Hauptschule - Ein Weg in die Sackgasse (3SAT Kulturzeit)

  • Ein interessanter Beitragl kam heute in Kulturzeit auf 3SAT:


    http://www.3sat.de/kulturzeit/themen/89391/index.html
    Wie sieht es bei euch an den Hauptschulen aus und teilt ihr Meinungen wie Hauptschule=Sackgasse oder als Hauptschullehrer könne man sich nicht über laute Schüler beklagen?

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

    Einmal editiert, zuletzt von Timm ()

  • Hallo,


    also ich persönlich sehe die Hauptschule nicht als Sackgasse - jedenfalls nicht grundsätzlich. Für Schüler, die ohne Abschluss oder mit einem sehr schlechten und dazu mangelhaftem Sozialverhalten und schlechter Arbeitseinstellung schon.


    Bisher haben die guten Schüler bzw. die, die wirklich wollten, auch eine Perspektive gehabt.


    Über "laute" Klassen kann ich mich nicht beklagen. Zwei meiner Schüler reden manchmal ohne sich zu melden, einer spielt manchmal mit seinen Stiften und ein Mädchen versucht ab und an zu schwätzen. Das war´s dann schon. Dass ich keinen Unterricht machen kann, kommt nicht vor, nur einmal vor Jahren in einer Vertretungsstunde.


    Was mir eher Sorge bereitet ist, dass in der Schule alle Schüler arbeiten, die Hausaufgaben aber teilweise unregelmäßig erledigt werden und die häusliche Vorbereitung nicht ausreichend ist. Hier würde ich mir weitaus mehr Elterninteresse wünschen.


    LG
    Tina

    Ein Hund denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, sie müssen Götter sein!" Eine Katze denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, ich muss ein Gott sein!"

  • Hallo Timm!
    Du schriebst: "...Wie sieht es bei euch an den Hauptschulen aus und teilt ihr Meinungen wie Hauptschule=Sackgasse oder als Hauptschullehrer könne man sich nicht über laute Schüler beklagen?"


    Meine Meinung, die sich mit den Erfahrungen vieler Kollegen deckt, dass man auch die Hauptschüler zum Lernen motivieren kann, legte ich schon einige Male dar.


    Sackgasse muss die HS auch nicht sein, weil ich viele Berufsschüler kenne, die einen guten Weg gehen.


    Aaaber: Man merkt deutlich, dass die Hauptschüler im Nachteil sind, was das ERWORBENE Wissen angeht. Sie haben viel mehr Schwierigkeiten, dem Berufsschulstoff zu folgen, weil es an allen Ecken und Enden fehlt. Da brauchts viel Förderung und Verständnis.

  • Ich habe nur wenig Erfahrung mit dem Unterrichten an einer Hauptschule (6 Wochen innerhalb des Referendariats), aber m.E. muss man deutlich zwischen Hauptschule im ländlichen Bereich - Hauptschule als "die" Schule im Dorf - und Hauptschule in Grossstädten - Hauptschule als eine von vielen "Wahl"möglichkeiten - differenzieren. Daher frage ich mich, wer auf die Idee kommt, eine Hauptschule in Löhne mit einer Hauptschule im Zentrum Frankfurt/Mains zu vergleichen... :rolleyes:


    Die Hauptschule, an der ich unterrichtet habe (Dorf mit 3000 Einwohnern), hat ihren Schülern "nur normalen" Unterricht geboten, keine "Lernen-durch-Erfahrung/Verantwortung"-Projekte. Und trotzdem war der Grossteil der Schüler nicht auffällig. Drogenprobleme etc. gab es auch nicht, nur am Montag nach den Konfirmationen waren die Klassen halbleer :D


    In einem Forschungsprojekt einer Stiftung habe ich so mehrere tolle Hauptschulen kennen gelernt (ja, ich weiss: an Schulentwicklungsprojekten nehmen sowieso nur die schon engagierten Schulen teil), sodass ich dieses Hauptschule = Sackgasse nicht bestätigen kann.


    LG, das_kaddl.

