Hausaufgabengutscheine Sek. I

  • Wie ist eure Meinung zum Thema Hausaufgabengutscheine in der Sek I?
    Meines Erachtens gibt dieses Gutschein-System den Schülern zwar einerseits eine gewisse Entscheidungsfreiheit, aber andererseits sollte das Erledigen von Hausaufgaben selbstverständlich sein. Ich stelle als Lehrer ja dann Aufgaben, wenn ich sie für die Nach- oder Vorbereitung des Unterrichts für wichtig erachte. Außerdem befürchte ich, dass die Schüler wie auf einem Basar aushandeln wollen, in welchem Maße derartige Gutscheine ausgegeben werden. Oder sind meine Bedenken grundlos? Ich wäre für Tipps sehr dankbar.

    Natürlicher Verstand kann fast jeden Grad von Bildung ersetzen, aber keine Bildung den natürlichen Verstand. (A.Schopenhauer)

  • Hallo allegra!
    In meiner eigenen Klasse bekommen die Schüler zum Geburtstag einen Hausaufgabengutschein. Den können sie in allen Fächern einsetzen, die ich bei ihnen unterrichte.
    Außerdem kann man zusätzlich einen Gutschein bekommen, wenn man 5 Vokabeltests mit gut oder sehr gut geschrieben hat. Das gelingt aber nur den wenigsten. So haben sie höchstens zwei-drei Gutscheine in einem Schuljahr.
    Meine Schüler finden die Gutscheine super!
    Gruß, Yula

  • Hallo,
    bei mir gibts auch am Geburtstag einen Gutschein, einen gabs an Weihnachten und einen an Ostern. Somit hat jeder 3 im Jahr - was bei gewissen Schülern wirklich sehr schnell wieder auf 0 ist. Andere heben sich die Gutscheine ewig auf. Für besondere Leistungen (z.B. 8 Wochen ohne irgendetws vergessen) gibts auch noch einen Gutschein. Die Schüler, die diese Gutscheine bekommen, lösen sie (zumindest bei mir) nicht ein.
    Die Möglichkeit, einmal "Hausaufgabenfrei" zu nehmen, stärkt die Eigenverantwortung meiner Schüler, zu entscheiden, wo der Gutschein sinnvoll ist, einzusetzen. Für Vokabeln z.B. gilt der Gutschein grundsätzlich nicht.
    Meiner Klasse gefällt das mit den Gutscheinen und die Motivation, Hausaufgaben zu machen, wird dadurch eigentlich nur gesteigert. Und wenn man einmal mal was nicht machen muss, ist das ziemlich cool. 8)

    Vermeintliche Rechtschreibfehler sind ein Vorgriff auf kommende Rechtschreibreformen und deren Widerruf.

  • Hallo,
    ich verteile in einer jetzigen siebten Klasse auch HA Gutscheine, allerdings dann, wenn die Schüler es über einen langen Zeitraum geschaftt haben, ihre HA nicht zu vergessen (an der HS eine Leistung) und zum anderen wenn sie mehrere Stunden gut mitgearbeitet haben ohne zu stören.
    Bei mir gibt es ein Plus-Minus-Kreissystem.
    Plus Mitarbeit, Kreis keine MA, Minus = keine MA und stören. Wer Mitarbeit und trotzdem stört bekommt ein Plus mit Zeichen, wenn ein Schüler es schafft 10x mitzuarbeiten ohne einmal auch nur aufzufallen erhält er einen pos. Elternbrief und 1x HA frei. Das schaffen wenige, aber viele strengen sich dafür an.
    Die Kinder fragen ständig, wann ich ihre Plusse wieder vorlese, dazu kommt, dass wenn einer z.B. 5Plusse hatte, einmal stört und n. mitarbeitet oder einmal nichts tut alle Plusse weg sind und er bei 0 anfängt.
    Ich denke, das Ganze muss man aber auch Schulformabhängig machen, an der HS muss man eben viel mit MOtivation und pos. Verstärkung arbeiten, am Gym ist das HA Problem viel. geringer.
    Gruß Nof.

