Lehramt - der richtige Beruf?

  • Hallo!


    Ich studiere ja derzeit noch Bio Diplom, will aber nach meinem Abschluss mit Lehramt Gymnasium Bio/Chemie anfangen. Ich bin jetzt 26 und bräuchte noch 5 Semester, um scheinfrei zu sein (hab mal einen Studienfahrplan für mich erstellt).
    Wenn ich manche Menschen von meinen Überlegungen erzähle, kommen dann von einigen Kommentare: "Was, boa, also Lehrer, ads könnt ich mir nicht vorstellen, das ist doch so stressig!"
    Das verunsichert mich dann doch ein bisschen.
    Ich hab schon mal ein Orientierungspraktikum gemacht, das mir echt Spaß gemacht hat. Ich hab auch selber unterrichtet. Die Praktikumsbetreuungen, die im im Studium gemacht habe, fand ich auch toll. Irgendwie mag ich das Unterrichten und den Umgang mit jungen Leuten. Ich wollte in den kommenden Semesterferien nochmal ein Praktikum in der Schule machen, damit ich mir vielleicht etwas sicherer bin.
    Ich habe nur manchmal die Sorge, dass ich das vielleicht etwas zu naiv angehe. Vielleicht bin ich dem Stress ja gar nicht gewachsen, und ich sollte vielleicht doch lieber ins Labor gehen (hat mir halt keinen Spaß gemacht :( )
    Ich will einfach nochmal darüber nachdenken, denn diese Entscheidung würde Geld (Studiengebühren) und Zeit kosten.
    Woher wusstet ihr denn, dass ihr für diesen Beruf geeignet seid? Den "Eignungstest" im Internet hab ich schon mal gemacht, aber man weiß ja auch nicht, ob man da nicht unbewusst etwas zu positiv über seine Fähigkeiten und sein Stressmananagment denkt.


    Mich beschäftigt das einfach, weil ich das letzte dreiviertel Jahr meine Diplomarbeit in Bio im Labor gemacht habe - und es war einfach schrecklich. Dazu kam die schlechte Betreuung und ein Prof als Drachen. Die Laborarbeit fand ich einfach nur öde. Selbst in die Forschung zu gehen, reizt mich nicht mehr.
    Ich war vor einem Scherbenhaufen - die ganze Mühe, die ich mit dem Studium hatte, und die Zeit - alles Verschwendung. Weil ich anscheinend nur aus Interesse studiert habe und nicht danach, was ich später im Beruf danach anfangen möchte. Ich habe am Anfang sogar mit Lehramt angefangen zu studieren, bin aber dann gewechselt, weil ich in dieser Phase ziemlich orientierungslos war. Dazu kam, dass ich später ins Semester erst reinkam und in Chemie gar nicht mehr gescheit mitkam. Darum wollte ich mich auf Bio konzentrieren und hab auf Diplombio gewechselt. Hätt ich vielleicht nicht tun sollen... ?(


    Kann mir vielleicht jemand nach diesem Roman ;) Hilfestellung geben?


    Liebe Grüße
    Zora

  • Hallo Zora,


    also ich hab das auch schon so oft gehört mit dem "Lehrer könnt ich nicht sein" und so. Davon hab ich mich nicht beirren lassen, weil du selbst wissen mußt, was du dir zutrauen kannst. Du hast ja auch schon durch Praktika feststellen können, dass es dir mehr Spaß bereitet zu unterrichten, als im Labor zu stehen. Und das ist doch das was zählt. Was nützt dir ein Beruf, der dich nicht ausfüllt? Du würdest vielleicht immer unglücklich sein, dass du die Chance nicht wahrgenommen hast, Lehrer zu werden.
    Diese "Eignungstests" find ich wenig hilfreich. Hör darauf, was für dich gut wäre und handle danach. Wenn du sogar schon mit Lehramt angefangen hast, vielleicht kannst du ja einiges noch anrechnen lassen?


