Früher war alles besser...

  • die intelligenz und der instinkt des menschen sind nunmal so angelegt, dass man "überflüssiges" arbeiten vermeidet. in dem alter, dass schulkinder nunmal haben, verfügen die kleinen menschen aber nicht über die erfahrung, das wichtige vom unwichtigen zu trennen.
    darum -und das sage ich aus eigener schmerzlicher erfahrung- ist ein in die pflicht nehmen, auch mit etwas zwang, besser als zb die "methodik", alles der "selbstfindung" zu überlassen, wie es manchenortes praktiziert wird.
    ich bin froh darüber, dass ich gezwungen wurde.

    ...nur an Blumen fehlts im Revier, ich putze mein Motorrad dafür...

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  • Der_Iche hat das schön gesagt: "Ich bin froh darüber, dass ich gezwungen wurde."


    Dieser "Zwang", besser: diese Führung ist schon eine der wichtigsten Voraussetzungen für das Wort "Pädagoge", was ja übersetzt "Kinderführer" heißt.


    Wenn die heutigen Pädagogen das wieder darstellten, also wieder die Kinder führten, dann wären wir dem weiter oben beschriebenen rund laufenden Rad etwas näher.
    Leider sind heutzutage aber die meisten Kollegen zu feige, sich durchzusetzen.

  • Zum Thema zeitgemäßer Führungsstil:
    Ein tobender Kunde fragte mal unseren Geschäftsführer, ob er denn seinen Mitarbeitern keine Daumenschrauben anlegen könnte.
    Der ganz cool: "Wenn es etwas bringen würde hätte ich es längst getan".


    - Martin


    P.S.: Mir ist jetzt auch neu, dass im derzeitigen Schulsystem "alles der Selbstfindung überlassen wird". Gibt es dafür eine Quelle? Selbst "die Pädagogen" kann ich nicht einheitlich erfassen.

    Acht Semester mitlesen ersetzt das Lehramtsstudium. ;)

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  • Zitat

    oh-ein-papa schrieb am 07.03.2006 23:57:
    Zum Thema zeitgemäßer Führungsstil:
    Ein tobender Kunde fragte mal unseren Geschäftsführer, ob er denn seinen Mitarbeitern keine Daumenschrauben anlegen könnte.
    Der ganz cool: "Wenn es etwas bringen würde hätte ich es längst getan".


    - Martin


    P.S.: Mir ist jetzt auch neu, dass im derzeitigen Schulsystem "alles der Selbstfindung überlassen wird". Gibt es dafür eine Quelle? Selbst "die Pädagogen" kann ich nicht einheitlich erfassen.


    Hallo Martin!
    Warum denn "Daumenschrauben"? Und warum kannst Du "die Pädagogen nicht einheitlich erfassen"? (Schön gesagt: "einheitlich erfassen"!)


    Lies doch nochmals und versuche, es zu verstehen, was der_iche meinte! Dann klappt's auch mit den Pädagogen...


    EDIT: Gute Nacht, ich muss morgen, nein heute, früh 'raus. Schlaft schön!

  • Heil, mein Führer!


    Ich gebe hier zwei psychologische Reflexhandlungen zu bedenken:


    1. Versuchen Schüler nachweisbarermaßen, Leiden bei einem überautoritären Lehrer nachträglich mit Sinn zu erfüllen, ähnlich wie bei Feldwebeln, Stockholm Syndrom etc ("Er hat was aus mir gemacht.") Mit dem tatsächlich erreichten Lernerfolg hat das nichts zu tun, sondern mit notwendigen psychologischen Schutzbehauptungen.


    2. Schon bei Watzlawick als "The fatal glass of beer" beschrieben, gibt es eine Neigung, die Schuld für gegenwärtiges eigenes Versagen in der Vergangenheit zu suchen und da am liebsten jemand anderem aufzubürden - Eltern oder Lehrer sind dafür wunderbare Kandidaten. "Ihr habt mich nicht dazu gezwungen!" kann stimmen - kann aber auch die letzte Verteidigungslinie von jemandem sein, der es nie für nötig gehalten hat, die eigene Vernunft einzusetzen.


