Aufklärung in der 4. Klasse

  • Habt Ihr Empfehlungen mit sehr gutem Material, das Ihr selber auch einsetzt?
    Ich habe bereits "Dem Leben auf der Spur" angeguckt, aber ich weiß nicht, ob ich das wirklich so richtig geeignet finde für eine 4. KLasse. Ich denke, manches (in dem Körperabc z. B. ) kann ja auch noch etwas warten bis an die weiterführende Schule (z. B. Verhütungsmaßnahmen).


    Welche Themengebiete habt Ihr von Euch aus angesprochen?
    ich habe überlegt mir "Mama hat ein Ei gelegt " zu bestellen und es mit den Kindern gemeinsam zu lesen und zu gucken, was sie überhaupt schon wissen bzw. wissen wollen. Lohnt sich von Persen die Lernwerkstatt "Körper Liebe Kinderkriegen"?


    Wäre lieb, wenn Ihr mir ein paar Anregungen geben könntet. Ich mache in der Altersstufe zum ersten Mal den Aufklärungsunterricht. Habe bisher immer ältere oder aber sehr viel jüngere Schüler gehabt.
    Liebe Grüße

  • Hallo!
    Ich bin keine "Sachunterrichtsfachfrau", deshalb gibt es vielleicht optimalere Zugänge, ich habe aber bemerkt, dass die Kinder sehr viel Rede- und Fragebedarf hatten, so dass wir viel im Kreis gesprochen haben. Sehr geholfen hat mir dieses Material, das wir netterweise auf meinen Wunsch hin angeschafft haben:
    http://www.finken.de/cgi-bin/s…ule/tablo/tablosexual.htm
    Genau das Buch von Persen, was du angesprochen hast, finde ich aber auch sehr gut und habe daraus viel genommen.
    Sehr gut war außerdem eine "Fragebox", in die die Kinder anonym Fragen werfen konnten. Die haben wir dann am Ende der Unterrichtseinheit beantwortet.
    Du wirst sehen, dass die Kinder von vielem schon gehört haben und ich habe es dann immer versucht kindgemäß aufzugreifen und zu erklären.
    Auch gut war der Film "Willi wills wissen - Wie kommen die Babys auf die Welt", den haben wir am Ende geschaut, allerdings ohne die direkte "Geburtsszene".
    Grobe thematische Übersicht meiner Reihe:
    - Jungen und Mädchen (Rollenverhalten usw.)
    - Körperteile und äußere Geschlechtsorgane
    - Pubertät (mit Bilderbuch "Ei, was sprießt denn da?, körperliche und seelische Veränderungen)
    - Innere Geschlechtsorgane
    - Der Zyklus der Frau / Menstruation (Material / Probepäckchen von http://www.aufklaerungsstunde.de)
    - Samenzellenproduktion
    - Liebe (verschiedene Arten von Liebe, Wen hast du lieb?, Wie fühlt sich das an?)
    - Geschlechtsverkehr / Befruchtung (auch Verhütungsmittel kurz angesprochen)
    - Schwangerschaft / Entwicklung des Babys
    - Geburt (Forscherauftrag für die Kinder: Findet heraus, was bei der Geburt passiert - Bücher, Lexika, Internet,...)
    - Fragestunde


    LG pinacolada

  • Vielen Dank für Deine ausführliche Antwort und die Links.
    Das hat mir schon mal geholfen. Ich habe direkt ein Schulpaket bestellt. :)
    Ich glaube die Unterlagen von Persen besorge ich mir auch noch.


    Gibt es noch andere Anregungen? Oder bin ich die EInzige die mit dem Thema jetzt loslegen muss?

  • Freut mich!
    Allerdings dauert es manchmal ziemlich lange, bis das Schulpaket von o.B. kommt :(
    Unsere Regelung ist deshalb, dass derjenige, der die Päckchen verteilt und es nutzt, für den nächsten Jahrgang direkt nachbestellt.
    Aber vielleicht hast du ja Glück!
    Viel Spaß bei dem Thema - die Kinder finden es auf jeden Fall sehr interessant und arbeiten intensiv mit ;)
    LG pinacolada

  • Ist "Peter, Ida und Minimum" zu kindlich aufbereitet?
    Ansonsten habe ich hier (http://www.lehrer-online.de/se…p?show_complete_article=1) folgendes gefunden:


    "Die Schülerinnen und Schüler sollen
    Körperteile und geschlechtsspezifische Unterschiede benennen.
    innere und äußere Geschlechtsorgane in Aussehen und Funktion kennen lernen.
    die Pubertät als Entwicklungszeit kennen lernen und beschreiben.
    Bescheid wissen über Zeugung, Schwangerschaft und Geburt.
    Hygienetipps für Jugendliche kennen und begründen.
    Gefühle und Körpersprache erkennen, benennen und erläutern.
    Gefühl für ihren Körper und einen selbstverständlichen Umgang damit entwickeln.
    Verantwortung für den eigenen Körper und für den anderer übernehmen und so Risiken bewusst vorbeugen können."

