Wie begründet sich A14/A15?

  • Warum sollte das so sein?

    Weil hier das Angebot die Nachfrage nicht ansatzweise deckt, es aber dennoch keine Verbesserungen der Arbeitssituation, der Gehälter etc. gibt.

    Zitat

    Dazu:

    Wenn das so wäre (dass es nicht der Arbeitsmarkt ist), wie würden dann die Höhe der Löhne und Gehälter bei Lehrern zustande kommen?

    In Hessen gibt es den TV-H. In diesem sind bestimmte Bildungsabschlüsse, teilweise noch bestimmte Anforderungen der Stelle, bestimmten Entgeltgruppen zugeordnet. Wenn die Stelle bspw. eine Ausbildung ohne Berufserfahrung voraussetzt und keine nenneswerte konzeptionelle Arbeit erfordert, gibt es EG8 (Erzieher) oder EG9. Wie der Bedarf oder das Arbeitnehmerangebot in den einzelnen Bereichen ist, ist für die Höhe der Vergütung je Entgeltgruppe irrelevant.

    Dass es einen Mangel an Erziehern gibt, aber keinen Mangel an bspw. Gymnasiallehrern mit den Fächern Geschichte und Erdkunde, führt nicht dazu, dass die Arbeitsbedingungen für Erzieher besser werden oder das Gehalt höher. Es führt auch nicht dazu, dass das Gehaltsniveau für Gymnasiallehrer sinkt. Zudem macht kann man als Lehrer durch einen Arbeitgeberwechsel keinen Gehaltszuwachs erlangen.

  • Angebot und Nachfrage funktioniert doch nur auf dem freien Markt in der Wirtschaft. Und selbst da spielt auch die Ausbildung bzw. eine Spezialisierung eine Rolle

    Wer Fehler findet darf sie behalten und sich freuen! :victory:

  • Weil hier das Angebot die Nachfrage nicht ansatzweise deckt, es aber dennoch keine Verbesserungen der Arbeitssituation, der Gehälter etc. gibt.

    Diese Schlussfolgerung macht doch nur Sinn unter der Prämisse, dass die Länder ein tatsächliches Interesse (Nachfrage) hätten Lehrermangel zu beseitigen.

    Es gab auch schon Zeiten/Fälle in denen kritisiert wurde, dass auf dem Arbeitsmarkt vorhandene Lehrer trotz Mangel nicht eingestellt wurden.
    Anders gesagt: in Afrika gibt's Leute die Hunger und Durst leiden, aber von einer "Nachfrage" kann man nicht sprechen, da sie kein Geld haben um das Angebot zu bezahlen.
    Zudem gibt es auch andere Möglichkeiten für Arbeitgeber als das Gehalt zu erhöhen.

    Gerade an dem Beispiel des Lehrermangels wird das deutlich:
    Bundesländer konkurrieren als Arbeitgeber um Lehrer.
    Dabei spielt die Bezahlung eine wichtige Rolle. Die einen Länder verbeamten wieder, um den Lehrerberuf attraktiver zu machen, die anderen heben die Bezahlung an, generell oder für bestimmte Gruppen, bei denen der Mangel besonders groß ist (bzw. niedriges Angebot) wie z.B. Grundschullehrer.
    Aber es gibt auch andere Möglichkeiten:
    Anstatt die Bezahlung ändern, kann auch die gewünschte Qualität und Quantität verändert werden.
    Das Angebot an Arbeitskräften wird größer, wenn Referendariat oder auch Lehramtsstudium keine Voraussetzung mehr sind. Evt. reicht sogar ein Studienabschluss in einem ähnlichen Bereich. Oder man verzichtet ganz auf ein Studium.
    Quereinstieg, Seiteneinstieg, Direkteinstieg, usw. usw.
    Abgesehen von den rechtlichen Setzungen gibt es auch eine geduldete Praxis davon, dass Lehrer Aufgaben übernehmen, für die sie nicht qualifiziert sind und schon gar nicht bezahlt werden, z.B. (an der BS in B.-W.) wenn technische Lehrer ohne Studium Theorieunterricht erteilen. Ähnlich die vielen Stellvertreter, die jahrelang kommissarisch Schulen leiten, oder Schulleiter ohne Vertretungen.