    Wir helfen einem Menschen mehr, wenn wir ihm ein günstiges Bild seiner selbst vorhalten, als wenn wir ihn unablässig mit seinen Fehlern konfrontieren.
    A. Camus

  • Danke für alle bisher eingegangenen Tipps. Ich werde die Sache mit den Gutscheinen im nächsten Schuljahr ausprobieren und mir über die Ferien an langweiligen Regentagen schonmal einen Vorrat herstellen.
    LG allegra

    Natürlicher Verstand kann fast jeden Grad von Bildung ersetzen, aber keine Bildung den natürlichen Verstand. (A.Schopenhauer)

  • Sagt mal gibt es zu dem Thema Hausaufgabengutschein eigentlich auch Literatur?
    Woher kommt die Idee eigentlich? Oder ist das ein Selbstläufer, den jeder einfach auf seine Art und Weise umsetzt?


    LG.

  • Hallo allegra!

    Zitat

    Original von allegra
    Wie ist eure Meinung zum Thema Hausaufgabengutscheine in der Sek I?
    ...aber andererseits sollte das Erledigen von Hausaufgaben selbstverständlich sein. ...


    Auch nicht nur meine Meinung: Es "sollte das Erledigen von Hausaufgaben selbstverständlich sein."
    Wenn Schüler Aufgaben des Unterrichts beginnen, zu verstehen, wollen sie (im Unterricht) noch mehr dieser Aufgaben lösen, weil es ihnen das neue Können Befriedigung bringt. Es macht ihnen Spaß, ihr neues Wissen anzuwenden.


    Dieses neue Können wollen sie gern noch mehr festigen und bitten dann um Hausaufgaben.

  • Ein Jahr nach dem ersten Posting sieht die Sache so aus: ich bin mit den HA-Gutscheinen nicht inflationär umgegangen und hatte auch wenig Lust, über die Anzahl gemachter Hausaufgaben oder erfolgreicher Vokabeltests Ranglisten zu führen, sondern habe lediglich zum Nikolaus und zu Ostern Gutscheine an alle ausgeteilt. Das kam sehr gut an; die Schüler genossen, ein- oder eben zweimal im Schuljahr den Gutschein einlösen zu dürfen. Ich denke, ich werde die Sache in dem Rahmen weitermachen.
    LG allegra

    Natürlicher Verstand kann fast jeden Grad von Bildung ersetzen, aber keine Bildung den natürlichen Verstand. (A.Schopenhauer)

  • Es geht doch um die GEISTIGE QUALITÄT der Hausaufgabe und nicht um diese selbst. Wenn man sich Hausaufgaben unterwerfen muss, dann lernt man damit Sichunterwerfen. Wenn Hausaufgaben aber als Profilierungschance verstanden werden, so lernt man, sich damit zu profilieren. Die neue Ich-kann-Schule gibt überhaupt keine Hausaufgaben, sie gibt Ich-kann-Aufgaben, nicht als Gut-Schein sondern als Gut-Wirk.
    Ich denke da z.B. mit Begeisterung an die Lehrerin H.Prem ("Legasthenie ist kein Lernproblem sondern ein Lehrproblem"). Ihr Schüler lernten in 1/3 der üblichen Zeit alle Lesen & Schreiben; sie gab nie Hausaufgaben, die Kinder durften sich welche nehmen. Es wäre nicht nötig gewesen, aber sie nahmen immer. Warum wohl?
    Ich grüße herzlich.
    Franz Josef Neffe

  • Zitat

    Original von Franz-Josef-Neffe
    Es geht doch um die GEISTIGE QUALITÄT ...
    Ich denke da z.B. mit Begeisterung an die Lehrerin H.Prem ("Legasthenie ist kein Lernproblem sondern ein Lehrproblem"). Ihr Schüler lernten in 1/3 der üblichen Zeit alle Lesen & Schreiben; sie gab nie Hausaufgaben, die Kinder durften sich welche nehmen. Es wäre nicht nötig gewesen, aber sie nahmen immer. Warum wohl?...


    Wunderbar!
    Und ich wette, Frau Prem hielt einen Unterricht, der den Schülern Freude machte, obwohl sie wahrscheinlich etwas angestrengt arbeiteten.