    am ende wird alles gut und wenn es nicht gut ist, ist es noch nicht das ende (oscar wilde)

  • Die Kinder haben mehr Vorwissen (Halbwissen?) als einem lieb ist! Bisher kamen meine mit den Unterlagen "Dem Leben auf der Spur" ganz gut klar, keine bleibenden Schäden. Da haben die schon ganz andere Sachen gehört und gesehen. "Peter, Ida und das Minimum" lege ich immer in die Bücherausstellung, wird aber kaum angenommen, wohl wirklich zu kindlich. Die Themen sind alle genannt werden, aber im 4.Schuljahr setze ich den Schwerpunkt auf die Pubertät, die betrifft die Kinder ja am ehesten. Als Material nutze ich viel "Liebe - Körper - Gefühle" aus dem Auer-Verlag, hier sind alle Themen gut strukturiert. Und die anonymen Fragen am Anfang finde ich ganz wichtig, damit die Kinder erstmal ihre Scheu überwinden darüber zu sprechen.

  • Ich will hier ja keine schlechte Stimmung aufkommen lassen, aber ist das echt euer Ernst?


    Vieles von dem wird bei uns erst in der 6. Klasse gemacht und wie ich finde zu recht. Bitte, der Bau der Geschlechtsorgane, Zyklus der Frau, Menstruation, Verhütung (!!!), Geburt... hat doch in einer 4. Klasse nicht zu suchen. Das o.B. Paket ist bei uns ebenfalls Standard in der 6. Klasse. Sollen die Schüler alles doppelt machen?
    Ein anderer Aspekt, der mir gerade durch den Kopf geht: seit ihr alles ausgebildete Biologielehrerinnen, dass ihr euch darüber klar seit, wie man mit diesem sensiblen Thema umgehen muss? Ist jetzt nicht bös gemeint, aber ich bin etwas entsetzt.

  • Ich denke als Klassenlehrerin ist es möglicherweise sogar eher möglich sensibel auf ein solches Thema einzugehen als später als Biologielehrerin, weil man seine Kinder einfach schon viel länger kennt und das Verhältnis ein anderes ist.
    Ich persönlich finde das Thema Menstruation hat auf jeden Fall etwas in der 4. Klasse was zu suchen und ist in der 6. Klasse viel zu spät, einfach weil es inzwischen nicht mehr so wenige Mädchen gibt, die bereits mit 10 menstruieren.
    Das Thema Verhütung- nun ja. Im Grunde hast Du Recht, auf der anderen Seite- wie kommt es, dass es 11 jährige gibt, die bereits schwanger sind, wenn das noch kein Thema wäre?

  • @ Ritterin Rost: Danke für den Link. Das werde ich in Ruhe durchlesen, auf den ersten Blick finde ich es sehr hilfreich und interessant!

  • Erstens verlangt der Lehrplan (zumindest in NRW), dass diese Themen im SU bis zum Ende der 4. Klasse behandelt wurden. Und zweitens gibt es auch im vierten Schuljahr zumindest viele Mädchen, die dieses Thema bereits betrifft. Einige Mädchen kommen doch schon im Grundschulalter in die Pubertät, bekommen ihr Regel, stellen Veränderungen am Körper fest usw. Und die Jungen merken das doch auch und stellen Fragen. Ich muss keine ausgebildete Biologielehrerin sein, um meinen Schülern einen ersten Einblick in die Thematik zu bieten und mit ihnen Dinge zu besprechen, die ihnen wichtig sind und auch teilweise auf dem Herzen liegen.

  • Zur rechtlichen Situation:


    Bevor im Unterricht Geschlechtserziehung stattfindet, müssen die Eltern über die Themen und Materialien an einem Elternabend informiert werden.
    So stellt sich das zumindest in Ba-Wü dar.
    Die Themen Verhütung, Geschlechtsverkehr etc. würde ich in der Grundschule als nicht altersgemäß und als nicht angebracht ansehen.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Die Themen Verhütung, Geschlechtsverkehr etc. würde ich in der Grundschule als nicht altersgemäß und als nicht angebracht ansehen.

