Beiträge von Morse'

    Inwiefern es das früher gegeben habt, kann man wohl nur spekulieren. In den 90ern kannte ich jmd., der als Lehrer ans KM kam und von dort aus SL an einer großen Schule wurde um dann später wieder (in höherer Funktion) zurück ans KM zu gehen. Der hatte ein Parteibuch und meinte, dass es ohne quasi nicht ginge (es müsse nicht unbedingt die Regierungspartei sein, aber eben eine der großen, die eben auch Mitglieder in entsprechenden Funktionen hat).

    Heutzutage scheint mir die Frage damit beantwortet, dass es viel weniger, teilweise kaum noch oder sogar gar keine Bewerber mehr auf SL Stellen gibt.

    Mit einer Kündigung drohen fände ich aber auch unschicklich.

    "Unschicklich"? Wie meinst Du das?

    Ob das "unschicklich" ist, hängt doch wohl davon ab, ob Deine Drohung Wirkung zeigt oder nicht.

    Oder würdest Du etwa selbst dann nicht damit drohen, wenn sicher wäre, dass Du damit Erfolg hast?

    Kollegen, die nicht (mehr) auf diese Arbeit angewiesen sind - und damit implizit oder explizit "drohen" - haben meist die besten Stundenpläne bzw. können der SL ihre Stunden diktieren. Das bedeutet, dass selbst eine wohlwollende Schulleitung, die versucht alles Mögliche möglich zu machen (sic), hier an ihre Grenzen für die "reguläre" Belegschaft stößt, die dann eben - mangels Druckmittel - das Nachsehen haben.

    P.S.: was es auch gibt sind die Kollegen, die in so einer Lage dann sehr oft krank werden. Tatsächlich wg. der hohen Belastung oder Frust, oder evt. nur vorgetäuscht um sich zu rächen bzw. zu damit zu zeigen, dass man es nicht mit ihnen machen kann und im nächsten Jahr sich so was nicht wiederholt. (Das wäre dann auf jeden Fall recht unschicklich für alle Beteiligten, würde ich meinen.)

    Ich empfinde es als unangemessen, eine Demo zum Bildungswesen zu instrumentalisieren, um bei der Gelegenheit direkt mal kurz seinen Unmut über Rüstungspolitik auszudrücken.

    Verstehe! Man könnte es ja auch anders verstehen - "Bildung ist auch/genauso wichtig wie Militär", aber ich denke auch, dass es sich bei den allermeisten so verhält wie Du sagst.

    Semi-Off-Topic:


    Das wurde nicht nur implizit gesagt, sondern stand auch auf einem Spruchband, wie in der Berichterstattung zu sehen war. Und spätestens da bin ich dann definitiv überhaupt gar nicht mehr an Bord.

    Hat jetzt vielleicht nicht mehr so viel mit dem Thema zu tun, aber interessiert mich einfach persönlich: Warum genau? (Wg. des "auch" statt "anstatt"?)

    Ich habe es im Vorfeld mitbekommen, werde aber ganz sicher nicht für eine Initiative auf die Straße gehen, die nach noch mehr Inklusion, Multiprofessionalität und Individualisierung verlangt. Jede derartige Bestrebung läuft der dringend notwendigen Entlastung im Schulalltag diametral entgegen.

    Das sehe ich auch so - wobei die Urheber der Forderungen sich das sicher so vorstellen, dass dafür so viele Deputatsstunden zur Verfügung gestellt, Klassenteiler heruntergesetzt werden, usw., dass es keine Belastung wäre. (Also schon im Sinne Deiner und auch meiner ersehnten "Verbesserung der Rahmenbedingungen").

    Beim Thema Ausbildungsoffensive bleibt nebulös, was damit gemeint ist und wie die denn wohl aussehen soll. Schöne Werbecampagnen haben wir ja zu Genüge. Und die Forderung nach einem Sondervermögen in genannter Höhe erscheint mir albern, da völlig unrealistisch und überzogen.

