Bewertung Aufsatz 2. Klasse - extrem schwache Schülerin

  • Hallo zusammen,


    ich bräuchte mal einen Rat...


    In meiner 2. Klasse habe ich eine Schülerin, die in allen Fächern extrem schwach ist, aber bisher durch sehr viel Fleiß und häuslicher Übung immer so auf die Note 4 kommt. Die Eltern sind auch sehr dahinter, üben viel mit ihr und so schafft sie es, Grundwissen (im Rechnen, Lesen, geübte Wörter halbwegs richtig schreiben, ...) zu erwerben.
    Da sie jedoch für die Note "ausreichend" schon extrem viel üben muss, habe ich den Eltern bereits angeboten, sie mal auf besonderen Förderbedarf überprüfen zu lassen - dies lehnen sie strikt ab.


    Nun ist es so, dass sie nach wie vor fast "unlesbar" schreibt. Das bedeutet, sie gliedert einen Text (ob freies Schreiben oder auch "einfach so" Sätze) nicht in Wörter, auch nicht in Sätze. Sie schreibt hoch motiviert lange Texte, die dann aus Hunderten von Buchstaben (1-2 DIN A4-Seiten) ohne irgendwelche Pausen bestehen. Noch dazu schreibt sie noch total "nach Gehör", also ai statt ei, oi statt eu, verwechselt generell b und d (das Wort "die" heißt oft "bi"), beachtet keine Groß- und Kleinschreibung. Dass sie keine ie, ß, Doppelkonsonanten, Dehnungs-h, ... benutzt, das wäre ja noch okay in der zweiten Klasse.
    Sprich: Es ist fast unmöglich, ihre Texte zu entziffern, ich sitze meist länger dran als sie, bis ich herausbekomme, was sie mir mitteilen möchte.
    Wir haben schon sehr oft darüber gesprochen, dass sie wenigstens die Lücken zwischen Wörtern beachten soll, aber es bringt nichts. Sie schreibt weiterhin diese unendlichen Buchstabenschlangen ohne jegliche Rechtschreibregeln.


    Jetzt habe ich angefangen, so "richtige" Bildergeschichten mit den Kindern zu schreiben und würde bald die erste Geschichte auch benoten. Nun, wie gehe ich in diesem Fall vor? Normalerweise bewerten wir zumindest in der zweiten Klasse bei Aufsätzen die Rechtschreibung nicht. Aber es kann auch nicht sein, dass sie vielleicht eine 3 oder 4 bekommt, weil ihre Gedanken ganz sinnvoll sind, obwohl ihr Text für Außenstehende eigentlich nicht mal zu entschlüsseln sind???


    Ich muss zugeben, dass ich bei mir erst der zweite Durchgang mit erster-zweiter Klasse und bisher ist mir so etwas noch nicht untergekommen, dass ein Kind Mitte der zweiten Klasse noch komplett unlesbar schreibt...


    Habt ihr irgendwelche Tipps?

  • Klingt mir nach bayerischem Luxusproblem.


    Förderbedarf kannst du auch ohne Einverständnis der Eltern anleiern.
    Ihr müsst Teilleistungsschwächen abklären.
    Ergotherapie für Motorik?

  • Wieso bayerisches Luxusproblem?


    Ich kann das Kind nur mit Zustimmung der Eltern testen lassen. Zumal es meiner Meinung nach auch keine Teilleistungsschwäche ist, da sie im Bereich Rechnen, Geometrie, Sachunterricht, ... überall extrem schwach ist und nur mit viel Mühe auf "ausreichende" Leistungen kommt. Es ist wohl eher ein generelles Intelligenzproblem.
    Und wieso Motorik? Sie schreibt ja nicht unleserlich im Sinne von hässlich, sondern eben, weil sie nur unenedlich viele Buchstaben aneinanderreiht, ohne dass sie mal Lücken zwischen den Wörtern lässt (und halt die falsche Schreibweise bei fast jedem Wort)...

