Nun zu meinem Problem: ich lerne seit zwei Jahren psychologische, sprachwissenschaftliche, literaturwissenschaftliche und auch erziehungswissenschaftliche Theorien auswendig und wende sie dann in Klausuren an. Ich bin mittlerweile an einem Punkt, wo ich die Augen verdrehe, wenn ich meine Notizen aufschlage und mir eine weitere Theorie zu Gemüte führe. Ich habe von mir selbst den Eindruck, dass ich gegenüber diesen Theorien eine sehr starke Abneigung entwickelt habe. Die letzten zwei Jahre konnte ich mich immer wieder dadurch motivieren, indem ich mir selbst gesagt habe, dass ich natürlich erst Fachwissen aufbauen muss und theoretisches Grundlagenwissen aufbauen muss, um dann auch unterrichten zu können.
Diese Motivationsstrategie hilft mir mittlerweile nicht mehr, weil ich ja schon seit zwei Jahren auswendig lerne und mein Wissen (in Klausuren) anwende und ich das Gefühl entwickelt habe, dass es einfach nicht aufhört. Obwohl mich die Inhalte grundsätzlich interessieren, tue ich mir zunehmend schwer, weitere Theorien zu lernen. Ich bekomme auch richtig Bauchschmerzen bei dem Gedanken, dass ich zu den Staatsexamen ja wieder die Inhalte lerne (in Schulpsychologie wollen sie Theorien mit Jahreszahlen und wer die Theorien aufgestellt hat).
Im Studium habe ich es so hingenommen, damals hieß der Bereich EWS (Erziehungswissenschaftliches Studium), die "Theorien" auswendig gelernt und im SE hingeschrieben. Als Student war ich der Meinung, man könne nicht vertieftes Lehramt (in Bayern GS, HS, RS) je nach Engagement anspruchsvoll oder anspruchslos studieren.
Das Problem mit all den sozial- und geisteswissenschaftlichen Theorien ist, dass sie nicht falsifizierbar sind. Gerade in den Erziehungswissenschaften und den Fachdidaktiken werden Lehrer für fünf Jahre an die Uni abgeordnet, denken sich Modelle und Theorien aus, unterfüttern sie mit empirischen Studien, und schreiben Aufsätze oder eine Dissertation darüber, die dann Teil des Studiums der aktuellen LA-Studenten werden. Alles nicht falsifizierbar und daher invalide - also ohne wissenschaftlichen Anspruch. Bei sozialwissenschaftlichen oder didaktischen Modellen geht es bestenfalls darum, ob sie sich in der Praxis bewähren. Oft ist nicht einmal das wichtig, sondern nur, ob sie es in die LA-Ausbildung oder gar den Lehrplan schaffen. Manche Lehrer werden dann Akademische Räte oder bekommen einen Lehrstuhl, die anderen gehen an die Schulen zurück.
Heute denke ich, dass ein Studium vieler anspruchsloser Theorien auch durch die schiere Masse oder durch gestelzte Begrifflichkeiten nicht anspruchsvoller, geschweige denn sinnvoller wird. "Der" Hilbert Meyer war das Standardwerk meines Schulpädagogikstudiums. Es sagt alles, dass mir von ihm nur die Lolationsstrategien in Erinnerung geblieben sind. Sie stehen für das Niveau meines gesamten schulpädagogischen Studiums.
Daher mein Rat: Wenn du nach einigen Schulpraktika und Blicken ins Lehrerzimmer wirklich Lehrerin werden willst, dann lerne das, was im Studium gefordert wird, mit möglichst geringem Arbeitsaufwand. Es geht allein ums bestehen. Ansonsten kann ich nur empfehlen, etwas richtiges zu studieren.