Leselernstrategien

  • Hallo zusammen!
    Bei google habe ich schon alle möglichen Begriffe eingegeben, die mich zu dem führen könnten was ich suche - aber: ich finde nicht das was ich mir erhofft hatte zu finden.
    Was ich suche:
    Theorie darüber, wie die Kinder lesen lernen. Z.B. Kind A zieht Buchstabe für Buchstabe zusammen und erliest so das Wort, Kind B... Also..Möglichkeiten, wie die Kinder lesen lernen...und darüber hinaus Möglichkeiten, wie man (auch Eltern) sie im Lesen adäquat fördern können oder sie zum Lesen bewegen können.
    Kann mir da jemand von euch weiter helfen?
    Liebe Grüße
    Andrea

  • Hallo Robischon!
    Ich schaue häufiger mal auf deine Seite und lese. Finde die Seite sehr schön gestaltet und auch in vielen Fällen sehr mutmachend
    Allerdings bin ich noch immer ziemlich ratlos.
    Der eigentliche Gedanke meines Postings entstand nach einem Elterngespräch.
    Die Mutter fragte mich, was sie (und andere Eltern) tun könnten, um ihre Kinder beim Lesenlernen bestmöglich zu unterstützen..welche Anreize sie ihnen bieten könnten.
    Für mich ist es auch interessant zu sehen und hören, wie ein Kind liest. Ein Mädchen aus meiner Klasse zeigt es sehr offensichtlich: Sie zieht Buchstabe nach Buchstabe zusammen...also aufbauend...L..LE...LES...LESE....LESEN...und sagt dann noch einmal das ganze Wort. Und so gibt es ja noch x andere Strategien. Ich suche nicht nach solchen Strategien, um mir eine rauszusuchen, die ich allen Kindern pauschal vermittle (neee neee..grins). Ich möchte vielmehr wissen: Was gibt es für verschiedene Wege, damit ich Kindern, die selbst keinen herausfinden, aber den Wunsch haben zu lesen, helfen kann und mit ihnen herausfinden kann, wie es für sie am einfachsten wäre.
    Hmmm...gar nicht so einfach mein Anliegen hier verständlich zu posten. Ich hoffe trotzdem, dass deutlich wurde nach was ich suche
    Danke schonmal für weitere Antworten und Hilfen.
    Liebe Grüße
    Andrea

  • Zitat

    Sie zieht Buchstabe nach Buchstabe zusammen...also aufbauend...L..LE...LES...LESE....LESEN...und sagt dann noch einmal das ganze Wort.


    das kind macht das was ihm so gezeigt worden ist.
    das was man dann hört, nenn ich "lesegeräusche". bei solcher art zu lesen kommt es oft vor, dass die lesenden nicht wissen um was es sich eigentlich handelt.
    ein wort oder einen satz wiedererkennen und mögen, zu wissen was damit gemeint ist und was es mit einem selber zu tun hat, macht lesen aus.
    kinder können ans lesen gebracht werden durch mitteilungen und informationen, die sie selber betreffen.
    das allererste was ich lesen konnte (zu hause natürlich) war ein zettel an der tür "Heute Kakao und Kuchen".
    leider war es 1946 und von kakao und kuchen keine spur. mein älterer bruder hatte sich das so schön vorgestellt.
    was hab ich mit den den wörtern "Heute" und "Kakao" gekämpft.
    durch "zusammenziehen" werden sie nicht verständlich.
    im zusammenhang der ganzen (wunsch)mitteilung wurde es dann klar.
    mit dem blöden "su su lo lo ..." aus der fibel kam ich sicher nicht zum lesen. kein wunder, dass in der klasse ein junge auch noch nach vier jahren erstklässler war. (damals ga es noch nicht solche förder- und versetzungsregelungen)

  • Hallo Rolf!
    Ganz zustimmen kann ich Dir nicht, was das Zusammenziehen betrifft. Wenn das Zusammenziehen gut geübt ist, können diese Kinder später sehr gut lesen und kapitulieren nicht vor neuen Wörtern.