  • Kann das Kind den Text selbst lesen im Nachhinein? Dann könntest du ihn dir vorlesen lassen.

  • Meist kann sie den Text auch selber nicht mehr lesen...


    Ich schreibe mal einen kurzen Teil aus ihrer Geschichte auf, zum Verständnis:


    "unbanhateinmetchenmitleitmitimundnimtinunbermschürm" und so geht es über Seiten...

  • Ich fürchte, ohne Teilleistungsschwächenachweis (der bei überall schlechten Leistungen sowieso nicht greift) kannst du keinen Nachteilsausgleich gewähren. Das Kind wird schlechte Noten kassieren müssen, bis es sitzen bleibt und dann der Förderbedarf doch irgendwann überprüft wird.


    Ich würde an deiner Stelle mit Engelszungen auf die Eltern einreden, welche Möglichkeit es für Kinder mit festgestelltem Förderbedarf in Bayern gibt (müsste ich auch erst nachlesen). Kann sie Integrationsstatus bekommen?
    Die Angst vor der Förderschule ist groß, manchmal brauchen Eltern einfach Zeit, um sich mit den Lernproblemen ihres Kindes emotional auseinanderzusetzen.


    Hier ist z.B. aufgelistet, auf welchen Wegen man den Hauptschulabschluss erwerben kann:
    https://www.km.bayern.de/elter…larten/foerderschule.html


    ...und auch dargelegt, dass Kinder mit Förderbedarf in der Klasse bleiben können, aber zusätzlich Unterstützung vom MSD erhalten.
    Vielleicht kannst du das ein bisschen schmackhaft machen, wenn die andere Option lediglich der weitere Übestress samt schlechter Noten ist.

  • Klingt mir nach bayerischem Luxusproblem.


    Förderbedarf kannst du auch ohne Einverständnis der Eltern anleiern.
    Ihr müsst Teilleistungsschwächen abklären.
    Ergotherapie für Motorik?

    Das ist eine für mich sehr befremdliche und rechtlich nicht korrekte Antwort, zumindest was NRW anbelangt.


    Aber hier geht es ja um Bayern, da kenne ich die Rechtslage nicht und kann diesbezüglich nicht weiterhelfen. Was ich in solchen Situationen durchaus schon genutzt habe ist ein Diktiergerät - wenn es um die reine Aufsatzbewertung geht.
    Beim Schreiben von Aufsätzen geht es ja zunächst vorrangig um etwas anderes, als das Schriftbild und die Rechtschreibung, insbesondere im zweiten Schuljahr.


    Ich würde mich rechtlich über die Schulleitung absichern, den Fall schildern und um Rat bitten.


    Ich glaube, bei Euch in Bayern läuft es anders als bei uns.
    Wir würden das Kind - und ich spreche hier ausdrücklich nur von unserer Schule und nicht von rechtlichen Rahmenbedingungen - an ganz anderen Dingen arbeiten lassen und gezielt das fördern, was der Förderung bedarf.



    Allerdings schreiben hier auch nicht unbedingt alle Kinder denselben Aufsatz zur selben Zeit - etwas, das in Bayern möglicherweise nicht so ohne weiteres machbar wäre.


    Darum: Schulleitung mit ins Boot holen, absichern und dann weiterschauen.


    Liebe Grüße
    strubbelsuse

  • Ok, ich verstehe. Ich kann schon lesen, was da stehen soll, aber über Seiten hinweg ist das echt anstrengend. Sie bräuchte in der Arbeit eigentlich jemanden, der neben ihr sitzt und ihr sagt, dass jetzt eine Wortgrenze kommt.
    Gibt es bei euch so etwas wie Patenkinder?
    An unserer Schule haben manche Klassen eine Patenklasse. Das sind meist ältere Schüler, die den Kindern auf dem Schulhof, aber auch sonst weiterhelfen können. Vielleicht kannst du einen fitten Viertklässler finden, der schon immer früh mit seinen Aufgaben fertig ist und den die Lehrerin entbehren kann. Der könnte ja öfter mal zum Fördern kommen und dann eben auch während der Arbeit und sich neben das entsprechende Kind setzen.
    Evt. musst du dann einen Zusatz drunter schreiben wie z. B. Die Arbeit wurde mit Hilfe geschrieben.
    Das musst du dann mit der Schulleitung mal abklären.