    Nach diesen Aufwärmübungen:


    Wie kommst du zu dem Bild, an der Schule würden Kinder nicht ans Lernen herangeführt, keine Ansprüche gestellt, keine disziplinarischen Maßnahmen eingesetzt, keine Leistung gefordert? Egal, mit welcher Methode erarbeitet - in der Klassenarbeit müssen Stoff und Fähigkeiten sitzen, bei den Lernstandserhebungen sowieso, im Abi erst recht. Jeder Schüler erhält pro Hauptfach mindestens 4x im Jahr eine kleine (Klassenarbeit), 2x im Jahr eine große Rückmeldung (Zeugnisse), durchaus verbunden mit dem Zwang, die Schule verlassen zu müssen, wenn er nicht genug getan hat. Auf Elternsprechtagen erhalten die Eltern ebenfalls Feedback. Immer noch zu viele Kollegen brüllen gern mal einen Schüler vor versammelter Mannschaft zusammen, ob er den wohl bei der Müllabfuhr enden möchte. In der Nachmittagsbetreuung/ Nacharbeitsphase wird dafür gesorgt, dass nicht gemachte Hausaufgaben nachgearbeitet werden. Wer sein Kaugummi auf den Boden schmeißt, räumt den Schulhof auf. Was willst du eigentlich noch? Mir fehlt noch die Führung zum Lernen selbst.


    Passt amüsanterweise zu der Nebendiskussion über zuviele Kopien: Gerade junge Lehrer nehmen das Thema "Das Lernen lernen" sehr ernst und führen ihre Schüler nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch an das selbstständige Üben und Erweitern heran - mit allem Zusatzmaterial, was eben dazu gehört. Was hier als "Selbstverwirklichung" verunglimpft wird, ist schlicht Methodeneinsatz nach abgesicherten Erkenntnissen und Führung zu dem, worauf es in der Schule eigentlich ankommt - die eigene Lernfähigkeit ebenso wie das eigene Wissen auszubauen.


    *g* Aber früher war ja alles besser.... das Interessante ist, dass diese Methoden so neu nicht sind. Liest man sich die Erziehung der Adelskinder in der Antike und Renaissance durch, kommt keineswegs hauptsächlich der Rohrstock, sondern eben das gemeinsam Experimentieren, auf Reisen gehen, in Bibliotheken stöbern, mit Austauschsklaven und -prinzessinnen parlieren zum Einsatz. Das schwerpunktmäßige Dreschen mit dem Rohrstock und hirnloses Pauken waren immer hauptsächlich für die blöden Proletarier und mittelständischen Emporkömmlinge gedacht (englische Internate einmal ausgenommen, aber was dabei rauskommt, sieht man am englischen Königshaus), perfektioniert von den Preußen, in glattem Übergang ausnutzbar durch die Bildungsfeindlichkeit der Nazis. Ich hole die Dritte-Reichs-Keule normalerweise selten hervor, aber in diesem Fall lässt sie sich belegen.


    Iche hat darauf aufmerksam gemacht, dass der Mensch überflüssiges Arbeiten gern vermeidet. Ist schon richtig - während er Stunden um Stunden mit Sudokus und Computerspielen verbringen kann, wöchentlich mehrmals sinnlos einem Ball hinterherläuft, sich Tag und Nacht in Büchern verbuddeln und nachher jedem, der's nicht hören will, etwas über die Porzellankunst der Ming-Dynastie erzählen wird... will sagen, gegen die natürliche Schwerkraft des Geistes steht der natürliche Wachstumsdrang: Interesse, Neugier, Sapß am eigenen Wissen usw. Schule wird niemals allein darauf aufbauen können, aber sie versucht viergleisig zu arbeiten:


    1. Eine Grundeinstellung zu festigen, dass Wissen und Können erstens möglich und zweitens höchst befriedigend sind. Nach der Schule sagt dir niemand mehr, wann du dich wo wie weiterzubilden hast (es sei denn, du wirst vom Arbeitsamt geschickt, und das bringt nix) - die Leute, die freiwillig und mit Spaß abends noch den New Scientist lesen, haben deutlich größere Chancen als die, für die Englisch und Lesen immer nur "würg" war.