    Ich hab vor meinem Studium als Erzieherin gearbeitet und wollte noch einmal was anderes machen, mich noch weiterbilden und Kinder/Jugendliche unterrichten. Deshalb hab ich angefangen zu studieren, obwohl ich eine unbefristete Vollzeistelle im Kindergarten hatte, die ich aber gerne aufgegeben habe und heute bin ich sehr zufrieden, dass ich so gehandelt habe. Ich hab zwar noch das Ref vor mir und dann das "richtige" Berufsleben/den "Berufsalltag", aber ich habe die Entscheidung bisher nicht bereut.
    Und Stress wirst du in diesem Beruf (wie auch in anderen Berufen) haben, aber ich weiß, dass die Arbeit mit Kindern/jungen Menschen vieles wieder wett macht!


    Ich würd den Schritt wagen!


    Lieben Gruß

    Heutzutage kennt man von allem den Preis, aber von nichts den Wert!


    Oscar Wilde

  • Liebe Zora, Chemielehrer werden gesucht. Wichtiger erscheint mir jedoch, dass du FREUDE am Umgang mit jungen Menschen hast und dass dir dein Praktikum Spaß machte. Nimm das als Bestätigung und traue dich!!! Und wenn du meinst, mache noch ein Praktikum. Aber ich glaube, man hat einfach auch ein Gespür für das, was man mag; du scheinst es zu haben. Ich bin seit einem Jahr im Ref. und all die Prognosen von wegen Stress treffen nicht ein. Es ist zwar zeitlich fordernd, aber WEIT entspannter als das Studium. Also los, Mädchen!

  • Die Frage, ob du geeiget bist, kann dir leider keiner beantworten außer du selber...


    Bei mir war die Entscheidung schon lange klar. Meine Mutter ist/war Grundschullehrerin und hat immer sehr begeistert von ihrem Beruf erzählt, so dass für mich klar war, dass ich das auch machen will, nur die Frage, welches Lehramt ich nehme, stand dann noch offen.


    Und, ja, es ist Stress, klar, es kostet Nerven und man könnte auch oft alles hinschmeißen. Es ist alles eine Frage der Organisation. Ich habe mit 10 verschiedenen Klassen angefangen und bei mir herrschte nur Chaos. Nach einigen Jahren hatte ich dann eine Sammlung von Material, aus der ich ab und zu mal etwas rausnehmen konnte und nicht jede Stunde neu machen musste. Dann wurde ich schwanger und habe die Chance zur Teilzeit genutzt, weil mir Vollzeit einfach zu happig war. Nun habe ich 2 Kinder, die ich über alles liebe und mache nur eine halbe Stelle und habe auch wesentlich weniger Stress als am Anfang. (Leider ist es nicht so, dass ein "fertiger" Lehrer weniger Stress hat als ein Student oder gar ein Reffi...). Ich habe mir die Themen mit andern Kollegen geteilt und wir tauschen die Vorbereitungen aus, nur so geht es.


    Ich wünsche dir viel Glück bei deiner Entscheidung!! :)

  • Zitat

    Original von Susannea


    Die hat sie in den letzten 2 Jahren hoffentlich getroffen. Guckt doch mal bitte bitte aufs Datum!


    Hoppla, ich habe das Jahr nicht gelesen.... danke! ;)

  • Zitat

    Original von *Zora*
    Woher wusstet ihr denn, dass ihr für diesen Beruf geeignet seid? Den "Eignungstest" im Internet hab ich schon mal gemacht, aber man weiß ja auch nicht, ob man da nicht unbewusst etwas zu positiv über seine Fähigkeiten und sein Stressmananagment denkt.


