Schüler erzählt nicht die Wahrheit und die Eltern stehen hinter ihm...

  • Liebe Kolleg_innen,


    wie verhaltet ihr euch a) gegenüber Schülern und b) gegenüber den Eltern, wenn
    der Schüler zuhause etwas eindeutig Falsches erzählt, die Eltern ihm das aber glauben, und sich dann auf der Elternversammlung beschweren.


    Konkreter Fall:
    Schüler sagt, ich würde Gruppenarbeit immer nur für 2 Minuten machen. Das Umräumen der Tische und Stühle wäre so anstrengend und würde sich gar nicht lohnen.


    Meine Einschätzung:
    Das stimmt ganz und gar nicht. GA ist dann gut, wenn sie funktional ist und dauert bei mir MINDESTENS 10 Minuten, oft deutlich länger.


    Sollten die Eltern nicht erst das Gespräch mit mir suchen, statt auf der Elternversammlung ihren Punkt dem Klassenlehrer vorzutragen?


    Wie würdet ihr den Eltern freundlich klarmachen, dass Herr Sohnemann eine verzerrte Wahrnehmung der Realität hat? Ich finde es ja auch wirklich schwer zu sagen: Hey, ihr Sohn lügt.



    Ähnlicher Fall:
    Schülerin will einen Kurzvortrag halten, ich sage ihr, dass sie prinzipiell auch Laptop und Beamter verwenden kann, schränke aber ein, dass der Organisationsaufwand für ein 30 Sekunden Video für mich zu groß ist. Deshalb soll sie besser ein paar Fotos verwenden oder Folien.


    Jetzt leugnet die Schülerin stur, dass ich diese Einschränkungen geäußert habe.
    Und prompt steht am nächsten Abend die Mutter auf der EV auf der Matte.


    BTW: Im Kurzvortrag erhielt sie eine 1!


    Wie würdet ihr diesbezüglich der Schülerin ggü reagieren? Wie kann ich auf meinem Standpunkt beharren, ohne sie der Lüge zu bezichtigen???


    Ich danke schön für eure Ratschläge!
    Viele Grüße
    gosford

    • Offizieller Beitrag

    Als erstes, auch wenn es schwer fällt: Cool bleiben!
    Auf keinen Fall den Eltern gegenüber äußern, dass ihr Kind lügt. Lieber z.B. bei der Mutter der Schülerin sagen: "XY hat da wohl etwas missversstanden- ich habe das so und so geäußert, wahrscheinlich ist das bei ihrem Kind falsch angekommen..." Auf jeden Fall deeskalieren.
    Auch bei den Schülern würde ich mal ohne ärgerlich zu werden, nachfragen, wie die Eltern denn zu dieser Aussage kommen können. Als Klassenleiterin würde ich die Eltern direkt zum Fachlehrer weiterschicken und bei besonders nervigen/hartnäckigen Eltern mal in die Runde fragen, wie denn die anderen Eltern das so wahrnehmen. Normalerweise stellen sich die betreffenden Eltern dadurch selbst bloß.
    Nicht ärgern lassen und Ohren steif halten!
    Liebe Grüße
    Hermine

  • Danke Hermine!


    Und wie kann ich den Kindern das klarmachen, also freundlich auf meinem Standpunkt beharren?
    Wenn ich der betreffenden Schülerin sage:" Du hast da was missverstanden", anwortet sie darauf sicher: "Nein, habe ich nicht!".


