische Auseinandersetzung in beiden Fächern nicht stattgefunden, weil du ja konkret von "Anwendungen von Mathe in der Elektrotechnik" sprichst. Oder habe ich dich da falsch verstanden?



    Vielleicht nur kurz als Hintergrund, warum ich hier so nachbohre: Ich stehe dem Thema "Seiteneinsteiger" sehr leidenschaftslos gegenüber. Seiteneinstieg wird in Fächern benötigt, für die man keine Lehrer findet - also Mangelfächer. Da ist - egal ob ich mit meiner Frage oben richtig liege - jemand, der im Studium und im Beruf mit Mathe und Physik zu tun hatte, in jedem Fall besser geeignet als jemand, der damit gar keine Berühungspunkte hatte. Ich interessiere mich dafür, da die Diskussion über den Sinn des Fachstudiums immer wieder auch unter "reinen" Lehrämtlern aufkommt und ich hier tatsächlich überhaupt nicht leidenschaftslos bin. Außerdem verstehe ich Kollegen, die sich darüber aufregen, dass in der Gesellschaft oft das Bild vorherrscht, Lehrer könne jeder machen. Ich kann dann auch ein Stück weit die Angst nachvollziehen, dass die Existenz von Seiteneinsteigern dieses Gerücht verhärtet, wenn SEs ja nun eben gerade NICHT "jeder" sind.

    Dafür erwerben Lehramtstudenten mehr fachwissenschaftliche Inhalte im zweiten Studienfach.

    Würde das dann nicht heißen, dass der Seiteneinsteiger rein fachlich (- von didaktischen und pädagogischen Inhalten rede ich hier gar nicht) zwar in einem Fach deutlich besser qualifiziert wäre als der Lehrämtler, dafür aber im zweiten Fach möglicherweise eben nicht die notwendige Quali aufweist?

    Engagement privat bei den Dingen leisten, die Spaß und Erfüllung bringen und die Schule als Job sehen, mit dem man den Lebensunterhalt verdient.

    Na ja, klar macht es keinen Sinn seine Erfüllung (nur) im Job zu suchen. Jeder ist gut beraten, sich außerhalb der Schule ein Leben aufzubauen, das ihn ausfüllt und zufrieden stellt.
    Das heißt aber doch nicht im Umkehrschluss, dass ich nicht versuchen kann, meinen Arbeitsalltag so zu gestalten, dass ich dort auch "Spaß und Erfüllung" erlebe? Wo soll denn da der Sinn sein?

    Ich werde dem Schulleiter dann kommende Woche mal eine Mail schreiben, dass ich mir für nächste Woche einen Termin bei ihm geben lassen werde für ein Gespräch über meine berufliche Zukunft. Ist das zu unkonkret? Wie viel soll ich vorweg nehmen?

    "Berufliche Zukunft" klingt, als wolltest du dich wegbewerben. Ich würde was von "Entwicklungsperspektiven an der Schule" schreiben oder so.



    Meinst du, ich solle den zuständigen Abteilungsleiter vorher informieren?

    Hängt ein bisschen davon ab, wie gut du dich mit ihm verstehst. In meinem Fall habe ich dem betroffenen Kollegen (auch Mitglied der Schulleitung) irgendwann beim Kaffee mal gesagt, dass ich beabsichtige, demnächst ein entsprechendes Gespräch einzufordern. Auch, um vielleicht noch ein bisschen Input für meine Vorbereitung zu bekommen und damit er "vorgewarnt" ist, wenn der Chef ihm in der nächsten SL-Sitzung sagt, dass Herr WillG demnächst jetzt die und die Aufgabe verantwortlich übernimmt.