    Liebe Grüße
    Zora


    Ich nenne dir einmal ein paar Eigenschaften, die man meiner Meinung nach braucht, um als Lehrer im Berufsalltag "bestehen" zu können, vielleicht erleichtert dir das deine Entscheidung:


    Man muss einen "Draht" zu Kindern und Jugendlichen aufbauen können, d.h. deren Denkweise und Emotionen in einem gewissen Sinne verstehen: Einige Dinge muss man daher gelassen und mit Humor sehen.


    Man darf generell keine Probleme haben auf unbekannte Menschen zuzugehen (insbesondere wichtig, wenn man an eine neue Schule kommt!)


    Man darf kein Perfektionist sein. Wer immer und überall alles 100%-tig machen will, der geht unter: 80% reichen in der Regel.


    Man muss zeitweise (vor den Zeugnisse, Abitur) auch mal mehrere 12-Stunden-Tage effektive Arbeitszeit hintereinander verkraften können.


    Man muss klare Prioritäten setzen können: Was ist aktuell wichtig, was kann warten, was ist unwichtig?


    Man muss improvisieren können (z.B. bei kurzfrisitg angesetzem Vertretungsunterricht).


    Man muss die Rollen "Lehrer" und "Privatmensch" klar auseinanderhalten können, sonst nimmt man am Ende zuviele Dinge persönlich, für die man nicht verantwortlich ist.


    Man muss frustrationstolerant sein, denn man ist in ein System eingebunden, dessen Rahmenbedingungen (Vorschriften, Klassengrößen, Zeitressourcen,...) man nicht ändern kann: Man muss aber trotzdem "funktionieren". Schlechtes Medienecho (Lehrer als Sündenböcke) inklusive...


    Man muss damit klarkommen können, zeitweise "zwischen allen Fronten" zu stehen (Schülern, Eltern, Schulleitung): Man wird nicht immer alle beteiligten Gruppen gleichzeitig "glücklich" machen können (Gefahr für alle, die extrem harmoniebedürftig sind!)


    Es muss einem klar sein, dass man selbst nach dem Referendariat noch einige Jahre braucht, um im Lehrerberuf endgültig anzukommen (die ersten Jahre sind zumindest mit voller Stelle nicht einfach!)


    Das soll dich jetzt nicht abschrecken: Ist alles mach- und lernbar!


    Noch eine Ergänzung: Zusammenfassend könnte man sagen, dass man als Lehrer schon in gewissem Sinne Managereigenschaften braucht, Stressresistenz inklusive.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

    4 Mal editiert, zuletzt von Mikael ()

  • Zitat

    Original von Nuffi


    Hoppla, ich habe das Jahr nicht gelesen.... danke! ;)


    Uups, sehe ich auch erst jetzt...


    Aber vielleicht kann ja jemand anderes etwas mit meinen Ausführungen anfangen...


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Das ist ja lustig, endlich antwortet jemand :D!


    Ne, ich bin jetzt scheinfrei und mach jetzt im Februar mein Staatsexamen - ich hab mich also wirklich fürs Lehramt entschieden. Nachdem ich noch ein Praktikum gemacht hat, dass mich noch mehr bestärkt hat, hab ich das Studium durchgezogen.
    Aber trotzdem vielen Dank für eure Meinungen und für die Infos über die Eigenschaften, die man mitbringen muss. Das wird mir noch sehr hilfreich sein, vor allem wenn ich ins Referendariat komme.

  • Zitat

    Original von *Zora*
    Das ist ja lustig, endlich antwortet jemand :D!


    Man soll die Hoffnung ja niemals aufgeben =)


    Zitat

    Aber trotzdem vielen Dank für eure Meinungen und für die Infos über die Eigenschaften, die man mitbringen muss. Das wird mir noch sehr hilfreich sein, vor allem wenn ich ins Referendariat komme.


    Vorsicht: Im Referendariat wird selbstverständlich von dir Perfektionismus erwartet. Meine Aussage mit den 80% galt nur für den Arbeitsalltag als normaler Lehrer.


    Gruß und viel Glück!

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

    Einmal editiert, zuletzt von Mikael ()

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