Offenbar ist es ja so, dass es in einem Großteil der Familien so ist, dass die Frau den Schwerpunkt der häuslichen Arbeit und der Kindeserziehung übernimmt und dadurch ihre Karriere nicht so gut fördern kann wie der Mann. Es scheint auch so zu sein, dass viele junge Frauen - bewusst oder unbewusst - mit dieser Intention bereits bei der Berufswahl eher Berufe suchen, die dies möglich machen.
Dadurch ergeben sich dann eben Konstellationen, in denen im Ernstfall, wenn das Kind da ist, natürlich der Mann weiter zur Arbeit geht, weil er besser verdient und weil die Frau möglicherweise ein Beschäftigungsverhältnis gesucht hat, das besser abgesichert ist (Beamtentum).
Darüber hinaus werden schon junge Mädchen in bestimmte Richtungen hin erzogen. Die Tochter bekommt die Puppe und wird dafür gelobt, wenn sie hübsch aussieht, der Junge bekommt Baukästen und Chemiekästen und lernt, dass Jungs auch Rabauken sein dürfen.
Dann sollten Frauen, die ja nach deinen Ausführungen die Hauptarbeit bei der Erziehung übernehmen und in den ersten 10 Lebensjahren quasi der einzige Einfluss von Erwachsenen sind, das ändern. Aber offenbar finden sie es ja (überwiegend, es gibt hier natürlich keinen Automatismus und zahlreiche Gegenbeispiele) selbst gut und richtig, dass die Zimmer von Mädchen rosa gestrichen werden und von Jungen hellblau. Ich finde es hochgradig irritierend, dass bspw. Kolleginnen, die angeblich total emanzipiert sind, diese Strukturen selbst und mit Absicht reproduzieren. Eine total emanzipierte Kollegin hat nach der Elternzeit erzählt, wie der Mann nach der Geburt noch ganz schnell das Zimmer unstreichen musste, weil sie erst dachten, sie bekommen einen Jungen (= blaues Zimmer), es dann aber doch ein Mädchen wurde (=rosa Zimmer) und ein Mädchen auf keinen Fall in einem blau gestrichenen Zimmer schlafen könne.
Seit ich mehr in Elternkreisen unterwegs bin, zeichnet sich vor allem ab, dass Frauen sich "kontrollieren" und Männer damit eigentlich wenig zu tun haben.
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Jetzt kann man überlegen, wie man das als Gesellschaft findet. Wenn man sagt: Ist doch alles okay, sie scheinen ja nicht unzufrieden zu sein, dann kann man auch sagen, dass es ja okay ist, wenn Kinder aus Arbeiterfamilien eher weniger Amibtionen auf akademische Berufe haben, weil sie ja offenbar als Handwerker auch ganz zufrieden sind.
Komischer Vergleich. Ohne BAföG und Studienkredite können Kinder aus armen Haushalten nicht (sofort) studieren. Frauen können aber als mündige Erwachsene über sich selbst reflektieren und sich dazu entscheiden, zu arbeiten, was sie wollen.
Zudem wäre es gar nicht verkehrt, wenn mehr Menschen eine handwerkliche Ausbildung machten. Studieren kann man dann immernoch. Wenn ich jetzt noch mal entscheiden könnte, würde ich erst eine (auf zwei Jahre verkürzte) Ausbildung zum Schreiner machen, bevor ich an die Uni gehe. Von einer handwerklichen Ausbildung profitiert man sein Leben lang.
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Dann ist ja alles supi, dann brauchen wir ja nichts ändern.
Brauchen wir auch nicht. Was sollen wir denn ändern? Man kann mittlerweile mit der Ausbildung zusammen die FHR erwerben und danach in Hessen mit wenigen Ausnahmen studieren, was man will.
Am BAföG könnte man sicher noch etwas verbessern, aber ansonsten sehe ich da keine Probleme, die man gesellschaftlich lösen müsste.
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Und wer sagt schon, dass die Kinder mit Behinderungen nicht auch ganz zufrieden mit ihren Klassen in Förderschulen waren.
Gute Frage, die sich langfristig aber leider nicht stellt, weil die UN Menschenrechtskonvention (?) eine inklusive Beschulung verlangt.
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Oder, und das ist natürlich jetzt sehr radikal, wenn man so denkt, wie es deine Äußerungen hier erscheinen lassen, man versucht in einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft Strukturen zu schaffen, in der jedes Individuum wirklich frei entscheiden kann, was es machen will.
Was verstehst du unter "wirklich frei"? Niemand zwingt Frauen dazu, sich für den Job als Sekretärin zu entscheiden oder Anglistik statt Maschinenbau zu studieren. Da wir kapitalistische Strukturen haben, die auch in absehbarer Zeit nicht mehr weggehen werden, verdient in der Regel der Maschinenbauer mehr, als die Anglistin. So ist das Leben. Das weiß man bereits, wenn man sich für einen Weg entacheidet.
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Nicht nur formal ("Soll sie dich Karriere machen!"; "Soll er doch aufs Gymnasium gehen!"), sondern auch so gesellschaftlich implementiert, dass jeder zu jeder Zeit die entsprechende Offenheit für ALLE Optionen entwickeln kann. Muss man halt wissen, wo man sich da positioniert.
Netter Versuch, das individuelle Entscheidungsverhalten mit gehobenem Zeigefinger auf die Gesellschaft zu projezieren. Welchen Bildungsweg Menschen einschlagen und wie Menschen in einer Partnerschaft die Arbeit aufteilen, sind keine gesellschaftlichen Aufgaben.