    'In Hessen gibt es den TV-H. In diesem sind bestimmte Bildungsabschlüsse, teilweise noch bestimmte Anforderungen der Stelle, bestimmten Entgeltgruppen zugeordnet. Wenn die Stelle bspw. eine Ausbildung ohne Berufserfahrung voraussetzt und keine nenneswerte konzeptionelle Arbeit erfordert, gibt es EG8 (Erzieher) oder EG9. Wie der Bedarf oder das Arbeitnehmerangebot in den einzelnen Bereichen ist, ist für die Höhe der Vergütung je Entgeltgruppe irrelevant.

    Den letzten Punkt bestreite ich. Gerade dort, wo der Lehrermangel am größten ist, den Grundschulen, gab es doch die gravierendste Änderung: Höhergruppierung in A13 (in vielen Bundesländern). Dazu zahlreiche Maßnahmen wie z.B. die Verkürzung der Regelstudienzeit für GS-Lehramt, eine Einstellungsgarantie für fertige Gym-Referendare, wenn sie sich für ein paar Jahre an der GS verpflichten.
    (Randnotiz: Momentan scheint es so, dass "A13 für alle" relativ flächendeckend beschlossen ist und die Erhöhung für die Funktionsstellen als nächstes dran sein werden.)


    Zum Rest:
    TV-H, genau! Dieser wird immer wieder neu ausgehandelt.
    Wenn Angebot und Nachfrage keine Rolle spielen würde, bräuchte es keine Tarifverhandlungen. Bei diesen spielen bekanntermaßen die TVs der anderen Bundesländer eine wichtige Rolle, sind sie doch der Vergleichsmaßstab für die Konkurrenz der Länder um Lehrer und dort, wo besonders viele gerne unterrichten wollen, Konkurrenz unter den Lehrern.
    Beispiel: früher gab es einen Run auf Großstädte, der mittlerweile oft Rückläufig ist wg. der hohen Mieten. Damit trotzdem noch Lehrer vor sind gibt es eine "Ballungsraumzulage" bzw. "Orts- und Familienzuschlag“ usw.


    Nochmal zurück zu dem Satz:
    "Wie der Bedarf oder das Arbeitnehmerangebot in den einzelnen Bereichen ist, ist für die Höhe der Vergütung je Entgeltgruppe irrelevant."

    Zu quasi jeder Tarifverhandlung oder Änderung der Arbeitsbedingungen bzgl. Lehrermangels findest Du in der Presse Formulierungen wie
    "Der Freistaat hat seit Jahren mit einem Lehrermangel zu kämpfen. Eine mögliche Lösung ist ein besseres Gehalt für Grund- und Mittelschullehrer" oder
    "Gewerkschaft fordert konkurrenzfähige Gehälter gegen Lehermangel".

    Dasselbe mit umgekehrten Vorzeichen:

    "Um den Lehrermangel zu mildern, schlägt Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger mehr Bezahlung für mehr Leistung vor. Dabei bräuchten Lehrende etwas ganz anderes."



    Soweit mal! Ich hoffe wir verlieren nicht den Faden, wenn es jetzt ein bisschen durcheinander geht, wenn sich mehrere daran beteiligen.

  • Angebot und Nachfrage funktioniert doch nur auf dem freien Markt in der Wirtschaft. Und selbst da spielt auch die Ausbildung bzw. eine Spezialisierung eine Rolle

    Du benutzt den Begriff "funktioniert". Um Missverständnisse zu vermeiden wäre es gut zu sagen, wie das gemeint ist.
    Z.B. so (a), dass es der Markt ist, der die Bezahlung regelt, aber dies in dem Sinn nicht "funktioniert", dass es unbesetzte Stellen gibt, oder das Geld nicht für den gewünschten Lebensstil reicht, oder es zu viel Geld ist für die "faulen Säcke", usw.
    Oder so (b), dass es nicht der Markt ist, der die Bezahlung regelt, sondern etwas/jmd. anderes.

    Im Falle (b) bitte erläutern wie!

    Zu "Ausbildung"/"Spezialisierung":

    Es gibt schon einen Zusammenhang zwischen der Qualifikation einer Arbeitskraft und der Bezahlung - aber nur einen mittelbaren, keinen unmittelbaren.
    Die Qualifikation per se ist niemals der (unmittelbare) Grund für eine Bezahlung.