    Die Formulierung "Sondervermögen", in Anlehnung an die Bundeswehr, fand ich rhetorisch recht originell. Ich verstehe das so, dass damit implizit gesagt wird, dass man doch lieber in Schulen als Waffen investieren solle auch in Schulen und nicht nur in Waffen investieren sollte (bzw. etwas forsch "wenn so viel Geld für Panzer da ist, muss doch auch bisschen was für Schulen da sein!"). Denke bei einigen im Publikum wird das gut ankommen.

    Kurz zum Inhalt:


    Wie bei bei den meisten sozialen Bewegungen/Verbänden/Gewerkschaften zeigt sich in den Forderungen ein ganz falsches Bild unserer Gesellschaft, das man fast schon als Verweigerung der Realität bezeichnen könnte.

    Die tatsächlich vorgefundenen Verhältnisse werden kritisiert - aber nicht als Ergebnis eines tatsächlichen politischen Interesses, sondern als Abweichung eines Ideals, das ihrer Meinung nach doch das politische Interesse sein sollte.

    Ausgerechnet die Urheber der kritisierten Verhältnisse werden zum Adressat der Forderungen - als ob es es keinen politischen Willen gegeben hätte, der für diese Verhältnisse gesorgt hätte. Als ob Regierungen gar nicht wüssten, wie die Lage ist und man sie deshalb darauf aufmerksam machen müsste.
    Es dominiert ein Bild der Politik als "Kümmerer" und "Problemlöser", der nur aufgezeigt werden müsste, wo der Schuh drückt. Als wären die kritisierten Umstände ein Unfall, Versehen, oder gar Ignoranz. Man weigert sich anzuerkennen, dass es ein politisches Interesse an den kritisierten Verhältnissen gab und gibt.

    Andere Forderungen werden sogar so formuliert, dass sie dem Urheber der Verhältnisse erklären wollen, weshalb es doch in seinem Interesse sei, die Forderungen umzusetzen. Als wäre dieser schlicht zu inkompetent zu erkennen und zu tun was in seinem Interesse wäre. Diese naive Vorstellung äußert sich gerne in Sätzen wie "Die haben doch gar keine Ahnung!".


    Forderungen, die sich tatsächlich mit dem Interesse des Adressaten decken, werden auch umgesetzt werden - aber dafür braucht es die Forderungen nicht.
    (Bei der Bildungswende wäre das z.B. die bzgl. der "Ausbildungsoffensive" geforderten "neue[n] Wege ins Lehramt" - an denen ja bereits gearbeitet wird.)


    Aus den Forderungen:
    "[...] Freiräume für die intellektuelle, emotionale und soziale Entwicklung der Schüler:innen zu schaffen und die Bildungsqualität zu erhöhen

    • alternative Leistungsbewertungen ermöglichen, statt zu viele Vergleichsarbeiten durchzuführen"

    Falls eine Regierung davon überzeugt ist, dass solche Freiräume produktivere Arbeitnehmer hervorbringen, werden sie auch eingeführt (nachdem die vermeintlichen Kosten dem vermeintlichen Nutzen gegenübergestellt wurden).

    Über den Sinn und Unsinn von Noten wird ja hinsichtlich der Pädagogik gerne gestritten. Der Formulierung "zu viele Vergleichsarbeiten" kann man entnehmen, dass die Verfasser schon wissen, dass die Selektion der SuS für den Arbeitsmarkt die Priorität der Schulen ist und diese nicht zur Debatte steht. "Aber müssen es denn gleich so "viele" sein?" Der Denkfehler hier ist zu glauben, dass das Prinzip des maximalen Profits Spielräume lasse die sich "menschlicher" gestalten ließen.

    Zur Mobilisierung:

    Meine SL hat den Aufruf zur Demo, der ihr montagabends vom Gesamtelternbeirat geschickt wurde, am nächsten Morgen an das Kollegium weitergeleitet.