    Was du dir vorstellst, ist ein klassisches "Mitarbeitergespräch". Ich habe das auch schong geführt, meine Situation war in Ansätzen vergleichbar.
    Mit anderen Worten: Ich würde das auf jeden Fall machen. Bei einem Gespräch, für das man sich Zeit genommen hat (- für das also ein Termin ausgemacht wurde -) und auf das man sich vorbereitet hat, kann man solche Dinge am besten klären. Ich würde dem Schulleiter dabei durchaus im Vorfeld grob wissen lassen, worum es dir geht, einerseits aus Höflichkeit, andererseits auch, damit er sich seinerseits Gedanken machen kann, was er dir bieten kann.
    Denn ÖPR würde ich zu diesem Gespräch nicht einladen. Es ist ja ein Perspektivgespräch, kein Konfliktgespräch und da wäre die Anwesenheit des PR schon fast eine Eskalationsstufe.


    Generell habe ich mit allen Schulleitern - guten wie schlechten - die besten Erfahrungen gemacht, wenn ich die Karten auf den Tisch gelegt habe, also meine mittel- und langfristigen Pläne deutlich kommuniziert habe. Dabei habe ich immer auch eingefordert, bei diesen Plänen unterstützt zu werden, was eigentlich immer auch ganz gut geklappt hat. Und sei es auch nur, dass mir im Einzelfall erläutert wurde, warum einem Wunsch nicht entsprochen werden konnte, was mir dann zwar auch nicht geholfen hat, aber immerhin die Stimmung (meine eigene und die im Verhältnis zur SL) deutlich verbessert hat.

    In Bezug auf die Sprachen muss ich dir Recht geben, dass man im Studium sich z.B. näher mit der literarischen Gattung "Drama" beschäftigt und dieses Wissen theoretisch in allen Jahrgangsstufen und Schulformen anwenden könnte - natürlich angemessen in der Lektüreauswahl und den Unterrichtsschwerpunkten berücksichtigt. In den MINT-Fächern (und insbesondere Mathematik) tat ich mir da schon schwieriger, entsprechende übergreifenden Konzepte zu ermitteln, da manche Hochschulthemen selbst in vereinfachter Form in der Schule schlichtweg keine Rolle spielen.

    Also, ich versuche es jetzt zum letzten Mal. Es geht nicht darum, dass man sich mit der Textsorte "Drama" beschäftigt und wo man das unterschiedlich stark heruntergebrochen in verschiedenen Jahrgangsstufen irgendwie runterbeten kann. Es geht darum, dass man sich anhand von (beispielsweise) Dramentexten damit beschäftigt, wie literarische Texte strukturiert sind, welche Strukturelemente auf unterschiedliche Weise Bedeutung tragen oder vermitteln können, wie das Verhältnis von Sprache und Aussageabsicht ist, wie das Verhältnis zwischen einem Text und seinem Autor, seiner Zeit etc. sein kann und so weiter.
    Das meine ich damit, wenn ich schreibe, dass man lernen muss, wie das eigene Fach "funktioniert". Dass dabei im Seminar irgendwann auch Begriffe wie "Ständeordnung", "Teichoskopie" oder "Katharsis" fallen, ist dabei eher sekundär, denn diese Begrifflichkeiten und Inhalte kann man sich auch schnell selbst anlesen.
    Ich habe keine Ahnung von Mathe, aber ich bin mir sicher, dass die abstrakten Inhalte des Mathestudiums eben auch dazu beitragen, das System hinter der Schulmathematik zu begreifen, auch wenn man die rein inhaltlichen Aspekte nicht im Unterricht vermittelt. Aber Denkweisen, Fragestellungen, Herangehensweisen etc. wird man doch wohl in der Beschäftigung mit diesen Inhalten erwerben und für den Unterricht nutzbar machen.

    Wollsocken hat ein interessantes Beispiel genannt und sicher, in der Literatureinführung lernte ich in Deutsch die einzelnen literarischen Gattungen relativ detailliert kennen. Das ist jetzt nicht völlig irrelevant für die Praxis. Man braucht aber eben nur einen Bruchteil dieses Wissens später in der Schule (z.B., dass der Schüler in einem Satz erklären kann, was ein Roman bzw. Epik ist).