  • Vielleicht kannst du einen fitten Viertklässler finden, der schon immer früh mit seinen Aufgaben fertig ist und den die Lehrerin entbehren kann. Der könnte ja öfter mal zum Fördern kommen und dann eben auch während der Arbeit und sich neben das entsprechende Kind setzen.

    Das ist NICHT die Aufgabe eines 4. Klässlers.

  • Danke für die Meinungen bisher!


    Mit den Eltern habe ich schon geredet, sie sind dagegen, sie testen zu lassen, sie soll es so schaffen. Nebenbei bemerkt, haben sie Erfahrung mit Förderschulen, daran liegt es nicht, sie möchten es aber für ihre Tocher nicht - da gibt es noch andere Personen, die ihre Meinung haben, und die haben bei den Eltern mehr Einfluss als ich. ;)


    Ich befürchte, dass sie wirklich reihenweise schlechte Noten bekommen muss, bevor die Eltern wirlich verstehen, dass sie extrem schwach ist. Mein Dilemma ist halt im konkreten Fall, dass ich ihren Aufsatz benoten muss. (Solang sie nicht getestet ist und offiziell kein besonderer Förderbedarf festgestellt wurde, muss ich sie bewerten, wie alle anderen Kinder auch.) Klar ist, dass für die Benotung des Aufsatzes der Inhalt bzw. die Sprache ausschlaggebend ist. Nur bin ich trotzdem der Meinung, dass ich ihr kein "befriedigend" auf einen Text geben kann, den kaum jemand lesen kann... Schwierig...


    Wie gesagt, Förderschule möchten die Eltern nicht. Natürlich habe ich ihnen auch vom MSD erzählt - aber das ist bei uns zumindest meist ein Witz. Offiziell kommen die Leute eine Stunde pro Woche, aber durch den Lehrermangel fallen diese Förderstunden meist aus, so dass sie oft wochenlang gar nicht kommen. Somit kann man das fast vergessen, zumal eine Stunde pro Woche auch nicht wirklich viel bringt. (So habe ich es den Eltern natürlich nicht erzählt, aber eben, dass sie dann eine Stunde Förderung pro Woche bekommen könnte.)


    strubbelsuse:
    Ja, ich werde mit meinem Schulleiter darüber reden. Das hatte ich eh vor, wollte nur hier schon mal Erfahrungen hören...
    Vermutlich haben wir hier rechtlich andere Vorgaben. Ich habe in der Schule eine Vorlage, über die ich eine Überprüfung anfordern kann, die MUSS aber von mir, vom Schulleiter und von den Eltern unterschrieben sein, sonst darf die Beratungslehrkraft bzw. die Schulpsychologin das Kind nicht testen. Und so lang das Kind nicht offiziell einen Förderstatus hat, muss es ganz normal benotet werden. (Anderes habe ich hier nicht gehört bisher.) Ohne die Eltern geht es nicht...

  • Patenkinder in den vierten Klassen haben wir übrigens tatsächlich. Aber die kann ich ja nicht als Förderllehrer "missbrauchen". Es müsste ja dann regelmäßig sein. Und ein besonders gut begabter Viertklässler soll ja auch entsprechend gefördert und gefordert werden und nicht als Hilfslehrer fungieren...

