Also als Mann habe ich gerade erst wieder 54 Euro bei Ikea für meinen Klassenraum ausgegeben. Klar laminiere ich Materialien, wenn ich sie nachhaltig nutzen möchte, das ist doch nur sinnvoll. Meine (hübsche mehrsprachige) Tür-Deko würde unlaminiert sicher nicht so lange halten. Ich möchte mich in meiner Klasse wohlfühlen, ich möchte dass die Kinder sich wohlfühlen und es ist es mir ganz einfach Wert. Außerdem lasse ich mich doch nicht von Klischees, Vorurteilen oder Witzen über laminierende Lehrkräfte beeinflussen, nicht das zu tun, was ich für sinnvoll halte. Meine Arbeit als Grundschullehrer ist für mich eine sinnstiftende Arbeit, in der ich mich selbst verwirklichen kann, wenn sich darüber jemand lustig machen möchte, sagt das wohl mehr über diese Person als über mich aus. Ich bin Lehrer und Pädagoge, habe dafür fünf Jahre studiert - auch pädagogische und gender-theoretische Themen - und 1 1/2 Jahre das Referendariat absolviert und bin stolz auf diese Qualifikation und meine Leistung in meinem Beruf.
Ich möchte eine Wohlfühlschule für alle, in der alle auch mit ihren Interessen repräsentiert sind - auch ich als Lehrkraft. Entsprechend bringe ich mich mit meinen Interessen auch über die Mindestanforderungen hinaus ein. In den Sommerferien habe ich die Materialien zum Programmieren mit Scratch von AppCamps an die Buchreihe Hello Ruby angepasst, weil es mir Spaß macht, ich die Anerkennung beim Teilen in Social Media schätze und mich freue, wenn die Materialien im Unterricht anderer und in meinem Unterricht eingesetzt werden. Ich fühle mich als Teil einer OER- und Internet-Community durch das Teilen und die Zusammenarbeit bei Social Media (im letzten Jahr enstand ein ganzes Buch aus dieser Community heraus). Die Anpassungen am Programmiermaterial waren in Sachen Aufwand überwiegend kosmetischer Natur, weil es mir wichtig ist und ich es schön finden möchte. Aber auch weil ich überzeugt bin, dass diese Rahmengeschichte und Identifikation mit den Figuren im Buch das Interesse und die Motivation der Schüler*innen steigert. Ich habe einen didaktischen, pädagogischen und durchaus auch einen ästethischen Anspruch an mich selbst. Die Aufstiegsmöglichkeiten an Grundschulen sind begrenzt; aber ich kenne und schätze Menschen, die durch gute Arbeit Aufstiege im Job anstreben und finde das das Gegenteil von verwerflich.
Gute Arbeit an Schulen kann ganz unterschiedlich und auch ganz anders aussehen als bei mir. Gerne gucke ich mir Gelungenes von Kolleg*innen ab, ich bin aber selbstbewusst und zufrieden genug, mich von der guten Arbeit anderer Kolleg*innen nicht stressen oder gar minderwertig fühlen zu lassen (auch wenn ich gewisse Selbstzweifel an der ein oder anderen Stelle auch kenne). "Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen." Einige ganz Wenige hier haben anscheinend den falschen Beruf gewählt, wenn sie dort verbittern oder den hohen didaktisch-methodischen, pädagogischen oder persönlichen Anforderungen - und dazu möchte ich auch zählen, dass man eigene Klischees und Vorurteile nicht 'immer und immer wieder durchkauen' muss, sondern sie als gebildeter und reflektierter Mensch als solche einfach erkennt und nicht reproduziert - nicht gerecht werden. Und mein Eindruck ist, dass diese User (absichtlich nicht gegendert!) hier ihre eigene Unzufriedenheit im Beruf auf andere Lehrkräfte übertragen, diese abwerten, um sich abzugrenzen, sich aufzuwerten, das eigene unprofessionelle Handeln zu rechtfertigen. Und ich möchte behaupten, dass es vermutlich nicht die "Feminisierung des Lehrberufs" ist, welche diesen Usern einen ihnen unangenehmen Anpassungsdruck erzeugt, sondern vermutlich eher eigene Unsicherheiten bzgl. der eigenen Einstellung, Motivation und Leistung. Denn ich kenne auch genug Männer, die sich auf ihre Art (und auch an der Stelle möchte ich betonen, dass ich bewusst auf eine binäre Zuschreibung wie 'männliche Art' verzichte) erfolgreich, akzeptiert und zufrieden ihrem Beruf als Lehrer widmen.