    Wichtig ist, dass man den Kindern beibringt, dass sie SOFORT laut zusammenziehen. Das wird dann immer flüssiger und schneller. Dann dauert es auch nicht lange, bis das Sinnverständnis dazukommt.


    Es ist wie mit dem Autofahren. Nach einiger Übung haben sich Tätigkeiten wie das Schalten, die Kupplung bedienen usw. so verinnerlicht, dass man sich auf den Verkehr immer besser konzentrieren kann.

  • gut gemeint.
    der ablauf beim lernen ist anders.
    die kinder die "zusammenziehen" begreifen nach einiger zeit, was da in wirklichkeit los ist. jedenfalls viele von ihnen (nie alle).
    weil sie eine zeit lang zusammengezogen haben, entsteht der anschein, ihr lesen sei die folge davon.
    sie haben es trotzdem gelernt.
    lernen ist nicht die folge von belehrungsmaßnahmen und seien sie noch so gut gemeint.

  • Nicht nur "gut gemeint", sondern vor allem BEWÄHRT.


    Mag der Ablauf beim Lernen anders sein, ist das Zusammenziehen nur die "Krücke" auf dem Weg zur Erkenntnis. Wer mit dieser "Krücke" schnell umzugehen weiß, kommt schneller voran.
    Ich hatte insgesamt drei LRS-Schüler in meiner Obhut, die nach Angaben der Eltern alle drei Legastheniker sein sollten.
    Bei zweien dauerte es ca. einen Monat, bis ich sie entkrampft hatte und sie mittels Zusammenziehens einwandfrei und schnell lesen konnten.
    Bei einem dauerte es nur eine Woche. Das war das am schnellsten verdiente Honorar.

  • Zitat

    Melosine schrieb am 30.03.2006 13:01:
    row-k, mal im Ernst: wie viele Leseanfänger hast du schon unterrichtet?


    Wenn Du die drei genannten "Legastheniker" als Leseanfänger nimmst, sind es drei.
    Wenn Du die regelmäßig pro Klasse (Berufsschule, ich schrieb darüber) enthaltenen 4-5 "Anaphabeten" dazunimmst, die danach gern und gut lesen, sind es vielleicht 50 insgesamt, die ICH unterrichtete.


    Weil ich aber die Erfahrungen meiner Ehefrau immer mit dazunehme (wir reden nämlich oft miteinander, bevor ich hier schreibe), kommen wir zusammen auf ca. 530 Leseanfänger. Genügt das für "Omnipräsenz"?


    EDIT: Meine Frau überschlug nochmals, es sind mehr als 600.

  • leseanfänger
    ja, melosine, ich hatte ab 1967 immer wieder erste klassen mit 20 bis 28 kindern ungefähr. und ab 1988 hab ich solchen klassen oder lerngruppen zum schreiben und lesen lernen das material zur verfügung gestellt, mit dem sie selbstständig und miteinander, ohne aufträge, anweisungen, erklärungen wirklich lesen gelernt haben.
    das hat sich anders angehört als bei kindern die mit dem "zusammenziehen" trainiert wurden.
    die erfahrungen von row-k mit drei kindern denen mängel bescheinigt worden waren, reichen wohl nicht aus um abschließend etwas über ein richtiges verfahren sagen zu können. wahrscheinlich haben die kinder bei ihm gelegenheit gefunden festzustellen, dass sie ja in wirklichkeit längst lesen konnten.

  • Zitat

    robischon schrieb am 30.03.2006 13:15:
    die erfahrungen von row-k mit drei kindern denen mängel bescheinigt worden waren, reichen wohl nicht aus um abschließend etwas über ein richtiges verfahren sagen zu können. wahrscheinlich haben die kinder bei ihm gelegenheit gefunden festzustellen, dass sie ja in wirklichkeit längst lesen konnten.


    Nein, Rolf, ich nehme ja auch die Erfahrungen meiner Frau dazu.


    Aber: Dein letzter Satz ist sehr wichtig. Durch das "Entkrampfen" hatte ich wohl dieses Können hervorgeholt. Der Rest war vielleicht Nebensache.