  • Das verstehe ich. Es soll ja auch nicht regelmäßig sein.
    Und an unserer Schule wird das zum Teil wirklich gemacht. Die Patenkinder kommen anfangs manchmal zur Leseförderung vorbei oder so.
    Ich arbeite an einer Schwerpunktschule, an der beeinträchtigte Kinder mit Regelkindern zusammen unterrichtet werden. Bei uns ist es total normal, dass die Kinder sich gegenseitig helfen und man sie auch gezielt dazu einsetzen kann. Das stärkt das soziale Miteinander und die Sozialkompetenz im Allgemeinen.
    Ich habe einen blinden Jungen in meiner Klasse, 2 Kinder mit Fördergutachten und 2 Kinder, die im letzten Jahr mit null Deutschkenntnissen in die Klasse kamen. Ohne die gegenseitige Hilfe würde es Beginns nicht gehen und das obwohl wir Förderlehrer in manchen Stunden dabei haben.

  • so hart das ist: du hast doch einen erwartungshorizont für die bildergeschichte und einen gewissen pädagogischen spielraum beim benoten ("pädagogische notengebung"), aber der reicht halt auch nur soweit. (korrgiert mich, wenn sich das an der bayerischen gs anders verhält, ist mein informationsstand durch unsere grundschullotsin).


    wenn eine testung sinnvoll wäre - und es klingt sehr danach, da offenbar intelligenzdefizit - und die eltern sich so hartnäckig sperren (hat der beratungslehrer mal versucht, ihnen ins gewissen zu reden: irgendwas mit was sie sich für ihr kind in fünf jahren wünschen, wie sein alltag aussehen soll - immer nur lernen und dafür 4er, dann vermulich eher 5er, die schere geht ja immer weiter auseinander vs. individuelle förderung in homogenerer gruppe mit weniger mitschülern?), dann hilft vermutlich nur das scheitern, so hart das klingt:


    sechs, ungenügend. der erwartungshorizont wurde in kriterium a, b, c usw. nicht erfüllt. daher ist eine andere bewertung nicht möglich, dir sind die hände gebunden.


    und das immer wieder, bis die versetzung gefährdet ist/die eltern vernunft annehmen und einer diagnostik zustimmen/selbst in diese richtung aktiv werden/euch über vorliegende befunde informieren, inklusive aller konsequenzen, auch wenn dazu das förderzentrum gehört. freilich schade, dass der selbstwert eines kindes den bach runtergehen muss, damit die eltern ihr ego ausleben können (allein schon, weil ihm kommuniziert wird, dass man immer an den eigenen schwächen arbeiten muss, statt an den stärken, und dann doch ne vier bekommt...). armes kind.


  • Mein Dilemma ist halt im konkreten Fall, dass ich ihren Aufsatz benoten muss. (Solang sie nicht getestet ist und offiziell kein besonderer Förderbedarf festgestellt wurde, muss ich sie bewerten, wie alle anderen Kinder auch.) Klar ist, dass für die Benotung des Aufsatzes der Inhalt bzw. die Sprache ausschlaggebend ist. Nur bin ich trotzdem der Meinung, dass ich ihr kein "befriedigend" auf einen Text geben kann, den kaum jemand lesen kann... Schwierig...

    Du brauchst Kriterien. Euer Lehrplan schreibt zum Ende der 2. Klasse vor: S....