    Beispiele:
    Du bist der beste Lehrer der Welt, hast Doktortitel in Erziehungswissenschaften und Didaktik, aber Dein Bundesland will einfach nur "Lehrer" einstellen. Dazu bekommst Du das gleiche wie Dein Kollege, obwohl der viel schlechtere Noten in den Examen und Dienstbeurteilungen hat. Aber gut, Deutschland ist ja auch speziell mit seinem Berufsbeamtentum. Als Lehrer in den USA oder England ist an Privatschulen für Dich (bester Lehrer der Welt) deutlich mehr drin. Hier, auf deren weit flexibleren Arbeitsmarkt, wirst Du endlich "für Deine Qualifikation" bezahlt! Nur: dafür braucht es eben den dortigen Bedarf am besten Lehrer der Welt. In anderen Teilen der Welt hätte man auch gerne gute Lehrer, aber in Malawi bieten sie Dir viel weniger Geld! Trotz Deiner Qualifikation und obwohl sie diese sogar anerkennen! Wie kann das sein? Daran merkt man, dass die Qualifikation nur mittelbar der Grund für die Höhe des Einkommens ist.

    Weiter:
    Wenn Du als vermeintlich bester Lehrer der Welt mit zwei Doktortiteln in die USA gehst, aber dort alle anderen Lehrer auch mind. zwei Doktortitel haben, manche sogar drei oder vier, bringt Dir Deine Qualifikation dort nichts bzw. nicht mehr Geld, da Du in der dortigen Konkurrenz um die höchste Qualifikation unterliegst. Dies könnte jedoch auch ein Vorteil sein, wenn bestimmte Arbeitgeber gar nicht die Qualität von 4 Doktortiteln brauchen und sagen "wir nehmen auch einen mit 2, da bezahlen wir dann auch weniger". Usw. usw.

    Arbeitgeber haben eine Nachfrage nach einer bestimmten (!) Qualifikation (bzw. Qualität u. Quantität der Arbeit) zu einem bestimmten (!) Preis.

    Der FC Buxtehude könnte Ronaldo nicht bezahlen, aber er bräuchte ihn auch gar nicht um Meister in der Regionalliga zu werden.
    Ronaldo, Messi und Co. haben fußballerisch eine extrem hohe "Ausbildung bzw. eine Spezialisierung". Sie verdienen extrem hohe Summen.
    Otto, Gundula und Rainer haben ihr ganzes Leben dem Brettspiel "Fang den Hut" gewidmet - sie haben darin ein größeres Maß an Ausbildung als Ronaldo etc. im Fußball. Finanziell können sie aber nicht mit den Fußball-Stars mithalten (genau genommen wollte die örtliche Sparkasse nicht mal einen Preis für das Turnier stiften).

    Laberlaber... Ich meine, das sind alles die gleichen Prinzipien einer Marktwirtschaft und die gilt auch für Lehrer.
    Auch wenn es in Deutschland mehr staatliche Eingriffe in die Marktwirtschaft gibt (meist nach marktwirtschaftlichen Prinzipien, vgl. Maßnahmen zur Bekämpfung des Lehrermangels) und auch wenn das dt. Berufsbeamtentum, in dem die Gehälter nicht von heute auf morgen rauf und runter gehen können wie an einer Tankstelle, das weniger offensichtlich zeigt als anderswo.

  • Beispiele:
    Du bist der beste Lehrer der Welt, hast Doktortitel in Erziehungswissenschaften und Didaktik, aber Dein Bundesland will einfach nur "Lehrer" einstellen. Dazu bekommst Du das gleiche wie Dein Kollege, obwohl der viel schlechtere Noten in den Examen und Dienstbeurteilungen hat.

    Gibst du die Antwort damit nicht selbst? Ja, Bundesländer verbeamten wieder, weil Lehrermangel ist. Und es gibt auch Zulagen für Leute, die am Arsch der Welt zu unterrichten bereit sind. Dies mag ein indirekter Weg sein, Leute durch finanzielle Anreize zu locken.