    Wie willst du denn sonst die Entstehung von neuem Leben bei Säugetieren, also auch Menschen erklären?
    Dass da nicht der Storch kommt oder mit Eierlegen funktioniert hat sich im 4. Schuljahr schon längst herumgesprochen.
    Gerade das "Halbwissen" ist ein Problem. In einer Klassengemeinschaft mit bekannten Kindern, entspannter Lehrperson und unaufgeregten, aber altersangemessenen Infos (natürlich nicht bis ins kleinste Detail) kann man da viel Unklarheit und Unsicherheit auf gutem Wege "beseitigen".
    Auszug Lehrplan Sachunterricht NRW:
    "Die Schülerinnen und Schüler kennen die Bezeichnungen für die Geschlechtsorgane und wissen um deren Bedeutung für die sexuelle Entwicklung (z.B. Zeugung, Schwangerschaft, Geburt, Verhütung)."
    Natürlich stelle ich nicht jedes Verhütungsmittel mit seiner Anwendung detailliert vor (das dürfen dann gerne die Kollegen in der Sek I übernehmen), aber dass es die Möglichkeiten zur Verhütung gibt, ist schon Thema und das wissen die Kinder auch längst.
    Es ist also nicht die Frage, OB man diese Themen bespricht, sondern WIE.
    LG pinacolada

  • Ein anderer Aspekt, der mir gerade durch den Kopf geht: seit ihr alles ausgebildete Biologielehrerinnen, dass ihr euch darüber klar seit, wie man mit diesem sensiblen Thema umgehen muss? Ist jetzt nicht bös gemeint, aber ich bin etwas entsetzt.

    Diesen Einwand verstehe ich nicht genau. Was meinst du mit fehlender Sensibilität?
    Ich glaube (s.o.), dass ich mit meiner Klasse, die ich seit vier Jahren täglich mehrere Stunden begleite und zu der ich ein vertrautes Verhältnis habe, sogar sensibler und vertrauensvoller über solche Themen sprechen kann, als ein Biologie-Fachkollege, der die Kinder seit maximal zwei Jahren einige Stunden pro Woche sieht (im Normalfall).
    Und natürlich bereiten wir uns auch als nicht ausgebildete Biologielehrerinnen so gut vor, dass wir fachlich (in jedem Thema - Geschichte, Erdkunde, Politik, Sozialwissenschaften, Biologie...) so weit fit sind, dass wir den Kindern jedes Thema fundiert vermitteln können, oder wie hast du dir den Sachunterricht in der Grundschule so vorgestellt?
    LG pinacolada

  • Ich will hier ja keine schlechte Stimmung aufkommen lassen, aber ist das echt euer Ernst?


    Vieles von dem wird bei uns erst in der 6. Klasse gemacht und wie ich finde zu recht. Bitte, der Bau der Geschlechtsorgane, Zyklus der Frau, Menstruation, Verhütung (!!!), Geburt... hat doch in einer 4. Klasse nicht zu suchen. Das o.B. Paket ist bei uns ebenfalls Standard in der 6. Klasse. Sollen die Schüler alles doppelt machen?
    Ein anderer Aspekt, der mir gerade durch den Kopf geht: seit ihr alles ausgebildete Biologielehrerinnen, dass ihr euch darüber klar seit, wie man mit diesem sensiblen Thema umgehen muss? Ist jetzt nicht bös gemeint, aber ich bin etwas entsetzt.

    Auch wenn Deine Frage nicht bös gemeint ist, führt sie bei mir zu sichtlichen Irritationen.
    Verstehe ich das richtig, dass nur eine ausgebildete Biologielehrerin wissen kann, wie man mit diesem sensiblen Theme umgehen muss?


    Entschuldige bitte, aber da nützt auch Dein Nachsatz nichts, dass es nicht bös gemeint ist. Ich empfinde das als Schlag ins Gesicht für engagierte Sachunterrichtslehrerinnen.


    Bereits in Klasse 3 hatten drei Mädchen meiner Klasse mit ihrer Periode zu kämpfen. In Klasse vier kamen ebensoviele hinzu. Mal ganz davon abgesehen, dass das Thema im Lehrplan (NRW) fest verankert ist, halte ich es für sehr wichtig in einem angemessenen Rahmen mit den Schülerinnen und Schüler über dieses Thema zu sprechen.
    Und Sensibilität setze ich in diesem Fall voraus. Bei mir, aber auch bei allen anderen Betroffenen.


    Und selbstverständlich haben all diese Bereiche etwas im Unterricht des vierten (oder gar dritten) Schuljahres etwas zu suchen.
    Unabhängig von der rechtlichen Lage, beschäftigt das die Kinder auch in diesem Alter durchaus.
    Man wird die Themen sicherlich anders aufbereiten als in Klasse sechs, aber ansprechen und behandeln muss man sie unbedingt.


    Das Vetrauensverhältnis in der Grundschule ist in der Regel so gut, dass die sich die Themen mit minimaler Schambesetzung besprechen lassen.