    • schreiben Texte zu für sie bedeutungsvollen Themen (z. B. zu eigenen Erlebnissen, Wünschen oder Sachinteressen) und nach Impulsen (z. B. zu einer Medienfigur in Kinderprogrammen, zu Bildern).
    • schreiben eigene kreative Texte, indem sie kindgerechte literarische Formen und Textmuster variieren (z. B. Gedichte, literarische Kleinformen).
    • sammeln für das eigene Schreiben, auch im Austausch mit anderen, typische Elemente aus erzählenden Texten (z. B. einleitende Redewendungen, Wörter zur Markierung überraschender Ereignisse, abschließende Sätze, typische Figuren und Ereignisse) und nutzen dafür auch bekannte Textvorbilder (z. B. Bilder- und Kinderbücher).
    • verfassen kurze erzählende Texte (z. B. Erlebnisse oder erfundene Geschichten), auch indem sie z. B. Vorgaben (Figuren, Orte, Gegenstände) variieren, und zeigen das Erzählenswerte an ihrem Text.
    • sammeln, auch im Austausch mit anderen, Formulierungen und Informationen für ihre eigenen informierenden Texte (z. B. aus Kindersachbüchern, Schulbüchern) und wählen daraus aus.
    • verfassen eigene informierende, beschreibende Texte (z. B. des Lieblingstiers, der Lieblingsfigur aus Kinderbüchern oder -medien) und achten dabei auf eine logische Anordnung der Informationen.
    • erstellen einfache persönliche Einträge zu Lernerfahrungen und -interessen (z. B. in einem Lern- oder Lesetagebuch).


    • zeigen beim Schreiben eigener Texte Rechtschreibbewusstsein (z. B. indem sie richtige Schreibungen erfragen).


    Was genau war Lernziel der Einheit, was wurde geübt? Kann sie das? Dann müsste es theoretisch für die 3 reichen.


    Wurde ihr Hörvermögen eigentlich mal getestet?

  • Das ist eine für mich sehr befremdliche und rechtlich nicht korrekte Antwort, zumindest was NRW anbelangt.

    Ich weiß jetzt nicht, worauf du dich genau beziehst, strubbelsuse, aber man kann doch auch in NRW eine Überprüfung des Förderbedarfs ohne Einverständnis der Eltern beantragen. Aber für den Bereich Lernen geht das erst im 3. Schulbesuchsjahr, wenn die Leistungen nicht ausreichen.


    Das Mädchen hier ist allerdings erst im 2. Schuljahr und mit den rechtlichen Grundlagen in Bayern kenne ich mich nicht aus. Aber ohne Einverständnis der Eltern wird man da zu diesem Zeitpunkt nicht weit kommen.


    Eine LRS wird hier vermutlich auch nicht vorliegen, wenn das Mädchen in allen anderen Fächern und Bereichen ebenfalls sehr schwach ist.
    Für eine 4 im Aufsatz wird es wahrscheinlich tatsächlich noch reichen, wenn der Inhalt stimmt. Allerdings würde ich durchaus das Einhalten von Wortgrenzen im Erwartungshorizont aufnehmen.


    Zum Trainieren könnte man dem Mädchen ja auch so einen "Abstandhalter" basteln und zum Beispiel Schlangensätze nehmen, die es dann unter Beachtung der Wortgrenzen abschreibt. Das lässt sich dann auch irgendwann auf eigene Texte übertragen, ist natürlich auch eine Übungssache.

  • Ich weiß jetzt nicht, worauf du dich genau beziehst, strubbelsuse, aber man kann doch auch in NRW eine Überprüfung des Förderbedarfs ohne Einverständnis der Eltern beantragen. Aber für den Bereich Lernen geht das erst im 3. Schulbesuchsjahr, wenn die Leistungen nicht ausreichen.

    Ja eben. Also geht es in NRW zu diesem Zeitpunkt eben nicht.
    :)

  • Wenn die Eltern sich sperren ist es echt schwer.
    Vielleicht hilft es, wenn die Schulleitung mal mit den Eltern spricht?
    Langfristig: Klasse wiederholen? Lernzieldifferenz?

  • Zum Problem "Aufsatz bewerten":

    Normalerweise bewerten wir zumindest in der zweiten Klasse bei Aufsätzen die Rechtschreibung nicht.

    Dann würd ich das in diesem Fall auch nicht tun.


    Aber es kann auch nicht sein, dass sie vielleicht eine 3 oder 4 bekommt, weil ihre Gedanken ganz sinnvoll sind, obwohl ihr Text für Außenstehende eigentlich nicht mal zu entschlüsseln sind???