    Aber im öD gibt es keinen Markt, der irgendwas regeln könnte. Es wird nichts erwirtschaftet, es können keine Gewinne ausgeschüttet werden und der Arbeitgeber kann auch nicht sagen, dass er lieber den mit Doktortitel hätte und dem dann mehr bezahlen. Es gibt festgelegte Gehalts- oder Besoldungsgruppen und die Gewerkschaft kann für alle Arbeitnehmerinnen neue Tarifverträge aushandeln, aber ich kann nicht zum Chef laufen und sagen, dass ich so ne tolle Klassenlehrerin bin, dass ich ab nächstem Kalenderjahr 2 Urlaubstage mehr und eine Bonuszahlung für den schönsten Elternabend möchte plus Gehaltserhöhung, sonst ginge ich.


    Also so hätte ich das jetzt gedacht:weissnicht:

  • Natürlich gibt es Angebot und Nachfrage auch im ÖD. Beides hat aber keinen Einfluss auf die Preise (= Gehälter). Dass die Gewerkschaften Preise verhandeln, spricht ja gerade dagegen, dass sich diese Preise durch Angebot und Nachfrage finden.

    Du wirfst da einiges durcheinander.

  • Ja, Bundesländer verbeamten wieder, weil Lehrermangel ist. Und es gibt auch Zulagen für Leute, die am Arsch der Welt zu unterrichten bereit sind. Dies mag ein indirekter Weg sein, Leute durch finanzielle Anreize zu locken.

    Ganz genau! Das ist das Prinzip von Angebot und Nachfrage bzw. eine Reaktion eines Arbeitgebers auf die Situation des Arbeitsmarktes (in dem er in Konkurrenz zu anderen Arbeitgebern steht).

    Aber im öD gibt es keinen Markt, der irgendwas regeln könnte. Es wird nichts erwirtschaftet, es können keine Gewinne ausgeschüttet werden

    Jaein. Es ist richtig, dass das Berufsbeamtentum kein Limonadenstand ist, wo man eine ganz einfach Rechnungen machen könnte über Ausgaben und Einnahmen. Im engeren Sinn erwirtschaftet der Bildungsbereich (Kitas, Schulen, Unis, usw.) keinen Gewinn.
    (Randnotiz: Bei uns! Bei Privatschulen in den USA schon!)

    Im weiteren Sinn erwirtschaftet der Bildungsbereich aber Gewinn, da er die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft erhält und im Idealfall steigert.
    Da die nationale und Weltwirtschaft und die in ihr konkurrierenden Nationalstaaten alles andere als Limonadenstände sind, fallen diese Rechnungen sehr komplex aus und beruhen auf vielen Annahmen. Damit beschäftigen sich dann in Deutschland z.B. die fünf Wirtschaftsweisen, Bertelsmannstiftung und andere Thinktanks.
    (Randnotiz: ähnlich wie in der Sozialpolitik geht es oft um die Frage, was es kostet nicht in Bildung zu investieren.
    Unter dem Schlagwort "Bildungsökonomik" findet man dazu viel z.B. auch bei der Bundeszentrale für politische Bildung.)


    der Arbeitgeber kann auch nicht sagen, dass er lieber den mit Doktortitel hätte und dem dann mehr bezahlen. Es gibt festgelegte Gehalts- oder Besoldungsgruppen und die Gewerkschaft kann für alle Arbeitnehmerinnen neue Tarifverträge aushandeln, aber ich kann nicht zum Chef laufen und sagen, dass ich so ne tolle Klassenlehrerin bin, dass ich ab nächstem Kalenderjahr 2 Urlaubstage mehr und eine Bonuszahlung für den schönsten Elternabend möchte plus Gehaltserhöhung, sonst ginge ich.

    Der Arbeitgeber könnte, wenn er wollte bzw. das für nötig erachtet, sehr wohl sagen, "dass er lieber den mit Doktortitel hätte und dem dann mehr bezahlen".
    Um im Bild zu bleiben: Momentan sagt der Arbeitgeber, dass er auch gerne die ohne Doktortitel hätte und denen dann gleich viel bezahlt.

    Es ist schon richtig, dass wenn Du in den Anwendungsbereich eines Tarifvertrags fällst, dieser für Dich gilt.
    Und auch, wie Du ja sagst, dass er von Gewerkschaften und Arbeitgebern ausgehandelt wird. (Hier gilt also das Prinzip der Marktwirtschaft.)
    Aber dass Du als Tarifgebundener nicht für Dich allein verhandeln kannst ändert nichts daran.