    Mein Verband (BLV) beteiligte sich meines Wissens nach nicht an der Aktion.

    Das kommende Kalenderjahr wird vom Motto "Menschenrechte - für jede/n überall" begleitet und soll in den unterschiedlichsten Fächern und Jahrgangsstufen thematisiert werden, wenn es den Kolleginnen und Kollegen planerisch gut passt.
    [...]
    Das Projekt zielt dabei sowohl auf die innere Schulgemeinschaft als auch auf die äußere.


    Soll die Idee der Menschenrechte vorgestellt werden um gefeiert zu werden?
    Sollen sie kritisiert werden im Sinne derer nur teilweise oder Nicht-Beachtung? Nur in feindlichen Nationen, auch verbündeten, oder sogar dem eigenen Land?
    Sollen sie gar grundsätzlich kritisiert werden als politisches Instrument? Usw.

    Es wäre hilfreich zu wissen, was die Lernziele sind - sowohl im Unterricht als auch für die Öffentlichkeit..

    Ihren Platz kann jetzt wohl eine Erzieherin übernehmen.


    https://www.zeit.de/news/2023-…chul-lehrkraefte-arbeiten


    "Bei 226 der ausgeschriebenen Stellen ist eine Gehaltszulage möglich, da sie als schwer besetzbar gelten."


    Vielleicht ein interessanter Punkt für diejenigen, die nach wie vor der Meinung sind, im Öffentlichen Dienst gäbe es keinen Arbeitsmarkt mit Angebot und Nachfrage.

    Verantwortungsträger begeben sich da auch auf Glatteis, etliche Führungskräfte auf kommunaler Ebene, welche Tarifbeschäftigte Zulagen zukommen ließen, haben dadurch persönliche rechtliche Schwierigkeiten bekommen (Veruntreuung). Der sicherere Weg auch für die Führungskräfte ist, 'unterbezahlte Kräfte' zu verbeamten (freilich nicht immer möglich: Altersgrenze, Laufbahnvoraussetzungen)

    Danke für diese Einblicke! Das ist ja nicht nur interessant, sondern irgendwie auch witzig, welche Blüten das treibt.
    (Es scheint ja kurz gesagt so, als ob sich die öffentliche Verwaltung mit ihren eigenen Regeln selbst im Weg steht.)


    Gehälter im TB-Bereich des öffentlichen Dienstes werden halt nicht durch den Markt bestimmt....(oder nur zu einem kleinen Teil), maßgebend für die Bezahlung ist faktisch u.a. das Beamtenrecht

    Ob nicht oder, wenn auch nur ein kleiner Teil, doch - wäre ja an sich schon mal ein Unterschied. Aber ich meine ja, dass das Prinzip (!) Angebot und Nachfrage überall gleich gilt, egal ob ÖD, Beamte, oder ganz "normale" Arbeitnehmer - also nicht nur zu einem kleinen Teil.

    Bevor ein Arbeitgeber ein Angebot auf dem Arbeitsmarkt macht, überlegt er sich, was für eine Art von Arbeitskraft er sucht, welche Qualität und Quantität diese leisten soll und muss dann kalkulieren, wie viel er dafür bieten muss, damit sein Angebot auf dem Arbeitsmarkt auch nachgefragt wird.

    Falls die Bezahlung vom Arbeitgeber unabhängig vom Markt festgelegt werden würde und nur die mittelbaren Faktoren wie Qualifikation, "Verantwortung", "Schwierigkeit" usw. in Betracht gezogen würde, könnten die Resultate sein (pointiert):