    2. Basiswissen zu vermitteln, das die Grundfähigkeiten und -zusammenhänge absichert und anschlussfähig ist zur Spezialisierung. Gerade das klappt im Moment an etlichen Hauptschulen nicht mehr, die Zahl der Leute ohne Abschluss ist viel zu hoch - aber irgendwie habe ich nicht den Eindruck, dass das gerade hier Diskussionsthema ist.


    3. Methoden zu vermitteln, mit denen auch uninteressante, aber notwendige Dinge effektiv gelernt werden können. Die Spielfreude und den Konkurrenzdrang von Kindern nicht hin und wieder beim Vokabelfußball zu nutzen, sondern auf trockenes Abfragen zu bestehen (weil das Lernen ja dann weher tut), scheint mir in etwa so intelligent wie das traditionelle chinesische Fußeinschnüren. Eine Lernlandkarte zu malen dauert etwas länger als eine Stichwortliste - aber es bleibt hängen.


    4. Nach und nach die Fähigkeit zu vermitteln, zwischen Notwendigem und nicht Notwendigem zu unterscheiden - und hier ist die Schule am meisten gefordert und mit sich selbst am uneinigsten, aber bislang war DAS noch nie hier Debatte. Die Sehnsucht nach dem traditionellen Bildungsbürger ist verständlich, aber es gibt den Universalgelehrten nicht mehr, und vielleicht hat es ihn immer nur in einem sehr kleinen, selbstfixierten, elitären Zirkel gegeben. "Was man wissen muss" ist heiß umkämpftes kulturelles Minenfeld - ich kann meinen Schülern nur meine auf dem Lehrplan basierende Version davon mitgeben und mit ihnen erarbeiten, wie man für sich selsbt entscheiden kann, was man wissen muss. Aber das ist eine andere Debatte.


    So, mit diesem Zettel in der Hand würde ich gern noch einmal wissen, was das denn alles mit Selbstverwirklichung und Führungsqualitäten zu tun hat. Und von welchen Lehrern, welchem Bundesland, welchen Schulformen hier eigentlich geredet wird.


    w.

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  • Zitat

    wolkenstein schrieb am 08.03.2006 07:24
    heil mein führer


    heinrich, mir graut vor dir...oder
    ein sumpf zieht am gebirge hin, verpestet alles schon errungene; den faulen pfuhl auch abzuziehn, das letzte wär das höchsterrungene..
    rede dich bitte nicht mit ironie raus!



    Zitat

    Wie kommst du zu dem Bild, an der Schule würden Kinder nicht ans Lernen herangeführt, keine Ansprüche gestellt, keine disziplinarischen Maßnahmen eingesetzt, keine Leistung gefordert?


    ganz einfach, ich erlebte es bei meinen kindern und den kindern unserer freunde, hauptsächlich in der grundschule.


    zur kopienproblematik habe ich mich schon geäussert, viele kinder können eben keinen brief mehr schreiben, weil sie halt kaum noch schreiben müssen, kopieren ist ja viel einfacher. und ein weiterer haken ist: wer seine kopien nicht liest, dem fehlt der inhalt gänzlich, wer mitschriften fertigt, bei dem bleibt was hängen.


    im übrigen gehöre ich nicht zu den radikalen, die alle errungenschaften der neuzeit verteufeln- nur sollte die zweckmäßigkeit des einsatzes überdacht werden- das kommt meines erachtens oft zu kurz, dafür kenne ich sehr viele lebendige beispiele.


    zu den anderen sachen lasse ich mich vorerst nicht weiter ein...wenn du hier mit literaturquellen argumentiert wird muss ich mir ja wenigstens einen überblick über diese verschaffen. aber das pure übefliegen hinterlässt bei mir den eindruck, es hat jemand zutreffende thesen aufgestellt, die aber die frage nach ursache und wirkung ausser acht lassen- das sollte aufgabe des lesers sein..