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    row-k schrieb am 30.03.2006 13:10:
    Genügt das für "Omnipräsenz"?


    Nein.


    Mein Mann arbeitet als Bilanzbuchalter - ob ich mich mal in ein enstprechendes Forum einlogge und den Leuten erklräre, wie sie ihre Bilanzen zu führen haben?
    Er erzählt mir nämlich manchmal davon...


    Zitat

    die erfahrungen von row-k mit drei kindern denen mängel bescheinigt worden waren, reichen wohl nicht aus um abschließend etwas über ein richtiges verfahren sagen zu können. wahrscheinlich haben die kinder bei ihm gelegenheit gefunden festzustellen, dass sie ja in wirklichkeit längst lesen konnten.


    Das sehe ich ähnlich.


    row-k, es gibt tatsächlich Kinder, die (vor)lesen "können", die Laute dabei perfekt verschleifen, aber überhaupt nicht wissen, was sie lesen.
    Würdest du sagen, diese Kinder können lesen?


    Melosine

  • dazu erzähl ich jetzt noch eine nette story.
    ich schrieb an die tafel "Paul kann lesen" (ich hatte nämlich gehört wie er neben mir in einem buch las)
    und er brauste auf und sagte "Ich kann doch gar nicht lesen".


    in der gelenkten klasse nebenan hätten brave kinder aufgezeigt und gefragt "Kann ich lesen?" ( und damit gemeint ob ich ihnen erlaube das geschriebene laut vorzulesen)

  • Melosine, kannst Du nicht lesen? Nicht nur drei! Komm, lies noch mal! Du schaffst das schon.


    Sag mal, was geiferst Du ständig? Ist's, weil Du immer darum fürchtest, dass ...

  • Ich als fleißige Referendarin melde mich jetzt auch mal zu Wort!
    Und zwar ist das wichtigste, dass Kinder lesen, die so genannten Lesestrategien. Es muss immer so sein, dass eine Strategie vor, eine während, eine nach dem Lesen Anwendung findet. Vor dem Lesen könnte z.B. sein: Hypothesen über die Geschichte bilden, Fragen an die Geschichte stellen, während des Lesens: z.B. Markieren und nach dem Lesen: Hypothesen überprüfen.


    Visuelles Darstellen des Textes ist auch immer toll, z.B. das Gelesene mit Figuren begleiten.


    Empfehlen kann ich den Aufsatz "Kinder auf die Sinnspur setzen - Üben im weiterführenden Leseunterricht der GS" von A.Wedel-Wolff (Friedrich Jahresheft 2000). Dort stehen auch Übungen, die man mit Kindern machen kann, die z.B. sehr langsam und synthetisierend lesen, die wortweise abgehakt lesen, die bei längeren Wörtern stecken bleiben oder sehr schnell und ungenau lesen oder richtig vorlesen, aber nichts verstehen!

  • Bluetenzauber:
    Für mich gibt es nicht d i e Methoden, sondern mehrere Anreize, die ich geben kann. Verfechtern nur einer Methode entgegene ich immer, dass es sonst nicht immer wieder neue, modifizierte Methoden gibt, und dass auch jede Methode mit dem Umfeld und der Lehrerpersönlichkeit korrelieren muss.


    Der Leseaufbau, den du beschreibst, ist ein Weg.
    Diese Koch´schen Lautgebärden werden oft im Legatraining und in Schulen mit sprachauffälligen Kindern benutzt - oft helfen sie weiter, deswegen wird bei mir jeder Buchstabe auch auf diese Weise eingeführt. Manche Kinder können erst Lautgebärden lesen, bevor sie zum Lesenkommen.


    Manchmal hilft es, Wörter zu verschlüsseln - wenn du mit Anlauten arbeitest, könntest du Rätselwörter erstellen - manchmal habe ich damit Erfolg gehabt.