    Du scheinst es wirklich nicht zu kapieren. Es geht nicht um eine Auflistung von Sachinhalten, die an der Uni vermittelt und für die Schule benötigt werden sollen. Es geht darum, die Systematik eines Faches erfasst zu haben und dann auf unterschiedliche Sachinhalte anzuwenden.
    Wenn ich mal kapiert habe, wie ein Text "funktioniert", sowohl inhaltlich als auch sprachlich als auch pragmatisch als auch..., dann kann ich auch verschiedene Textsorten, Aufsatzarten etc. unterrichten. Dazu brauch ich kein Proseminar "Inhaltsangabe" oder ein Hauptseminar "Das Drama". Aber ich brauche die exemplarische Auseinandersetzung, mehrfach, damit ich das von verschiedenen Ansätzen her erfassen kann. Und dabei ist es egal, ob das anhand von "Woyzeck", "Homo Faber" und "Faust" (typische Schullektüren) passiert, oder anhand von eher obskuren Texten, die dem Forschungsinteresse des Dozenten entsprechen.

    Wundern die sich denn dann nicht darüber, dass ich einen laufenden Vertrag habe und einen neuen annehme, bevor der alte überhaupt gekündigt ist?

    Na, dann sollen sie sich eben wundern. Was soll schon passieren. Dass sie dir kündigen?
    Die Mühlen im öffentlichen Dienst mahlen außerdem langsam. Wahrscheinlich kapieren sie das gar nicht.


    Wobei ich vertragsrechtlich nicht fit genug bin, um mit Sicherheit zu posutlieren, dass du einen Vertrag unterschreiben darfst, bevor das alte Arbeitsverhältnis aufgekündigt ist. Ich würde vermuten, das geht, solange du keine zwei Beschäftigungsverhältnisse gleichzeitig hast. Aber das würde ich in meinem Vertrag genau nachlesen bzw. bei der Rechtsberatung der Gewerkschaft erfragen.

    Ich will jedenfalls ungerne bis zu den Ferien warten und dann den SL anrufen und sagen "ich bin dann mal weg".

    Im Bildungssystem deines Bundeslandes bist du Verfügungsmasse. Als "normaler" Lehrer und vor allem als Angestellte, der man jederzeit fristgemäß kündigen kann.
    Wenn deine Schule plötzlich überbesetzt wäre, würdest du ganz schnell eine Kündigung bekommen. Daran, wie du deine Miete in den Sommerferien bezahlen möchtest, würde dann keiner denken. Andersherum würde ich es ebenso handhaben. Du kündigst so, dass du an deiner neuen Schule rechtzeitig anfangen kannst, aber noch so viel Sommerferienbezahlung wie möglich mitnimmst. Immerhin hast du dir das Schuljahr über durch Mehrarbeit die Sommerferien erarbeitet.
    Dein Schulleiter bzw. das Schulamt werden damit klarkommen. Das ist alltägliche Praxis und vor so etwas gibt es Mechanismen.

    Weil dir die reinen Fachinhalte aus dem Studium genau nix für das Halten von Unterricht bringen - von "nice to know"-Momenten mal abgesehen.

    Ich kann es nur gebetsmühlenartig wiederholen: Kollegen, die solche Aussagen machen, haben meiner Ansicht nach nicht kapiert, wofür das Studium da ist, und sind häufig genau auch die fachlichen Dünnbrettbohrer.
    Ich brauche das Fachwissen aus meinem Studium jeden Tag. Und natürlich hat ein großteil der Seminare, die ich im Studium belegt habe, nur wenig bis gar keine Überschneidung mit den Lehrplanthemen. Mittelhochdeutsche Ablautreihen, die Kultur und Literatur der Südstaaten der USA, barocke Jesuitendramen oder frühneuhochdeutsche Bibelübersetzungen habe ich thematisch noch nie im Unterricht gemacht.
    Aber wer nur so weit denkt, hat wohl sein Fach nicht verstanden: Durch mittelhochdeutsche Ablautreihen und frühneuhochdeutsche Bibelübersetzungen (und natürlich andere Linguistikseminare, auch zur Gegenwartssprache) habe ich grundlegend verstanden, wie unsere Sprache als System funktioniert und wie sich gewissen Phänomene entwickelt haben. In der Vorbereitung und der Durchführung meines Grammatikunterrichts ist das ab der fünften Klasse hilfreich. Durch das Südstaatenseminar habe ich verstanden, wie man kulturelle Unterschiede beschreibt, durchdenkt und mit anderen Kulturen kontrastiert. Im Landeskundeunterricht brauche ich das in allen Jahrgangsstufen. Durch die barocken Jesuitendramen (und anderen Literaturseminare) habe ich die Auseinandersetzung mit Literatur gelernt, so dass ich dieses Wissen jetzt auf alle Primärtexte im Unterricht anwenden kann.