    Wieder der Vergleich mit den USA: ob Du nun an einer Privatschule nur für Dich selbst verhandelst oder eine Gewerkschaft das für Dich macht, die Prinzipien des Aushandelns sind die gleichen.
    Es kommt in unserem Kontext nicht darauf an, ob Arbeitnehmer alleine verhandeln oder (wie im GG garantiert) gemeinsam.
    Ob unser bester Lehrer der Welt, bzw. der sich dafür hält, mehr rausholen würde bei individuellen Verhandlungen oder lieber einer Gewerkschaft beitritt, muss er selbst mit sich ausmachen aufgrund seiner Kalkulationen bzw. Einschätzung des Arbeitsmarktes und seiner eigenen Position darin als auch der seines Arbeitgebers in spe.

    In den USA, oder wo sonst individuell verhandelt wird, kein Tarif gilt, könntest Du also Deine Verhandlungsposition dem Arbeitgeber darlegen (tolle Klassenlehrerin, Boni).
    In Deutschland geht das aufgrund des Tarifs und Berufsbeamtentums nicht - als einzelne! Dort übernehmen (nur) Gewerkschaften und Verbände diese Aufgabe bzw. könnten Deine Verhandlungspositionen zu ihren machen (tolle Klassenlehrer, Boni). Die Prinzipien sind gleich.

    Noch kurz zu den (wie Du sagst) "festgelegten" Besoldungsgruppen. Wir haben ja bereits gesehen, dass sich diese sehr wohl ändern - nicht nur in der Höhe, sondern auch für wen sie gelten! Noch dazu: im Falle der Grundschullehrer haben die Landesregierungen die bis dahin sehr lange "festgelegten" Gruppen über den Haufen geworfen explizit wegen des Arbeitsmarktes.

  • Dass die Gewerkschaften Preise verhandeln, spricht ja gerade dagegen, dass sich diese Preise durch Angebot und Nachfrage finden.


    Das verstehe ich nicht bzw. ich bin mir nicht sicher, wie Du das meinst.
    Meinst Du das evt. so wie User Quittengelee, dass Angebot und Nachfrage nur für verhandelnde Individuen gelten würden, aber nicht für Gewerkschaften?


    Ich skizziere Mal gröbst und pointiert eine Tarifverhandlung:

    Arbeitnehmer/Gewerkschaft: Wir wollen mehr Geld!
    Arbeitgeber: Ich will auch viel. Wie wärs mit unbezahlten Überstunden?
    An/G: Dann streiken wir! Das wird dich ordentlich kosten! Oder kündigen ganz, wenn Du aus dem Streik nicht lernst!
    Ag: Macht doch! Es gibt genügend Leute die für das bisherige Geld bei mir arbeiten wollen.

    Im ÖD gibt es ja Streiks, bei Beamten nicht (zumindest nicht legal).
    Die implizite Drohung einer Tarifverhandlung ist, dass sich die Arbeitnehmer einen anderen Arbeitgeber suchen.
    Im Limoladen (s.o.) ist das ja alles ganz überschaubar, insbesondere bei Verbeamteten Lehrern nicht.
    Hier ist die (oft gar nicht so implizite) Drohung die, dass sich zukünftig sonst immer weniger junge Leute entschließen Lehrer zu werden.
    Das ist Angebot und Nachfrage, aus denen sich die Preise ergeben.

  • Im weiteren Sinn erwirtschaftet der Bildungsbereich aber Gewinn, da er die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft erhält und im Idealfall steigert.

    Und was ist mit der Polizei, Soldat*innen, Kommunalbeamten bei der Stadt? Schule ist doch nur eine Behörde.

    (Randnotiz: Bei uns! Bei Privatschulen in den USA schon!)

    ...


    Wieder der Vergleich mit den USA: ob Du nun an einer Privatschule nur für Dich selbst verhandelst oder eine Gewerkschaft das für Dich macht, die Prinzipien des Aushandelns sind die gleichen.

    Ich verstehe nicht, was der Vergleich mit den USA bringen soll. Soweit ich weiß, werden gerade in den USA Lehrpersonen eher schlecht bezahlt, Schule ist teuer. Vielleicht gibt's dort Privatschulen, in die irgendwer einen Haufen Geld investiert und die können sich bestimmte Lehrer aussuchen und einkaufen. In Deutschland bekommt man die Stelle aber nach wie vor durch Bestenauslese. Vielleicht irre ich auch, aber ich meine, das ist der grundlegende Unterschied bei der Besetzung von Stellen im öD. Zumindest verbeamtete Lehrer üben doch ein Amt aus?


    https://www.dbb.de/arbeitnehme…oeffentlicher-dienst.html

  • Und was ist mit der Polizei, Soldat*innen, Kommunalbeamten bei der Stadt? Schule ist doch nur eine Behörde.