    Und mal als Mutter (und nicht als Lehrerin) gedacht, waren diese Themen schon im Kindergartenalter hier zu Hause Gesprächspunkte. Vom Kinde ausgehend und mit entsprechender kindgerechter Literatur unterstützt.


    Dein Beitrag erweckt den Eindruck, als sprächest Du den Grundschullehrkräften generell das Fachwissen und die nötige Sensibilität ab, mit solchen Themen sachgerecht und angemessen umzugehen.


    Das ist für mich unverständlich und nicht nachvollziehbar.


    Viele Grüße
    strubbelsuse

  • Ich spreche Grundschullehrerinnen gar nichts ab, ich bin selber eine. Gerade daher und als Mutter und wenn ich mir unseren Lehrplan ansehe, haben einige der Punkte in der GS nichts zu suchen. Produktion der Samenzellen, innere Geschlechtsorgane, Verhütung ...sind Themen für die Sek 1. Als Mutter wäre ich doch etwas verwundert, wenn meiner Tochter in der GS die Tampons von o.B. Vorgeführt worden wäre, viele Schülerinnen benutzen sogar in der Sek 1 noch lieber Binden und haben Scheu vor Tampons. Warum muss alles immer früher und dann doppelt und dreifach thematisiert werden ( in der Sek steht das Thema 2 mal im Lehrplan), das führt zu einer völligen Übersättigung. Nur weil einige Schülerinnen bereits ihre Periode haben muss nicht alles bis ins kleinste behandelt werden, als Mutter habe ich da gerne zunächst die alleinige Verantwortung.


    Viele Grüße
    Silja

  • Sollte auch das in den Bundesländern so unterschiedlich gehandhabt werden? So ist die Regelung in NRW:


    Aus dem Lehrplan GS NRW:


    Bereich: Mensch und Gemeinschaft
    Kompetenzerwartungen am Ende der Klasse 4
    Die Schülerinnen und Schüler kennen Verhaltensempfehlungen in Risikosituationen (z. B. sexuelle Belästigung)
    kennen die Bezeichnungen für die Geschlechtsorgane und wissen um deren Bedeutung für die sexuelle Entwicklung (z. B. Zeugung, Schwangerschaft, Geburt, Verhütung)

  • Ich spreche Grundschullehrerinnen gar nichts ab, ich bin selber eine. Gerade daher und als Mutter und wenn ich mir unseren Lehrplan ansehe, haben einige der Punkte in der GS nichts zu suchen. Produktion der Samenzellen, innere Geschlechtsorgane, Verhütung ...sind Themen für die Sek 1. Als Mutter wäre ich doch etwas verwundert, wenn meiner Tochter in der GS die Tampons von o.B. Vorgeführt worden wäre, viele Schülerinnen benutzen sogar in der Sek 1 noch lieber Binden und haben Scheu vor Tampons. Warum muss alles immer früher und dann doppelt und dreifach thematisiert werden ( in der Sek steht das Thema 2 mal im Lehrplan), das führt zu einer völligen Übersättigung. Nur weil einige Schülerinnen bereits ihre Periode haben muss nicht alles bis ins kleinste behandelt werden, als Mutter habe ich da gerne zunächst die alleinige Verantwortung.


    Viele Grüße
    Silja

    Nun dann sieht es ganz danach aus, dass ich sowohl als Lehrerin, wie auch als Mutter eine gänzlich andere Einstellung als Du zum Umgang mit dieser Thematik habe.
    Und ich bin sehr froh, dass ich Dein erstes Posting dann anscheinend offensichtlich völlig falsch verstanden habe.

  • Vielleicht kommt deine Einstellung aber auch daher, dass du selbst mit den Kindern über das Thema sensibel und altersgemäß reden möchtest. Ich habe viele Kinder in der Klasse, die nicht mit ihren Eltern über das Thema Pubertät reden können, wollen und dürfen(!). Viele Eltern weigern sich einfach und sagen ihren eigenen Kindern "Frag deine Lehrerin." Wenn dann schon viele Kinder im 4. Schuljahr ansatzweise in die Pubertät kommen und einige Mädchen bereits ihre Tage haben, ist es schon notwendig, auch über den Gebrauch von Binden und Tampons zu sprechen. Wie schon einige geschrieben haben, habe ich als Klassenlehrerin ein viel engeres Vertrauensverhältnis zu den Kindern und sie trauen sich auch zu fragen, was sie sonst nur auf der Straße mitbekommen.... und gerade in Problemvierteln, musst du einiges wieder gerade rücken. Da kann eine richtige Aufklärung nicht früh genug anfangen!

  • Bei uns hilft da immer die Schulärztin mit!
    Und die Klasse wird auch immer in Buben/ Mädchen geteilt für dieses Gespräch.


    Finde ich wirklich hilfreich.

Werbung