    a) sehr viele Bewerber, weil das Angebot viel besser ist als von anderen Arbeitgebern. Die Arbeitnehmer freuen sich erst mal, der Arbeitgeber hat höhere Lohnkosten als die Konkurrenz und unterliegt dieser und kann die hohen Löhne nicht mehr bezahlen.
    b) keine Bewerber, weil das Angebot viel schlechter ist als von anderen Arbeitgebern. Die Arbeitssuchenden nehmen die Angebote anderer Arbeitgeber an, die ihnen mehr bieten (ob das jetzt nur höhere Löhne oder bessere Arbeitsbedingungen wie weniger intensive Arbeit sind usw. spielt dabei keine Rolle).
    Nun kann sich der Arbeitgeber überlegen, ob er die Unternehmung sein lässt, oder ein besseres Angebot auf dem Arbeitsmarkt macht (er müsste also seine "moralische" Einschätzung des Werts der Arbeit anpassen bzw. durch eine ökonomische, marktgerechte, ersetzen.

    Wg. Beamtenrecht:
    Ob die Löhne aufgrund irgendwelcher moralischer Vorstellungen von Wert, dem Beamtenrecht, mit Gewerkschaften ausgehandelten Tarifen, ausgewürfelt oder vom WM-Kraken Paul bestimmt werden: am Arbeitsmarkt stellt sich heraus, ob das Angebot nachgefragt wird.

    Melden sich sehr viele Bewerber, würden evt. noch genug bleiben, wenn man etwas weniger bezahlt.
    Melden sich ein paar, aber nicht genug, muss das Angebot wohl etwas erhöht werden.

    Ganz egal auf welcher Grundlage kalkuliert wurde - der Markt hat das letzte Wort.

    Es stimmt im engeren Sinn schon, dass Lehrergehälter durch das Beamtenrecht festgelegt werden, aber auch diese müssen am Markt auf genügend Nachfrage treffen. (Das ist auch der Grund für die im Laufe der Diskussion genannten Änderungen und Anpassungen der Vergütung.)

    Der ÖD und das Beamtentum sind gegenüber der "freien" Wirtschaft sehr unflexibel. Aber dennoch gilt das Prinzip von Angebot und Nachfrage.

    Wenn ein Arbeitgeber anbietet, dass man sich bei ihm exklusiv verpflichten kann um 40 Jahre lang genau das gleiche Gehalt zu bekommen, ist das auch ein Angebot. Auch wenn das Gehalt 40 Jahre lang gleich bleibt.
    Genau so verhält es sich mit den Tarifen und Beamtenstatus: es ist ein Angebot. Ob das nun attraktiv ist auf dem Arbeitsmarkt oder nicht, liegt an der Konkurrenz.
    Man merkt das ja übrigens auch hier Forum, wenn darüber diskutiert wird was die Vor- und Nachteile des Beamtenstatus sind bzw. ob es für den einen oder anderen evt. besser wäre Angestellter zu sein/bleiben.
    Beamtentum ist das Gegenteil von Wildwest hire and hire, aber trotzdem gilt Angebot und Nachfrage.
    Deswegen ja auch die vielen Bemühungen bzgl. des Lehrermangels - es darum das Angebot der Länder auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern.

    (und überhaupt: welchen Arbeitsmarktwert hat denn z.B. ein 55jähriger Schulleiter mit A16/TVLE15Ü Gehalt? Der würde auch bei einer Gehaltskürzung von 30% dabeibleiben)

    Ich bin nicht sicher auf was Du damit hinaus willst? Willst Du damit sagen, dass es so etwas wie einen "Arbeitsmarktwert" nicht gibt?

    Dieses "bei Gehaltskürzung von 30 % dabeibleiben" zeigt doch, dass es um Angebot und Nachfrage geht!
    Bei 40 % käme er vielleicht ins Grübeln, bei 45 % nimmt er einen Textmarker in die Hand, wenn er die Stellenausschreibungen im "Kultus und Unterricht" liest, bei 50 % legt er auf LinkedIn ein Profil an und guckt mal, wer sich für ihn interessiert, bei 60 % antwortet er dem erstbesten Headhunter. Das ist der Markt!