    Das gilt auch für die anderen genannten.
    Wie bei der bereits erwähnten Frage bzw. häufig zu lesenden Kritik "Was kostet es nicht in Bildung zu investieren?" ist der "Gewinn", den diese Beamten produzieren, einfacher zu erkennen in ihrer Aufhebung. Was würde passieren, gäbe es weniger oder keine Polizei, Armee und Kommunalbeamten?

    Jeder dieser Berufe hat natürlich viele Facetten, ich greife einfach mal was raus:Die Polizei setzt das staatliche Gewaltmonopol durch und damit "eine Eigentumsordnung, die die freie Verfügung über das Privateigentum (z. B. an den Produktionsmitteln) schützt". Ohne diese Grundlage wäre jegliche kapitalistische Betätigung unmöglich.

    Auch die Armee sichert etwas für eine auf Außenhandelsbilanzüberschuss ausgerichtete Gesellschaft grundlegendes, das mag ich kurz mit zwei Zitaten deutlich machen:


    „[...] auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege, zum Beispiel ganze regionale Instabilitäten zu verhindern, die mit Sicherheit dann auch auf unsere Chancen zurückschlagen negativ, durch Handel Arbeitsplätze und Einkommen zu sichern.“ (Bundespräsident Köhler)

    "Die Sicherheit Deutschlands wird auch am Hindukusch verteidigt" (Verteidigungsminister Struck)

    Kommunalbeamte gibt es ja in vielfältigen Ausführungen, deshalb möchte ich in dieser Breite mal den Abschluss machen, dass sie alle, in dem sie den Laden am Laufen halten, Wirtschaftswachstum ermöglichen und befördern sollen. Beispiel: das Interesse am Brandschutz ist, dass durch die Verhinderung von Bränden Kosten gespart werden. Und zwar eben nicht nur einfach zu berechnende Kosten, z.B. die eines nach einem Brand neu zu errichtenden Dachstuhls, sondern auch sog. "Personenschäden".
    ""Wert eines Menschenlebens" ist ein Fachbegriff aus der Ökonomie. In der [VWL] wurden Verfahren entwickelt, die Verlust oder Verlängerung von Menschenleben so in Geldeinheiten bewerten, dass diese Geldwerte für eine vergleichende ökonomische Entscheidungsfindung nutzbar sind. Ein solcher Vergleich kann beispielsweise im Rahmen einer Kosten-Nutzen-Analyse von Varianten der Sicherheitsplanung stattfinden."

    Weil das so makaber ist ein kleiner fun fact aus demselben Wikipedia-Artikel:
    "Bei einer repräsentativen Befragung von 1002 Deutschen antwortete auf die Frage, ob sie bereit wären, für eine Million Euro ein Jahr früher zu sterben, jeder fünfte mit „Ja“. Mit steigendem Lebensalter sank die Bereitschaft für diesen Tauschhandel."

    Dass so kalkuliert wird scheint für manche unvorstellbar, dabei kennt das jeder mind. aus der Gesundheitspolitik.
    Kurzer Rückgriff auf Berufe:
    Welche Kosten verursacht jmd., der lange zur Schule geht und danach auch noch studiert? Lohnt sich diese Investition in Bildung? Ein Studienplatz Humanmedizin kostet über 30.000 € im Jahr - holt der das wieder rein?

    Auch beim "Beruf" Arbeitsloser: wie viel muss der Staat für "soziale Sicherheit" investieren? Wie hoch muss das Budget eines Jugendhauses im "Problemviertel" sein, damit die Jugendlichen nicht Schaufensterscheiben einschlagen für neue Sneaker? Usw.



    ---


    Ich hoffe damit ist klarer geworden, weshalb es nicht unmittelbar an der "Verantwortung", "Komplexität", "Schwierigkeit" einer Tätigkeit liegt, wie sie bezahlt wird, sondern nur mittelbar. Es sind Angebot und Nachfrage oder kurz gesagt der Arbeitmarkt.