    Nun bin ich kein Grundschullehrer. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es da so viel anders ist. Wie will ich denn Kindern Sprache / Grammatik oder auch Mathe beibringen, wenn ich die Systematik hinter diesen Fächern nicht begriffen habe? Und die Systematik zu begreifen heißt eben nicht, Subjekt-Prädikat-Objekt zu erkennen oder das große Einmaleins auswendig zu können, sondern sich abstrakt mit den Fragestellungen und Problemen der Fachwissenschaft auseinandergesetzt zu haben.


    Deshalb: Kollegen, die solche Aussagen machen, kann ich im Arbeitsalltag einfach nicht ernst nehmen.

    Aber mit Mathe und Physik kenne ich mich hinreichend genug aus, dies auch Kindern nachhaltig zu erklären. Und jetzt kann ich kein Physiklehrer werden, weil auf meinem Diplom Ingenieur und nicht Physiker steht?? Das kann es doch nicht sein.

    Schade, dass der TE nicht mehr angemeldet ist. Mich würde nämlich - ehrlich und nicht polemisch gemeint - interessierren, ob er einen Mathe-/Physiklehrer denn dafür qualifiziert hält, mit ein wenig Training-on-the-Job auch als Maschinenbauer zu arbeiten? Wenn die formale Qualifikation offenbar nicht so wichtig ist?

    Weiß nicht, ob mein Beitrag deine Frage beantwortet, da die Umstände etwas anders sind:
    In meinen Oberstufenkursen behandle ich Handys wie jede andere Störung im Unterricht. D.h., dass ich nicht jedesmal sofort darauf anspringe, wenn mal ein Schüler einen kurzen Blick aufs Handy wirft. Ähnlich halt, wie wenn ein Schüler mal kurz mit seinem Nachbarn tuschelt oder wie wenn ein Schüler plötzlich ohne Grund in der Schultasche kramt oder so. Nur wenn es häufiger vorkommt oder die Beschäftigung mit dem Handy länger andauert, schreite ich ein. Ich habe damit gute Erfahrungen gemacht, denn dadurch muss ich meinen Unterricht nicht ständig wegen Ermahnungen unterbrechen und auch (der Versuch der) Diskussionen bleibt aus.
    Ebenso erlaube ich im Unterrichtsalltag auch den Gebrauch des Handys, um in Englisch mal ein Wort nachzuschlagen oder so. Ob dann jemand in der aktuellen Arbeitsphase wirklich gerade ein Wort nachschlägt oder eben doch eine Nachricht schreibt, ist mir dann auch egal. Eben wieser solagen, bis ich das Gefühl habe, dass es eine echte, anhaltende Ablenkung ist.
    Ich halte das für einen realistischen Umgang. Wenn ich mich in Lehrerkonferenzen umsehe oder mein eigenes Verhalten beobachte, dann funktioniert das bei mir und den Kollegen ebenso. Ich gehe auch davon aus, dass es an der Uni mittlerweile ganz normal ist, dass Studenten ihr Handy auf dem Tisch liegen haben und gelegentlich mal drauf schauen. Warum sollte ich dann in der Schule - in der Oberstufe wohlgemerkt - hier andere Maßstäbe anwenden?

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