    Genau wie ein Schüler, der seine Ausbildung bei Daimler oder Porsche anfangen könnte.
    Oder ein Lehrer, der sich überlegt das Bundesland zu wechseln. Von Sachsen nach Bayern. Oder vielleicht sogar in die Schweiz? Was die wohl bezahlen? Was das Leben dort kostet und bietet? Ob sie ihn überhaupt nehmen würden? Usw. usw.

    Ah okay my bad. Das tut mir dann natürlich leid Morse'

    Ich nehme bei Nutzern ohne Beiträge immer erstmal das schlimmste an. Vor allem wenn es um sowas kontroverses geht wo man sich Mühe geben müsste

    Merci! Der Gedanke wäre mir wahrscheinlich auch gekommen. Wobei ich nicht gedacht hätte, dass dieses Thema so kontrovers ist! Ich bin gespannt ob wir in der Diskussion noch weiter kommen.

    Wenn ich einen Betrieb habe, kann ich meine Schwägerin einstellen, weil ich die gerne mag und den Nachbarn, weil der gut aussieht.


    Das ist richtig. Soll das ein Argument dafür sein, dass es den Arbeitsmarkt gar nicht gibt?

    Off-topic fun fact: in meinem Kollegium soll jmd. seinerzeit den Zuschlag der SL bekommen haben wg. seines guten Aussehens)


    Soll heißen, A13 bleibt A13, auch wenn das Land noch so dringend Informatiklehrkräfte braucht. Man kann sie nicht für A15 einstellen oder den Hausmeister mit Computerkenntnissen auf die Stelle setzen. Kein Markt regelt da meiner Ansicht nach irgendwas.

    Aber das stimmt doch nicht! Wir haben doch schon gesehen, dass die Besoldung geändert wird und z.B. höher eingruppiert wird bei Bedarf.
    Der Gesetzgeber entscheidet darüber, wer für was eingestellt werden soll, und tut das auch (nach den Gesetzen des Marktes)! Auch wenn dies bei weitem nicht so flexibel geschieht wie außerhalb des ÖD.

    Einen Hausmeister (noch) nicht, aber wir sehen doch bundesweit, wie die Anforderungen geändert bzw. gelockert werden um mehr Bewerber auf dem Arbeitsmarkt zu finden.

    Gibt es hier Wirtschaftslehrkräfte, die es Morse' erklären können?:autsch:

    Ich habe mich schon mit mehreren WK Lehrern darüber unterhalten. Die waren bisher alle noch der Meinung, dass nicht nur Löhne, sondern auch Gehalter durch den Arbeitsmarkt gebildet werden.

    Diesen Kopf-gegen-die-Wand Smiley finde ich nicht so cool. Erwidere doch lieber eine Erklärung oder Kritik an meinen Argumenten, wie z.B. dem, dass Bundesländer die Besoldung deutlich erhöhen um auf dem Arbeitsmarkt mehr Lehrer zu gewinnen.

    Ich verstehe nicht, was der Vergleich mit den USA bringen soll. Soweit ich weiß, werden gerade in den USA Lehrpersonen eher schlecht bezahlt, Schule ist teuer. Vielleicht gibt's dort Privatschulen, in die irgendwer einen Haufen Geld investiert und die können sich bestimmte Lehrer aussuchen und einkaufen. In Deutschland bekommt man die Stelle aber nach wie vor durch Bestenauslese. Vielleicht irre ich auch, aber ich meine, das ist der grundlegende Unterschied bei der Besetzung von Stellen im öD. Zumindest verbeamtete Lehrer üben doch ein Amt aus?


    https://www.dbb.de/arbeitnehme…oeffentlicher-dienst.html

    Der Vergleich mit den USA sollte aufzeigen was für eine Besonderheit das dt. Berufsbeamtentum ist und das es nicht der Beruf "Lehrer" per se ist, der solche besonderen Regelungen zwingend erforderlich macht.

    Das was Du über Lehrer in den USA gesagt ist, ist auf jeden Fall so.