  • Wenn es Freude macht, arbeitet man ab-gestrengt, nicht an-gestrengt, so würde man das in der Ich-kann-Schule sehen. Und Frau Prem hat den Unterricht wohl eher losgelassen als dass sie ihn gehalten hätte. Das meine ich nicht bloß als Wortspielerei sondern beschreibend.
    Die Kinder waren bei der Sache, weil es ihre Sache war. Sie mussten ja auch gar nicht Schreiben und Lesen lernen, wenn sie den Kasperle lachend darauf aufmerksam machten, dass er schon wieder einen Buchstaben zuviel oder zu wenig oder verkehrt geschrieben/gesprochen hatte. Aber sie konnten es danach und es war in ihrem Gedächtnis mit heiterem Lachen und Begeisterung gespeichert. Und bei jeder Erinnerung wird ein Leben lang immer dieses heitere Lachen und die Begeisterung dabei sein.
    Ich grüße herzlich.
    Franz Josef Neffe

  • Theorie hin oder her - wir waren doch selber alle mal Schüler! Hätte es nicht jeder genossen, sich mal auf "legalem Weg" für ein Hausaufgabenfrei zu entscheiden? Wohlgemerkt: Es geht um Ausnahmen, daneben gibt es für die SuS genügend Möglichkeiten, ihre Fähigkeiten und ihre Lernbereitschaft durch Hausaufgaben zu beweisen.
    Etwas ist mir im letzten Jahr aufgefallen: die wirklich "guten" Schüler warten am längsten mit der Einlösung des Gutscheins ...

    Natürlicher Verstand kann fast jeden Grad von Bildung ersetzen, aber keine Bildung den natürlichen Verstand. (A.Schopenhauer)

  • Natürlich kann ein Gutschein auch ein Zeichen der Wertschätzung sein und damit sogar eine Motivation fürs Lernen. Es kommt eben bei allem darauf an, dass man es nicht als Leerform anwendet sondern bewusst und sensibel auf Wirkung setzt und achtet.
    Durch die formale Vorgabe der Schule sind Hausaufgaben - wenn man sie so lässt - bloß Aufträge, die man für jemand anderen erledigen muss. Hausaufgabe bedeutet in der Du-musst-Schule etwas ganz anderes als in der Ich-kann-Schule.
    Natürlich hätte ich als Schüler auch zugegriffen, wenn ich "auf legalem Wege" keine Hausaufgabe machen brauchte. Es ist aber etwas anderes, ob ich mich mal an einem Tag nicht in die Schablone einfügen muss oder ob ich an allen Tagen souverän an meiner Entwicklung arbeite. Es sind ja gerade die souveräneren Kinder, "die ihren Gutschein erst spät einlösen" und es wäre eigentlich die Aufgabe des Lehrers, durch Lernen Souveränität zu fördern und nicht Unterwerfungsbereitschaft. Mit herzlichen Grüßen
    Franz Josef Neffe

  • Ich möchte an dieser Stelle keine pädagogischen Grundsatzdiskussionen führen und auch nicht den realen Schulalltag außer Acht lassen.
    Fakt ist, dass ich als Lehrer doch nicht Hausaufgaben aufgebe, damit ich sehe, dass sich die Kinder mir unterwerfen! Vielmehr mache ich ihnen klar, dass die Hausaufgaben dazu dienen, ihr eigenes Wissen auszubauen oder sich auf anstehende Klassenarbeiten und Prüfungssituationen- die unser Schulsystem eben noch fordert - vorzubereiten. Somit entscheiden die Schüler eigenverantwortlich, ob und wann sie einen Gutschein einlösen.

    Natürlicher Verstand kann fast jeden Grad von Bildung ersetzen, aber keine Bildung den natürlichen Verstand. (A.Schopenhauer)

    • Offizieller Beitrag

    Franz Josef Neffe
    was um alles in der Welt soll denn heißen, man arbeitet "abgestrengt" ?
    Ich möchte doch bitten, sich hier eines korrekten und allgemein verständlichen Umgangsdeutsches zu befleißigen, so dass auch wir schlichter gestrickten Gemüter mit der niederen Praxiserfahrung diese kostbaren Worthülsenperlen voll und ganz goutieren können :skeptisch:

  • Um nichts in der Welt werde ich hier eine Denkschablone für "abgestrengt" vorgeben. Es wird höchste Zeit, dass wir aufhören, unseren eigenen Verstand immer dann auszuschalten, wenn er zum selbständigen Denken herausgefordert wird.
    In einer Zeit, wo wir schon lange in aller Öffentlichkeit über so lebensnahe Themen wie die Entschleunigung der Gesellschaft diskutieren, sollte man doch auch in Lehrplanvollzugsanstalten selbständig erschließen können, was bei "abgestrengt" anders sein könnte als bei "angestrengt".
    Im übrigen meine ich, dass jemand, der mich damit begeistern kann, weil er sich noch souverän des Genitivs zu bedienen weiß, so ein Problem doch sehr souverän lösen wird. Guten Erfolg!
    Franz Josef Neffe

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