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    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    iche schrieb am 08.03.2006 09:14:
    ganz einfach, ich erlebte es bei meinen kindern und den kindern unserer freunde, hauptsächlich in der grundschule.


    Ach ja,... *seufz*


    Was mich dabei immer wundert, dass die Grundschulen im internationalen Vergleich so gut abgeschnitten haben - im Gegensatz zur Pisa-Studie fiel Iglu nämlich ziemlich gut für Deutschland aus.


    Bevor man Sündenböcke erschafft, sollte man sich schon vorher informieren.


    Bins so leid, dass Leute, die keine Ahnung von Grundschulpädagogik haben, immer wieder behaupten, in der Grundschule würde nicht richtig gelerntm Spaßpädagogik betrieben, usw. X(


    Melosine

  • Zitat

    iche schrieb am 08.03.2006 09:14:
    zur kopienproblematik habe ich mich schon geäussert, viele kinder können eben keinen brief mehr schreiben, weil sie halt kaum noch schreiben müssen, kopieren ist ja viel einfacher. und ein weiterer haken ist: wer seine kopien nicht liest, dem fehlt der inhalt gänzlich, wer mitschriften fertigt, bei dem bleibt was hängen.


    Auch auf die Gefahr hin, dass das jetzt als persönlicher Anwurf rüberkommt - es ist nicht als solcher gemeint:


    Ich finde es bestürzend und bedenklich, dass in der Gesellschaft das immer mangelhafter werdende Schreibvermögen von Kindern und Jugendlichen beklagt wird, gleichzeitig jedoch immer mehr völlige Gleichgültigkeit dem eigenen Schreiben gegenüber zu beobachten ist - es "käme ja ohnehin nicht darauf an." Wenn sich die Gesellschaft mit Vergnügen entschriftlicht, ist dem Nachwuchs kein Vorwurf zu machen.


    Ebenso bestürzend finde ich übrigens, dass dieses Paradoxon nur wenigen bewußt zu sein scheint.


    Nele

  • @ iche


    Eh... wie sollte den meine Anrede gemeint sein, wenn nicht ironisch? Und das mit dem Sumpftrockenlegen hat auch bei Faust nicht so recht geklappt...


    1. Wollte ich dich nicht mit Literaturhinweisen ausgrenzen, wir sind nur nicht die ersten, die auf diesem Gebiet so ihre Erfahrungen machen, darauf hab ich mich bezogen - muss aber nicht sein.


    2. Obwohl die Kopierproblematik nicht hierhin gehört: Auf meinen Kopien stehen Basistexte und Arbeitsaufträge, die dann zu weiteren Textproduktionen führen (z.B. "Lies die Geschichte und schreibe einen Brief, die Hauptfigur A an Hauptfigur B schreiben könnte."). Inwieweit die Kinder dadurch weniger Schreibleistung erbringen, erschließt sich mir nicht.


    3. Im Gegensatz zu einigen (aus verständlichen Gründen entnervten) Kollegen hier: Ich glaub dir auf's Wort, dass du schlechte Erfahrungen an der Grundschule gemacht hast - ich hab das Lehrerhasserbuch auch gelesen und mit traurigem Amusement so einiges wiedererkannt. Aber worauf Melosine richtig aufmerksam macht: Das sind Einzelfälle, insgesamt bringen die deutschen Grundschulen hervorragende Leistungen - gerade weil hier die Arbeit mit selbstverantwortlichen, offenen Methoden deutlich weiter fortgeschritten ist als an den weiterführenden Schulen. Es kann nicht oft genug wiederholt werden: Da Problem sind nicht die Grundschulen - und auch nicht die Gymnasien. Es knubbelt sich bei Gesamt- und Hauptschulen. Erst, wenn wir uns auf dieses spezifische Problem einlassen, lohnt es sich, die Frage nach Ursache und Wirkung zu stellen.


    w.