    Gruß
    gosford

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Gosford,
    ja, ich weiß. Sowas muss man taktisch geschickter machen. Vielleicht in etwa so: "Deine Mutter hat sich bei mir wegen des Kurzvortrages beschwert und ich verstehe nicht so ganz, warum. Kannst du es mir erklären? Vielleicht haben wir ja aneinander vorbeigeredet?"
    Ebenso bei der Sache mit der GA: "Durch deine Eltern habe ich erfahren, dass du mit der Dauer der GA nicht einverstanden bist- kannst du mir denn genau sagen, was dich stört?"
    Erfahrungen zeigen, dass Gespräche unter vier Augen meist Wunder wirken, zumal wenn als Lehrer guckt, dass man möglichst keine Anschuldigungen oder Vorwürfe in das Gespräch miteinbringt.
    Liebe Grüße
    Hermine

  • Ich muss gestehen, ich hab einen Jungen in meiner Klasse, der recht oft die Unwahrheit erzaehlt. Den Eltern hab ich das auch so gesagt. Allerdings mit der Einschraenkung, dass er meist wirklich glaubt, etwas waere so oder so gewesen und nur nach einiger Zeit zugibt im Unrecht gewesen zu sein. Seine Eltern haben das akzeptiert, und daheim ist das anscheinend auch schon vorgekommen. Ich seh da jetzt keinen Sinn grossartig drum rum zu reden. Ich will ihrem Kind ja nix Boeses.


    Bei anderen Kindern kommt es auch schonmal vor, dass etwas daheim "anders" ankommt. In den Faellen mache ich meine Stellung dann genauso klar. Kann ja sein, dass kind einen anderen Eindruck hatte oder was missverstanden hat. "Luegen" unterstelle ich meinen Schuelern eigentlich sehr selten. Allerdings hat meine Kollegin Eltern auch schon sehr deutlich gesagt, dass Kinder daheim numal nicht immer die volle Wahrheit sagen und sie ihrem Liebling nicht unbedingt alles ungeprueft glauben sollten. :D

  • Ich erlebe auch imme wieder, dass bei den Schülern Sachen, die Kollegen oder ich sagen, nur teilweise ankommen. Und zwar vor allem der Teil, der den Schülern zugute kommt. Einschränken werden schlicht und einfach nicht wahrgenommen. Ich will den Schülern da auch keine Lügnerei unterstellen, sondern vor allem Unaufmerksamkeit und mache dann auch ganz deutlich, dass ich dieses und jenes gesagt habe und nicht nur dieses.


    Sarek

    • Offizieller Beitrag

    Im Endeffekt soll gosford ja in den Gesprächen auch nichts schönreden, sondern nur etwas diplomatischer an die Sache rangehen, denn wie hier auch schon erwähnt, machen die Schüler das ja nicht aus Bosheit und viele Eltern reagieren vermutlich sehr angepiekst, wenn man ihnen sofort sagt: "Was ihr Kind sagt, stimmt nicht." Leider gibt es immer mehr Eltern, die durchaus denken, man will ihrem Kind eben doch Böses...
    Liebe Grüße
    Hermine

  • Da passt doch auch wieder der Spruch:


    "Glauben Sie nicht alles, was Ihnen Ihr Kind über die Schule und den Unterricht erzählt, ich glaube ja auch nicht alles, was Ihr Kind über daheim erzählt."


    ;)

  • Von "lügen" sollte man m. E. nach Möglichkeit gar nicht sprechen - es ist eben meist die subjektive Realität der Kinder, die sich hier zeigt. Standardbeispiel ja auch: Die Eltern, die kommen und sich über die mündlichen Noten beschweren. Das Kind ist sich sicher, "oft" aufzuzeigen und gute Beiträge zu leisten.


    Ich versuche es dann manchmal damit, dass ich sage, dass es schon sein kann, dass das Kind das so empfindet - und dass es dafür Gründe gibt. Z. B. ist das Kind schüchtern oder tut sich mit dem Stoff schwer - und plötzlich ist jeder Beitrag subjektiv eine Riesenleistung.


    Ich würde sprechen von: Unterschiedlichen Wahrnehmungen, Missverständnissen oder Ähnlichem. Bei der Gruppenarbeit vielleicht auch mal beim Kind nachfragen, ob es diese Arbeitsform (nicht) mag. Oder das Kind mal als Zeitnehmer einsetzen (vielleicht nach Rücksprache mit den Eltern), damit es seine eigene Wahrnehmung der Zeit mit seiner Uhr überprüfen kann.