    Worauf Du mit der Bestenauslese hinaus willst verstehe ich nicht. Wie meinst Du das?

    Es gibt ja das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz - was bleibt denn da noch als Unterschied zur Bestenauslese übrig, vor allem in der Praxis?

    (Off-topic wg. Bestenauslese: lustig finde ich, wenn eine Schule Bedarf meldet, das RP drei Kandidaten schickt, sich die Schule für einen entscheidet und das RP dann mitteilt, dass der Kandidat leider nicht die nötigen Voraussetzungen mitbringt. "Nur die Besten!")

    Und was ist mit der Polizei, Soldat*innen, Kommunalbeamten bei der Stadt? Schule ist doch nur eine Behörde.

    Das gilt auch für die anderen genannten.
    Wie bei der bereits erwähnten Frage bzw. häufig zu lesenden Kritik "Was kostet es nicht in Bildung zu investieren?" ist der "Gewinn", den diese Beamten produzieren, einfacher zu erkennen in ihrer Aufhebung. Was würde passieren, gäbe es weniger oder keine Polizei, Armee und Kommunalbeamten?

    Jeder dieser Berufe hat natürlich viele Facetten, ich greife einfach mal was raus:Die Polizei setzt das staatliche Gewaltmonopol durch und damit "eine Eigentumsordnung, die die freie Verfügung über das Privateigentum (z. B. an den Produktionsmitteln) schützt". Ohne diese Grundlage wäre jegliche kapitalistische Betätigung unmöglich.

    Auch die Armee sichert etwas für eine auf Außenhandelsbilanzüberschuss ausgerichtete Gesellschaft grundlegendes, das mag ich kurz mit zwei Zitaten deutlich machen:


    „[...] auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege, zum Beispiel ganze regionale Instabilitäten zu verhindern, die mit Sicherheit dann auch auf unsere Chancen zurückschlagen negativ, durch Handel Arbeitsplätze und Einkommen zu sichern.“ (Bundespräsident Köhler)

    "Die Sicherheit Deutschlands wird auch am Hindukusch verteidigt" (Verteidigungsminister Struck)

    Kommunalbeamte gibt es ja in vielfältigen Ausführungen, deshalb möchte ich in dieser Breite mal den Abschluss machen, dass sie alle, in dem sie den Laden am Laufen halten, Wirtschaftswachstum ermöglichen und befördern sollen. Beispiel: das Interesse am Brandschutz ist, dass durch die Verhinderung von Bränden Kosten gespart werden. Und zwar eben nicht nur einfach zu berechnende Kosten, z.B. die eines nach einem Brand neu zu errichtenden Dachstuhls, sondern auch sog. "Personenschäden".
    ""Wert eines Menschenlebens" ist ein Fachbegriff aus der Ökonomie. In der [VWL] wurden Verfahren entwickelt, die Verlust oder Verlängerung von Menschenleben so in Geldeinheiten bewerten, dass diese Geldwerte für eine vergleichende ökonomische Entscheidungsfindung nutzbar sind. Ein solcher Vergleich kann beispielsweise im Rahmen einer Kosten-Nutzen-Analyse von Varianten der Sicherheitsplanung stattfinden."

    Weil das so makaber ist ein kleiner fun fact aus demselben Wikipedia-Artikel:
    "Bei einer repräsentativen Befragung von 1002 Deutschen antwortete auf die Frage, ob sie bereit wären, für eine Million Euro ein Jahr früher zu sterben, jeder fünfte mit „Ja“. Mit steigendem Lebensalter sank die Bereitschaft für diesen Tauschhandel."

    Dass so kalkuliert wird scheint für manche unvorstellbar, dabei kennt das jeder mind. aus der Gesundheitspolitik.
    Kurzer Rückgriff auf Berufe:
    Welche Kosten verursacht jmd., der lange zur Schule geht und danach auch noch studiert? Lohnt sich diese Investition in Bildung? Ein Studienplatz Humanmedizin kostet über 30.000 € im Jahr - holt der das wieder rein?