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  • Melosine
    um das mal klarzustellen:
    das sind erfahrungen die ich machte, danach wurde ich auch gefragt.
    wenn du dich damit angesprochen fühlst: das ist kein generalverdacht, sondern eine subjektive feststellung, die für mehrere mir bekannte schulen zutrifft.
    wenn du meinst, ich habe keine ahnung von grundschulpädagogik, bitteschön, kann sein. die kinder die ich meinen vortrag entsprechend kenne haben dafür nach der 4. klasse keine ahnung von punktrechenarten und deutsch in wort und schrift, da nützt die beste statistik nichts.
    es kann nicht nur sein, dass es bessere beispiele gibt, da hab ich auch eins, nämlich zb die jetzige schule meines kleinen, blos ist die in der methodik manchen leuten hier zufolge eher faschistoid...naja, kannst ja behaupten das passt zu mir.
    wenn wir dabei sind: ich bin es leid, wenn jede allgemeine kritik alspersonifizierte beleidigung aufgefasst und mit dem vermerk auf inkompetenz des kritikers pariert wird.
    vielleicht hast du bessere erfahrungen und mehr talent, wäre toll- aber das was man im allgemeinen hier liest reisst nunmal nicht vom hocker, das ist eher trotz-
    hier gibt es stimmen, die die alten lehr- und unterrichtsmehtodik als nahezu menschenverachtende folter anprangern- mit verlaub, mir hat einmal ein lehrer am ohr gedreht, und zwar als er mir von einem parallelklassen"kameraden" runterhalf, den ich gerade verprügelte- der kamerad war ihm gleich dankbar, ich bin es heute noch. das wars aber auch schon mit gewalttätigkeit.
    ansonsten war es effektives lernen, nicht mehr und nicht weniger. was ist der grund, warum das heute von einigen lehrern der neuen generation auf den kopf gestellt wird?
    die frage ist nicht rethorisch, mich interessiert das wirklich- was war der ausschlag dafür, dass man sich überlegte, altbewährtes anders zu machen? waren die schulabgänger zu dumm? zu schlau? psychische wracks? war es teurer?
    zu den wracks: ich habe selten soviele junge menschliche wracks gesehen wie heute, wo kommt das her?



    ein persönlicher anwurf ist trotzdem besser, als eine verallgemeinerung. sicher mache ich ab und zu fehler(diese infinitiv mit zu geschichte hab ich mir nie ganz einprägen können und der hammer für mich ist generell die getrennt und zusammenschreibung), darum war ich auch nie besonders gut in rechtschreibung...
    der haken ist aber, dass sich zb regelmäßig leute bei uns bewerben, die in deutsch eine 2 stehen haben und in gebräuchlichen worten oft mehrere unfälle haben, vom ausdruck ganz zu schweigen.

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  • Zitat

    wolkenstein schrieb am 08.03.2006 07:24:
    Heil, mein Führer!


    Mhm. Das war rhetorisch extremst ungeschickt, weil es eine sinnvolle Diskussion über die hervorragenden inhaltlichen Punkte deines hochinteressanten Textes wahrscheinlich verhindern wird.


    Aber egal: viel Stoff zum Nachdenken, wenngleich ich nicht alles unterschreiben mag. Deine Implikation, dass die wohlwollende Rückschau auf vergangenes Leiden zwangsläufig eine psychische Verdrängungsreaktion sei, halte ich für problematisch; frag mal einen Marathonläufer, jemanden, der ein Musikinstrument richtig gut beherrscht, oder jemanden, der eine hochkomplexe Kompetenz auf überdurchschnittlichem Niveau erworben hat. Du wirst immer auf eine Krisis stoßen, einen Punkt der besonderen Selbstüberwindung, auch auf Phasen von Ekel und - Leid. Ist die Tatsache, dass eine Krisis durch extrinsische Motivation überwunden wird, per se verwerflich? Kann nicht die extrinsische Motivation eine intrinsische Entwicklung katalysieren?