  • Im Schwäbischen sagt man:
    "S'gibt solche und sette"


    So wie das im Beitrag auch angesprochen wurde. Das Erscheinungsbild der Hauptschulen ist vielschichtig. Das hängt vom Einzugsgebiet ab, von der architektonischen Gestaltung und Einrichtung der Schule, der Geschichte des pädagogischen Umgangs miteinander und des pädagogischen Umgangs mit den Schülern.


    Wichtig sind Zusatzangebote und Perspektiven. In Baden-Württemberg ist die Hauptschule keine Sackgasse. Nach Klasse 5 und Klasse 6 können "Spätzünder" noch an die Realschule wechseln, ab Klasse 8 gibt es Zusatzunterricht für Schüler, die das freiwillige 10.Schuljahr für den Werkrealschulabschluß besuchen wollen. Mit dem normalen Hauptschulabschluss kann man an der Berufsfachschule oder durch einen guten Abschluss einer Lehre ebenfalls den Realschulabschluss erreichen, der zum Besuch des Berufskollegs oder der Technikerschulen berechtigt. Auch ein Wechsel an Hauswirtschaftliche oder berufliche Gymnasien ist möglich. Die dort erworbenen Abschlüsse berechtigen zum Studium. Zwei meiner Studienkollegen hatten nur Hauptschulabschluss und arbeiten mittlerweile als Hauptschullehrer. Ein guter Freund hatte nach der Hauptschule im Straßenbau gearbeitet und über den Zweiten Bildungsweg ein Architekturstudium absolviert.


    Und wer eine stinknormale Ausbildung zum Koch macht, kann letztendlich in einem 5-Sterne-Restaurant mehr verdienen als unsereiner. Dieses Schlechtreden der Hauptschule ist zum Kotzen.


    Letztendlich kommt es auf die Menschen an, die sich dort befinden.
    Abitur schützt nicht vor Blödheit :D

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Natürlich beklage ich mich über laute Hauptschüler. Meine Klasse hat mittlerweile gemerkt, dass sie sich sehr viel besser konzentrieren kann, wenn es leise ist. Das funktioniert in meiner eigenen Klasse wirklich sehr gut - in fremden Klassen überhaupt nicht.


    Eine Sackgasse ist das überhaupt nicht - meine Kids haben mittlerweile sehr viel Selbstbewusstsein und das ist auch sehr gut so. Der Kampf um eine Lehrstelle wird zwar sehr schwierig werden, das wissen meine Pappenheimer auch, aber bis dahin werde ich, die Kollegen, die Eltern und die Schüler alles tun, dass das auch klappt.

    Vermeintliche Rechtschreibfehler sind ein Vorgriff auf kommende Rechtschreibreformen und deren Widerruf.

  • Hallo,


    die Hauptschule kann aber durchaus zur Sackgasse für die Schüler werden, die eigentlich sonderpädagogischen Förderbedarf haben und aus irgendwelchen Gründen doch bei uns sind. Förderschüler verstärkt auf die Hauptschule auszulagern ohne weiterreichende Hilfen (was nützt mir eine Stunde Mobiler Dienst - null) finde ich einen ganz falschen Weg.


    LG
    Tina

    Ein Hund denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, sie müssen Götter sein!" Eine Katze denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, ich muss ein Gott sein!"

  • Hallo Tina,


    ich muss Dir ja leider Recht geben. Denn haeut ist es leider so, wenn Du nicht mindestens einen qualifizierten Realschulabschluss hast, der dich auch hinterher noch zum Gymnasium führt, sprich zum Abi, hast du kaum noch eine Chance auf einen langfristig sicherenund gut bezahlten Job.
    Zu meiner Schulzeit hat es noch ausgereicht ein gut durchschnittlicher Haupt-bzw. Realschüler zu sein, denn es wurden mehr die Praktiker als die hochintelligenten gesucht. Sprich handwerkliche Berufsgruppen.
    Mittlerweile sind wir aber leider auf dem besten Wege die handweklichen Berufe aussterben zu lassen.ich merke es auch tagtäglich in der Klasse meiner Tochter,(3. Klasse) daß das Lernpensum weit über dem liegt, wie es bei uns war.
    Das hat Vor aber auch Nachteile.

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