    Manchmal hilft Silbenlesen, du legst einzelne Buchstaben auf den Boden, die Kinder hüpfen und beim Hüpfen nennen sie den anderen Buchstaben, ziehen Silben zusammen: m - o . Bei einigen Kindern hilft es, erst nur Silben zu lesen und dann Wörter (auch wenn mich damit wieder Didaktiker angreifen, die meinen, es müsse der Sinn hinter einem Wort stehen, habe ich damit gute Erfahrungen gemacht).


    Manchmal hilft es die Wörter zweisilbig aufzuschreiben (wie in der Mildenberg Fibel ABC derTiere). Hase (Ha rot,se blau).


    Um schneller zu werden, hilft es manchmal aufbauende Sätze aufzugeben:
    Am
    Am Montag
    Am Montag habe
    Am Montag habe ich
    Am Montag habe ich Schule.


    Die Sätze können eingeschnitten sein, dann sehen die Kinder nicht sofort, dass es länger wird - ist bei einigen auch wieder wichtig.


    Einige Kinder können leichter mit dem Compi lesen - Caesar lesen, LEsetrainer aus der Medienwerkstatt Mühlacker helfen.


    Bei einigen Kindern hilft das Leseprogramm von Horst Fröhler, Lesetraining, aol Verlag, das sind einzelne Karteikarten.


    Bleiben trotz vieler Maßnahmen die Schwierigkeiten, so würde ich versuchen, dass Kind in einer Außenstelle des Blicklabors vorstellig werden zu lassen, es könnten Blicksprünge oder ähnliche Störungen vorliegen.


    Hoffe, dir praxisorientiert geholfen zu haben - ich denke, eine theoretische Auseinandersetzung mit Lernmethoden oder sonstigen persönlichen Außenandersetzungen wolltest du nicht anzetteln.
    Liebe Grüße
    (und viel Erfolg)
    flip


    Für mich ist lesen lernen harte Arbeit - gerade Kinder, denen es nicht zufällt, brauchen viel Ermunterung, viel Zuspruch und Erfolgserlebnisse.

  • ...... wenn ich von "abgehacktem", zögerndem oder stotternden Lesen lese, fällt mir immer wieder auf, dass es da anscheinend nur ums laute Vorlesen geht..... habe selbst zur Zeit einen Schüler (3.Sj.), der prima leise sinnentnehmend liest, aber mit dem lauten Lesen echte Probleme hat. Ich würde ihm nie bescheinigen, er könne "nicht gut lesen"..... - nur mal so als Denkanregung....


    Blütenzauber: Lass das Kind mit Anlauttafel SCHREIBEN, dann wird es lesen lernen!!!!!! Aber dränge es NIE dazu!
    LG
    Metti

  • Wenn ich nur leise lesen lasse, würde ich zwischendurch einen standardisierten Lesetest durchführen - nur für mich als Sicherheit, dass die Schüler auch anderen Klassen standhalten.
    flip

  • Wenn ich als Laie, nur Mutter, mit Erfahrung n=1 (nur meine Tochter) noch einen kleinen Beitrag leisten darf, denn ich finde das Thema spannend...


    Unsere Tochter hat sich das Lesen ohne, dass wir das wirklich wollten oder unterstützt willentlich unterstützt haben, selber beigebracht. Das ging allerdings über das Schreiben. Sie hatte auf einer Kinder-CD ein ABC-Lied gehört. Das hat sie bestimmt 100mal gesungen. Dann hat sie gefragt, wie die Buchstaben aussehen. Das konnte sie sich erstaunlicherweise merken. Und dann fing sie an, MAMA zu schreiben, es machte "Klick" und aus M A wurde MA und aus MA MA wurde MAMA. Danach ist sie angefangen zu lesen, über einzelne Buchstaben und zusammenziehen kleiner Worte. Erst als sie uns auf dem Frühstückstisch einige Worte von Packungen vorlesen konnte, haben wir das ernst genommen. Und was war sie empört, als sie an ch, ei etc. gescheitert ist. Und an den englischen Frühstücksbeschriftungen.


    Also: es gbt vermutlich nicht die eine Methode, es zu lernen. Aber der Spaß daran, die eigene Motivation und immer wieder Erfolgserlebnisse scheinen mir wichtig.


    Gruß


    Ubi

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