    Mittelbar, unmittelbar - was soll's? Warum so viel dazu schreiben?
    Diese Behauptungen von "Verantwortung", "gute Arbeit", usw. für bare Münze zu nehmen halte ich für gefährlich, weil sie ein ganz falsches Bild unserer Gesellschaft/der Welt zeichnen.

  • Ich verstehe nicht, was der Vergleich mit den USA bringen soll. Soweit ich weiß, werden gerade in den USA Lehrpersonen eher schlecht bezahlt, Schule ist teuer. Vielleicht gibt's dort Privatschulen, in die irgendwer einen Haufen Geld investiert und die können sich bestimmte Lehrer aussuchen und einkaufen. In Deutschland bekommt man die Stelle aber nach wie vor durch Bestenauslese. Vielleicht irre ich auch, aber ich meine, das ist der grundlegende Unterschied bei der Besetzung von Stellen im öD. Zumindest verbeamtete Lehrer üben doch ein Amt aus?


    https://www.dbb.de/arbeitnehme…oeffentlicher-dienst.html

    Der Vergleich mit den USA sollte aufzeigen was für eine Besonderheit das dt. Berufsbeamtentum ist und das es nicht der Beruf "Lehrer" per se ist, der solche besonderen Regelungen zwingend erforderlich macht.

    Das was Du über Lehrer in den USA gesagt ist, ist auf jeden Fall so.

    Worauf Du mit der Bestenauslese hinaus willst verstehe ich nicht. Wie meinst Du das?

    Es gibt ja das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz - was bleibt denn da noch als Unterschied zur Bestenauslese übrig, vor allem in der Praxis?

    (Off-topic wg. Bestenauslese: lustig finde ich, wenn eine Schule Bedarf meldet, das RP drei Kandidaten schickt, sich die Schule für einen entscheidet und das RP dann mitteilt, dass der Kandidat leider nicht die nötigen Voraussetzungen mitbringt. "Nur die Besten!")

  • Worauf Du mit der Bestenauslese hinaus willst verstehe ich nicht. Wie meinst Du das?

    Es gibt ja das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz - was bleibt denn da noch als Unterschied zur Bestenauslese übrig, vor allem in der Praxis?

    Wenn ich einen Betrieb habe, kann ich meine Schwägerin einstellen, weil ich die gerne mag und den Nachbarn, weil der gut aussieht.


    Aus dem verlinkten Fall von einem Bewerber, der nicht zum Bewerbungsgespräch auf ein öffentliches Amt eingeladen wurde: "Vielmehr lag die Problematik nach Ansicht des Gerichts darin, dass die Beklagte einerseits rechtsfehlerhaft auf Kriterien zurückgegriffen hat, die nicht zur ausgeschriebenen Stelle gehören, und andererseits Kriterien nicht herangezogen hat, obwohl diese im Anforderungsprofil genannt waren. Zudem folgt das BAG der Auffassung des Klägers, dass die herangezogenen Kriterien – entgegen dem Gebot der Bestenauslese – alle gleich und nicht differenziert gewichtet wurden. So wird zum Beispiel „Fachliche Qualifikation“ mit „örtlicher Erreichbarkeit“ gleichgesetzt. ..."


    Soll heißen, A13 bleibt A13, auch wenn das Land noch so dringend Informatiklehrkräfte braucht. Man kann sie nicht für A15 einstellen oder den Hausmeister mit Computerkenntnissen auf die Stelle setzen. Kein Markt regelt da meiner Ansicht nach irgendwas.

  • Gibt es hier Wirtschaftslehrkräfte, die es Morse' erklären können?:autsch:

    Ich habe mich schon mit mehreren WK Lehrern darüber unterhalten. Die waren bisher alle noch der Meinung, dass nicht nur Löhne, sondern auch Gehalter durch den Arbeitsmarkt gebildet werden.

    Diesen Kopf-gegen-die-Wand Smiley finde ich nicht so cool. Erwidere doch lieber eine Erklärung oder Kritik an meinen Argumenten, wie z.B. dem, dass Bundesländer die Besoldung deutlich erhöhen um auf dem Arbeitsmarkt mehr Lehrer zu gewinnen.

  • Wenn ich einen Betrieb habe, kann ich meine Schwägerin einstellen, weil ich die gerne mag und den Nachbarn, weil der gut aussieht.