    Wieso nicht?
    So wie ich es verstanden habe, ist der Text ja nicht "gar nicht" sondern nur "schwer" zu entschlüsseln (den Ausschnitt konnte ich durchaus lesen). Dass das anstrengend ist, weiß ich auch, aber wenn es dir irgend möglich ist, mach dir die Mühe und benote nur das, was du bei den anderen Kindern auch benotest: Inhalt und Ausdruck. Andernfalls hieße das ja, dass du ein Kind, das eh schon große Schwierigkeiten hat noch zusätzlich strenger bewertest als die anderen. Finde ich pädagogisch sehr fragwürdig. Gerade bei den schwachen Kindern sollte man doch froh sein, wenn sie noch motiviert sind und lernen wollen. Diese Motivation trotz schlechter Noten aufrecht zu erhalten ist schwierig genug, da sollte man dem Kind wenigstens für das, was es gut macht (also für Inhalt und Ausdruck) nicht die Anerkennung verweigern.



    Zu dem Problem allgemein:
    wenn ich das lese, bin ich zum Einen doch sehr froh in Klasse 2 noch nicht benoten zu müssen und zum anderen wird mir wieder bewusst, wei relativ doch Einschätzungen sind, was noch im Rahmen ist und was nicht.


    bisher ist mir so etwas noch nicht untergekommen, dass ein Kind Mitte der zweiten Klasse noch komplett unlesbar schreibt...

    Mir schon... und dass das bei dir noch nicht der Fall war, zeigt vor allem, dass ihr an eurer Schule scheint's einen ganz guten Leistungsstand habt. An meiner ehemaligen "Brennpunkt"-Schule wäre dieses Kind überhaupt nicht aufgefallen, maximal positiv weil es überhaupt schon so lange Texte schreibt.
    Ist natürlich kein Maßstab. weiß ich auch.
    An meiner jetzigen Schule habe ich auch noch vereinzelt solche Kinder, die fallen dann da auch auf, weil die anderen schon deutlich weiter sind. Nun haben wir hier in Berlin ja die Schuleingangsphase (und zwar nicht nur bei Jahrgangsmischung sondern auch bei jahrgangsbezogenem Unterricht) und da steht am Ende des zweiten Lernjahres eh immer die Frage: 3.Klasse oder 3.Jahr Saph. Bei Kindern die insgesamt schwach sind und bei denen abzusehen ist, dass sie mit den Inhalten der 3.Klasse noch überfordert wären, ist die erste Maßnahme also immer: mehr Zeit geben, sprich:Verweilen lassen. Erst wenn dadurch keine Verbesserung eintritt, geht die Überlegung Richtung sonderpädagogischen Förderbedarf und ich finde, das macht auch Sinn: Durch dieses Verfahren habe ich jetzt schon sehr viele Kinder erlebt, die noch ein drittes Jahr Saph durchlaufen haben und habe da doch oft beobachten können, dass es manchmal tatsächlich einfach nur mehr Zeit braucht. Gerade in Klasse 1/2 passiert einfach noch so viel an Entwicklung und Reifungsprozessen, dem sollte man genügend Raum geben. Natürlich hatte ich auch immer wieder Kinder, bei denen sich letztlich doch ein Lernbehinderung herausgestellt hat, die hatten aber in Klasse 2 auch schon deutlich gravierendere Schwierigkeiten als deine Schülerin jetzt...


    Ich weiß, das nutzt dir jetzt so nichts, weil du in einem anderen System steckst, aber ich finde man sollte sich immer darüber klar sein, dass Maßstäbe relativ sind... Gibt es denn bei euch grundsätzlich irgendeine Möglichkeit (vielleicht auf Antrag der Eltern), Kinder zurückstellen zu lassen, bevor es 5en und 6en hagelt (und Motivation und Selbstwertgefühl völlig hinüber sind)?

    "Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!" Freitag O'Leary

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