    Auch beim "Beruf" Arbeitsloser: wie viel muss der Staat für "soziale Sicherheit" investieren? Wie hoch muss das Budget eines Jugendhauses im "Problemviertel" sein, damit die Jugendlichen nicht Schaufensterscheiben einschlagen für neue Sneaker? Usw.



    ---


    Ich hoffe damit ist klarer geworden, weshalb es nicht unmittelbar an der "Verantwortung", "Komplexität", "Schwierigkeit" einer Tätigkeit liegt, wie sie bezahlt wird, sondern nur mittelbar. Es sind Angebot und Nachfrage oder kurz gesagt der Arbeitmarkt.

    Mittelbar, unmittelbar - was soll's? Warum so viel dazu schreiben?
    Diese Behauptungen von "Verantwortung", "gute Arbeit", usw. für bare Münze zu nehmen halte ich für gefährlich, weil sie ein ganz falsches Bild unserer Gesellschaft/der Welt zeichnen.

    Dass die Gewerkschaften Preise verhandeln, spricht ja gerade dagegen, dass sich diese Preise durch Angebot und Nachfrage finden.


    Das verstehe ich nicht bzw. ich bin mir nicht sicher, wie Du das meinst.
    Meinst Du das evt. so wie User Quittengelee, dass Angebot und Nachfrage nur für verhandelnde Individuen gelten würden, aber nicht für Gewerkschaften?


    Ich skizziere Mal gröbst und pointiert eine Tarifverhandlung:

    Arbeitnehmer/Gewerkschaft: Wir wollen mehr Geld!
    Arbeitgeber: Ich will auch viel. Wie wärs mit unbezahlten Überstunden?
    An/G: Dann streiken wir! Das wird dich ordentlich kosten! Oder kündigen ganz, wenn Du aus dem Streik nicht lernst!
    Ag: Macht doch! Es gibt genügend Leute die für das bisherige Geld bei mir arbeiten wollen.

    Im ÖD gibt es ja Streiks, bei Beamten nicht (zumindest nicht legal).
    Die implizite Drohung einer Tarifverhandlung ist, dass sich die Arbeitnehmer einen anderen Arbeitgeber suchen.
    Im Limoladen (s.o.) ist das ja alles ganz überschaubar, insbesondere bei Verbeamteten Lehrern nicht.
    Hier ist die (oft gar nicht so implizite) Drohung die, dass sich zukünftig sonst immer weniger junge Leute entschließen Lehrer zu werden.
    Das ist Angebot und Nachfrage, aus denen sich die Preise ergeben.

    Ja, Bundesländer verbeamten wieder, weil Lehrermangel ist. Und es gibt auch Zulagen für Leute, die am Arsch der Welt zu unterrichten bereit sind. Dies mag ein indirekter Weg sein, Leute durch finanzielle Anreize zu locken.

    Ganz genau! Das ist das Prinzip von Angebot und Nachfrage bzw. eine Reaktion eines Arbeitgebers auf die Situation des Arbeitsmarktes (in dem er in Konkurrenz zu anderen Arbeitgebern steht).

    Aber im öD gibt es keinen Markt, der irgendwas regeln könnte. Es wird nichts erwirtschaftet, es können keine Gewinne ausgeschüttet werden

    Jaein. Es ist richtig, dass das Berufsbeamtentum kein Limonadenstand ist, wo man eine ganz einfach Rechnungen machen könnte über Ausgaben und Einnahmen. Im engeren Sinn erwirtschaftet der Bildungsbereich (Kitas, Schulen, Unis, usw.) keinen Gewinn.
    (Randnotiz: Bei uns! Bei Privatschulen in den USA schon!)