    Das ist richtig. Soll das ein Argument dafür sein, dass es den Arbeitsmarkt gar nicht gibt?

    Off-topic fun fact: in meinem Kollegium soll jmd. seinerzeit den Zuschlag der SL bekommen haben wg. seines guten Aussehens)


    Soll heißen, A13 bleibt A13, auch wenn das Land noch so dringend Informatiklehrkräfte braucht. Man kann sie nicht für A15 einstellen oder den Hausmeister mit Computerkenntnissen auf die Stelle setzen. Kein Markt regelt da meiner Ansicht nach irgendwas.

    Aber das stimmt doch nicht! Wir haben doch schon gesehen, dass die Besoldung geändert wird und z.B. höher eingruppiert wird bei Bedarf.
    Der Gesetzgeber entscheidet darüber, wer für was eingestellt werden soll, und tut das auch (nach den Gesetzen des Marktes)! Auch wenn dies bei weitem nicht so flexibel geschieht wie außerhalb des ÖD.

    Einen Hausmeister (noch) nicht, aber wir sehen doch bundesweit, wie die Anforderungen geändert bzw. gelockert werden um mehr Bewerber auf dem Arbeitsmarkt zu finden.

  • Soll heißen, A13 bleibt A13, auch wenn das Land noch so dringend Informatiklehrkräfte braucht. Man kann sie nicht für A15 einstellen oder den Hausmeister mit Computerkenntnissen auf die Stelle setzen. Kein Markt regelt da meiner Ansicht nach irgendwas.

    Das ist nicht korrekt. Spätestens mit dem Besoldungsstrukturenmodernisierungsgesetz von 2020 wurden - gerade aus der Erkenntnis heraus, hier marktgerechte (!) Bedingungen bieten zu müssen - Möglichkeiten für eine deutliche Attraktivitätssteigerung von Stellenausschreibungen geschaffen. Insbesondere im IT-Bereich sind damit nicht nur sehr hohe "Handgelder" bei der Rekrutierung, sondern auch Halteprämien u.ä. möglich.

  • Insbesondere im IT-Bereich sind damit nicht nur sehr hohe "Handgelder" bei der Rekrutierung, sondern auch Halteprämien u.ä. möglich.

    Das habe ich in der IT im ÖD noch nie gesehen. Weder beim Bund noch beim Land oder unseren Kommunen.

  • Nuja, in der Verwaltung scheint zunehmend das Lockmittel für gehobenes/gesuchtes Personal die Verbeamtung zu sein (bzw. die konkrete Aussicht darauf), wo es irgendwie auch nur geht.


    Zulagen/Gewinnungsprämien/Erfahrungsstufenzuordnungen für Tarifbeschäftigte unterliegen harten Restriktionen (z.B. Zustimmung von Kommunalparlamenten bzw. der Finanzministerien), welche die individuelle Anwendung von tarifvertraglich durchaus möglichen Zulagen faktisch verhindern. In dem Bereich ist zwar eigentlich vieles möglich - in der Praxis wird es aber nicht angewendet (ein Hinderungsgrund ist auch, dass tätigkeitsgleiche Beamte dann natürlich auch Zulagen haben wollen, dies aber rechtlich nicht möglich ist - so geht dann sofort die Litanei los, dass Beamte diskriminiert würden)


    Verantwortungsträger begeben sich da auch auf Glatteis, etliche Führungskräfte auf kommunaler Ebene, welche Tarifbeschäftigte Zulagen zukommen ließen, haben dadurch persönliche rechtliche Schwierigkeiten bekommen (Veruntreuung). Der sicherere Weg auch für die Führungskräfte ist, 'unterbezahlte Kräfte' zu verbeamten (freilich nicht immer möglich: Altersgrenze, Laufbahnvoraussetzungen)


    Gehälter im TB-Bereich des öffentlichen Dienstes werden halt nicht durch den Markt bestimmt....(oder nur zu einem kleinen Teil), maßgebend für die Bezahlung ist faktisch u.a. das Beamtenrecht (und überhaupt: welchen Arbeitsmarktwert hat denn z.B. ein 55jähriger Schulleiter mit A16/TVLE15Ü Gehalt? Der würde auch bei einer Gehaltskürzung von 30% dabeibleiben)

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