    Natürlich sehe ich auch die Problematik dabei. Wo ist die Grenze zwischen einerseits hohen Anforderungen, die zu hohen Leistungen führen, und sadistischer Menschenschinderei andererseits? Und immerhin hat die Schule, auch wenn Sie als ideologischer Staatsapparat Teil des kapitalistischen Ausbeutersystems ist, wenn ich bildungskonservativer Sack einmal Althusser bemühen darf, die Aufgabe, einen pädagogischen Schutzraum zu bieten, in dem sich Kinder und Jugendliche in Ruhe entwickeln können. Dabei ist sie natürlich nur ein Schutzraum neben anderen. Gleichzeitig ist es jedoch eine grobe pädagogische Pflichtverletzung, wenn Jugendliche in eine brutale Verdrängungsgesellschaft geworfen werden werden, und ihnen zuvor das nötige Rüstzeug verweigert worden ist, darin erfolgreich zu bestehen. Oh ja, plötzlich legt der Lehrherr ganz unpädagogisch Wert auf Höflichkeit, Pünktlichkeit, Ordnung und gepflegtes Aussehen - auch, wenn ich das für die Sekundärtugenden halte, mit denen man ein Konzentrationslager führen kann (Nein, das ist nicht von mir!), es ist eine der Anforderungen, die die Gesellschaft stellt - und die Schule muss das durchführen, was die Gesellschaft von ihr fordert nicht umgekehrt; das ist die Aufgabe eines Staatsorgans in einer demokratisch legitimierten Gesellschaft.


    Beim weiteren Nachdenken frage ich mich allerdings auch, wie es eigentlich kommen konnte, dass die schulische Schinderei der 50er Jahre eine ganze Generation von hochreflektierten, kritischen Geistern hervorgebracht hat, die eine unglaubliche Aktivität und entsprechende Veränderungsansprüche an den Tag legten, während die Pädagogik der 70er und 80er eine Generation von materialistischen, gleichgültigen Analphabeten produzierte. (Ja, die Popper haben gewonnen...) Ok, das ist jetzt provokant, aber ich frage mich, ob es nicht auch eine wichtige pädagogische Aufgabe ist, dem Jugendlichen die Autorität zu bieten, an der er sich auf dem Weg zum Erwachsenen abarbeitet? Wie weit reicht die sinnvolle Schülerorientierung ("Och ne, nicht schon wieder ein Text übers Erwachsenwerden! Ööööööde!!!") wo beginnt das Gleichgültigkeit produzierende anbiedern?


    Ich glaube, wir stehen am Beginn einer sehr umfassenden Neuorientierung, was Schule ist und wie sie zu organisieren ist. Optimistisch stimmt mich dabei, dass die ideologische Lagermentalität im System auf dem Rückzug ist. (Die Kabbelei zwischen GEW und Philologenverband ist unerträglicher Überrest der Grundsatzsabbelei der 70er) Pessimistisch stimmt mich, dass Bildungspolitik in diesen hochbrisanten Zeiten immer mehr zum politischen Niedrigkompetenzbereich gerät und mit entsprechendem Personal besetzt wird...


    Mal sehen, was kommt.


    Nele


    P.S. Als ehemaliger Unteroffizier kann ich in der wohwollenden Rückschau übrigens sagen, dass ich extrem viel über den Umgang mit Menschen gelernt habe - sowohl an Positiv- als auch an Negativbeispielen. Wie die Schule auch ist das Militär ein System, das von außen anders aussieht als von innen.