    Im weiteren Sinn erwirtschaftet der Bildungsbereich aber Gewinn, da er die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft erhält und im Idealfall steigert.
    Da die nationale und Weltwirtschaft und die in ihr konkurrierenden Nationalstaaten alles andere als Limonadenstände sind, fallen diese Rechnungen sehr komplex aus und beruhen auf vielen Annahmen. Damit beschäftigen sich dann in Deutschland z.B. die fünf Wirtschaftsweisen, Bertelsmannstiftung und andere Thinktanks.
    (Randnotiz: ähnlich wie in der Sozialpolitik geht es oft um die Frage, was es kostet nicht in Bildung zu investieren.
    Unter dem Schlagwort "Bildungsökonomik" findet man dazu viel z.B. auch bei der Bundeszentrale für politische Bildung.)


    der Arbeitgeber kann auch nicht sagen, dass er lieber den mit Doktortitel hätte und dem dann mehr bezahlen. Es gibt festgelegte Gehalts- oder Besoldungsgruppen und die Gewerkschaft kann für alle Arbeitnehmerinnen neue Tarifverträge aushandeln, aber ich kann nicht zum Chef laufen und sagen, dass ich so ne tolle Klassenlehrerin bin, dass ich ab nächstem Kalenderjahr 2 Urlaubstage mehr und eine Bonuszahlung für den schönsten Elternabend möchte plus Gehaltserhöhung, sonst ginge ich.

    Der Arbeitgeber könnte, wenn er wollte bzw. das für nötig erachtet, sehr wohl sagen, "dass er lieber den mit Doktortitel hätte und dem dann mehr bezahlen".
    Um im Bild zu bleiben: Momentan sagt der Arbeitgeber, dass er auch gerne die ohne Doktortitel hätte und denen dann gleich viel bezahlt.

    Es ist schon richtig, dass wenn Du in den Anwendungsbereich eines Tarifvertrags fällst, dieser für Dich gilt.
    Und auch, wie Du ja sagst, dass er von Gewerkschaften und Arbeitgebern ausgehandelt wird. (Hier gilt also das Prinzip der Marktwirtschaft.)
    Aber dass Du als Tarifgebundener nicht für Dich allein verhandeln kannst ändert nichts daran.

    Wieder der Vergleich mit den USA: ob Du nun an einer Privatschule nur für Dich selbst verhandelst oder eine Gewerkschaft das für Dich macht, die Prinzipien des Aushandelns sind die gleichen.
    Es kommt in unserem Kontext nicht darauf an, ob Arbeitnehmer alleine verhandeln oder (wie im GG garantiert) gemeinsam.
    Ob unser bester Lehrer der Welt, bzw. der sich dafür hält, mehr rausholen würde bei individuellen Verhandlungen oder lieber einer Gewerkschaft beitritt, muss er selbst mit sich ausmachen aufgrund seiner Kalkulationen bzw. Einschätzung des Arbeitsmarktes und seiner eigenen Position darin als auch der seines Arbeitgebers in spe.

    In den USA, oder wo sonst individuell verhandelt wird, kein Tarif gilt, könntest Du also Deine Verhandlungsposition dem Arbeitgeber darlegen (tolle Klassenlehrerin, Boni).
    In Deutschland geht das aufgrund des Tarifs und Berufsbeamtentums nicht - als einzelne! Dort übernehmen (nur) Gewerkschaften und Verbände diese Aufgabe bzw. könnten Deine Verhandlungspositionen zu ihren machen (tolle Klassenlehrer, Boni). Die Prinzipien sind gleich.

    Noch kurz zu den (wie Du sagst) "festgelegten" Besoldungsgruppen. Wir haben ja bereits gesehen, dass sich diese sehr wohl ändern - nicht nur in der Höhe, sondern auch für wen sie gelten! Noch dazu: im Falle der Grundschullehrer haben die Landesregierungen die bis dahin sehr lange "festgelegten" Gruppen über den Haufen geworfen explizit wegen des Arbeitsmarktes.

Werbung