    Wenn man ganz sicher gehen will, braucht man für so etwas


    Zitat

    Laptop und Beamter verwenden kann, schränke aber ein, dass der Organisationsaufwand für ein 30 Sekunden Video für mich zu groß ist. Deshalb soll sie besser ein paar Fotos verwenden oder Folien. Jetzt leugnet die Schülerin stur, dass ich diese Einschränkungen geäußert habe.


    wohl schriftliche Vorgaben - was allerdings (unverhätlnismäßig?) viel Arbeit ist.

  • Hallo Gosford,


    ich mache auch schriftliche Vorgaben z.B. zur Länge des Rerferats, ggf. zu Inhalten, die in dem Referat auf jeden Fal zu Sprache kommen sollten. In den höheren Jahrgängen (Klasse 8 und höher) sollen die Schüler bei mir i.d.R. Powerpointpräsentationen erstellen. Auch hier mache ich z.B. zum Umfang der PP Vorgaben. Den erstellten Text kann ich dann jederzeit wieder hervorholen und in den anderen Klassen / Stufen wieder verwenden (bis auf die Inhalte).


    Lg

  • Ich habe im Moment auch so einen Fall und es kam jetzt zu einer richtigen Eskalation. Als ich gemerkt habe, dass es sich um einen "schwierigen Elternteil" handelt (das haben mir auch andere Kollegen bestätigt) habe ich angefangen zu "sammeln", das ist jetzt 2 Jahre her. Mittlerweile habe ich eine ganze Mappe von ca 40 Seiten mit Kopien von E-Mails, Schüler und Lehreraussagen, dass dieses Kind die Klassengemeinschaft häufig stört und meine Autorität als Lehrerin andauernd in Frage stellt. (und auch die anderer Lehrer)


    Ich persönlich möchte, dass der Schüler durch eine Ordnungskonferenz in eine andere Klasse versetzt wird. Mal schauen, ob ich damit Erfolg habe.
    Ich kann dir raten alles zu sammeln wenn es irgendwann zum großen Eklat kommt und das kommt ziemlich sicher wenn die Eltern immer hinter dem Kind stehen und ihn alles glauben. Wenn selbst die Eltern keinen Respekt mehr vor dir haben und eigentlich der Meinung sind, dass du lügst, ist das eine Art Freibrief, dass der Schüler sich alles erlauben kann, zumindest war es in meinem Fall so. Es ist nicht so, dass die Eltern an einem Missverständis glauben, nee, sie sind überzeugt, dass ich (und eigentlich auch der Rektor und andere Lehrer, die alle "unter einer Decke stecken" das Kind schickanieren) will und lüge.
    Also nochmal, alles sammeln:-).

  • Wenn beim jeweiligen Schüler das vereinzelt und nicht ständig passiert, gehe ich nicht davon aus, dass da jemand bewusst die Unwahrheit sagt. Eigene Wahrnehmung kann sich von der anderer sehr stark unterscheiden.


    Im Fall mit der Gruppenarbeit würde ich - so der Schüler sonst nicht durch solche "verzerrte" Wahrnehmung auffällt - ganz locker bemerken, dass es doch prima sei, wenn der Schüler die Gruppenarbeit so interessant findet, dass für ihn die Zeit wie im Flug vergeht und er die 10 Minuten / 15 Minuten wie 2 Minuten empfindet ... Der Vorschlag, das Kind als "Zeitnehmer" einzusetzen ist mit Sicherheit sinnvoll.


    Natürlich ist es nicht gerade fair, wenn Eltern scheinbare oder tatsächliche Problem nicht erst mit dem jeweiligen Lehrer besprechen, sondern gleich mit der Elternversammlung, dem Direktor usw.


    Aber da habe ich mir inzwischen ein recht dickes Fell angeeignet. Solange ich nicht direkt angesprochen werde, weiß ich von nichts - Punkt aus Ende. Es besteht nämlich auch das Risiko, dass derjenige, von dem ich höre, dass Eltern da oder dort dieses oder jenes über mich gesagt haben ebenfalls eine verzerrte Wahrnehmung hat.

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