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  • Zitat

    iche schrieb am 07.03.2006 23:11:
    tja da sind wir wieder bei der frage huhn oder ei...
    haben die zyniker das pech für sich gepachtet oder sind sie zyniker, weil sie pech haben?


    Ich habe Glück und bin Zyniker. Um es mit George Bernard Shaw zu halten - the power of accurate observation is commonly called cynicism by those who have not got it.


    Nele

  • Zitat

    iche schrieb am 08.03.2006 10:33:
    ......
    zu den wracks: ich habe selten soviele junge menschliche wracks gesehen wie heute, wo kommt das her?


    Vielleicht davon, dass du früher nicht dabei warst und hinschauen konntest?


    Ich weiß ja nicht, in welchen Kreisen du dich bewegst - meine Wahrnehmung ist anders. Ich sehe aufgeweckte, quirlige, bewegungsarme, kluge und dumme Kinder.
    Früher war nicht alles besser - aber damals wurde nicht jedes verhaltensgestörte Kind sofort zur Supernanny geschleift und millionenfach zum Standard erhoben.


    Bierzeltschlägereien, Jugendliche mit durchgeknallten, oft halsbrecherischen Ideen und Mutproben gab es schon immer. Filmtipp: "Denn sie wissen nicht, was sie tun" mit James Dean.


    Hältst du dich an falschen Plätzen auf? Anders kann ich mir deinen Satz nicht erklären.
    Durch Verbesserungen in der Jugendhilfe und der Sozialarbeit gibt es heute vermutlich weniger menschliche Wracks als früher. Nur werden die - eben weil sie seltener sind - als "Exoten" umso deutlicher wahrgenommen.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Zitat

    Vielleicht davon, dass du früher nicht dabei warst und hinschauen konntest?


    das wird es sein... es geht halt nichts über eine konsquente analyse aus berufenem mund.

    Zitat

    Ich weiß ja nicht, in welchen Kreisen du dich bewegst


    ich arbeite an einer universität und meine heimat kenne ich auch ganz gut.


    ich habe auch nicht geschrieben, dass früher alles besser war, das versuchst du mir gerade unterzujubeln. die frage sollte aber eher sein: sind wir heute gut genug(?)...

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  • Zitat

    iche schrieb am 08.03.2006 10:33:


    [Entschriftlichung...]


    ein persönlicher anwurf ist trotzdem besser, als eine verallgemeinerung. sicher mache ich ab und zu fehler(diese infinitiv mit zu geschichte hab ich mir nie ganz einprägen können und der hammer für mich ist generell die getrennt und zusammenschreibung), darum war ich auch nie besonders gut in rechtschreibung...
    der haken ist aber, dass sich zb regelmäßig leute bei uns bewerben, die in deutsch eine 2 stehen haben und in gebräuchlichen worten oft mehrere unfälle haben, vom ausdruck ganz zu schweigen.


    Nunja, ich meine mit "Gleichgültigkeit" genau das: deine Antwort auf mich ist nach einer Reaktionszeit von rund 30 Minuten gekommen, dir war also wichtig, dich schnell und konkret zu äußern. Aber hättest du an eine Tageszeitung einen Leserbrief in diesem Ausdruck und dieser Form geschickt? Oder hättest du ein solches Informationsblatt an deine Kollegen rausgegeben?


    Das ist die verwirrende Beobachtung, die ich mache. Es etabliert sich die Haltung, dass man eigentlich nur in den begrenzten Fällen richtig schreiben müsse, wenn es "darauf ankommt" und dass es ansonsten eben nicht so wichtig sei (in Internetforen zum Beispiel), hauptsache man äußert sich schnell. Aber mit dieser Grundhaltung steht man auf dünnem Eis, wenn man von anderen bessere Texte einfordert. Man muss immer das leisten können und wollen, was man anderen abverlangt - auch das ist gesunder Bildungskonservativismus!


    Um Elemente der Rechtschreibung oder der Zeichensetzung geht es dabei überhaupt nicht. Ich selber habe nicht die geringste Ahnung, was die aktuellen Regelungen für Getrennt- und Zusammenschreibung angeht; ich verfahre da nach Gefühl und Erfahrung bis sich die Wolken der Entsprechenden Kommissionen gelegt haben. Dein Text zeigt ja auch Probleme, die anderer Natur sind als der gelegentliche Fehler (den ich selbst regelmäßig begehe)...


    Nele

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  • Zitat

    Dein Text zeigt ja auch Probleme, die anderer Natur sind als der gelegentliche Fehler


    jetzt hast du mich aber neugierig gemacht...inhaltgestaltung und ausdruck fand ich bisher ganz gut, wurde mir auch des öfteren bestätigt(genauer, dass war das, wo ich in deutsch 2 und 1 stehen hatte)...sicher, ich hab manchmal probleme mich kurzzufassen und neige zu schachtelsätzen...)
    aber schreib mir bitte, was du genau meinst, nur so kann ichs vielleicht ändern.
    mit dem schnellschreiben, da ist was dran. aber das ist auch gerade in foren fast ein zwang, wenn man relativ zeitnah bleiben will und seine posts nicht dann irgendwo völlig aus dem kontext gerissen stehen sehen will.
    ich finde auch selbst nach dem schnellen schreibn(ich muss ja auch gelegentlich noch was anders tun(betonung auf auch!) regelmäßig meine eigenen fehler. manche korrigiere ich,aber wenn schon daraus zitiert wurde lasse ich es natürlich.
    die ignoranz gegenüber der groß- und kleinschreibung hat nichts damit zutun, dass ich die regeln überhaupt nicht beherrsche, sondern das ist reine bequemlichkeit...schlechte angewohnheit, stimmt, aber es beschleunigt mich ungeheuerlich.
    aber : auch wenn man selber fehler macht: ist das ein grund, seine nächsten nicht auf ihre fehler aufmerksam zu machen?
    beste grüße

    ...nur an Blumen fehlts im Revier, ich putze mein Motorrad dafür...

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  • Zitat

    iche schrieb am 08.03.2006 11:42:
    aber schreib mir bitte, was du genau meinst, nur so kann ichs vielleicht ändern.


    Ich habe den Verdacht, du versuchst mich jetzt etwas aufs Glatteis zu führen. Deshalb eine klare Antwort unter Gleichen: du hast eine wirklich grauenvolle Rechtschreibung. Aber ich glaube auch, dass dir das vollkommen bewusst ist.


    Nele

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  • hm...das ist nichts großartig anderes, als ich bereits eingeräumt habe.
    allerdings ist "grauenvoll" eine neue dimension...naja, es scheinen sich bei mir fehler zu etablieren, derer ich mir nicht bewusst bin- da sollte ich wohl was machen...
    danke für den hinweis. kannst du mir noch ein paar stichworte geben ?(pn wäre recht)
    an alle anderen, die sich auch berufen fühlen, nur zu...
    im übrigen mag ich glatteis nur zum schlittschuhlaufen.

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  • Ich bin nicht Nele, aber ich möchte dir eine Sache bezüglich der Rechtschreibung wirklich ans Herz legen: Substantive gross (und jetzt bitte keine Diskussion um "gross schreibt man aber anders" - ich habe eine Schweizer Tastatur), Adjektive und das Prädikat bitte klein schreiben. (EDIT:) Das verbessert den Lesefluss deutlichst und ist einfach freundlicher denjenigen gegenüber, die deine Zeilen lesen und dir antworten möchten.


    Etwas OT (gern auch per PN): In welchem Bereich arbeiten denn die Praktikanten, die du an deiner Universität betreust?


    LG, das_kaddl.

  • Zitat

    und jetzt bitte keine Diskussion um "gross schreibt man aber anders"


    :D
    Meinst du, ich hätte das bemerkt? :D
    Was den Lesefluss angeht stimmt das mit der Groß-/Kleinschreibung natürlich und ich gelobe feierlich Besserung.

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